OGH 13Os105/18t

OGH13Os105/18t10.10.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Oktober 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Holzer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang S***** wegen Verbrechen nach § 3g VG und einer anderen strafbaren Handlung, AZ 7 St 144/15b der Staatsanwaltschaft Salzburg, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 24. August 2017, AZ 49 Bl 59/17h (ON 34 der Ermittlungsakten), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00105.18T.1010.000

 

Spruch:

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

 

Gründe:

Die Staatsanwaltschaft Salzburg führte – soweit hier von Interesse – zu AZ 7 St 144/15b gegen den deutschen Staatsangehörigen Wolfgang S***** ein Ermittlungsverfahren wegen mehrerer Verbrechen nach § 3g VG. Den Ermittlungen zufolge war dieser verdächtig, sich zwischen 9. September 2015 und 9. Oktober 2015 auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt zu haben, indem er verschiedenen, in Österreich aufhältigen Personen nationalsozialistisches Gedankengut enthaltende E‑Mails schickte, wobei er sich dabei an seinem Wohnort in Spanien aufgehalten haben soll.

Am 23. Juni 2017 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gemäß § 190 Z 1 StPO ein. Die Äußerungen seien nach deren Auffassung zwar tatbildlich, ein österreichischer Strafanspruch aber nicht gegeben (ON 1 S 3).

Dagegen richtete sich der aus dem Grund des § 195 Abs 1 Z 1 StPO erhobene Antrag des Rechtsschutzbeauftragten auf Fortführung des Verfahrens (§ 195 Abs 2a StPO iVm § 194 Abs 3 Z 2 StPO). Darin wurde argumentiert, dass das abstrakte Gefährdungsdelikt des § 3g VG nach außen hin in Erscheinung treten und für die Außenwelt wahrnehmbar sein müsse. Bei der Versendung einer E‑Mail könne die geforderte Wirkung erst beim Adressaten eintreten, woraus folge, dass das „deliktische (Gesamt‑)Geschehen“ erst am Zustellort abgeschlossen sei. Da für solche „teils im Ausland, teils im Inland verwirklichte Deliktshandlungen mit unbestreitbar potentiellem Inlandseffekt“ inländische Gerichtsbarkeit bestehe (§ 67 Abs 2 erster Satzteil StGB), sei die Verfahrenseinstellung zu Unrecht erfolgt (ON 28).

Die Staatsanwaltschaft trat dem Fortführungsantrag mit ausführlicher Begründung entgegen und legte den Akt gemäß § 195 Abs 3 zweiter Satz StPO dem Gericht vor (ON 29).

Mit Beschluss vom 24. August 2017, AZ 49 Bl 59/17h, wies der Drei‑Richter‑Senat des Landesgerichts Salzburg (§ 31 Abs 6 Z 3 StPO) den Fortführungsantrag ab (ON 34). Dabei vertrat der Senat die Rechtsmeinung, dass § 3g VG keinen Taterfolg im Sinn einer von der Handlung abtrennbaren Folge in der Außenwelt erfordere und der Rechtsschutzbeauftragte übersehe, dass der Tatbestand bereits durch jedes Verhalten, das geeignet ist, spezifische Zielsetzungen der NSDAP zu revitalisieren oder zu propagieren, hergestellt werde (Lässig in WK² VG § 3g Rz 8). Ein inländischer Handlungsort setze demnach insoweit die physische Anwesenheit des Täters im Inland voraus (Salimi in WK2 StGB § 67 Rz 45, 49 und 79). Durch „materielle Rechtsgutbeeinträchtigung“ werde hingegen auch bei „potentiellem Inlandseffekt abstrakter Gefährdung im Sinn des Tatbildes des § 3g VG“ kein inländischer Handlungsort bewirkt (vgl auch Salimi in WK2 StGB § 67 Rz 48 und 78). Da sich der Beschuldigte bei der Versendung der E‑Mails in Spanien befunden habe, liege keine Inlandstat vor. Jener Ort, an dem sich die Auswirkungen menschlichen Verhaltens zeigen, könne nicht als Handlungsort definiert werden, eine solche Rechtsansicht würde die Grenzen zwischen Handlungs- und Erfolgsort aufheben (Salimi in WK2 § 67 Rz 45).

In ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde (§ 23 StPO) erachtete die Generalprokuratur das Gesetz aufgrund folgender Überlegungen als verletzt:

„1./ Nach § 62 StGB gelten die österreichischen Strafgesetze für alle Taten, die im Inland begangen worden sind. Nach § 67 Abs 2 (vorliegend von Interesse:) erster Fall StGB hat der Täter eine mit Strafe bedrohte Handlung an jenem Ort begangen, an dem er gehandelt hat.

