OGH 15Os183/97

OGH15Os183/9716.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.April 1998 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kast als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang St***** und Monika H***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 8. Oktober 1997, GZ 8 Vr 235/96-45, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Kirchbacher, des Privatbeteiligtenvertreters Mag.Reiffenstuhl, der Angeklagten St***** und H***** sowie der Verteidiger Dr.Lackner und Dr.Rabl zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch des Erstangeklagten enthält, wurden Wolfgang St***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (A I und II) sowie des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (B) und Monika H***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (A II) sowie des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 212 Abs 1 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach haben im Zeitraum von April bis Anfang Juli 1995 in Mauerkirchen

A) Wolfgang St***** und Monika H***** die am 2.Juli 1990 geborene,

somit unmündige Sandra St***** auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, und zwar

I) Wolfgang St*****, indem er sie dazu veranlaßte, sein Glied längere

Zeit zu berühren;

II) Wolfgang St***** und Monika H***** in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken, indem Monika H***** Sandra St***** festhielt und Wolfgang St***** die Unmündige in liegender Pose mit gespreizten Beinen fotographierte und dabei einen Gegenstand in ihre Scheide einführte;

B) Wolfgang St***** durch die unter A angeführten Tathandlungen sein

minderjähriges Kind zur Unzucht mißbraucht,

C) Monika H***** durch die unter A II genannte Tathandlung zur Ausführung der unter B genannten Tat beigetragen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die getrennt ausgeführten, vom Angeklagten St***** auf Z 3, 5, 5 a und 11, von Monika H***** auf die Z 5, 5 a, 8 und 10 (nominell auch Z 9 lit a) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, die nicht berechtigt sind.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

St*****:

In der Verfahrensrüge (Z 3) wird die Verlesung des schriftlichen Gutachtens Dris.Wolfgang J***** in der Hauptverhandlung (ON 14, 375) mit Einwänden kritisiert, die nicht zielführend sind:

Ein Verstoß gegen Verlesungsbeschränkungen des § 252 Abs 1 StPO liegt nicht vor, weil der Sachverständige in der Hauptverhandlung auf das schriftliche Gutachten Bezug genommen hat, sodaß es Gegenstand des mündlich erstatteten Gutachtens war (368 ff; Mayerhofer StPO4 E 19; 15 Os 21/97). Zu den Behauptungen über die Nichtigkeit von Voruntersuchungsakten genügt der Hinweis, daß gegen die Verlesung keine Verwahrung eingelegt wurde (§ 281 Abs 1 Z 2 StPO), weshalb sich insoweit jegliche Überprüfung erübrigt.

Inwiefern Nichtigkeit durch den Umstand begründet sein soll, daß dem Gutachten unter anderem Tonbänder zugrunde liegen, die Gabriele Sa***** mit ihrer Tochter Sandra St***** aufgenommen hat, ist aus dem Beschwerdevorbringen nicht erkennbar.

Der Einwand, die Belehrung der Zeugin Sandra St***** über das Entschlagungsrecht nach § 152 Abs 1 Z 2 StPO in der Hauptverhandlung vom 15.Jänner 1997 habe der Vorschrift des § 152 Abs 5 StPO nicht entsprochen, geht schon deshalb ins Leere, weil durch die Erneuerung der Hauptverhandlung (§ 276 a StPO) allfällige Nichtigkeiten im Zusammenhang mit der früheren Hauptverhandlung obsolet geworden sind (Mayerhofer StPO4 § 276 a E 8). Die Rüge ist zudem unzutreffend, weil der sechsjährigen Zeugin vor der Befragung prozeßordnungskonform durch den Sachverständigen (vgl § 250 Abs 3 iVm § 162 a Abs 2 und 4 letzter Satz StPO, ÖJZ-LSK 1996/233) in altersentsprechender Weise - das Gesetz schreibt keine Förmlichkeit vor - verdeutlicht wurde, daß es ihr freisteht, Verhaltensweisen ihres Vaters darzulegen oder nicht (193). Die Verwertung einer im Anschluß daran vom Kind angefertigten Zeichnung (369, vgl 197) kann demzufolge nicht aus dem Blickwinkel des § 152 Abs 5 StPO bemängelt werden.

