OGH 17Ob33/09s

OGH17Ob33/09s19.11.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Griss als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A***** Corporation, *****, 2. J***** GmbH, *****, 3. J***** N.V., *****, alle vertreten durch Dr. Hans Georg Zeiner und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei 1***** GmbH, *****, vertreten durch Schwarz Schönherr Rechtsanwälte OG in Wien, unter Mitwirkung von DI Manfred Beer, Patentanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Rückruf, Rechnungslegung, Schadenersatz und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 30.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 8. September 2009, GZ 1 R 71/09g-28, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Vorinstanzen haben die Rechtsbeständigkeit des dem Sicherungsantrag zugrunde liegenden Patents mit ausführlicher Begründung verneint. Als erhebliche Rechtsfrage machen die Klägerinnen eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs geltend; zudem sei das Rekursgericht von der ständigen Rechtsprechung zur Prüfung der Rechtsbeständigkeit eines Patents im Sicherungsverfahren abgewichen. Mit dieser Argumentation dringen sie in beiden Punkten nicht durch.

Rechtliche Beurteilung

1. Das Erstgericht hatte jeder Seite nach der Klage und der Äußerung zum darin enthaltenen Sicherungsantrag je einen weiteren Schriftsatz zugebilligt. Einen Antrag der Klägerinnen, ihr noch einen dritten Schriftsatz zu gestatten, wies es - nach einem bereits fünf Monate dauernden Sicherungsverfahren - ab. Das Rekursgericht billigte diese Entscheidung.

Der Revisionsrekurs muss in diesem Punkt schon daran scheitern, dass ein angeblicher Verfahrensmangel erster Instanz, den das Rekursgericht verneint hat, in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden kann (RIS-Justiz RS0106371 [T1]). Zudem war die Vorgangsweise des Erstgerichts unbedenklich: Die Klägerinnen hatten mit der Replik auf die Äußerung der Beklagten ohnehin Gelegenheit gehabt, ihren Standpunkt zu präzisieren. Dass es in einem Verfahren ohne mündliche Verhandlung einen „letzten" Schriftsatz geben muss, liegt in der Natur der Sache; dass in Sicherungsverfahren immer die gefährdete Partei das letzte Wort haben müsste, ergibt sich aus dem Gesetz nicht. Aktenwidrig ist im Übrigen die Behauptung, das Gericht habe einen dritten Schriftsatz zunächst zugelassen und dann eine Fristerstreckung verweigert; anders als möglicherweise in einem Parallelverfahren ging das Gericht hier von vornherein von der Unzulässigkeit weiterer Schriftsätze aus.

2. Das Rekursgericht hat die Rechtsprechung zur Beurteilung der Rechtsbeständigkeit eines Patents im Sicherungsverfahren richtig wiedergegeben: Die Patenterteilung begründet einen Prima-facie-Beweis der Rechtsbeständigkeit, der allenfalls durch eine Gegenbescheinigung entkräftet werden kann (RIS-Justiz RS0071369; zuletzt etwa 17 Ob 26/08k = ÖBl 2009, 191 [Schultes] - Pantoprazol, 17 Ob 12/09b und 17 Ob 24/09t). Ob das gelingt, hängt in weiten Bereichen von der Beantwortung von Tatfragen ab (Stand der Technik, Naheliegen eines Lösungswegs etc), die - von Verfahrensmängeln der zweiten Instanz abgesehen - einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen ist (4 Ob 24/09t mwN).

Zwar ist diese Gegenbescheinigung mit den Mitteln des Sicherungsverfahrens im Regelfall nicht leicht zu erbringen, weswegen die objektiv bestehende Möglichkeit einer nachträglichen Vernichtung des Patents eher zu einer entsprechend höheren Sicherheitsleistung führen wird (4 Ob 24/09t). Im vorliegenden Fall haben sich die - in Senaten mit einem fachmännischen Laienrichter entscheidenden - Vorinstanzen jedoch ausführlich mit den ihnen vorliegenden Bescheinigungsmitteln auseinandergesetzt und sind auf dieser Grundlage zum nachvollziehbaren Ergebnis gekommen, dass die strittigen Ansprüche des Klagepatents mangels Neuheit nichtig seien. Eine allenfalls auch aufgrund eines außerordentlichen Rechtsmittels wahrzunehmende Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor.

Soweit sich die Klägerinnen im Revisionsrekurs auf die Gründe einer englischen Entscheidung stützen, verstoßen sie gegen das Neuerungsverbot. Solche Gründe können zwar zur Bescheinigung der Nichtigkeit oder zu deren Widerlegung dienen (4 Ob 24/09t); zu diesem Zweck müssen sie aber schon in erster Instanz in das Verfahren eingebracht werden.

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