OGH 14Os120/13y

OGH14Os120/13y27.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. August 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bandarra als Schriftführer in der Strafsache gegen Lukas P***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Tomas F***** und Patrik B***** gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 25. Februar 2013, GZ 601 Hv 28/12m-82, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der die Angeklagten Tomas F*****, Patrik B***** und Miroslav Ba***** betreffenden rechtlichen Unterstellung der dem Schuldspruch I/A und I/B zugrunde liegenden Taten (auch) unter § 130 vierter Fall StGB, demzufolge in den diese Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Die gegen den Schuldspruch III/2 gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Tomas F***** wird zurückgewiesen.

Dieser Angeklagte wird mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde im darüber hinausgehenden Umfang sowie mit seiner Berufung, Patrik B***** mit seinen Rechtsmitteln zur Gänze auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten Tomas F***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden - soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden und für die amtswegige Maßnahme relevant - Tomas F***** (zu I/B/2), Patrik B***** (zu I/A und I/B) und Miroslav Ba***** (zu I/B/2) des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall StGB, Tomas F***** und Miroslav Ba***** zur Gänze, Patrik B***** zum Teil auch nach § 15 StGB, Erstgenannter zudem des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (III/2) schuldig erkannt.

Danach haben in Schwechat

(I) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen (§ 129 Z 1 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, im Urteil namentlich genannten Personen fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 3.000 Euro übersteigenden Wert durch Einbruch

A) weggenommen, und zwar Patrik B***** am 10. Dezember 2012 in drei Fällen durch Einbruch in Kraftfahrzeuge mittels eines Schraubenziehers ein Navigationsgerät samt Verkabelung, ein Ladekabel, eine Funkfernbedienung für eine Tiefgarage und drei Sonnenbrillen samt Etui (1 bis 3) sowie in einem Fall durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung ein Fahrrad (4);

B) wegzunehmen versucht, und zwar

1) Patrik B***** am 10. Dezember 2012 Wertgegenstände, indem er ein Kraftfahrzeug mittels eines Schraubenziehers aufbrach und es erfolglos durchsuchte;

2) Tomas F*****, Patrik B***** und Miroslav Ba***** im einverständlichen Zusammenwirken mit einem weiteren, unter einem rechtskräftig verurteilten Mittäter am 12. Dezember 2012 in fünf Fällen zwei Motorräder im Wert von 7.000 und 8.000 Euro, vier Stück Sommerreifen samt Felgen, ein Mountainbike und andere Wertgegenstände, indem sie mittels einer von Patrik B***** anlässlich der zu (I/A) beschriebenen Taten widerrechtlich erlangten Funkfernbedienung das Rolltor einer Tiefgarage öffneten, mit drei Fahrzeugen in die Garage fuhren, die Motorräder, die Sommerreifen und - nach Aufbrechen dessen Sperrvorrichtung - das Mountainbike auf einen Kleinlastkraftwagen luden sowie einen PKW mittels eines Schraubenziehers aufbrachen und diesen erfolglos durchsuchten, wobei sie bei der Ausfahrt aus der Garage festgenommen wurden;

(III/2) Tomas F***** am 12. Dezember 2012 wenn auch nur fahrlässig eine verbotene Waffe, nämlich einen Schlagring, unbefugt besessen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich von Tomas F***** aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a, von Patrik B***** aus jenen der Z 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerden.

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon, dass dem Urteil im Schuldspruch I/A und I/B nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 10) zum Nachteil beider Beschwerdeführer sowie des Angeklagten Miroslav Ba*****, der keine Nichtigkeitsbeschwerde erhoben hat, anhaftet, die von Amts wegen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) wahrzunehmen war:

Gewerbsmäßigkeit (§ 70 StGB) verlangt die Absicht des Täters, sich durch die wiederkehrende Begehung einer strafbaren Handlung für einen Zeitraum von zumindest einigen Wochen eine wirksame Einkommensquelle zu erschließen (Jerabek in WK² StGB § 70 Rz 7).

