OGH 14Os136/05i

OGH14Os136/05i17.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Jänner 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eck als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang K***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Salzburg vom 14. September 2005, GZ 33 Hv 104/05z-76, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Wolfgang K***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (1.) sowie des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (2.) schuldig erkannt.

Danach hat er in der Nacht zum 23. Dezember 2004 in Salzburg

1. Erika O***** in deren Haus durch Versetzen von massiven Schlägen mit einer Axt gegen den Schädel und das Gesicht sowie Tritte in die Bauchgegend, wodurch Erika O***** massive Schädelhirnverletzungen erlitt, vorsätzlich getötet;

2. am Wohnhaus der Erika O***** ohne „deren" Einwilligung dadurch, dass er fünf Liter Benzin aus einem Kanister ausgoss und in Brand setzte, eine Feuersbrunst verursacht, um die unter Punkt 1. geschilderte Tat zu verschleiern.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von Wolfgang K***** gestützt auf § 345 Abs 1 Z 5, 6 und 10a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Die Verfahrensrüge (Z 5) zeigt keine Verletzung von Verteidigungsrechten auf:

Nach gefestigter Rechtsprechung muss im Beweisbegehren, soweit dies nicht auf der Hand liegt, angegeben werden, aus welchen Gründen zu erwarten ist, dass die Durchführung des angestrebten Beweises das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde und inwieweit dieses - sofern es nicht offensichtlich ist - für die Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist (vgl 15 Os 89/04; siehe auch 11 Os 41/80, 9 Os 130/80 mit Bezugnahme auf RZ 1970, 18, und die zahlreichen weiteren in RIS-Justiz RS0118123, RS0099453 und RS0107040 dokumentierten Entscheidungen sowie Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327). Die Begründung des Beweisbegehrens muss dabei umso eingehender sein, je fraglicher die Brauchbarkeit des geforderten Verfahrensschrittes im Lichte der übrigen Verfahrensergebnisse ist (vgl 14 Os 109/03; 14 Os 63/03; 13 Os 119/96 uva). Genügt ein Beweisantrag diesen Anforderungen nicht, so liegt ein unzulässiger Erkundungsbeweis vor (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330; 15 Os 45/05i; 12 Os 137/04; 12 Os 30/80).

Die erwähnten Erfordernisse gelten auch im Verfahren vor dem Geschworenengericht. Eine (weitere) Beweisaufnahme ist daher nur dann geboten, wenn sie ein maßgebliches, den Wahrspruch allenfalls noch zugunsten des Angeklagten beeinflussendes Ergebnis erwarten lässt, das heißt, wenn die gesamte Verfahrenslage eine solche Erwartung unterstützt (vgl 15 Os 101/99; 13 Os 177/96; 13 Os 130/83 uva). Dem Antrag des Angeklagten auf Einholung eines kriminalpsychologischen Gutachtens, insbesondere auf Erstellung einer „Tatortanalyse und Deliktsklassifikation" (S 42/VII), mangelte es an einem Vorbringen, aus welchen Gründen eine solche Expertise geeignet wäre, den angestrebten Nachweis des Ausschlusses seiner Täterschaft überhaupt zu erbringen oder sonst die Beweislage zu seinen Gunsten zu ändern.

Auf die im Rechtsmittel vorgebrachten, eigene Beweiswerterwägungen anstellenden Begründungsansätze war nicht weiter einzugehen, ist doch die Berechtigung von in der Hauptverhandlung gestellten Anträgen stets nur auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).

Soweit der Antrag subsidiär darauf abzielte, eine - vom Rechtsmittelwerber gar nicht zugegebene - Beitragstäterschaft an einem nicht unter Anklage gestellten Einbruchsdiebstahl zum Nachteil des Mordopfers zu beweisen, fehlt es schon an einem schulderheblichen Beweisthema.

