Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.713,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 617,55 Umsatzsteuer und S 1.920,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger wurde mit Dienstvertrag vom 1. September 1980 auf ein Jahr als Erzieher im Schülerheim der beklagten Partei angestellt. Am 30. Juni 1981 wurde dieser Vertrag bis 31. August 1983 verlängert und mit Vertrag vom 30. Juni 1983 für die Zeit vom 1. September 1983 bis 30. Juni 1984 ein weiterer Dienstvertrag abgeschlossen. In den Verträgen wurde die Geltung des Angestelltengesetzes vereinbart. Am 3. November 1983 wurde der Kläger zum Mitglied des Betriebsrates der beklagten Partei gewählt. Am 6. Juni 1984 verständigte die beklagte Partei den Kläger, daß sein Dienstverhältnis am 30. Juni 1984 ende. Seit 1. Juli 1984 ist er nicht mehr im Betrieb der beklagten Partei tätig.
Der Kläger behauptet, daß die aneinanderschließenden Dienstverträge auf bestimmte Zeit unzulässige Kettenverträge seien; er stehe daher in einem Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit und unterliege als Mitglied des Betriebsrates dem Kündigungs- und Entlassungsschutz des § 120 ArbVG. Die beklagte Partei habe dem Kläger kein angemessenes Gehalt bezahlt. Es gebühre ihm der Bezug eines Vertragslehrers der niedrigsten Entlohnungsgruppe. Der Kläger begehrte daher zuletzt (Ausdehnung und Klagsänderung im Berufungsverfahren) die Feststellung, daß sein Dienstverhältnis zur beklagten Partei aufrecht sei und ihm als angemessener Gehalt Bezüge wie einem Vertragslehrer nach dem Vertragsbedienstetengesetz Entlohnungsschema I L, Entlohnungsgruppe l 3 in der jeweiligen Entlohnungsstufe (vgl. § 41 VBG) gebühren, sowie die Bezahlung von S 136.779,-- brutto sA, die sich aus laufenden Bezügen von S 92.736,-- für die Zeit ab Juli 1984 und aus Minderbezügen von S 44.043,-- brutto für die Zeit von Jänner 1983 bis Juni 1984 zusammensetzen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, es lägen keine unzulässigen Kettenverträge vor. Sämtliche Vertragsverlängerungen seien über Wunsch des Klägers auf die voraussichtliche Restdauer seines Universitätsstudiums erfolgt. Ab 1. September 1983 seien sämtliche Verträge mit den Erziehern im Einvernehmen mit dem Betriebsrat auf zehn Monate jährlich geschlossen worden, um dem Charakter des Schülerheims gerecht zu werden. Der Kläger habe vor dem Auslaufen des letzten Dienstvertrages erklärt, nach dessen Ende nicht mehr für die Beklagte tätig sein zu wollen. Selbst wenn daher ein Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit vorliege, habe es der Kläger selbst durch Kündigung beendet, so daß er auch keinen Kündigungsschutz genieße.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und legte seiner Entscheidung folgende wesentliche Feststellungen zugrunde:
Die beklagte Partei beschäftigt als Erzieher regelmäßig Studenten; sie schließt mit ihnen Dienstverträge auf bestimmte Zeit ab, "um sie nicht auch noch nach Beendigung ihres Studiums an sich zu binden". Die Erzieher geben bei Vertragsabschluß die gewünschte Vertragsdauer bekannt. Dieser Wunsch wird regelmäßig berücksichtigt. Auch eine einvernehmliche vorzeitige Auflösung von Dienstverträgen vor dem vereinbarten Endzeitpunkt wäre möglich gewesen. Diese Umstände waren dem Kläger bekannt. Im (letzten) Dienstvertrag (Punkt IX.) vereinbarten die Parteien, daß dem Kläger die Abfertigung auch dann zusteht, wenn er während des Kalenderjahres nicht ununterbrochen beschäftigt ist, für die Berechnung der Abfertigung zehn Monate als ein Jahr gerechnet werden und im übrigen für die Höhe der Abfertigung das Angestelltengesetz gilt. Seit dem Studienjahr 1983/84 schließt die beklagte Partei nur mehr auf zehn Monate befristete Dienstverträge ab. Grund dafür ist, daß das Schülerheim während der Sommermonate Juli und August der Tätigkeit der Erzieher nicht bedarf. Die beklagte Partei "stellt es den Erziehern frei", für diese Monate die Arbeitslosenunterstützung zu beantragen, und gleicht die Gehaltsdifferenz durch Bezahlung einer Pauschalabgeltung (in Punkt IV. des Dienstvertrages des Klägers wurde eine im Mai fällige Prämie von S 3.450,-- vereinbart) aus. Im Mai 1984 fragte die beklagte Partei schriftlich beim Kläger und den anderen Erziehern an, ob sie der beklagten Partei im folgenden Schuljahr noch zur Verfügung stehen wollten. Daraufhin sagte der Kläger zum pädagogischen Leiter der beklagten Partei, Prof. Franz R***, daß er keinen Wert auf eine weitere Beschäftigung lege. Die schriftliche Anfrage, ob er im nächsten Jahr wieder arbeiten wolle, beantwortete der Kläger nicht, weil er nicht wußte, welchen Inhalt die für das folgende Schuljahr geltenden Dienstverträge haben würden, und "er nicht einen nach seinem Dafürhalten unveränderlichen Bindungswillen zum Ausdruck bringen wollte".
Das Erstgericht schloß aus Zeugenaussagen und dem Inhalt der Dienstverträge des Klägers, daß die Befristung der Verträge im ausschließlichen Dienstnehmerinteresse (Schutz vor Kündigung;
trotzdem Möglichkeit einvernehmlichen vorzeitigen Ausscheidens;
Wahrung der Abfertigungsansprüche durch Zusammenrechnung der Vertragszeiten) erfolgt sei, und vertrat in seiner rechtlichen Beurteilung die Ansicht, es lägen keine unzulässigen Kettenverträge vor, weil von Seiten der beklagten Partei keine Absicht bestanden habe, den Kläger durch eine Aneinanderreihung von befristeten Dienstverträgen um zwingend vorgeschriebene Begünstigungen zu bringen. Die zweimalige Verlängerung seiner Verträge auf bestimmte Zeit sei daher zulässig und wirksam. Die beklagte Partei habe durch die Vereinbarung, daß sämtliche bei ihr verbrachten Dienstzeiten für die Berechnung der Abfertigung zusammenzurechnen seien, die Abfertigungsansprüche des Klägers gewahrt. Die Befristung des Dienstvertrages sei zum Vorteil des Klägers, weil die beklagte Partei diesen vor dem vereinbarten Zeitablauf nicht hätte kündigen können. Da das Dienstverhältnis des Klägers am 30. Juni 1984 durch Zeitablauf geendet habe, komme ihm mangels Dienstgeberkündigung der besondere Kündigungsschutz des § 120 ArbVG nicht zu. Sein Betriebsratsmandat sei durch Ausscheiden aus dem Betrieb erloschen. Das Berufungsgericht verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 ArbGG neu neuem, traf dieselben Feststellungen wie das Erstgericht, gab der Berufung des Klägers nicht Folge und wies das um S 51.769,-- brutto sA ausgedehnte Leistungsbegehren und das weitere Feststellungsbegehren, daß dem Kläger Bezüge in der Höhe eines bestimmten Lehrergehaltes gebührten, ab.