Nach § 3g VG handelt tatbildlich, wer sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt. Tathandlung ist somit jedes Verhalten, das geeignet ist, spezifische Zielsetzungen der NSDAP zu revitalisieren oder zu propagieren (Lässig in WK² VG § 3g Rz 4, 8 mwN), sohin jedes nach außen hin in Erscheinung tretende – für die Außenwelt wahrnehmbare – Verhalten, das eine auf Wiederbetätigung im NS‑Sinn hinweisende Tendenz erkennen lässt (RIS‑Justiz RS0079829; RS0079913 [T3], RS0079825; 14 Os 88/16x).

Der Struktur nach stellt § 3g VG ein Äußerungsdelikt dar (vgl Lässig aaO VG § 3g Rz 9 und § 3d Rz 2; Salimi aaO StGB § 67 Rz 42), es setzt die Kundgabe bestimmter Gedankeninhalte voraus (vgl Lässig aaO VG § 3g Rz 9 iVm § 3d Rz 2), sodass grundsätzlich jede nach außen hin in Erscheinung tretende und für die Außenwelt wahrnehmbare Betätigung im nationalsozialistischen Sinn tatbestandlich wirkt (Mayerhofer aaO § 3g VG E 31a = EvBl 1994/94; SSt 2007/9 = 15 Os 20/06i; 13 Os 4/13g; 14 Ns 41/14m; Fuchs AT9 10/47; RIS‑Justiz RS0121835).

2./ Die dadurch ausgewiesene Struktur als Äußerungsdelikt verdeutlicht, dass die von § 3g VG erfassten Tathandlungen – abseits einer Beschränkung auf die bloße Initiierung des (technischen) Äußerungsvorgangs an sich – in der Kundgabe bestimmter Gedankeninhalte bestehen, woraus etwa auch folgt, dass für die Frage des Bedeutungsinhaltes einer allenfalls nach § 3g VG tatbildlichen Äußerung der Äußerungskontext, das gesamte Tatumfeld, sonstige Begleitumstände der Äußerung und insbesondere auch die konkreten Eigenschaften der Adressaten von entscheidender Bedeutung sind (Lässig in WK² VG § 3g Rz 9 iVm § 3d Rz 2). Der kommunikative Akt der Kundgabe ist somit ein den sozialen Sinnzusammenhang der tatbestandlichen Handlung erst konstituierender, solcherart aber – in untrennbarer Einheit mit dem Äußerungsvorgang – essentieller Teil (Handlungsmodalität) der Tathandlung (vgl KG, Urt. v. 16. 3. 1999, NJW 1999, 3500), nicht aber Folge oder Wirkung der Äußerung. Daraus folgt aber nicht nur, dass § 3g VG kein Erfolgsdelikt ist (Lässig in WK² VG § 3g Rz 8 mwN), sondern für den vorliegenden Fall entscheidend, dass der Handlungsvollzug der nach § 3g VG tatbildlichen Betätigung erst mit der Verwirklichung des für dieses Delikt geforderten spezifischen sozialen Sinnzusammenhangs durch Kundgabe abgeschlossen ist, 'der Tat also ein propagandistischer Effekt innewohnt' (RIS‑Justiz RS0121835).

3./ Ort der Tathandlung (§ 67 Abs 2 erster Fall StGB) des § 3g VG ist damit nicht nur der Ort der Initiierung des Äußerungsvorgangs, sondern auch der (davon verschiedene) Ort der Kundgabe, vorliegend also nicht nur der im Ausland gelegene Ort der Versendung von E‑Mails, sondern auch deren im Inland gelegene Empfangsort. Eine Inlandstat (§ 62 StGB) liegt auch dann vor, wenn im Inland nur ein Handlungsteil gesetzt wird (RIS‑Justiz RS0091861; SSt 58/18; Fabrizy, StGB12 § 67 Rz 3; Leukauf/Steininger/Tipold, StGB4 § 67 Rz 6).

Die vorliegend inkriminierten, dem § 3g VG unterstellten Taten unterliegen daher der inländischen Gerichtsbarkeit (§ 62 StGB iVm § 67 Abs 2 erster Fall StGB).