Auch der Antrag auf Ergänzung der GPS-Aufzeichnungen durch die Bundespolizeidirektion Linz zum Nachweis dafür, dass der auf Wolfgang K***** zugelassene PKW Kombi Passat um 00.33 Uhr des Tattages im Bereich der Raststätte Mondsee nicht gehalten habe und dementsprechend Fahrzeuginsassen an dieser Raststätte keinen (in der Folge zur Brandstiftung verwendeten) Benzinkanister haben erwerben können (S 42/VII), hätte eines Vorbringens dahin bedurft, aus welchen Gründen ein solches Beweisergebnis zu erwarten gewesen wäre. Denn einerseits schließt die schriftliche Auswertung der GPS-Daten durch die Polizei einen Halt des überwachten Personenkraftwagens an der Raststätte dem Rechtsmittelvorbringen zuwider gerade nicht aus (vgl S 281/I iVm S 32 f/VII und S 39 ff/VII), andererseits legte der Zeuge Andreas H***** ausdrücklich dar, dass die Messdaten einen Zeitsprung und damit einen Aufenthalt des Fahrzeuges von ca. zwei, zwei bis drei bzw ein paar Minuten an diesem Ort ergeben hätten (S 32 f/VII). Im Übrigen war die angestrebte Beweisaufnahme ungeeignet, ein für den Nichtigkeitswerber günstigeres Verfahrensergebnis zu erbringen. Denn der Angeklagte verantwortete sich ja dahin, sein Fahrzeug einem Unbekannten namens Peter geliehen zu haben, während ihm zu dieser Zeit dessen Personenkraftwagen zur Verfügung gestanden sei (S 11 ff/VII). Somit würde selbst der Nachweis, dass das dem Beschwerdeführer gehörende (laut GPS-Peilung sowohl zur Tatzeit des Mordes als auch der Brandstiftung in unmittelbarer Tatortnähe abgestellte) Fahrzeug bei der Raststätte nicht angehalten habe, keinesfalls den - laut Kassenjournal um 00.37 Uhr erfolgten (S 323/I) - Kauf des Benzinkanisters durch Wolfgang K***** oder einen unbekannten Beteiligten ausschließen.

Das Erstgericht hat daher die gerügten Beweisanträge im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Die gesetzeskonforme Ausführung einer Fragenrüge (Z 6) erfordert eine Substantiierung dahin, durch welche in der Hauptverhandlung konkret vorgebrachten Tatsachen (§ 314 Abs 1 StPO) die begehrte weitere Fragenstellung indiziert gewesen sein soll (vgl Schindler, WK-StPO § 314 Rz 12 f; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 23, 42).

Ein solches Tatsachenvorbringen vermag der Rechtsmittelwerber mit seiner Rüge der Ablehnung der Stellung von Eventualfragen nach den Verbrechen des Mordes und des (gar nicht inkriminierten) Diebstahls durch Einbruch jeweils als Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB) durch den Schwurgerichtshof mit dem bloßen Verweis auf „Verfahrensergebnisse, die eine Tatbegehung durch eine Einzelperson 100 %ig ausschließen", nicht aufzuzeigen.

Gleichermaßen unberechtigt ist auch die Tatsachenrüge (Z 10a):

Die gerichtsmedizinischen Sachverständigen kamen in ihrem Obduktionsgutachten zum Schluss, dass Erika O***** an einem zentralen Regulationsversagen infolge massiver, teils penetrierender Schädelhirnverletzungen auf nicht natürliche Weise verstorben ist. Sie berichteten, dass sich im Bereich der Weichteile des Schädels sowie am knöchernen Schädeldach mehrfache Zeichen massiver teils stumpfer, teils scharfer Gewalteinwirkung fanden, die sie im Rahmen des Befundes einzeln aufzählten. Sie erwähnten auch, dass sie Zeichen einer ausgedehnten stumpfen Gewalteinwirkung gegen das Gesicht sowie den Bauchraum des Opfers mit Zerrung innerer Organe wahrgenommen hatten (S 19 ff/IV).

Auf Grund dieses Gutachtens liegen keine, geschweige denn erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen getroffenen Feststellung zu den Tötungshandlungen und die Todesursache vor.

Der Ausspruch der Geschworenen, dass der Angeklagte die Feuersbrunst verursachte, um den zuvor begangenen Mord zu verschleiern, betraf keine für die Unterstellung der Tat unter ein bestimmtes Strafgesetz oder für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes entscheidende Tatsache, sondern das Motiv zur Tat. Somit ist dieser Ausspruch einer Bekämpfung mittels Tatsachenrüge nicht zugänglich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO).

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