Zu Unrecht kritisiert wird auch die Verlesung der Verhandlungsprotokolle vom 15.Jänner 1997 und vom 9.April 1997 (ON 26, 33) in der wegen Ablaufs der Zweimonatsfrist des § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 8.Oktober 1997 (375), in der die Angeklagten ihre Verantwortung unverändert aufrecht erhalten haben (362), weil die Unterlassung einer Äußerung zu der in der Hauptverhandlung begonnenen Verlesung als Zustimmung gilt, sofern nicht eine entgegenstehende Prozeßerklärung vorliegt (§ 252 Abs 1 Z 4 StPO; EvBl 1994/138; JBl 1995, 537 mit abl Anm von Bertel; 11 Os 78/94, 12 Os 135/94, 14 Os 158/94, 13 Os 182/95, 15 Os 129/95, 11 Os 39/96; einschränkend 14 Os 15,16/96 = JBl 1997/800).

Im übrigen konnte die Verlesung auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben (§ 281 Abs 3 StPO): Sandra St***** hat in der Hauptverhandlung vom 15.Jänner 1997 infolge einer vom Sachverständigen attestierten Hemmung keine Angaben zur Sache gemacht (193 ff), Gabriele Sa***** in der erneuerten Hauptverhandlung die frühere Aussage ausdrücklich wiederholt (363). Die Angaben der übrigen Zeugen wurden nicht für entscheidende Feststellungen verwertet (US 6 ff).

Die vom Angeklagten vermißten Gründe (Z 5) für die Ablehnung seiner Verantwortung hat das Erstgericht formal vollständig dargelegt, indem es unter Würdigung der Tonbandaufnahmen, der - entgegen der Beschwerde in der Hauptverhandlung beschriebenen - Zeichnung (369) und des zur Überprüfung von Konfabulationstendenzen eingeholten Sachverständigengutachtens eingehende Erwägungen zur Glaubwürdigkeit der belastenden Darstellung der Sandra St***** anführte (US 9 ff).

Soweit der Beschwerdeführer ohne Konkretisierung vermeint, das Erstgericht hätte "die übrigen Beweisergebnisse pauschal als nicht stichhältig qualifiziert" und hätte sich mit ihnen näher befassen müssen, weil - nicht näher bezeichnete - "Anhaltspunkte", gegen die getroffenen Feststellungen sprächen, entzieht sich das unsubstantiierte und in Ansehung einer "Pauschalwertung" überdies unzutreffende (vgl US 6 bis 9) Vorbringen einer argumentationsbezogenen Erwiderung.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) erschöpft sich in einer weitwendigen Erörterung der Verfahrensergebnisse nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung. Der Beschwerdeführer vermag keine aktenkundigen Verfahrensergebnisse aufzuzeigen, die angesichts der auch außerhalb des Strafverfahrens geäußerten Angaben der Sandra St***** (vgl 89 f, 199 ff, 207 iVm 364) nach den Denkgesetzen oder der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der maßgeblichen Urteilsfeststellungen aufkommen lassen.

Die Kritik am beigezogenen Sachverständigen, dessen Gutachten das Schöffengericht als schlüssig beurteilte, stellt sich als abermals unzulässiger Versuch der Bekämpfung der Beweiswürdigung dar (Mayerhofer aaO § 126 E 1).

Die Bestreitung des Erschwerungsgrundes "mehrerer einschlägiger Vorstrafen" (Z 11) mit der Begründung, es liege kriminologisch gesehen kein gleichartiges Täterverhalten vor, stellt ein Berufungsvorbringen dar, weil der Sache nach weder eine Überschreitung der Strafbefugnis noch eine unrichtige rechtliche Beurteilung einer Strafzumessungstatsache behauptet, sondern eine Ermessenserprüfung angestrebt wird (Mayerhofer aaO § 281 Z 11 E 6).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten

H*****:

Unvollständigkeit der Urteilsbegründung (Z 5) macht die Beschwerdeführerin mit dem Vorbringen geltend, das Erstgericht habe sich mit der Aussage des Zeugen Dr.Gerd B***** nicht ausreichend befaßt, der Sandra St***** am 23.Februar 1996 gynäkologisch untersucht, aber keinen Hinweis auf sexuellen Mißbrauch gefunden habe (259 f). Zur näheren Erörterung der Zeugenaussage bestand jedoch kein Grund, weil die Untersuchung etwa ein halbes Jahr nach den inkriminierten Handlungen vorgenommen wurde (vgl US 7) und überdies der befragte Facharzt Dr.B***** der Beschwerde zuwider das teilweise Einführen eines Gegenstandes in die Scheide des Mädchens ohne Auftreten einer Verletzung als durchaus möglich bezeichnet hatte (260, 262; vgl 139).