4./ Die vorstehenden Erwägungen treffen umso mehr zu, wenn man die Fallkomponente der durch E‑Mail‑Versendung bedingten zeitgleichen Kommunikationsübermittlung (Synchronizität der Initiierung des Äußerungsvorgangs und der Kundgabe) bedenkt, woraus eine gänzliche Identität dieser beiden Tathandlungskomponenten folgt (vgl OLG Wien, MuR 2006/5 246 zur Annahme eines [auch] im Inland gelegenen Handlungsortes im Fall eines vom Ausland aus mit einem in Österreich befindlichen Zeitungsredakteur geführten Telefoninterviews [§ 111 StGB] im Hinblick auf die unmittelbar zeitgleiche telefonische Kundgabe der inkriminierten Äußerung [auch] im Inland, weil sich hier die unmittelbar im Ausland vorgenommene Handlung zugleich entfaltet hat [vgl dazu die bei Eser in Schönke/Schröder StGB29 § 9 Rn 4, Heinrich, FS-Ulrich Weber 2004, 99 dargestellte hM in Deutschland sowie 15 Os 108/92]).

Ohne bloß auf eine allgemeine 'virtuelle Anwesenheit' abzustellen und beiläufige Wahrnehmbarkeit (etwa durch zufälliges Abrufen einer ausländischen Website) auszuscheiden, ist auf die konkrete Zielrichtung der Handlung, vorliegend der bewussten und gewollten Versendung einer konkret adressierten E-Mail, abzustellen, sodass der Ort des Eintreffens der gezielten Kundgebung an einen bestimmten Empfänger (auch) Handlungsort ist (Plöckinger, ÖJZ 2001, 801 f [802: gezielte Datenübermittlung]; diese Ansicht neutral darstellend Salimi aaO Rz 44 mwN).

In Deutschland spricht sich Sieber (Internationales Strafrecht im Internet – Das Territorialitätsprinzip des §§ 3, 9 StGB im globalen Cyberspace, NJW 1999, 2065, 2068 f) bei 'Internettaten' insoweit für eine eigenständige Auslegung des Erfolgsbegriffs iS des (weitgehend mit § 67 Abs 2 StGB identen) § 9 Abs 1 dritter Fall dStGB und die Anerkennung eines 'Tathandlungserfolgs' aus, 'wenn der Täter zwar im Ausland handelt, die vom Tatbestand beschriebene Handlung sich jedoch im Inland verwirklicht' (am Beispiel des 'Verbreitens'), womit er – am Beispiel einer gezielten Postsendung ins Inland, nicht aber ohne Zutun des Täters – unabhängig von der Einordnung als abstraktes Gefährdungsdelikt oder Erfolgsdelikt zu einer inländischen Zuständigkeit gelangt. Hinsichtlich des 'Zugänglichmachens' von Schriften kommt Sieber bei Äußerungsdelikten im Internet zum selben Ergebnis, wenn eine Schrift durch E‑Mail oder Mailinglisten 'an Computersysteme in Deutschland' verschickt wird und dergestalt die Unterscheidung von Push- (aktive Übermittlung) und Pull‑(Daten werden vom Empfänger 'geholt') Technologie empfiehlt (aaO 2071; 2072 [zur im Einzelfall erforderlichen Teilnahme der im Ausland handelnden Personen an einer deutschen Inlandsstraftat und der Berücksichtigung eines 'zielgerichteten Handelns' oder 'finalen Interesses' eines im Ausland agierenden Täters]; zustimmend Ambos in Münchener Kommentar-StGB³ § 9 Rz 34; Hörnle, NStZ 2001, 309, 310; zu Einwänden gegen diese technikorientierte Lösung [bei ausländischen Homepages] Busching MMR 2015, 295, 298; BGH 3 StR 88/14 [unten 4./]).

5./ Das Landesgericht Salzburg orientierte sich an den Literaturmeinungen zur Frage inländischer Gerichtsbarkeit bei ausländischem Handlungsort bei 'Internetdelikten' (im Allgemeinen), somit bei Homepages, Newsgroups, Diskussionsforen, virtuelle Chatrooms und sozialen Netzwerken, nicht jedoch für den fallspezifisch interessierenden Bereich der (im Wege des Internets versendeten) E‑Mails (bspw Ebensperger, Die Verbreitung von NS‑Gedankengut im Internet und ihre strafrechtlichen Auswirkungen, ÖJZ 2002, 132, 133 FN 14). Hinsichtlich des Tatorts von Äußerungsdelikten, insbesondere bei Verwendung des Internets als 'globales Medium', blieben bislang Versuche, den Gegensatz zwischen Schutzumfang der Norm(en) und Vermeidung einer Weltzuständigkeit anhand eines alle Delikte (und alle Begehensweisen [gezielte E‑Mail‑Versendung oder bloße Einrichtung einer im Inland bloß abrufbaren Homepage]) überspannenden Konzepts zu lösen, bislang ohne Erfolg (Salimi in WK² StGB § 67 Rz 42 ff [43]; Zerbes, Tatort Internet: Zuständigkeit bei virtuellen Äußerungsdelikten, ÖJZ 2017/118, 856 ff [862: kritisch zur unterschiedlichen Behandlung der Auschwitz-Lüge nach § 3h VG im Verhältnis zu § 3g VG]).