Die zweite Instanz war der Ansicht, daß es nicht erforderlich sei, auf die Frage der Zulässigkeit der Vereinbarung aufeinanderfolgender befristeter Dienstverträge einzugehen. In der Erklärung des Klägers zum pädagogischen Leiter der beklagten Partei, er lege keinen Wert mehr auf eine weitere Beschäftigung, liege eine ausdrückliche Zustimmung zur Beendigung des Dienstverhältnisses mit 30. Juni 1984. Mit diesem Zeitpunkt seien alle (weiteren) Entgeltansprüche erloschen. Der besondere Kündigungsschutz (gemeint: nach § 120 ArbVG) greife nicht ein. Der Kläger habe für die Zeit ab 30. Juni 1984 keinen Entgeltanspruch mehr, so daß er auch kein rechtliches Interesse an der Feststellung habe, daß für diese Zeit ein bestimmter Bezug angemessen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Auf die Frage, ob die zwischen den Streitteilen mehrmals nacheinander auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Arbeitsverträge sachlich nicht gerechtfertigte Kettenarbeitsverträge sind (vgl zu diesem Begriff Miklau, Probleme des Kettendienstvertrages ZAS 1974, 43; Arb. 7.595, 8.635), die als einheitlicher Vertrag auf unbestimmte Zeit gelten, oder ob hier besondere, vom Arbeitgeber zu beweisende (Martinek-Schwarz, AngG 6 350; SozM I A/a 35; ZAS 1974/8 mwN) wirtschaftliche oder soziale Gründe den Abschluß wiederholter Verträge auf bestimmte Zeit als sozial gerechtfertigt erscheinen ließen (Arb. 5.823, 5.964, 7.595, 7.848; SozM I A/a 35; Arb. 8.635, 8.611; SozM I A/d 1281) braucht aus folgenden Gründen nicht eingegangen zu werden:
Sachlich nicht gerechtfertigte Kettenarbeitsverträge sind teilnichtig (Kramer, Hauptprobleme des befristeten und resolutiv bedingten Arbeitsverhältnisses, RdA 1973, 159 [164]; Bydlinski, Arbeitsrechtskodifikation 125 FN 238). Infolge Nichtigkeit der zwecks Umgehung sozialer Schutzvorschriften vereinbarten Befristung (§ 19 Abs 1 AngG) gilt das Dienstverhältnis als ohne Zeitbestimmung eingegangen (§ 20 Abs 1 AngG). Sinn dieser Sanktion ist es, daß dem Arbeitnehmer der Kündigungsschutz gewahrt wird und die aneinandergereihten Dienstverträge für alle Ansprüche, für die es auf die Dauer der Beschäftigung ankommt, als einheitliches Dienstverhältnis gelten. Geschützt durch die (Teil-)Nichtigkeitssanktion ist nur der Dienstnehmer. Der durch das Verbot Geschützte muß sich aber nicht auf die daraus resultierende Ungültigkeit berufen, sondern kann das Geschäft auch gelten lassen, es ausdrücklich bestätigen und dadurch heilen (Krejci in Rummel, ABGB, Rz 249 zu § 879).
Im vorliegenden Fall geht es nur um die Frage des Kündigungsschutzes. Andere Streitpunkte haben sich aus den Kettenarbeitsverträgen der Parteien nicht ergeben; für den Abfertigungsanspruch des Klägers waren die unmittelbar vorausgegangenen Dienstverhältnisse ohnehin gemäß § 23 Abs 1 AngG als Einheit zu behandeln; zudem vereinbarten die Streitteile für die Zukunft auch die Zusammenrechnung unterbrochener Dienstzeiten. Wäre die zeitliche Begrenzung des letzten Dienstvertrages des Klägers mit 30. Juni 1984 bei Vertragsabschluß ausdrücklich über seinen Wunsch erfolgt, so hätte er die Beendigung des Vertrages durch Zeitablauf wegen sachlicher Rechtfertigung von vorneherein nicht anfechten können. Bei der gegebenen Interessenlage widerspricht aber auch eine nachträgliche Zustimmung, es bei der Endigung des Vertrages zu einem bestimmten Zeitpunkt bewenden zu lassen, nicht dem Verbotszweck, der Kettenarbeitsverträge unter Teilnichtigkeit stellt. Der Kläger hat dadurch, daß er den ihm von der beklagten Partei angebotenen Abschluß eines weiteren Arbeitsvertrages mit der Begründung ablehnte, daß er auf eine weitere Beschäftigung keinen Wert mehr lege, den auf bestimmte Zeit geschlossenen Dienstvertrag rechtswirksam gegen sich gelten lassen. Er hat damit unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß er jede Art der Fortsetzung eines Arbeitsvertrages, sei es wiederum auf bestimmte Zeit oder auf unbestimmte Zeit, sei es unmittelbar an sein am 30. Juni 1984 endendes Dienstverhältnis anschließend oder erst mit 1. September 1984 beginnend, ablehne, weil er bei der beklagten Partei überhaupt nicht mehr arbeiten wolle. Wollte aber der Kläger selbst seine Vertragsbeziehungen zur beklagten Partei mit 30. Juni 1984 beenden, so hat er wirksam darauf verzichtet, eine allfällige Teilnichtigkeit des letzten vorausgegangenen Kettenarbeitsvertrages geltend zu machen. Er hat das Geschäft gegen sich gelten lassen und es ausdrücklich bestätigt.