Die Ausführung des Erstgerichtes, allfällige Bestrebungen der Gabriele Sa***** gegen das Recht des Erstangeklagten auf Besuche bei ihrer Tochter Sandra St***** allein können "mit Sicherheit nicht" für die belastenden Angaben der Minderjährigen ausschlaggebend gewesen sein (US 7), stellt keine unstatthafte Vermutung, sondern das zusammengefaßte Ergebnis eingehender Beweiswürdigung dar.

Die als widersprüchlich gerügten Erwägungen des Schöffengerichtes zu Punkt A II des Urteilstenors, nach denen die Angeklagte das Mädchen zwecks Mißbrauch zur Unzucht "festgehalten" und in Pose gesetzt, jedoch nicht mit Sicherheit "Gewalt angewendet" hat (US 12), bildeten eine logisch einwandfreie, zur rechtlichen Beurteilung des Tatverhaltens erforderliche Abgrenzung, die einen zusätzlichen - in Ansehung der Erheblichkeitsschwelle der Gewalt (Leukauf/Steininger Komm3 § 201 RN 19) - Schuldspruch wegen des Vergehens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB ausschloß (US 14 f).

Der Einwand, das Erstgericht habe sich nicht in ausreichender Weise "mit Widersprüchen" zwischen dem Gutachten des Sachverständigen und den Tonbandprotokollen auseinandergesetzt, aus denen sich ergebe, daß "in mehrfacher Hinsicht die minderjährige Sandra St***** mehrmals die in Rede stehenden Sachverhalte verneint bzw in Abrede gestellt hat", ist mangels der gebotenen Substantiierung (§§ 285 Abs 1, 285 a Abs 2, 285 d Abs 1 Z 1 StPO) einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich. Eine Verdeutlichung wäre schon deshalb unerläßlich gewesen, weil die Angaben des Mädchens auf den genannten Tonbändern über die in Rede stehenden Vorfälle hinausgehen (vgl 374, 129 f).

Die einzige in der Beschwerde konkret bezeichnete Äußerung des Kindes bewegt die Angeklagte zur Schlußfolgerung, daß es sich bei den "geschilderten Sachverhalten um traumhafte Erlebnisse handelt". Die Beschwerdeführerin stellt damit ohne Deckung in den Verfahrensergebnissen eine Spekulation an (vgl 374), mit der sich das Schöffengericht nicht befassen mußte.

Mit dem geradezu auf Übergehung der Urteilsgründe abzielenden Vorbringen, die Wahrheitsfindung sei dem Sachverständigen überlassen worden, wird weder ein Begründungsmangel im Sinn der Z 5 noch ein anderer Nichtigkeitsgrund aufgezeigt.

Bei der Ausführung der Tatsachenrüge (Z 5 a) verfehlt die Beschwerdeführerin mit der nicht nachvollziehbaren Pauschalbehauptung "äußerst widersprüchlicher" Angaben der Sandra St***** das Erfordernis, aus den Akten erhebliche Bedenken an den entscheidenden Feststellungen des Erstgerichtes abzuleiten. Die vor Einleitung des Strafverfahrens von der Mutter des Kindes hergestellten Tonbandaufnahmen (vgl 89 f, 201; ON 41) sind ein zulässiges Beweismittel, das bei kritischer Bewertung der Fragen und Antworten im psychologischen Gutachten und im Urteil keinen Hinweis auf Konfabulationstendenzen ergab (370 ff, S 9, 11). Eine in der Beschwerde beanstandete Aussage der Zeugin beim Untersuchungsrichter blieb von der Feststellungsgrundlage des Schöffengerichtes ohnehin ausgespart (US 10, 374).

Soweit im Gerichtstag zur mündlichen Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof vorgebracht wurde, der Verteidiger habe aus einem mit dem Sachverständigen außerhalb der Verhandlung am Gang des Gerichtsgebäudes geführten Gespräch eine unzeitgemäße voreingenommen Haltung des Sachverständigen erschlossen, verstößt dies zum einen gegen das im Nichtigkeitsverfahren bestehende Neuerungsverbot (Mayerhofer aaO § 281 E 16 ff), zum anderen werden damit keine sich aus den Akten ergebenden Umstände dargetan, zum dritten ist nicht nachvollziehbar, welcher Verfahrens- oder Begründungsfehler des Gerichtes damit dargetan werden soll.

