OGH 13Os7/16b

OGH13Os7/16b9.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. März 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schönmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Florin B***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 5. November 2015, GZ 602 Hv 18/15b‑62, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00007.16B.0309.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Florin B***** der Verbrechen des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 (richtig) vierter Fall StGB (I) sowie der Hehlerei nach § 164 Abs 1, 2 und 4 (richtig) zweiter Satz StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat er im Oktober 2014 in O***** und an anderen Orten

(I) in zwei Angriffen im einverständlichen Zusammenwirken mit Mittätern (§ 12 erster Fall StGB) Wertgegenstände und Bargeld im Gesamtwert von rund 11.000 Euro anderen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Aufbrechen von Gebäuden und abgeschlossenen Räumen weggenommen sowie

(II) eine Micro SD Karte, die durch eine mit Strafe bedrohte Handlung, die aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer Freiheitsstrafe bedroht ist, die fünf Jahre erreicht oder übersteigt, nämlich einen Diebstahl durch Einbruch, erlangt worden war, an sich gebracht, wobei er die Umstände kannte, welche die bezeichnete Strafdrohung begründen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Indem die Mängelrüge (Z 5) die Frage releviert, ob der Beschwerdeführer bei einem der beiden vom Schuldspruch I umfassten Einbruchsdiebstähle persönlich das betroffene Gebäude betreten hat, bezieht sie sich nicht auf schuld‑ oder subsumtionsrelevante Umstände:

Nach den diesbezüglichen Urteilsfeststellungen brachen der Beschwerdeführer und sein Mittäter das Gebäude ‑ mit dem in Rede stehenden Tatbestand entsprechendem Vorsatz ‑ gemeinsam auf (US 4). Hievon ausgehend ist es irrelevant, ob der Beschwerdeführer oder sein Mittäter das Diebsgut aus dem Gebäude wegnahm, weil nach ständiger Judikatur (13 Os 21/03, SSt 2003/36; RIS‑Justiz RS0089808, jüngst 11 Os 91/14p) und herrschender Lehre ( Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 32, Leukauf/Steininger Komm 3 § 12 RN 21, jeweils mwN) bei mehraktigem Tatgeschehen jeder Beteiligte Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) ist, der einen der Teilakte unmittelbar ausführt.

Hinzu kommt, dass aufgrund des dem StGB zugrunde liegenden funktionalen Einheitstätersystems (hiezu Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 13) auch die Täterschaftsform unter dem Aspekt rechtsrichtiger Subsumtion bedeutungslos ist (SSt 56/42, RIS‑Justiz RS0090732).

Die Behauptung, das Erstgericht stelle keine logische Verknüpfung (Z 5 vierter Fall) zwischen seinen Überlegungen zur Farbe der am Tatort entdeckten Abriebspuren und der in der Nähe des Tatorts sichergestellten Brecheisen her, trifft nicht zu (US 5).

Die Ableitung der Feststellungen zur Mittäterschaft des Beschwerdeführers hinsichtlich eines der vom Schuldspruch I umfassten Einbruchsdiebstähle aus einem Überwachungsvideo, das den Beschwerdeführer und seinen wegen dieses Diebstahls bereits rechtskräftig verurteilten Mittäter am Tag der Tat auf einem in der Nähe des Tatorts gelegenen Bahnsteig zeigt, sowie der Aussage des Mittäters, den gesamten in Rede stehenden Tag gemeinsam mit dem Beschwerdeführer verbracht zu haben (US 5 f), entspricht den Gesetzen logischen Denkens ebenso wie grundlegenden Erfahrungssätzen und ist solcherart unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (14 Os 72/02, SSt 64/39; RIS‑Justiz RS0116732 und RS0118317).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit b), welche die Subsumtion der dem Tatbestand der Hehlerei (§ 164 StGB) unterstellten Tat (II) als Entwendung (§ 141 StGB) anstrebt und auf dieser Grundlage fehlende Ermächtigung zur Strafverfolgung (§ 141 Abs 2 StGB) einwendet, lässt nicht erkennen, aus welchem Grund die Hehlerei entgegen dem Wortlaut des § 141 Abs 1 StGB in den dort genannten Deliktskatalog ressortieren soll. Damit unterlässt sie die aus dem Blickwinkel materieller Nichtigkeit gebotene Ableitung der angestrebten rechtlichen Konsequenz aus dem Gesetz (12 Os 52/02, SSt 64/31; RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569).

Auch die Subsumtionsrüge (Z 10) entzieht sich einer meritorischen Erledigung, weil sie Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) und Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht in ihrer Gesamtheit betrachtet (hiezu Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 622‑624 mwN).

Aus den Feststellungen des Erstgerichts, wonach Victor‑Gabriel N***** die Micro SD Karte, die der Beschwerdeführer an sich brachte, durch einen Einbruchsdiebstahl erlangt hatte und der Beschwerdeführer dies wusste (US 4), geht zweifelsfrei hervor, dass die Tatrichter insoweit die Qualifikationsnorm des § 164 Abs 4 zweiter Satz StGB als erfüllt erachteten.

Die Subsumtion nach § 164 Abs 4 zweiter „Fall“ (US 2) stellt somit einen rechtlich bedeutungslosen, solcherart vom Obersten Gerichtshof klarzustellenden Zitierfehler dar (11 Os 35/10x, EvBl 2010/108, 729; Ratz , WK‑StPO Rz 623).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Hinzugefügt sei, dass die Subsumtion der vom Schuldspruch I umfassten Taten (nicht nur nach dem vierten, sondern auch) nach dem ersten Fall des § 130 StGB rechtlich verfehlt ist. Anlass für ein Vorgehen im Sinn des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bietet dieser Rechtsfehler aber mangels konkreten Nachteils für den Angeklagten nicht.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO), wobei dieses an den mit dem aufgezeigten Rechtsfehler hinsichtlich der Qualifikationsnorm des § 130 StGB behafteten Ausspruch des Erstgerichts nicht gebunden ist (13 Os 7/04, SSt 2004/24; RIS‑Justiz RS0118870).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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