OGH 14Os191/93

OGH14Os191/9318.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Jänner 1994 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer, Dr. Ebner, Dr. Adamovic und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Obergmeiner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Heinrich B* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Heinrich B* sowie über die Berufungen der Angeklagten Johann W* und Helmut J* gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 7. Juni 1993, GZ 30 j Vr 15.542/92‑54, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0140OS00191.9300000.0118.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

 

 

Gründe:

 

 

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Heinrich B*, Johann W* und Helmut J* auf Grund des Wahrspruches der Geschworenen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 (zweiter Fall) StGB sowie anderer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Dieses Urteil bekämpft nur der Angeklagte Heinrich B* mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5 und 6 des § 345 Abs 1 StPO; den Strafausspruch fechten er und die beiden anderen Angeklagten mit Berufung an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihre prozeßordnungsgemäße Darstellung.

Die Generalklausel des § 345 Abs 1 Z 5 (gleichwie jene des § 281 Abs 1 Z 4) StPO dient den Prozeßparteien zur Abwehr einer Beeinträchtigung ihrer Verfolgungs‑ bzw. Verteidigungsrechte durch nicht ohnedies ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohte sonstige Verfahrensfehler und setzt voraus, daß während der Hauptverhandlung über einen Antrag des Beschwerdeführers nicht oder nicht in seinem Sinne durch Zwischenerkenntnis entschieden worden ist. Anträge, die sich nicht bloß auf das Verfahren als solches beziehen, sondern über die erst in der Endentscheidung selbst abzusprechen ist ‑ wie hier: auf eine vom Angeklagten angestrebte Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB ‑, können daher niemals zur Grundlage einer Verfahrensrüge genommen werden. Davon abgesehen kann das Unterbleiben einer Anstaltsunterbringung nach § 21 Abs 2 StGB vom Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerde (und übrigens auch mit Berufung) überhaupt nicht angefochten werden, weil ihm die zusätzlich zur Strafe zu treffende Anordnung dieser Maßnahme zum Nachteil gereichen würde (§§ 282 Abs 1283 Abs 2 StPO ‑ ÖJZ‑LSK 1976/374 und 1977/13).

Auch die gegen die Fragestellung erhobenen Einwände (Z 6) sind schon im Ansatz verfehlt. Voraussetzung für eine prozeßordnungsgemäße Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes ist, daß in der Beschwerde jenes Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung dargetan wird, das die begehrte Fragenstellung indiziert. Diesem Erfordernis wird der Beschwerdehinweis auf die Verantwortung des Angeklagten, rauschgiftsüchtig zu sein und auch zu den Tatzeiten Suchtgift zu sich genommen zu haben (S 97, 99 f./II), nicht gerecht, weil darin keineswegs die Behauptung inkludiert war, zur Zeit der Tat deshalb unfähig gewesen zu sein, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Der Beschwerdeeinwand aber, das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen lasse die Frage der Zurechnungsunfähigkeit offen, ist nicht aktengetreu, hat doch der Sachverständige sowohl in seinem schriftlichen als auch in seinem mündlich ergänzten Gutachten ausdrücklich und mit Sicherheit eine schwere seelische Störung des Angeklagten zur Tatzeit im Sinn des § 11 StGB ausgeschlossen (S. 83, 117/II).

In der Beschwerde werden somit weder ausdrücklich noch durch deutliche Hinweisung aktenkundige Tatumstände angeführt (§§ 285 a Z 2, 344 StPO), die einen Mangel der Diskretions‑ oder Dispositionsfähigkeit des Angeklagten nahegelegt und damit eine (richtig:) Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit geboten hätten. Eine "Eventualfrage in Richtung des § 21 Abs 2 StGB" aber ist gesetzlich nicht vorgesehen, da die anzuwendende Sanktion nicht Gegenstand einer Fragestellung an die Geschworenen ist.

Mangels gesetzmäßiger Ausführung war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heinrich B* daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285 a Z 2, 285 d Abs 1 Z 1, 344 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über seine Berufung sowie die der Angeklagten Johann W* und Helmut J* folgt (§§ 285 i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

 

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