Konkret wird gegen die unter 2./ angeführte Auffassung – vorerst bezogen auf Österreich – in der Literatur ins Treffen geführt, dass dann, wenn man den Ort, an dem sich die Auswirkung menschlichen Verhaltens zeige, zum Handlungsort mache, die Grenze zwischen Handlungs- und Erfolgsort aufgehoben würde (Salimi aaO Rz 45), welches Argument bei abstrakten Gefährdungsdelikten, denen der Eintritt eines 'Gefährdungserfolgs' fremd ist, nicht zum Tragen kommen kann.

Die (Grundsatz‑)Entscheidung des BGH AZ 3 StR 88/14 (NStZ 2015, 81) betrifft das 'Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen' (§ 86a dStGB; Hochladen der Plattform 'Arische Musikfraktion' auf dem Internet-Portal YouTube mit Hakenkreuz-Abbildungen, die in Deutschland abgerufen wurde), sodass die Ansicht, 'der Radius der Wahrnehmbarkeit einer Handlung nicht Teil ihrer selbst' (BGH Rz 9; Heinrich, NStZ 2000, 533, 534; Steinmetz in Münchener Kommentar-StGB³, § 86 Rz 8 f), nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden kann.

6./ Die Generalprokuratur vertritt – bei Darlegung der insoweit scheinbar gegenteiligen Literatur und Judikatur des BGH – im Fall der Übermittlung einer E‑Mail die Auffassung eines weiteren, am Delikt des Äußerungs- oder Kundgebungsdelikts orientierten Handlungsbegriffs und erblickt dergestalt eine Gesetzesverletzung durch das Landesgericht Salzburg in der Verneinung der inländischen Zuständigkeit. Der Oberste Gerichtshof hat zu dieser konkreten Frage bislang keine Stellung bezogen, sodass es an einer Grundsatzentscheidung mangelt.

Die Einstellungsbegründung der Staatsanwaltschaft, wonach 'für eine Verfolgung der unter den Tatbestand eines Verbrechens nach § 3g VG subsumierbaren Äußerungen des Beschuldigten ein österreichischer Strafanspruch fehlt' (ON 1 S 3), verletzt das Gesetz, was gemäß § 195 Abs 1 Z 1 StPO einen Grund für die Fortführung des Verfahrens darstellt. Der über den Fortführungsantrag des Rechtsschutzbeauftragten entscheidende, auf das Antragsvorbringen beschränkte (vgl Nordmeyer, WK‑StPO § 196 Rz 23) Drei-Richter-Senat des Landesgerichts Salzburg wäre daher verpflichtet gewesen, dem genau diesen Rechtsfehler bestimmt bezeichnenden (vgl Nordmeyer, aaO § 196 Rz 13) Antrag stattzugeben und die Fortführung des Verfahrens anzuordnen (vgl Nordmeyer, aaO § 195 Rz 15/1, § 196 Rz 23).

Die Verletzung des Gesetzes durch das Landesgericht Salzburg hat sich für den Beschuldigten nicht nachteilig ausgewirkt, sodass es mit deren Feststellung sein Bewenden hätte.“

 

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Zentraler Anknüpfungspunkt der österreichischen Strafgewalt ist das Territorialitätsprinzip (RIS-Justiz RS0092073). So gelten die österreichischen Strafgesetze nach § 62 StGB für alle Straftaten, die im Inland begangen worden sind. Den Ort der Tatbegehung definiert § 67 Abs 2 StGB. Danach hat der Täter eine mit Strafe bedrohte Handlung an jedem Ort begangen, an dem er gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder ein dem Tatbild entsprechender Erfolg ganz oder zum Teil eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters hätte eintreten sollen. Voraussetzung für einen inländischen Begehungsort einer strafbaren Handlung ist daher entweder die Vornahme einer Tathandlung oder der Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolgs im Inland.

Unter einer Handlung ist willkürliches, das heißt vom Willen beherrschbares, menschliches Verhalten zu verstehen, das entweder als aktives Tun oder als Unterlassen in Erscheinung tritt (vgl RIS‑Justiz RS0088773; Leukauf/Steininger/Stricker, StGB4 Vor § 1 Rz 4 mwN). Unter Erfolg im Sinn des § 67 Abs 2 StGB jedes von der Tathandlung abtrennbare, vom Tatbestand vorausgesetzte Ereignis in der Außenwelt, das zur Vollendung des gesamten Unrechts notwendig ist (Salimi in WK2 StGB § 67 Rz 29).

