OGH 13Os156/08b

OGH13Os156/08b5.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. November 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gebert als Schriftführerin in der Strafsache gegen Magnus G***** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 2, 84 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 39 Hv 101/07p des Landesgerichts Innsbruck, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 10. September 2008, AZ 6 Bs 423/08v, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Knibbe, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 10. September 2008, AZ 6 Bs 423/08v, verletzt im Ausspruch über die Anzahl der Tagessätze der Geldstrafe und die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe das Gesetz in der Bestimmung des § 488 Abs 1 iVm § 293 Abs 3 StPO.

Das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in seinem Ausspruch über die Anzahl der verhängten Tagessätze und die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe aufgehoben und in diesem Umfang zu Recht erkannt, dass die Anzahl der Tagessätze der über Magnus G***** verhängten Geldstrafe 300 Tagessätze beträgt und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 150 Tagen festgesetzt wird.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Magnus G***** wurde im Verfahren AZ 24 Hv 147/06s (nunmehr 39 Hv 101/07p) des Landesgerichts Innsbruck im ersten Rechtsgang mit Urteil vom 19. Dezember 2006 der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 2, 84 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt (ON 19).

Während die Staatsanwaltschaft dieses Urteil unbekämpft ließ, erhob der Angeklagte dagegen Berufung wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe und des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe. In Stattgebung seiner gegen den Ausspruch über die Schuld gerichteten Berufung hob das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück (ON 33).

Im zweiten Rechtsgang erkannte das Landesgericht Innsbruck Magnus G***** mit Urteil vom 18. März 2008 neuerlich der oben angeführten Vergehen schuldig und verurteilte ihn nunmehr zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 23 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 100 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe (ON 60).

Der dagegen erhobenen Berufung der Staatsanwaltschaft wegen des Ausspruchs über die Strafe gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit Urteil vom 10. September 2008, AZ 6 Bs 423/08v, „teilweise" Folge und verhängte über den Angeklagten - unter Beibehaltung der Höhe des einzelnen Tagessatzes - eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde mit 180 Tagen festgesetzt. Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht diese Entscheidung in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Das - nur den Sanktionenbereich betreffende - Verschlechterungsverbot des § 290 Abs 2 StPO gilt, sobald ein Urteil - wie hier im ersten Rechtsgang - bloß zu Gunsten des Angeklagten angefochten worden ist, für alle weiteren Stadien des Strafverfahrens, also auch für das in nachfolgenden Rechtsgängen entscheidende Berufungsgericht (§ 488 Abs 1 iVm § 293 Abs 3 StPO) und betrifft jede einzelne Unrechtsfolge (und Aussprüche bedingter Nachsicht und über die Dauer von Probezeiten) je für sich (RIS-Justiz RS0100700).

Tritt wie im vorliegenden Fall im zweiten Rechtsgang an Stelle einer ursprünglich verhängten Freiheitsstrafe eine Geldstrafe, kommt das Verbot der reformatio in peius auch hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe zur Anwendung, die demnach die Dauer der ursprünglichen Freiheitsstrafe nicht übersteigen darf und mit dieser Obergrenze auch die höchstzulässige Anzahl der Tagessätze bestimmt (RIS-Justiz RS0090031; Ratz, WK-StPO § 290 Rz 43 und 45). Bei der Entscheidung über die zum Nachteil des Angeklagten erhobene Berufung der Staatsanwaltschaft wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das auf Grund der neuen Hauptverhandlung ergangene Urteil kam daher als maximal mögliche Sanktion entweder eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten oder eine mit einer Ersatzfreiheitsstrafe in dieser Höhe korrellierende (§ 19 Abs 3 StGB) Geldstrafe von 300 Tagessätzen in Betracht.

Zufolge nachteiliger Wirkung der vom Berufungsgericht durch Verhängung einer höheren Anzahl von Tagessätzen und Ersatzfreiheitsstrafe bewirkten Gesetzesverletzung für den Verurteilten sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, das Urteil in diesem Ausspruch aufzuheben und insoweit mit Strafneubemessung vorzugehen (§ 292 letzter Satz StPO). Dabei war eine - ausgehend von den vom Oberlandesgericht Innsbruck vollständig und richtig aufgelisteten Strafzumessungsgründen schuldangemessene und dem Unrechtsgehalt der Taten Rechnung tragende - Geldstrafe im Ausmaß von 300 Tagessätzen zu verhängen, die den durch das Verbot der reformatio in peius gesetzten Rahmen nicht überschreitet. Die Ersatzfreiheitsstrafe war mit 150 Tagen festzusetzen.

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