OGH 13Os33/16a

OGH13Os33/16a18.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Mai 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fritsche als Schriftführerin in der Strafsache gegen Zoltan B***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Abs 2 Z 1, 130 Abs 1 erster Fall, Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. Jänner 2016, GZ 53 Hv 134/15k‑33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00033.16A.0518.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Zoltan B***** des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Abs 2 Z 1, 130 Abs 1 erster Fall, Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 26. Juni 2015 in Wien fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Laptop, eine Spielkonsole samt Zubehör, zwei Paar Schuhe, einen Gutschein und 700 Euro Bargeld, Mag. Wolfgang Z***** und Petra F***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch in Wohnstätten längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen (US 3), weggenommen, indem er zur Ausführung der Tat durch Aufbrechen einer Terrassentür mit einem Flacheisen, somit unter Einsatz eines besonderen Mittels, das eine wiederkehrende Begehung nahelegt (US 7), in die Wohnung der Genannten eindrang.

 

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 3, 5 und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

 

Der Beschwerde zuwider hat das Erstgericht die Feststellung, es sei dem Angeklagten darauf angekommen, „sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbrüchen in eine Wohnstätte ein fortlaufendes, durchschnittlich 400 Euro pro Monat übersteigendes Einkommen über zumindest einige Wochen zu verschaffen“ (US 3), keineswegs „per se“ und „ohne sachliches Substrat“ erschlossen (nominell verfehlt auch Z 10, inhaltlich nur Z 5 vierter Fall). Es leitete sie vielmehr ‑ willkürfrei ‑ aus den äußeren Umständen dieser und einer rund sechs Wochen danach begangenen, gleichartigen Straftat, derentwegen der Angeklagte mit (rechtskräftigem, zum angefochtenen im Verhältnis des § 31 StGB stehendem) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 8. Oktober 2015, AZ 221 Hv 33/15f, verurteilt worden war, ferner aus der „Auswahl der Diebstahlsobjekte“ sowie aus der ungünstigen finanziellen Situation des Beschwerdeführers ab (US 5 f).

Aufgrund der (nicht durch eine Strafregisterauskunft objektivierten) Verantwortung des Angeklagten ging das Schöffengericht davon aus, dass dieser vor „ca. zehn Jahren in Ungarn wegen Diebstahls zu einer teilbedingten zweijährigen Freiheitsstrafe“ verurteilt wurde (US 2). Diese (einzige) „einschlägige Vorstrafe“ wertete es nicht nur als erschwerend bei der ‑ von der Nichtigkeitsbeschwerde unangefochten gebliebenen -Strafbemessung (US 8), sondern auch als (zusätzliches) Indiz für die Feststellungen zur gewerbsmäßigen Begehungsweise (US 5).

Mit dem ‑ auf Z 3 gestützten ‑ Einwand, das Erstgericht hätte „die Verpflichtung gehabt, wenn dieser Umstand gewertet wird, eine Strafregisterauskunft aus Ungarn beizuschaffen“, wird die Verletzung oder Missachtung einer Vorschrift, deren Einhaltung in der Hauptverhandlung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit anordnet, nicht einmal behauptet. Soweit damit das Unterbleiben amtswegiger Beweisaufnahme gerügt wird (inhaltlich Z 5a als Aufklärungsrüge), fehlt es bereits an einem Vorbringen, wodurch der Beschwerdeführer an einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert war (RIS‑Justiz RS0115823).

Die an der betreffenden Urteilskonstatierung geübte Kritik der Mängelrüge (intendiert wohl Z 5 vierter Fall) versagt schon deshalb, weil das „getrübte Vorleben“ (US 5) des Angeklagten weder entscheidend ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 399) ist noch die Tatrichter darin erkennbar eine notwendige Bedingung für Feststellungen hinsichtlich einer entscheidenden Tatsache erblickten ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 410).

