OGH 13Ns41/24v

OGH13Ns41/24v11.9.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. September 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Wachter in der Strafsache gegen * M* und einen Angeklagten wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen in dem zu AZ 5 U 100/24m des Bezirksgerichts Steyr und zu AZ 7 U 69/24m des Bezirksgerichts Tulln zwischen diesen Gerichten geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0130NS00041.24V.0911.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Das Verfahren ist vom Bezirksgericht Tullnzu führen.

 

Gründe:

[1] Mit beim Bezirksgericht Steyr eingebrachtem Strafantrag vom 12. Juni 2024 legte die Staatsanwaltschaft Steyr * M* und * V* vom 14. November 2023 bis zum 22. November 2023 in E* und G* begangenes und als Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB, der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Diebstahls nach § 127 StGB beurteiltes Verhalten, * V* darüber hinaus am 5. November 2023 in T* begangenes und als Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall StGB und der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 StGB beurteiltes Verhalten zur Last (ON 17).

[2] Mit Verfügung vom 20. Juni 2024 überwies das Bezirksgericht Steyr mit dem Bemerken, dass die früheste Straftat in T* verübt worden sei, die Strafsache dem Bezirksgericht Tulln (ON 1.10), welches seine Zuständigkeit bezweifelte und am 21. Juni 2024 die Vorlage der Akten im Sinn des § 38 letzter Satz StPO an den Obersten Gerichtshof veranlasste (ON 1.11).

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

[3] Primärer Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit im Hauptverfahren ist nach § 36 Abs 3 erster Satz StPO jener Ort, an dem die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte.

Rechtliche Beurteilung

[4] Gemäß § 37 Abs 1 erster Satz StPO ist im Fall gleichzeitiger Anklage mehrerer beteiligter Personen (§ 12 StGB) oder einer Person wegen mehrerer Straftaten das Hauptverfahren vom selben Gericht gemeinsam zu führen. Dabei ist unter Gerichten verschiedener Ordnung das höhere, unter Gerichten gleicher Ordnung jenes mit Sonderzuständigkeit für alle Verfahren zuständig (§ 37 Abs 2 erster Satz StPO). Im Übrigen kommt das Verfahren im Fall mehrerer Straftaten dem Gericht zu, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat fällt (§ 37 Abs 2 zweiter Satz StPO). Wenn jedoch für das Ermittlungsverfahren eine Staatsanwaltschaft bei einem Gericht zuständig war, in dessen Sprengel auch nur eine der angeklagten strafbaren Handlungen begangen worden sein soll, so ist dieses Gericht zuständig (§ 37 Abs 2 dritter Satz StPO).

[5] Vorliegend fallen alle angeklagten Taten in die Zuständigkeit des Bezirksgerichts (§ 30 Abs 1 StPO).

[6] Eine Zuständigkeitsbegründung über die das Ermittlungsverfahren leitende Staatsanwaltschaft kommt im bezirksgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht, weil § 37 Abs 2 dritter Satz StPO auf die ermittlungsführende Staatsanwaltschaft am Sitz des Landesgerichts abstellt (RIS‑Justiz RS0129078; Oshidari, WK‑StPO § 37 Rz 6).

[7] Die früheste der angeklagten Taten soll nach der Aktenlage im Sprengel des Bezirksgerichts Tulln begangen worden sein, demzufolge kommt die Zuständigkeit zur Durchführung des Strafverfahrens – wie auch die Generalprokuratur zutreffend ausführt – gemäß § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO dem Bezirksgericht Tulln zu.

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