Die Anführung des Tatzeitraumes im Urteilsspruch mit "April 1995 bis Anfang Juli 1996 (richtig: bis Anfang Juli 1995) stellt keine Anklageüberschreitung (Z 8), sondern einen offenkundigen Schreibfehler dar (vgl US 5, 7).

In der Rechtsrüge (Z 10) wendet sich die Angeklagte mit der Behauptung, ein Tatbeitrag zum Vergehen nach § 212 Abs 1 StGB werde vom Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (A II) konsumiert, gegen den Schuldspruch wegen Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 212 Abs 1 StGB (C).

Dabei verkennt sie, daß sich die Tatbestände der §§ 207 und 212 StGB spezifisch im Unwertakzent unterscheiden. Während die erste Strafbestimmung unabhängig von einem besonderen Verhältnis zwischen Täter und Opfer alle Unmündigen (§ 74 Z 1 StGB) im Hinblick auf ihre sittliche Entwicklung schützt (Dokumentation zum StGB 192), dient die zweite dazu, den sexuellen Mißbrauch von Personen zu verhindern, die unter einem speziellen Autoritätsverhältnis zum Täter stehen, wobei die Altersgrenze von 14 Jahren keine Rolle spielt (aaO 195). Steht eine unmündige Person in einem solchen Autoritätsverhältnis, wird ihr Mißbrauch zur Unzucht nur durch Anwendung beider Strafbestimmungen im gesamten Unrechtsgehalt erfaßt, weshalb die ersten Deliktsfälle des § 207 Abs 1 StGB und des § 212 Abs 1 StGB in echter Konkurrenz zusammentreffen können (ÖJZ-LSK 1976/350; Leukauf/Steininger Komm3 § 212 RN 23; § 28 RN 45 mwN; Mayerhofer/Rieder StGB4 § 207 E 22; jüngst 12 Os 81/97, 14 Os 135/97, 11 Os 163/97).

In welcher Täterschaftsform (§ 12 StGB) das Vergehen des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses begangen wird, ist für die aufgeworfene Konkurrenzfrage unerheblich. Unmittelbare Täter des Delikts nach § 212 Abs 1 erster Fall StGB kann freilich nur sein, wer selbst die tatbestandsmäßige Subjektqualität aufweist (Leukauf/Steininger aaO § 212 RN 11 a, § 14 RN 10; Kienapfel AT6 E 7 RN 31; Nowakowski NStR II, 157; Mayerhofer/Rieder StGB4 § 14 Anm 7 d) wie im vorliegenden Fall der Erstangeklagte. Weil aber die Strafbarkeit nach § 212 Abs 1 StGB dem Grunde nach von der Ausnützung einer besonderen Pflichtenstellung abhängt, die geforderte Subjektqualität somit das Unrecht der Tat betrifft (Hager/Massauer WK §§ 15, 16 Rz 23; vgl Leukauf/Steininger aaO § 14 RN 20 f; Fabrizy WK § 14 Rz 10; Kienapfel aaO RN 20; Mayerhofer/Rieder aaO Anm 3 b), ist die Strafbestimmung entgegen der Beschwerdemeinung auch auf Beteiligte anwendbar, die außerhalb des Autoritätsverhältnisses stehen (§ 14 Abs 1 StGB).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten nach § 207 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu Freiheitsstrafen, und zwar Wolfgang St***** in der Dauer von achtzehn Monaten und Monika H***** in der Dauer von einem Jahr, wobei es bei letzterer die Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachsah.

Weiters verurteilte es beide Angeklagten gemäß § 369 Abs 1 StPO zur Zahlung eines (Teil-)Schmerzengeldes von 1.000 S an die Privatbeteiligte Sandra St*****.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend bei Wolfgang St***** die "mehreren" einschlägigen Vorstrafen wegen Körperverletzungsdelikten, "zumal diese gegen dasselbe Rechtsgut, nämlich die körperliche Unversehrtheit gerichtet sind (§ 71 StGB); das Einführen eines Gegenstandes in die Scheide eines Mädchens richtet sich auch gegen dessen körperliche Unversehrtheit" und die Wiederholung der strafbaren Handlungen; bei beiden Angeklagten das Zusammentreffen strafbarer Handlungen, wenngleich in Idealkonkurrenz; als mildernd bei Wolfgang St***** keinen Umstand, bei Monika H***** den bisherigen ordentlichen Wandel und die Tatsache, daß sie in einem Fall nur als Beitragstäterin in untergeordneter Rolle beteiligt war.