Auch das weitere nominell auf Z 5 gestützte Rechtsmittelvorbringen bekämpft ‑ abseits der Anfechtungskategorien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (dazu statt vieler: 13 Os 143/15a) - bloß anhand eigenständiger, der Beweiswürdigung des Erstgerichts entgegengesetzter Spekulationen ausschließlich Feststellungen über solche Tatsachen, die weder für die Schuld- noch für die Subsumtionsfrage bedeutsam sind (RIS‑Justiz RS0106268; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 398; zur mangelnden Subsumtionsrelevanz der Abgrenzung von Versuchs‑ und Vollendungsstadium 12 Os 119/06a [verst Senat]), und entzieht sich damit einer meritorischen Erwiderung.

Mit der ‑ den Entfall der Qualifikation nach § 130 Abs 1 erster Fall, Abs 3 StGB anstrebenden ‑ Argumentation, die Tat sei unter Verwendung einer (schlichten) „Eisenstange“ ausgeführt worden, löst sich die Subsumtionsrüge (Z 10) prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0099810) vom festgestellten Sachverhalt, wonach der Angeklagte die Terrassentür mit einem „zugespitzten Flacheisenstück“ von „ca 12 mm“ „Klingenbreite“ aufzwängte (US 3, 7).

Zutreffend beurteilte das Erstgericht dieses Werkzeug im Übrigen als besonderes Mittel, das eine wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch (auch) in Wohnstätten nahelegt (§ 70 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB; vgl EBRV 689 BlgNR 25. GP 14). Im Verein mit der in § 70 Abs 1 StGB umschriebenen Absicht (vgl US 3) genügt schon dies allein für die (hier infolge Abgehens vom festgestellten Sachverhalt prozessordnungswidrig bekämpfte) Annahme gewerbsmäßiger Begehung (§ 70 StGB).

Weshalb es für die rechtsrichtige Subsumtion darüber hinaus noch darauf ankommen sollte, ob der Angeklagte (wie das Erstgericht folgert, US 7 f) bei der Tatausführung auch besondere Fähigkeiten zum Einsatz brachte (§ 70 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB) oder (wovon es ohnedies nicht ausgeht) eine den Kriterien des § 70 Abs 1 Z 3 zweiter Fall, Abs 3 StGB entsprechende „Vorverurteilung“ aufweist, legt der ‑ beides bestreitende ‑ Beschwerdeführer nicht dar (siehe aber RIS‑Justiz RS0116565).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei noch bemerkt: Das Erstgericht ging deutlich genug (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 19) davon aus, dass die erwähnte, als nach § 33 Abs 1 Z 2 StGB strafschärfend gewertete (US 8) Verurteilung des Angeklagten durch ein ungarisches Gericht wegen Diebstahls (vgl § 73 StGB, § 7 Abs 1 TilgG) auch in Rechtskraft erwachsen ist (US 2). Mit Rücksicht darauf trägt das Feststellungssubstrat die Annahme, ihre Tilgung sei ‑ mangels Bescheinigung einer solchen nach ungarischem Recht (vgl § 7 Abs 3 TilgG) ‑ auch nach inländischem Recht nicht eingetreten. Denn rechnet man dem Tag der Rechtskraft dieser (nach den Urteilskonstatierungen zehn Jahre zurückliegenden) ausländischen Verurteilung die (zweijährige) Dauer der mit ihr verhängten Freiheitsstrafe hinzu (§ 7 Abs 2 TilgG), so ergibt sich, dass die zehnjährige (§ 3 Abs 1 Z 3 TilgG) Tilgungsfrist zum Zeitpunkt der Entscheidung in erster Instanz jedenfalls noch nicht abgelaufen war. Eine offenbar unrichtige Beurteilung für die Strafbemessung maßgebender entscheidender Tatsachen (Z 11 zweiter Fall; vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 692 ff, 713; siehe auch RIS‑Justiz RS0075894, RS0106650) liegt daher nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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