OGH 13Os140/16m

OGH13Os140/16m22.2.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Februar 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Pawel O***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Z 2, Abs 2 Z 1, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall und 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 8. September 2016, GZ 602 Hv 10/16b‑77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00140.16M.0222.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Pawel O***** des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Z 2, Abs 2 Z 1, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (zu ergänzen: und § 15) StGB (I), des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (II) und mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (III) schuldig erkannt.

Danach hat er – soweit zur Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerden von Relevanz – im Zeitraum vom 3. November 2015 bis zum 22. März 2016 in H***** und an anderen Orten in zahlreichen Angriffen den im Urteil Genannten dort näher bezeichnete Wertgegenstände in einem 5.000 Euro übersteigenden Gesamtwert mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und – ab der zeitlich gesehen dritten Tat – in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen und von Diebstählen durch Einbruch (§ 130 Abs 2 zweiter Fall StGB; US 6 letzte Zeile zweiter Absatz) mehrere Wochen hindurch (US 5) ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, überwiegend durch Einbruch in Gebäude und in Transportmittel (in drei Fällen auch in eine Wohnstätte; I/I/1 bis 3) sowie durch Aufbrechen von Behältnissen, in zwei Fällen durch Sprengung eines Fahrscheinautomaten mit einem Sachschaden von jeweils mehr als 37.000 Euro (I/G und I/H) weggenommen und wegzunehmen versucht (I/A bis I/I).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4 und von der Staatsanwaltschaft aus Z 5, „5a“, 9 lit a und 10, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden gehen – wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt – fehl.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Antrag auf Vernehmung des Beamten, der die kriminaltechnische Untersuchung vornahm (vgl dazu ON 49 S 453 ff), zum Beweis dafür, „dass die dargelegten Spuren, die Wischspuren oder sonstige Spuren dieses Schraubendrehers nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den im PKW Laguna aufgefundenen Schraubendrehern des Angeklagten zuzuordnen sind“ (ON 75 S 22), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abgewiesen, weil das Schöffengericht den unter Beweis zu stellenden Umstand als erwiesen ansah (ON 75 S 23; US 10; RIS‑Justiz RS0124908; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 342).

Auf den weiteren, nach Schluss der Verhandlung (§ 257 StPO) gestellten Antrag (ON 75 S 23) kann die Verfahrensrüge nicht gestützt werden (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 309).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Die Mängelrüge behauptet eine unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Negativfeststellung zur subjektiven Tatseite in Bezug auf die Qualifikationsnorm des § 130 Abs 3 StGB (vgl dazu US 10), wonach sich die Absicht nicht auch explizit auf Wohnstätten als Tatobjekt gerichtet habe (US 5). Indem die

Mängelrüge eigenständige Erwägungen zur Ausnutzung von sich bietenden Gelegenheiten, zum Mut des Angeklagten und zum vom Erstgericht angenommenen Zusammenwirken mit einem Mittäter (US 10) anstellt, zeigt sie keinen Begründungsfehler auf (vgl dazu RIS‑Justiz RS0116732 und RS0118317), sondern argumentiert nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen

Schuldberufung. Dass der Schluss der Tatrichter angesichts der Wiederholung von Einbrüchen in Wohnstätten nicht nahe liegt, stellt den behauptenden Begründungsmangel nicht her.

Der Nichtigkeitsgrund der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO kann zum Nachteil des Angeklagten nicht geltend gemacht werden (§ 281 Abs 2 StPO).

Nach den Feststellungen erlitt die ÖBB‑Personenverkehrs AG durch die Sprengung der Fahrscheinautomaten in S***** und P***** anlässlich der Diebstähle von 2.586 Euro (I/G) und von 361 Euro (I/H) einen Schaden von 39.512,16 Euro und von 37.207,28 Euro (US 7).

Die Subsumtionsrüge (Z 10, nominell verfehlt auch Z 9 lit a) bestreitet das Vorliegen eines typischen Begleitschadens und strebt eine Unterstellung des zu I/G und I/H festgestellten Tatgeschehens auch unter das Vergehen der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB an. Weshalb dem mit der Zerstörung des aufgebrochenen Behältnisses selbst verbundenen Sachschaden (US 7) die für die Annahme von Scheinkonkurrenz zufolge Konsumtion erforderliche Typizität fehlen sollte, leitet die Subsumtionsrüge mit ihrem bloßen Hinweis auf die Höhe des Sachschadens nicht prozessordnungskonform aus dem Gesetz ab.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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