OGH 12Os52/02

OGH12Os52/0226.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juni 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Steindl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Oleksandr G***** wegen des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. April 2002, GZ 124 Hv 13/02v-36, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Oleksandr G***** des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 5. Dezember 2001 in Wien den Exportsachbearbeiter der Dr. Karl J. P***** GesmbH Thomas F***** und den Firmeneigentümer Karl P***** durch die Mitteilung, er sei im Besitz gefälschter Frachtdokumente, wenn er diese an Behörden weitergäbe, würden der Dr. Karl J. P***** GesmbH große Schwierigkeiten entstehen, es bestehe die Gefahr, dass dadurch deren wirtschaftliche Existenz vernichtet würde, er würde von einer Weitergabe der Unterlagen an die Behörden des ehemaligen Ostblocks zwecks Überprüfung der Unterlagen verzichten, wenn ihm die genannte Firma einen Betrag von 150.000 US-Dollar bezahlen würde, die Firma solle ihm noch am 5. Dezember 2001 30.000 US-Dollar als Vorauszahlung geben, zu einer Handlung, welche dieses Unternehmen am Vermögen schädigen sollte, nämlich zur Übergabe der genannten Geldbeträge, zu nötigen versucht, um sich durch das Verhalten der Genötigten unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und b sowie 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl. Der Mängelrüge (Z 5) zuwider stützten die Tatrichter ihre Annahmen, die hochtechnisierte Stahldrähte aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion importierende Dr. Karl J. P***** GesmbH sei in einem sensiblen Wirtschaftsbereich tätig, logisch und empirisch einwandfrei auf die Angaben des Zeugen Karl P***** in der Hauptverhandlung (S 171, richtig: 272), jene über die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz aber auf die expliziten Angaben des Beschwerdeführers selbst (S 55) und des Zeugen Thomas F***** in der Hauptverhandlung (S 253 ff).

Nach Prüfung des weiteren Beschwerdevorbringens (Z 5a) anhand der Akten ergeben sich keine (geschweige denn) erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen. Der Beschwerdeführer bekämpft vielmehr unter Hervorhebung einiger Passagen der Aussagen des Zeugen Thomas F***** sowie seiner eigenen Verantwortung in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Erstrichter. Ob die vom Angeklagten vorgelegten Frachtpapiere in Ordnung waren oder nicht, ist ebensowenig entscheidungsrelevant wie die nun aufgestellte Behauptung unprofessioneller Vorgangsweise. Die Variante eigener Erpressung des Beschwerdeführers haben die Tatrichter aber mit ausführlicher Begründung verworfen (US 7 f).

Die eine mangelnde Eignung der Drohung, dem Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen, behauptende Rechtsrüge (Z 9a) orientiert sich prozessordnungswidrig nicht am gesamten Urteilssachverhalt. Einerseits haben die Tatrichter gar nicht festgestellt, dass die vorgelegten Frachtpapiere in Ordnung waren (US 6); andererseits übergeht die Rüge die Urteilsannahmen, dass die osteuropäischen Geschäftspartner (auch) im Fall ungerechtfertigter Zollrevisionen bzw anderer behördlicher Überprüfungen auf ihre Zusammenarbeit mit der Firma Dr. Karl J. P***** GesmbH verzichten könnten (US 4). Die bloße Behauptung eines absolut untauglichen Versuchs verabsäumt eine methodische Ableitung aus dem Gesetz (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588). Weshalb die Verwirklichung des Delikts auch bei einer generalisierenden Betrachtung, also unabhängig von Besonderheiten des Einzelfalles, geradezu denkunmöglich sein sollte, somit unter keinen wie immer gearteten Umständen erwartet werden konnte, ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.

Die zur vermeintlichen Notstandssituation (§ 10 Abs 1 StGB) erstatteten Rechtsmittelausführungen (Z 9 lit b), übergehen prozessordnungswidrig die gegenteiligen Urteilsannahmen des Erstgerichtes, das die Verantwortung des Angeklagten, er habe die Tat unter dem Druck gegen ihn selbst vorgehender Erpesser begangen, mit logisch und empirisch einwandfreier Begründung als unglaubwürdig verworfen hat (S 7 f).

Die sich gegen die Qualifikation nach § 145 Abs 1 Z 1 StGB wendende Subsumtionsrüge (Z 10) verfehlt eine gesetzmäßige Darstellung, indem sie neuerlich die Konstatierungen über die möglichen Folgen einer (auch ungerechtfertigten) Zollrevision bzw behördlichen Überprüfung (US 4) ebenso ignoriert, wie die Urteilsfeststellungen über den auf Drohung mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz gerichteten Vorsatz des Beschwerdeführers, der der Meinung war, deshalb würden die Bedrohten sicher bezahlen (US 6).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - wie auch die unzulässige (§ 283 Abs 1 StPO), nur angemeldete Berufung wegen Schuld - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die gegen den Ausspruch über die Strafe gerichtete Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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