OGH 14Os145/15b

OGH14Os145/15b8.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. März 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schönmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Hilda R***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 4. September 2015, GZ 38 Hv 41/15s‑16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00145.15B.0308.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hilda R***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie in W***** im Juni 2014 die ihr durch Einräumung der Depotmitinhaberschaft betreffend ein im Urteil näher bezeichnetes Wertpapierkonto, mithin durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, dadurch wissentlich missbraucht und dem Vollmachtgeber Franz E***** einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, dass sie das gesamte auf dem Konto befindliche Guthaben in Höhe von 75.381,08 Euro auf ein ausschließlich auf sie lautendes Wertpapierdepot bei einer anderen Bank übertragen ließ und dadurch dem Zugriff des Franz E***** entzog.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten ist nicht im Recht.

Entgegen dem Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zum Schädigungsvorsatz haben die Tatrichter die Urteilsannahmen zur „subjektiven Tatseite“ (damit auch zu einem auf die Zufügung eines 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteils; US 3) aus dem „äußeren Geschehensablauf“, insbesondere daraus abgeleitet, dass die Beschwerdeführerin die Wertpapiere „so rasch nach der schriftlichen Aufforderung ihres Onkels, eine Verzichtserklärung (hinsichtlich der Depotmitinhaberschaft) abzugeben“, ausbuchte, und zur Wissentlichkeit des Befugnismissbrauchs zusätzliche Überlegungen angestellt (US 5). Aus welchen Gründen der solcherart von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen gezogene Schluss, der bei ‑ wie hier ‑ leugnenden Angeklagten in der Regel auch nicht zu ersetzen ist (RIS‑Justiz RS0116882), unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit zu beanstanden sein sollte, legt die Beschwerde nicht dar.

Mit der Sache nach gegen die Erwägungen des Erstgerichts zur Unglaubwürdigkeit der Verantwortung der Beschwerdeführerin (US 4 f) gerichteten Einwänden (Z 5 dritter und fünfter Fall) bezieht sich die Mängelrüge nicht auf entscheidende Tatsachen ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 431 f; RIS-Justiz

RS0106588,

RS0119422).

Im Übrigen liegt weder der behauptete innere Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen den Ausführungen, nach denen Hilda R***** im Ermittlungsverfahren angab, Franz E***** habe ihr im Bedarfsfall die Verfügung über das Guthaben auf dem Depot gestattet (ON 5 S 51), und jenen, wonach sie die Behauptung einer (bedingungslosen) Schenkung erstmals in der Hauptverhandlung aufstellte (ON 11 S 17, US 4), vor, noch wurde insoweit

der Inhalt der Verantwortung in den Entscheidungsgründen unrichtig wiedergegeben (RIS‑Justiz RS

0099431).

Zu einer gesonderten Auseinandersetzung mit der Aussage des (mit der Einräumung der Einzelzeichnungsberechtigung betreffend das in Rede stehende Wertpapierdepot an die Beschwerdeführerin befassten) Bankangestellten Michael S*****, nach der es seiner Erinnerung entsprechend der Wunsch des Franz E***** war, dass die Angeklagte „über seinen Tod hinaus Zugriff auf das Depot haben sollte“ (ON 15 S 5), oder mit selektiv hervorgehobenen unerheblichen Passagen aus den Depositionen des Zeugen Franz E***** (wonach er Hilda R***** die Zeichnungsberechtigung für sein Wertpapierdepot, nicht aber für sein Gehaltskonto eingeräumt habe, stillschweigend davon ausgegangen sei, dass sie im Bedarfsfall die Pflege für ihn übernommen hätte und ihr früher wertvolle Geschenke gemacht habe) waren die Tatrichter unter dem geltend gemachten Aspekt von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) nicht verpflichtet, weil diese Angaben nicht im erörterungsbedürftigen Widerspruch zu den damit bekämpften Urteilsannahmen betreffend die spezifischen internen Vereinbarungen zwischen dem Machtgeber und der Angeklagten (US 2) stehen.

Die vom Zeugen Michael S***** berichtete erneute Aufklärung der Beschwerdeführerin über ihre Rechte und Pflichten als Depotmitinhaberin (damit auch über ihre alleinige Verfügungsberechtigung im Außenverhältnis) durch eine Bankmitarbeiterin unmittelbar vor der inkriminierten Transferierung des Guthabens hat das Erstgericht festgestellt (US 3). Im Übrigen bleibt unerfindlich, weshalb dieser Umstand gegen die Überzeugung der Tatrichter sprechen sollte, dass sie dennoch wusste, durch die Übertragung des Guthabens auf ein nur ihr zugängliches Konto im Rahmen ihres rechtlichen Könnens gegen das

interne Dürfen zu verstoßen, solcherart also die ihr vom Machtgeber eingeräumten Befugnisse zu missbrauchen.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit Hinweisen auf die schon in der Mängelrüge angesprochenen Verfahrensergebnisse keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zu wecken. Mit daran anknüpfenden eigenständigen beweiswürdigenden Überlegungen bekämpft sie bloß unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Soweit die Beschwerde Bedenken bloß aus den Urteilserwägungen (etwa im Zusammenhang mit der Beurteilung der Verantwortung der Angeklagten als widersprüchlich und unglaubwürdig) entwickelt, unterlässt sie die gebotene direkte Bezugnahme auf aktenkundiges Beweismaterial (RIS‑Justiz RS0117961).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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