European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0130OS00085.24K.1113.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Sexualdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde die strafrechtliche Unterbringung des * L* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.
[2] Danach hat er in der psychiatrischen Abteilung des Landeskrankenhauses * unter dem maßgeblichen Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, derentwegen er im Zeitpunkt der Tat zurechnungsunfähig (§ 11 StGB) war, nämlich einer akuten Exazerbation einer paranoiden Schizophrenie,
1) am 29. Jänner 2024 die Krankenpflegerin * S* durch eine im Urteil beschriebene Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich eines Oralverkehrs an ihm, zu nötigen versucht, weiters
2) am 31. Jänner 2024 den Krankenpfleger * A* auf im Urteil beschriebene Weise gefährlich mit dem Tod bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen,
und dadurch das Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB begangen.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.
[4] Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch des Gerichts über entscheidende, also – im Verfahren zur Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB – für das Erkenntnis über die Begehung und die Subsumtion der (Anlass‑)Tat einschließlich der Zurechnungsunfähigkeit (vgl RIS‑Justiz RS0113981 sowie Haslwanter in WK2 StGB Vor §§ 21–25 Rz 8) bedeutsame Tatsachen (vgl RIS‑Justiz RS0106268).
[5] Der Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) und jener der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) sprechen zum Ausspruch 1 keine solche Tatsache an. Unter dem Aspekt der Subsumtion nach § 201 Abs 1 StGB in der Begehungsweise der „Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben“ ist es nämlich irrelevant, ob der Betroffene (hier mit Blick auf die Schutzfixierung) tatsächlich in der Lage gewesen ist, das angedrohte Übel zu verwirklichen (vgl RIS‑Justiz RS0092132, Jerabek/Ropper in WK2 StGB § 74 Rz 23, Eder-Rieder in WK2 StGB § 142 Rz 28 und Hintersteininger/Obermayr SbgK § 142 Rz 24). Entsprechendes gilt für die Frage, ob es dem Betroffenen möglich gewesen wäre, trotz Schutzfixierung zu masturbieren.
[6] Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil im Übrigen nur dann, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS‑Justiz RS0099431 [T1]). Mit dem Einwand, wonach getroffene Feststellungen von Depositionen einer Zeugin abweichen würden, und dem Vorbringen, dass kein Beweisergebnis existiere, aus welchem ein Masturbieren während der Schutzfixierung abgeleitet werden könne (vgl hingegen US 6), wird kein solches Fehlzitat behauptet (RIS‑Justiz RS0099431 [T17]).
[7] Indem die Mängelrüge aus Verfahrensergebnissen anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Betroffenen günstigere Schlüsse ableitet als das Erstgericht, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).
[8] Rechtliche Erwägungen des Erstgerichts in der Urteilsausfertigung sind nicht Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde (RIS‑Justiz RS0100877 [T11]).
[9] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, soweit bloß die Imminenz des angedrohten Übels bestritten wird der Sache nach Z 10 [Hinterhofer SbgK § 201 Rz 31]) zum Ausspruch 1 entwickelt ihre Argumentation zur (angeblich fehlenden) Eignung der Drohung, bei der Bedrohten den Eindruck zu wecken, der Betroffene könne das angedrohte Übel verwirklichen und würde dies auch unverzüglich tun (dazu eingehend mwN Eder-Rieder in WK2 StGB § 142 Rz 28), und zur behaupteten absoluten Untauglichkeit des Versuchs (§ 15 Abs 3 StGB) nicht auf der Basis der Urteilsfeststellungen, insbesondere jenen zum – im Tatzeitpunkt trotz Schutzfixierung gegeben gewesenen – Aktionsradius des Betroffenen (US 3 f), und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0099810).
[10] Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) in Bezug auf den Ausspruch 2 die Eignung der vom Erstgericht festgestellten Drohung, dem Krankenpfleger * A* begründete Besorgnis in Bezug auf einen Angriff auf sein Leben einzuflößen, in Frage stellt, gilt Entsprechendes. Die Beschwerde geht dabei nämlich nicht von den Feststellungen aus, wonach der Betroffene die in Rede stehenden Todesdrohungen in Anwesenheit mehrerer Personen ausgestoßen und am selben Tag mehrfach bekräftigt hat (US 4 und 6).
[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
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