OGH 15Os69/15h

OGH15Os69/15h27.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Mai 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zonsics als Schriftführer in der Strafsache gegen Simona G***** und andere wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 12 dritter Fall, 15 StGB, § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, AZ 28 HR 26/15w des Landesgerichts Feldkirch, über die Grundrechtsbeschwerde der Simona G***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 8. April 2015, AZ 6 Bs 89/15m, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00069.15H.0527.000

 

Spruch:

Simona G***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

In dem von der Staatsanwaltschaft Feldkirch zu AZ 5 St 18/15f gegen ua Simona G***** wegen des Verdachts des Suchtgifthandels nach §§ 12 dritter Fall, 15 StGB, § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG geführten Ermittlungsverfahren wurde mit Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 24. März 2015 über die Beschuldigte die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 2 und 3 lit a StPO verhängt (ON 21).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck wurde der dagegen erhobenen Beschwerde der Beschuldigten nicht Folge gegeben und die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a StPO fortgesetzt (ON 35).

Nach den Annahmen dieses Beschlusses ist ‑ die im Tatsächlichen geständige ‑ Simona G***** dringend verdächtig, „im bewussten und gewollten Zusammenwirken“ mit Cornelia Ge***** in D***** vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge von Kolumbien nach Österreich einzuführen versucht zu haben, indem sie Mitte Februar 2015 Gheorghe I***** und Ende Februar 2015 Ioan B***** als Drogenkuriere angeworben hat, wobei Letzterer bei der Ausreise aus Kolumbien mit 5,8 kg Kokain brutto festgenommen wurde (BS 5 f).

Gegen diesen Beschluss des Oberlandesgerichts richtet sich die Grundrechtsbeschwerde der Beschuldigten, mit der sie (ausschließlich) die Annahme von Tatbegehungsgefahr bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Im Rahmen des Grundrechts-beschwerdeverfahrens überprüft der Oberste Gerichtshof die rechtliche Annahme der in § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahr darauf, ob sich diese angesichts der zugrunde gelegten bestimmten Tatsachen als willkürlich, mit anderen Worten als nicht oder nur offenbar unzureichend begründet darstellt (RIS‑Justiz RS0117806).

Die bestimmten Tatsachen, auf die der Haftgrund zu gründen ist, müssen sich aus dem konkreten Einzelfall ergeben, es darf sich nicht bloß um allgemeine Erfahrungstatsachen handeln (RIS‑Justiz RS0118185 [T3]; Kirchbacher/Rami , WK‑StPO § 173 Rz 28). Dass diese nicht auch in den individuellen Umständen des der Beschuldigten zur Last liegenden Tatverhaltens gelegen sein können, lässt sich ‑ dem Beschwerdevorbringen zuwider ‑ aus dem Gesetz nicht ableiten.

Vorliegend gründete das Beschwerdegericht seine Prognose darauf, dass die Beschuldigte innerhalb kurzer Zeit zwei Personen für den Schmuggel von Kokain aus Kolumbien nach Österreich anwerben konnte, woraus ersichtlich sei, dass sie zu potentiellen Suchtgiftkreisen Kontakt habe. Dabei berücksichtigte das Gericht auch die ‑ seit den Tathandlungen nicht geänderten ‑ Beschäftigungs‑ und Einkommens-verhältnisse der Beschuldigten, denen es aber kein den Haftgrund abschwächendes Gewicht beimaß (BS 7).

Indem die Beschwerde diesen Erwägungen bloß ihre eigene Einschätzung dieser Umstände entgegenhält, vermag sie eine willkürliche Annahme des Haftgrundes nicht aufzuzeigen.

Eine solche wird auch mit vom konkreten Fall losgelösten rechtstheoretischen Erwägungen, die Voraussetzungen für die Verhängung von Untersuchungshaft in der Bestimmung des § 173 Abs 2 StPO seien „insgesamt viel zu gering angesetzt“, mit dem Hinweis auf (den damaligen) § 3 Fremdenpolizeigesetz aufhebende Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs aus 1985 und 1987 sowie mit dem aus der Richtlinie 2004/38/EG abgeleiteten Schluss, über die Beschwerdeführerin dürfe derzeit keine Aufenthaltsbeendigung ausgesprochen werden, nicht dargetan.

Simona G***** wurde daher im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt. Die Grundrechtsbeschwerde war ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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