OGH 14Os103/97 (14Os104/97)

OGH14Os103/97 (14Os104/97)2.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Dezember 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.Holzweber, Dr.Ratz und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Grems als Schriftführer, in der Strafsache gegen Arkadiusz Leszek U***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 SGG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Arkadiusz Leszek U***** sowie über die Berufungen der Angeklagten Robert Friedrich P***** und Heinz Johann H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 10.April 1997, GZ 8 Vr 316/96-211, ferner über eine Beschwerde gemäß § 494 a Abs 4 StPO des Angeklagten Heinz Johann H***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch des Angeklagten Arkadiusz Leszek U***** sowie ebenfalls rechtskräftige Schuld- und Teilfreisprüche anderer Angeklagter enthaltenden - Urteil wurde der Genannte (zu A/I) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 SGG und (zu A/II) des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG schuldig erkannt.

Nach dem anfechtungsrelevanten Teil (A/I) des Schuldspruchs hat Arkadiusz Leszek U***** den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Jacek U***** Suchtgift in einer großen Menge aus dem Ausland nach Österreich aus- und eingeführt und in Verkehr gesetzt, indem er

(1) zwischen September 1995 und Ende Jänner 1996 insgesamt zumindest 900 Gramm Kokain von Polen aus- und nach Österreich einführte und davon

(2) über Vermittlung der abgesondert verfolgten Heinz K***** und Rene G***** verkaufte, nämlich

a) im November 1995 in L***** und G***** 100 Gramm über den abgesondert verfolgten Jürgen Z***** an Robert P*****;

b) Ende November/Anfang Dezember 1995 im Raum W***** oder in L***** und G***** 100 Gramm über den abgesondert verfolgten Jürgen Z***** an Robert P*****;

c) Mitte/Ende Dezember 1995 in W***** 100 Gramm über den abgesondert verfolgten Jürgen Z***** an den abgesondert verfolgen Johann M*****;

d) am 19.Jänner 1996 in V***** 200 Gramm über den abgesondert verfolgten Jürgen Z***** an den abgesondert verfolgten Johann M*****;

e) am 29.Jänner 1996 in L***** 100 Gramm über den abgesondert verfolgten Jürgen Z***** an Robert P*****;

f) zwischen Mitte November und Mitte Dezember 1995 in H*****, L*****, W***** und anderen Orten des Bundesgebietes zumindest 300 Gramm an den abgesondert verfolgen Jürgen Z***** zwecks Weiterverkaufes an Mirko R*****.

Der gegen diesen Schuldspruch vom Angeklagten Arkadiusz Leszek U***** aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a und 10 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Zu Unrecht erblickt der Beschwerdeführer den Nichtigkeitsgrund nach der Z 4 im Unterbleiben einer zeugenschaftlichen Vernehmung des Jürgen Robert Z*****, der ihn vor der Gendarmerie massiv belastet hatte (S 9 ff/I). Denn es fehlt schon an der nach dieser Gesetzesstelle erforderlichen formellen Voraussetzung eines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Vernehmung dieses Zeugen, woran auch der Rekurs des Beschwerdeführers auf Art 6 (ersichtlich gemeint: Abs 3 lit d) EMRK nichts ändert, wird doch auch darin dem Angeklagten nur das Recht garantiert, die Ladung und Vernehmung von Zeugen "zu erwirken". Die Verfahrensrüge nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO hat daher auch in der Neufassung durch das StPÄG 1993 zur Voraussetzung, daß über einen Antrag des Beschwerdeführers nicht erkannt oder gegen seinen Antrag oder Widerspruch ein Zwischenerkenntnis gefällt wurde. Mit der bloßen Behauptung, Grundsätze des Verfahrens, deren Beobachtung durch grundrechtliche Vorschriften, insbesondere durch Art 6 EMRK oder sonst durch das Wesen eines die Verteidigung sichernden, fairen Verfahrens geboten ist, seien unrichtig angewendet worden, ohne daß damit konkret auf einen Verfahrensantrag des Beschwerdeführers oder ein Zwischenerkenntnis des Gerichtshofes Bezug genommen wird, kann dieser Nichtigkeitsgrund nicht dargetan werden (14 Os 191/93).

Der Beschwerde zuwider haften dem angefochtenen Urteil aber auch die geltend gemachten Formalmängel undeutlicher, unzureichender oder überhaupt fehlender Urteilsbegründung (Z 5) nicht an. Die Tatrichter stützten ihre Annahme einer Mitwirkung des Angeklagten an der Einfuhr von 900 Gramm Kokain und dem etappenweisen Verkauf dieser Menge teils auf die geständige Verantwortung des Beschwerdeführers selbst (S 35 ff/IV, insb auch S 59/IV), der auch zugab, daß er immer wieder zwischen seinem Bruder und den übrigen Personen bei Suchtgiftbestellungen als Dolmetscher fungierte (S 59/IV; US 31), teils auf die schon erwähnten belastenden Angaben Z*****, erkennbar aber auch auf die Aussage des Gendarmeriebeamten Georg T***** in der Hauptverhandlung (S 53 ff/IV, insbes S 57) über Vernehmungsergebnisse und die Auswertung der Rufdaten betreffend Z***** Mobiltelefon (US 31). Die Beschwerdeausführungen stellen sich insoweit der Sache nach lediglich als Einwände gegen einzelne, aus dem Zusammenhang gelöste Argumente der Beweiswürdigung dar.

Der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zuwider kommt im Urteil das auf das objektive Tatgeschehen bezogene und teilweise schon aus diesem abgeleitete innere Vorhaben des Angeklagten in seiner jeweiligen Willens- und Wollenskomponente für das Rechtsmittelgericht deutlich genug zum Ausdruck (s insb US 17, 29, 30, 32). Die Rechtsrüge erweist sich demzufolge als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Das gilt auch für die damit erhobenen Einwände mangelhafter Begründung (Z 5) der subjektiven Tatseite, womit sich die Beschwerde ebenfalls nicht am Urteilssachverhalt und dessen Beweisgrundlagen orientiert.

Indem der Beschwerdeführer im Rahmen der Subsumtionsrüge (Z 10) die Feststellungen der Tatrichter zur Gewerbsmäßigkeit und bandenmäßigen Begehung in Frage stellt und deren mangelhafte Fundierung in den Beweisergebnissen behauptet, versucht er abermals lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter zu bekämpfen. Er verfehlt damit jedoch die prozeßordnungsgemäße Ausführung der Beschwerde die ein Festhalten an den tatrichterlichen Konstatierungen als Grundlage für den anzustellenden Vergleich mit dem anzuwendenden Strafgesetz erfordert.

Aus den angeführten Gründen war die Nichtigkeitsbeschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde (§§ 285 i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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