OGH 15Os165/09t

OGH15Os165/09t20.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Jänner 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kleibel als Schriftführer in der Strafsache gegen Dragan Z***** und Rudolf H***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 24. Juli 2009, GZ 35 Hv 33/09s-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufung des Angeklagten Z***** wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen. Zur Entscheidung über die Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Rudolf H***** und Dragan Z***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach (§ 12 zweiter Fall) § 302 Abs 1 StGB, letzterer auch des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB schuldig erkannt. Danach haben

I. Rudolf H***** am 5. Dezember 2008 in Wolfpassing als zur Erstellung von Prüfgutachten nach § 57a KFG beliehener Unternehmer, sohin als Beamter, mit dem Vorsatz, den Bund in seinem Recht auf pflichtgemäße, den Vorschriften des KFG bei Ausstellung von Prüfplaketten entsprechende Amtsausübung zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich missbraucht, dass er für den weder verkehrs- noch betriebssicheren PKW der Marke VW Golf, Fahrgestellnummer ***** entweder ohne die erforderliche Fahrzeugüberprüfung ordnungsgemäß durchgeführt zu haben oder unter bewusster Missachtung der vorliegenden schweren Fahrzeugmängel, die das Ausstellen einer Prüfplakette nicht erlaubt hätten, ein Prüfgutachten mit bloß leichten Fahrzeugmängeln und eine gültige Begutachtungsplakette nach § 57a Abs 4 KFG ausstellte;

II. Dragan Z*****

1) am 5. Dezember 2008 in Wolfpassing Rudolf H***** zu der in Punkt I.) dargestellten strafbaren Handlung bestimmt, indem er Rudolf H***** entweder durch schlüssige oder ausdrückliche Aufforderung veranlasste, ohne nähere Überprüfung oder trotz bestehender schwerer Mängel, welche die Ausstellung nicht erlaubt hätten, ein Überprüfungsgutachten mit bloß leichten Mängeln sowie eine gültige Begutachtungsplakette nach § 57a Abs 4 KFG auszustellen,

2) am 29. Dezember 2008 in Wien ein unbares Zahlungsmittel, über das er nicht verfügen durfte, nämlich die von ihm zufällig aufgefundene Bankomatkarte von Eduard R*****, mit dem Vorsatz, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt, indem er sie zur eigenen Verwendung für zumindest einige Tage an sich nahm.

Der Angeklagte Dragan Z***** hat die von ihm angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde (ON 32a) nicht ausgeführt. Da auch bei der Anmeldung keine Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurden, war die Nichtigkeitsbeschwerde ebenso wie die von ihm erhobene - im kollegialgerichtlichen Verfahren jedoch nicht zulässige (§ 280 StPO) - Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (ON 32a) zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten Rudolf H***** auf Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel. Der Mängelrüge (Z 5 erster Fall) zuwider ist die Feststellung des Erstgerichts, der Zweitangeklagte H***** habe ein unrichtiges Prüfgutachten ausgestellt, „und zwar entweder ohne das Fahrzeug einer ordnungsgemäßen und den ihm bekannten Vorschriften des KFG entsprechenden Überprüfung unterzogen zu haben oder unter Missachtung der erkannten schweren Mängel" (US 7), nicht undeutlich, ist doch unzweifelhaft erkennbar, welche entscheidende Tatsache (Ausstellen eines unrichtigen Prüfgutachtens) das Erstgericht festgestellt hat. Die Tatrichter haben sich bloß zur Konkretisierung der Tathandlung wahldeutiger Feststellungen bedient. Solche sind jedoch zulässig, wenn jede der wahlweise getroffenen Annahmen zu dem gleichen rechtlichen Schluss führt (Fabrizy StPO10 § 262 Rz 6; Lendl, WK-StPO § 260 Rz 23). Vorliegend ist Ergebnis beider Tatmodalitäten das Ausstellen eines unrichtigen Prüfgutachtens und somit die Annahme eines (wissentlichen) Befugnismissbrauchs.

Die von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) geforderten Feststellungen zur Wissentlichkeit finden sich auf US 8. Danach wusste Rudolf H*****, „dass er bei der oben beschriebenen Tathandlung als Beamter handelt und durch die vorschriftswidrige Ausstellung des Gutachtens und Ausfolgung der Plakette seine Befugnis als beliehener Unternehmer und sohin als im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vornehmendes Organ wissentlich missbraucht". Welche darüber hinausgehenden Konstatierungen zur Beurteilung der subjektiven Tatseite erforderlich wären, legt die Beschwerde mit der Behauptung, dies „reicht nicht aus", nicht dar.

Soweit damit der Sache nach eine unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) gerügt wird, ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass die Tatrichter die qualifizierte Vorsatzform des Angeklagten - logisch und empirisch einwandfrei - auf dessen Ausbildung zum Mechanikermeister und die im Urteil näher beschriebenen Rahmenumstände und Tatmodalitäten gegründet haben (US 14 iVm 9 ff).

Auch die Nichtigkeitsbeschwerde des Zweitangeklagten war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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