Der Fall liegt somit hier anders als in der Entscheidung vom 10. April 1964, SozM I A/a 35, in der es um eine Erklärung (Ankündigung) des Dienstgebers ging, den Dienstnehmer im Sinne des befristeten Dienstvertrages (über den Endzeitpunkt hinaus) nicht mehr weiter zu beschäftigen. Der Oberste Gerichtshof hat damals ausgesprochen, daß eine solche Erklärung wie eine Dienstgeberkündigung behandelt werden könne, weil die Umdeutung mehrerer befristeter Arbeitsverträge in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis auch die Umdeutung der Rechtshandlungen erfordere, die der eine oder beide Vertragspartner in irriger rechtlicher Annahme setzten; die Erklärung eines Vertragsteils, den Dienstvertrag mit dem derzeitigen Endtermin ablaufen zu lassen und ihn nicht mehr zu verlängern, könne daher einer Kündigung gleichgesetzt werden. An dieser Entscheidung übten Martinek-Schwarz (aaO 351) mit der Begründung Kritik, daß eine Berufung auf Befristungen demjenigen, der die Arbeitnehmerrechte umgehen wollte, nicht zugute kommen könne, und die Erklärung, ein befristetes Dienstverhältnis nicht fortsetzen zu wollen, kein auf Lösung gerichtetes Rechtsgeschäft sei. Die letztgenannte Ansicht wurde auch vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung ZAS 1977/6 übernommen. Von dem geschilderten Fall weicht der vorliegende insofern ab, als hier der Dienstnehmer selbst das Angebot, das Dienstverhältnis fortzusetzen, ausgeschlagen hat, worin zwar keine Kündigung, wohl aber eine die Heilung des allenfalls bisher teilnichtigen Arbeitsvertrages bewirkende Willenserklärung und nicht eine bloße Wissenserklärung liegt. Dahingestellt bleiben kann, ob der Kläger seine Willenserklärung wegen Irrtums mit der Begründung hätte anfechten können, daß er vom Weiterbestehen des Vertrages auf unbestimmte Zeit keine Kenntnis gehabt habe. Er hat in erster und zweiter Instanz eine solche Einrede, der im Revisionsverfahren das Neuerungsverbot entgegensteht, nicht erhoben. Es bleibt daher infolge Ausschlagung einer weiteren Beschäftigung durch den Arbeitnehmer selbst bei der Beendigung des zuletzt abgeschlossenen Dienstvertrages durch Zeitablauf. Ein Kündigungsschutz des Klägers als (vormaliges) Mitglied des Betriebsrates kommt dann aber nicht in Betracht (Floretta-Strasser, ArbVG 816).
Nicht gedeckt ist durch die Begründung der Entscheidung des Berufungsgerichtes die Abweisung des Zahlungsbegehrens von S 44.043,-- sA, mit dem für die Zeit bis 30. Juni 1984 angemessenes Entgelt nachgefordert wurde. Zu diesem Anspruchsteil enthält jedoch die Revision keine Ausführungen. Der Grundsatz, daß bei Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung diese nach allen Richtungen zu prüfen ist, gilt aber nicht, wenn ein sich das Klagebegehren aus mehreren, auf selbständigen rechtserzeugenden Tatsachen beruhenden Teilansprüchen zusammensetzt und sich die Rechtsausführungen nur auf einen dieser Teilansprüche, nicht aber auf die anderen beziehen (ähnlich MietSlg. 31.736, 7 Ob 585/77, 1 Ob 653/85 ua). Dabei hat es auch nach Neuregelung des § 84 ZPO durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 zu bleiben (4 Ob 111/85; auch 1 Ob 653/85). Der Oberste Gerichtshof hat daher die Angemessenheit des Entgelts des Klägers bis 30. Juni 1984 nicht zu prüfen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 59 ZPO.
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