Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der klagenden Partei aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bilden weitere Kosten des Rekursverfahrens.
Text
Begründung
Das Erstgericht nahm die überragende Verkehrsgeltung der ua für Tee registrierten Wortmarke GUTE-LAUNE der Erstbeklagten im Kollisionszeitpunkt als bescheinigt an und wies den Antrag der Klägerin auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab. Die Klägerin hatte beantragt, den Beklagten die Verbreitung der Behauptung einer Markenrechtsverletzung der Klägerin durch die Aufmachung ihres Produkts „Wunderbarer Gute Laune Tee!“ zu untersagen. Es stützte sich dabei auf ein von den Beklagten vorgelegtes Privatgutachten.
Die Klägerin zweifelte in der Beweisrüge ihres Rekurses die Richtigkeit des Gutachtens an und machte geltend, das Erstgericht habe dessen Schlussfolgerungen übernommen, ohne diese auf Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit zu überprüfen.
Das Rekursgericht erachtete die Beweisrüge als nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil die gewünschten Ersatzfeststellungen nicht angeführt seien, sodass es nicht näher darauf einging. Es gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei, da die Beurteilung der maßgeblichen Rechtsfragen anhand der aufhebenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (17 Ob 18/09k) im ersten Rechtsgang erfolgt sei.
Der Revisionsrekurs der Klägerin, mit dem sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung an das Rekursgericht anstrebt, ist zulässig und berechtigt.
Die Klägerin macht geltend, dass das Verfahren des Rekursgerichts mangelhaft geblieben sei, weil dieses auf die Beweisrüge des Rekurses nicht eingegangen sei. Von einer nicht gesetzmäßigen Ausführung der Beweisrüge könne keine Rede sein, zumal deren Umfang und Ziel hinlänglich deutlich zum Ausdruck gekommen seien. Die Klägerin habe sich im Rekurs unter anderem dadurch beschwert erachtet, dass das Erstgericht „Gesamtmarkt“ und „Marktanteil“ sowie den (objektiven) Sortimentsanteil und die (subjektive) Produktwahrnehmung gleichgesetzt habe, unter Außerachtlassung der Gesamtbevölkerung. Das von den Beklagten vorgelegte Privatgutachten sei zufolge Ausgrenzung von 40 % der beteiligten (nämlich aller männlichen) Verkehrskreise unbrauchbar. Bei richtiger und vollständiger Würdigung des Gutachtens hätte sich keine (zumindest keine „überragende“) Verkehrsdurchsetzung der Marke der Erstbeklagten ergeben.
Dazu hat der Senat wie folgt erwogen:
Rechtliche Beurteilung
1. Von einer überragenden Verkehrsgeltung eines Kennzeichens ist im Regelfall dann auszugehen, wenn der Bekanntheitsgrad mehr als fünfzig Prozent beträgt (vgl RIS-Justiz RS0079348). Dabei kommt es darauf an, in welchem Umfang das Zeichen von den beteiligten Verkehrskreisen einem bestimmten Unternehmen zugeordnet (= als Herkunftshinweis verstanden) wird, wobei der Name des Zeichenträgers nicht bekannt sein muss (17 Ob 1/07g).
2. Das Erstgericht ging auf Basis des von den Beklagten vorgelegten Privatgutachtens von einer überragenden Verkehrsgeltung der Marke GUTE-LAUNE der Erstbeklagten aus.
Die Klägerin hielt dem in der Tatsachenrüge ihres Rekurses unter anderem entgegen, dass die Ausführung des Erstgerichts, wonach 953.000 Teetrinker mit dem GUTE-LAUNE Tee regelmäßig Blickkontakt bzw zumindest gelegentlichen Produktkontakt hätten, durch das Gutachten nicht gedeckt sei. Die aus dem Gutachten übernommene Schlussfolgerung, wonach alle D*****-Tee-Trinker regelmäßigen Blickkontakt bzw zumindest gelegentlichen Produktkontakt mit dem GUTE-LAUNE Tee hätten, weil dieser rund ein Viertel des Sortiments der Erstbeklagten ausmache, sei nicht nachvollziehbar. Im Übrigen stelle das Gutachten nur auf haushaltsführende Frauen ab. Diese „demoskopische Eingrenzung“, die mehr als ein Drittel der beteiligten Verkehrskreise unberücksichtigt lasse, sei ungeeignet, die Bekanntheit eines Zeichens in den beteiligten Verkehrskreisen glaubhaft zu machen.
Das Rekursgericht hat sich nicht näher mit den Argumenten der Klägerin auseinandergesetzt, weil es meinte, die Beweisrüge sei mangels Anführung von Ersatzfeststellungen nicht gesetzmäßig ausgeführt.
3. Ein Mangel des Berufungs- (hier Rekurs-) verfahrens liegt vor, wenn sich das Berufungs-/Rekursgericht mit der Verfahrens- und Beweisrüge des Berufungs-/Rekurswerbers nicht befasst hat (vgl RIS-Justiz RS0043144 [T1]).
Im Rekursverfahren ist zwar die Geltendmachung bestimmter Rekursgründe nicht erforderlich; es muss aber verlangt werden, dass der Rechtsmittelwerber nicht nur die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung begehrt, sondern auch angibt, inwieweit er sich durch den angefochtenen Beschluss für beschwert erachtet (RIS-Justiz RS0105337 [T1]).
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in ihrem Rekurs klar zum Ausdruck gebracht, welche Feststellungen sie aus welchen Gründen bekämpft. Sie hat auch dargelegt, dass sich nach dem Gutachten rein rechnerisch nur ein Kennzeichnungsgrad von rund 30 % der beteiligten Verkehrskreise ergebe, wenn berücksichtigt werde, dass mehr als ein Drittel der Teekäufer Männer seien und Tee keineswegs nur von „haushaltsführenden Frauen“ gekauft werde (AS 319). Diese Ausführungen sind dahin zu verstehen, dass bestimmte Ersatzfeststellungen begehrt werden.
Das Rekursgericht hätte sich daher mit der Beweisrüge befassen müssen; dass dies unterblieben ist, begründet einen Verfahrensmangel.
4. Ein dem Rekursgericht unterlaufener Verfahrensmangel kann nur dann als Revisionsrekursgrund geltend gemacht werden, wenn er abstrakt geeignet ist, eine unrichtige Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz herbeizuführen (RIS-Justiz RS0043027).
Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Es ist für die Entscheidung erheblich, ob das von der Klägerin vorgelegte Gutachten den Schluss rechtfertigt, dass die Marke GUTE-LAUNE im Kollisionszeitpunkt eine überragende Verkehrsgeltung besessen hat. Denn, wie im ersten Rechtsgang ausgeführt (17 Ob 18/09k), kann durch die Aufnahme eines überragend bekannten fremden Zeichens in die Produktaufmachung der Klägerin der tatsachenwidrige Eindruck von Beziehungen zum Zeicheninhaber entstehen, und es kann auch die Wertschätzung des fremden Produkts auf das Produkt der Klägerin übertragen werden. Bei der Erledigung der Beweisrüge wird das Rekursgericht zu beachten haben, dass die beteiligten Verkehrskreise auch Männer umfassen und dass kein Erfahrungssatz besteht, wonach das Einkaufsverhalten von Männern gleich dem von Frauen ist.
Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben, der angefochtene Beschluss aufzuheben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der Klägerin aufzutragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.
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