Feststellungen zur damit wesentlichen zeitlichen Komponente wurden - trotz (bei Patrik B*****) nur zwei Tage umfassenden Tatzeitraums und bei den beiden anderen Angeklagten in einem einzigen Angriff erfolgter Tatbegehung aus Anlass der Zutrittsmöglichkeit in die Tiefgarage mittels der zuvor von Patrik B***** erbeuteten Funkfernbedienung - nicht getroffen (vgl zu den zeitlichen Voraussetzungen auch: RIS-Justiz RS0092527, RS0107402).

Die mehrfache Verwendung der verba legalia des § 70 StGB im Urteilsspruch (US 2) und in den Entscheidungsgründen (US 9 f, 12, 16, 18) bleibt daher ohne Sachverhaltsbezug und trägt die Annahme der Qualifikation des § 130 vierter Fall StGB nicht (RIS-Justiz RS0119090, RS0114639; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8).

Da dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8) eine Aufhebung des Urteils in der rechtlichen Unterstellung der dem Schuldspruch I/A und I/B zugrunde liegenden Taten der Angeklagten Tomas F*****, Patrik B***** und Miroslav Ba***** auch unter § 130 vierter Fall StGB, demzufolge auch in den diese Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen bereits bei der nichtöffentlichen Beratung unumgänglich macht (§§ 285e erster Satz, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), erübrigt sich eine Erörterung der Nichtigkeitsbeschwerde des Patrik B*****, die sich ausschließlich gegen die von der Kassation betroffene Qualifikation und den Sanktionsausspruch wendet, sowie ein Eingehen auf das dagegen gerichtete Beschwerdevorbringen des Tomas F*****.

Im Übrigen ist die Nichtigkeitsbeschwerde des Letztgenannten nicht berechtigt.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch III/2 verfehlt nämlich den (auf der Sachverhaltsebene) gerade in den Urteilsannahmen der Tatrichter gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581), indem sie sich nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe orientiert, die jedenfalls im Zusammenhalt mit dem zu deren Verdeutlichung heranzuziehenden (RIS-Justiz RS0117247) Urteilstenor den - unter dem Aspekt materieller Nichtigkeit maßgeblichen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19) - Willen der Tatrichter hinreichend zum Ausdruck bringen, Feststellungen auch zum unbefugten Besitz des verfahrensgegenständlichen Schlagrings zu treffen (US 13 f, 16 f, 18 iVm US 5).

Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Mit seiner weiteren Nichtigkeitsbeschwerde sowie mit seiner Berufung war dieser Beschwerdeführer ebenso wie Patrik B***** mit seinen Rechtsmitteln zur Gänze auf den kassatorischen Teil der Entscheidung zu verweisen.

Nur der Vollständigkeit sei angemerkt, dass der Einwand des Angeklagten Tomas F*****, das Erstgericht habe die ausländischen Verurteilungen zu Unrecht zur Begründung der Gewerbsmäßigkeit herangezogen und als erschwerend gewertet, weil mangels Konstatierung der Urteilszeitpunkte die Tilgungsfrage nicht geklärt wurde (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 5 vierter Fall, Z 11 zweiter Fall), den ausdrücklichen - hinreichenden (vgl 14 Os 108/11f) - Verweis auf die aktenkundige slowakische Strafregisterauskunft (US 14, ON 48) übergeht. Dieser aber ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass Tilgung der drei einschlägigen Vorverurteilungen dieses Beschwerdeführers (wegen „Diebstahl unter Gewaltanwendung oder unter Einsatz von Waffen oder unter Gewaltandrohung oder Androhung des Einsatzes von Waffen gegen Personen“ zu einer einjährigen Freiheitsstrafe am 6. Mai 2008 [rechtskräftig seit dem 22. Mai 2008] sowie wegen schweren Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten am 7. September 2010 und - ohne Verhängung einer Strafe - am 3. September 2012 [rechtskräftig seit dem 28. September 2012]) noch nicht eingetreten ist (vgl zum Ganzen 11 Os 12/06h; 11 Os 31/01, 13 Os 134/10w; Kert, WK-StPO TilgG § 7 Rz 16).

Der Kostenausspruch, der sich nicht auf die amtswegige Maßnahme bezieht, beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Da die Nichtigkeitsbeschwerde des Patrik B***** aufgrund der amtswegigen Maßnahme gegenstandslos geworden ist, trifft ihn keine Verpflichtung zum Kostenersatz (vgl zum Ganzen Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12 mwN).

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