OGH 15Os128/05w

OGH15Os128/05w15.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gomez Reyes als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mohamed Wurie J***** wegen der Verbrechen nach § 28 Abs 2 und 3 erster Fall SMG, § 12 dritter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. Juni 2005, GZ 42 Hv 145/04s-68, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen (auch hinsichtlich der Aussprüche nach § 20 StGB und § 34 SMG) unberührt bleibt, im Schuldspruch zu I./B./ und demgemäß im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mohamed Wurie J***** (zu I./A./) des Verbrechens (richtig: der Verbrechen, vgl RIS-Justiz RS0117462, RS0117463) nach § 28 Abs 2 vierter Fall und 3 erster Fall SMG als „Beitragstäter" nach § 12 dritter Fall StGB, (zu I./B./) des (richtig:) Vergehens nach § 15 StGB, § 28 Abs 1 SMG als „Beitragstäter" nach § 12 dritter Fall StGB sowie (zu II./) des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig

I./A./ zum Inverkehrsetzen von Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) durch andere beigetragen, indem er

1./ etwa am 20. August 2004 vereinbarungsgemäß 23.000 Euro für die Lieferung und Übergabe von zumindest mehreren 100 Gramm Heroin und Kokain vom abgesondert verfolgten Boubacar S***** übernahm und an einen Suchtgiftlieferanten in Holland als Bezahlung übergab; 2./ am 30. August 2004 vereinbarungsgemäß 16.705 Euro und 1.346 US-Dollar für die Lieferung und Übergabe von 148 Gramm Kokain (40 Gramm Reinsubstanz) und 688 Gramm Heroin (41 Gramm Reinsubstanz) vom abgesondert verfolgten Boubacar S***** übernahm, um sie an einen Suchtgiftlieferanten als Bezahlung zu übergeben;

B./ am 24. August 2004 zum Erwerb und Besitz von Suchtgift in einer großen Menge mit dem Vorsatz, dass dieses durch Boubacar S***** in Verkehr gesetzt werde, beizutragen versucht, indem er ungefähr 1,8 kg Streckmittel, welches zur Vorbereitung des bereits in Österreich befindlichen Suchtgiftes für den Verkauf erforderlich war, aus Holland nach Österreich zur Übergabe an den Genannten aus- und einführte, wobei dieses Streckmittel im Zuge einer Grenzkontrolle beschlagnahmt wurde;

II./ am 24. August 2004 eine falsche Urkunde, nämlich einen selbst angefertigten guineischen Führerschein mit der Nummer 331932 im Rechtsverkehr zum Beweis seiner Identität gebraucht, indem er sich damit gegenüber Beamten der Kriminalabteilung Oberösterreich auswies. Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie ist nicht im Recht. Die Mängelrüge (Z 5) behauptet zunächst (der Sache nach aus Z 9 lit a) pauschal das Fehlen von „ausreichenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite", legt jedoch nicht dar, welche Konstatierungen über die getroffenen hinaus (s US 6, 8, 9) ihrer Ansicht nach noch erforderlich gewesen wären.

Dem weiteren Vorbringen zuwider hat das Schöffengericht die leugnende Verantwortung des Angeklagten nicht mit Stillschweigen übergangen, sondern mit eingehender Begründung als widerlegt erachtet (US 10 ff). Soweit die Mängelrüge behauptet, der Beschwerdeführer sei wahrheitswidrig belastet worden, um „geflüchtete wirkliche Täter" zu schützen, sowie die vom Erstgericht angeführten Indizien seien „nicht geeignet, den Angeklagten der Täterschaft zu überführen", zeigt sie keinen Begründungsmangel auf, sondern bekämpft die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit den Hinweisen, dass die Verurteilung „aufgrund von Indizien und der Aussage eines als Dealer tätigen Zeugen" erfolgt, weiters dass der Angeklagte bei den von der Telefonüberwachung erfassten Gesprächen nicht namentlich erwähnt worden sei, keine aus den Akten abzuleitenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofes gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu I./A./ zugrunde gelegten - von den Tatrichtern ausführlich und ohne Verstoß gegen die Gesetze folgerichtigen Denkens und grundlegende Erfahrungssätze begründeten (US 10 ff) - entscheidenden Tatsachen zu wecken. Mit der Behauptung zu I./B./, dass der Besitz von Pulver für einen Energiedrink nicht strafbar sei, vernachlässigt die Beschwerde überdies die Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite (US 9). Schließlich zeigt sie mit der der Sache nach aufgestellten Behauptung, der Angeklagte habe den gefälschten Führerschein nicht im Rechtsverkehr zum Beweis seiner Identität gebraucht (vgl aber US 9 iVm S 209/I) und der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz ebenfalls keine sich aus den Akten ergebenden Umstände auf, die geeignet wären, die zu II./ getroffenen Feststellungen in Frage zu stellen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO).

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof aber, dass durch den Schuldspruch zu I./B./ das Gesetz zum Nachteil des Angeklagten unrichtig angewendet worden ist (§ 290 Abs 1 StPO). Gegenstand dieses Schuldspruchs ist der (infolge vorheriger Beschlagnahme misslungene) Versuch des Angeklagten, durch Übergabe von 1,8 kg Streckmittel an Boubacar S***** zum Erwerb und Besitz einer großen Menge Suchtgift des Genannten mit dem Vorsatz, dass dieses in Verkehr gesetzt werde, beizutragen.

Rechtliche Beurteilung

Weil die Legaldefinition des (strafbaren) Versuchs im § 15 Abs 2 StGB nur den Versuch des unmittelbaren Täters und den des Bestimmungstäters umfasst, ist der Versuch des Beitrags schon begrifflich ausgeschlossen. Der sogenannte „Beitragsversuch" ist somit straflos (Fabrizy in WK² § 12 Rz 108).

Der Schuldspruch zu I./B./ und demgemäß der Strafausspruch waren daher aufzuheben.

Im zweiten Rechtsgang wird aber zu prüfen sein, ob geeignete Feststellungen getroffen werden können, denen zufolge das zu diesem Faktum unter Anklage gestellte Verhalten des Angeklagten als (vollendeter) psychischer Tatbeitrag (zB in Form einer tatkausalen [dazu WK² § 12 Rz 90] Zusage zur Lieferung des Streckmittels) zu werten ist (vgl WK² § 12 Rz 85); verneinenden Falls wird mit Freispruch vorzugehen sein.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a StPO.

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