Dagegen richten sich die Berufungen beider Angeklagter, in der der Angeklagte St***** die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren bedingte Nachsicht, die Angeklagte H***** ebenfalls die Herabsetzung der Freiheitsstrafe in Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung und deren Umwandlung in eine Geldstrafe begehren; die Angeklagte H***** auch in ihrer Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche die Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg.

Die Berufungen erweisen sich als nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe vollständig und richtig erfaßt und auch zutreffend gewichtet.

Die Angeklagten vermögen hingegen in ihren Berufungen zusätzliche Umstände mildernder Natur nicht darzulegen.

Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers St***** wurden die wegen Verstößen gegen die körperliche Integrität ergangenen Vorstrafen als zu Recht erschwerend gewertet, stellt doch der Eingriff in die Sexualsphäre des unmündigen Opfers - auch ohne Anwendung von Gewalt oder sichtbarer Körperverletzung - einen Angriff dessen körperliche Integrität dar. Zwischen der letzten Verurteilung des Angeklagten im Mai 1991 und den Tathandlungen im Jahr 1995 liegen rund vier Jahre, sodaß von einem Zeitraum längeren Wohlverhaltens, der ungefähr im Bereich der rückfallsbegründenden Fristen des § 39 StGB liegen muß (Leukauf/Steininger aaO § 34 RN 27), nicht gesprochen werden kann. Die familiären Verpflichtungen und - auf Kreditrückzahlung beruhenden - finanziellen Belastungen des Angeklagten stellen ebenfalls keinen Milderungsgrund dar. Unter Berücksichtigung des hohen Tatunwertes - die mißbrauchte Tochter war zum Tatzeitpunkt erst fünf Jahre alt - und unter richtiger Wertung der Täterpersönlichkeit des Angeklagten erweist sich die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe als zutreffend ausgemessen, um dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat ausreichend Rechnung zu tragen, sodaß zu einer Veränderung des Strafmaßes kein Anlaß besteht.

Einer bedingten oder teilbedingten Strafnachsicht steht einerseits spezialpräventiv die Wirkungslosigkeit des bisherigen Vollzuges unbedingter - wenn auch schon länger zurückliegender - Geldstrafen als auch einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe, andererseits generalpräventiv der Umstand entgegen, daß die angestrebte Nachsicht der Freiheitsstrafe in Fällen wie diesen als unzureichende Unrechtsfolge im Bereich des Sexualstrafrechtes angesehen werden würde.

Soweit die Angeklagte H***** sich auch in ihrer Berufung gegen die Annahme der Idealkonkurrenz zwischen den Tatbeständen nach § 207 Abs 1 StGB und § 212 Abs 1 StGB wendet, entfernt sie sich unzulässig vom Schuldspruch (§ 295 Abs 1 StPO). Bei ihrem Verweis auf Zurückliegen der Tathandlungen bis zum Urteilszeitpunkt von mehr als zweieinhalb Jahren verweist und dem im Zusammenhang mit den vom Erstgericht ohnedies angenommenen Milderungsgründen erhobenen Begehren auf Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung übersieht sie, daß nach Lage des Falles die Anwendung des § 41 StGB - der als Korrektiv im Einzelfall zu hohen Mindeststrafdrohungen bei untergeordneten Beteiligungsformen oder in Fällen atypisch leichter Verwirklichung schwerer und deshalb mit strengen Mindeststrafdrohungen versehener Straftatbestände (vgl Leukauf/Steininger aaO § 41 RN 4) in Frage kommt - unter Berücksichtigung des Alters des Mädchens und des Umstandes der Verwirklichung von Verbrechen und Vergehen nicht in Erwägung gezogen werden konnte, womit sich auch ein Eingehen auf die Argumente zur Verhängung einer Geldstrafe nach § 37 StGB erübrigt.

Die Einwendung der Angeklagten H***** gegen den Zuspruch an die Privatbeteiligte mit dem Vorbringen, es sei keinerlei Gewalt angewendet und die Privatbeteiligte auch nicht verletzt worden, übergeht die - bezogen auf das Alter des Opfers - durch den Mißbrauch bewirkte Sexualisierung. Ein sexueller Mißbrauch, der physische oder psychische Schäden verursachte, ist als Körperverletzung im Sinne des § 1325 ABGB anzusehen, sodaß in einem solchen Fall - auch bereits vor der Novellierung des § 1328 ABGB durch das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie (GeSchG) - nach dieser Bestimmung Schmerzengeld gebührt (1 Ob 251/97m). Der Zuspruch von (nur) 1.000 S ist fallbezogen insgesamt gerechtfertigt.

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