OGH 13Os67/23m

OGH13Os67/23m20.9.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. September 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin FI Trsek in der Strafsache gegen * B* wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 10. Februar 2023, GZ 12 Hv 37/22y‑334, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0130OS00067.23M.0920.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B* des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (1) und des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 11. Juni 2013 in R* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit drei Personen als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) Dr. K* W* und Mag. G* W*

(1) durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung von Waffen fremde bewegliche Sachen, nämlich Schmuck, Goldbarren und Bargeld im Gesamtwert von 565.973 Euro, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt, indem er die Genannten unter Vorhalt einer Pistole und eines Messers zur Ausfolgung von Geld und Wertgegenständen aufforderte, sowie

(2) im Anschluss an die zu 1 erfolgte Sachwegnahme (US 9) durch Einsperren in ein WC und Verriegeln der Tür von außen für mehr als zwei Stunden (US 9) widerrechtlich (richtig [Schwaighofer in WK2 StGB § 99 Rz 13 sowie Schmoller SbgK § 99 Rz 42, jeweils mwN]) gefangen gehalten.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) der Glaubwürdigkeitsbeurteilung (vgl dazu RIS‑Justiz RS0119422) behauptet die Mängelrüge (Z 5), weil sich das Erstgericht in Bezug auf die Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten mit Divergenzen in den Aussagen des Zeugen * Z* und mit dessen geändertem Aussageverhalten nicht auseinandergesetzt und die Annahme bloß partieller Glaubwürdigkeit (vgl zu deren Zulässigkeit RIS‑Justiz RS0098372 [insbesondere T3]) nicht begründet habe. Sie übergeht aber die Gesamtheit der diesbezüglichen beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter (US 41 ff) und erweist sich solcherart als nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS‑Justiz RS0119370).

[5] Das weitere Vorbringen erschöpft sich, indem es eigene Überlegungen zum Beweiswert der Aussage des genannten Zeugen und der Ergebnisse der Rufdatenauswertung anstellt und anhand dieser für den Angeklagten günstige Schlüsse ableitet, in einem unzulässigen Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung (vgl RIS‑Justiz RS0099419).

[6] Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) aus den vom Erstgericht angeführten Prämissen bloß für ihren Standpunkt günstigere Schlüsse zieht als das Erstgericht, verlässt auch sie den Anfechtungsrahmen des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0099674).

[7] Durch die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz wird ein aus Z 5a beachtlicher Mangel nicht behauptet (RIS‑Justiz RS0102162).

[8] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) leitet ihre auf den Schuldspruch wegen des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (2) bezogene Behauptung der „verfehlten Annahme echter Realkonkurrenz“ nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (siehe aber RIS‑Justiz RS0116565). Unter dem Aspekt des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei festgehalten, dass beim – hier konstatierten – Einsperren der Opfer nach der materiellen Vollendung des Raubes in einen Raum unter Aufrechterhaltung der Freiheitsentziehung für eine mehr als zweistündige Dauer (US 9) echte Konkurrenz sehr wohl zu bejahen ist (RIS‑Justiz RS0091310 und RS0093111 [T1], siehe auch Eder‑Rieder in WK2 StGB § 142 Rz 69 f, Schwaighofer in WK2 StGB § 99 Rz 45 bis 47, Hintersteininger/Obermayr SbgK § 142 Rz 74 sowie Schmoller SbgK § 99 Rz 74).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[10] Über die Berufungen hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

[11] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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