Aus dem Gesetzeswortlaut und der – mit Blick auf § 64 Abs 1 Z 4 StGB (der auf die Verletzung österreichischer Interessen abstellt) – systematischen Auslegung ergibt sich, dass § 67 Abs 2 zweiter Fall StGB nur an die Verwirklichung eines Erfolgs im Sinn des äußeren Tatbestands anknüpft, nicht hingegen an die von der Strafnorm sanktionierte materielle Rechtsgutsbe-einträchtigung (sofern diese nicht ohnehin einem tatbildmäßigen Erfolg entspricht) oder an den Bezugspunkt eines im Tatbestand formulierten (erweiterten) Vorsatzes (vgl RIS‑Justiz RS0092090; 13 Os 4/13g).

Davon ausgehend ist die Rechtsauffassung des Landesgerichts nicht zu beanstanden:

Das Verbrechen nach §

 3g VG ist als abstraktes Gefährdungsdelikt konzipiert,

das jedes nicht nach §§ 3a bis 3f VG zu subsumierende Verhalten erfasst, soweit diesem die Eignung zukommt, Zielsetzungen des Nationalsozialismus zu propagieren und solcherart zu aktualisieren. Auf der objektiven Tatseite setzt § 3g VG weder den Eintritt des tätergewollten Erfolgs noch eine konkrete Gefährdung voraus (RIS-Justiz RS0079825 [T5]).

Die abstrakte Gefahr stellt keinen Erfolg im Sinn des § 67 Abs 2 StGB dar (RIS-Justiz RS0128534 [T1], Salimi in WK2 StGB § 67 Rz 78). Ein an den Erfolg anknüpfender Tatort kann sich nur aus dem (geplanten) Eintritt einer im Tatbild formulierten Wirkung in der Außenwelt ergeben. Bei abstrakten Gefährdungsdelikten – bei denen eine von der Tathandlung zumindest gedanklich abtrennbare Wirkung in der Außenwelt gerade nicht eintritt – scheidet ein Erfolgseintritt daher schon begrifflich aus. Der Handlungsort, bei dessen Bestimmung auf die physische Präsenz des Täters beim Setzen des deliktischen Verhaltens abzustellen ist (Salimi in WK2 StGB § 67 Rz 19 f, 45 mwN; vgl zu „Internetdelikten“ auch Schwaighofer, SbgK § 62 Rz 19), ist somit insoweit der einzig mögliche Anknüpfungspunkt für die allfällige Bejahung eines inländischen Tatorts (13 Os 4/13g, SSt 2013/22; Salimi in WK2 StGB § 67 Rz 20). Ein anderes Verständnis lässt sich auch 15 Os 20/06i (und dem dazu gebildeten Rechtssatz RIS-Justiz RS0121835) nicht entnehmen. Vielmehr wurde dort an der Konzeption des § 3g VG als abstraktes Gefährdungsdelikt festgehalten und in Bezug auf eine Auslandstat eines Österreichers klargestellt, dass das Fehlen der „propagandistischen Eignung mit potentiellem Inlandseffekt“ jedenfalls zum Entfall der Strafbarkeit im Inland führt. Der den Tatbestand solcherart teleologisch reduzierenden Entscheidung lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass eine in Österreich geplante Propagandawirkung für sich allein geeignet wäre, einen inländischen Tatort zu begründen (in diesem Sinn auch Zerbes, Tatort: Internet‑Zuständigkeit bei virtuell begangenen Äußerungsdelikten, ÖJZ 2017/118, 856 [862]).

Fallaktuell war der präsumtive Täter nach dem Akteninhalt bei der Verfassung und Versendung der E‑Mails in Spanien aufhältig. Davon ausgehend wurde die von § 3g VG pönalisierte abstrakte Gefahr in Spanien geschaffen. Mit dem Empfang und dem Lesen der E-Mails in Österreich verbundene Wirkungen sind für das – wie dargelegt – bereits in Spanien vollendete Delikt nicht von Bedeutung. Ein inländischer Tatort liegt somit nicht vor.

Daran vermag auch die von der Generalprokuratur hervorgehobene Struktur des § 3g VG als „Äußerungsdelikt“ (vgl dazu Lässig in WK² VG § 3g Rz 9 iVm § 3d Rz 2) nichts zu ändern (Salimi in WK2 StGB § 67 Rz 79).

Da sich die im bekämpften Beschluss vertretene Rechtsansicht als gesetzeskonform erweist, war die – zur Klärung der Rechtsfrage erhobene – Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

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