OGH 12Os67/03

OGH12Os67/0331.7.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Juli 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Habl, Dr. Philipp und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dokalik als Schriftführer, in der Strafsache gegen Klaus K***** wegen des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 11. April 2003, GZ 24 Hv 45/03m-10, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Klaus K***** des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 18. November 2002 in Kufstein mit dem Vorsatz, dadurch den Staat in seinem konkreten Recht auf Strafverfolgung zu schädigen, die Gendameriebeamten RI Franz P***** und RI Johann E***** durch das zweimalige Ersuchen, von einer Anzeigeerstattung wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs 1 FSG iVm § 1 Abs 3 FSG (Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkerberechtigung) abzusehen, dazu zu bestimmen versuchte, deren Befugnis im Namen des Bundes als dessen Organe in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen durch Nichtaufnahme des Sachverhaltes und Unterlassung der Anzeigeerstattung an die zuständige Verwaltungsstrafbehörde wissentlich zu missbrauchen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a, 10a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt. Nach den zusammengefasst wiedergegebenen erstgerichtlichen Konstatierungen bemerkten die beiden Gendameriebeamten P***** und E***** am 18. November 2002 im Bereich einer Tankstelle den dem Erstgenannten von einer früheren Amtshandlung (einer Verkehrsunfallsaufnahme) bekannten Pkw des Angeklagten (den dieser bereits von seiner Firma dorthin gelenkt hatte - S 41), erhoben, dass es diesem weiterhin an der anlässlich des genannten früheren Vorfalles entzogenen Lenkerberechtigung mangelte, folgten dem vom Nichtigkeitswerber gelenkten Wagen und konfrontierten ihn in der Folge mit diesem gesetzwidrigen Handeln. Der Angeklagte äußerte daraufhin zweimal (vergeblich) den Gendarmen gegenüber, ob sie nicht darüber (nämlich die von ihm soeben begangene Verwaltungsübertretung) hinwegsehen könnten, zumal er ja nur von der Tankstelle zu seiner Firma gefahren sei. Ihm kam es bei dieser wiederholten Aufforderung darauf an, die Sicherheitsorgane zur Unterlassung der Sachverhaltsaufnahme und Anzeigeerstattung wegen des Lenkens des Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung zu bestimmen. Er hielt es für gewiss, dass das von ihm angestrebte Verhalten einen vorsätzlichen Befugnismissbrauch der Beamten verwirklichen würde. Ihm war weiters bewusst, dass ein seinem Ansinnen entsprechendes Verhalten der Amtsträger den Staat an dessen Recht auf Verfolgung derartiger Verwaltungsübertretungen schädigen würde.

In Würdigung der Verfahrensergebnisse erachteten die Tatrichter als erwiesen, dass der Wortlaut der Äußerungen des Angeklagten die Deutung nicht zulässt, dass er damit - in Unkenntnis der Bestimmung des § 37 Abs 5 StVO [gemeint: FSG] - etwa die Ausstellung eines Organstrafmandates anstelle einer Anzeige erreichen wollte, und dass er wusste, die Gendameriebeamten würden ihre Befugnisse (auch) dann missbrauchen, wenn sie die Betretung des Beschwerdeführers beim Lenken eines Personenkraftwagens auf öffentlicher Straße ohne die dazu erforderliche Berechtigung zum Gegenstand einer bloßen Ermahnung machten.

Der Erwiderung der Verfahrens- und Mängelrüge (Z 4, 5; nominell auch 9 lit a) ist in grundsätzlicher Hinsicht voranzustellen, dass damit nur entscheidende Sachverhaltsannahmen releviert werden können, mithin solche, die die Schuld-, Subsumtions- und Strafsatzfrage berühren (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 43, 398 bis 400).

Diesem Kriterium wird die Beschwerde in keinem Punkt gerecht. Ob der Angeklagte eine Verwaltungsübertretung nach § 37 FSG tatsächlich begangen hat, ist - entgegen der Beschwerdeargumentation - nicht entscheidend. Es genügt, dass die intervenierenden Beamten im Hinblick auf die im Funkweg eingeholte Auskunft über den Entzug der Lenkerberechtigung des Angeklagten durch die Bezirkshauptmannschaft Kufstein ersichtlich wegen Verweigerung des Alkoholtests (§ 99 Abs 1 lit b StVO - S 67) den begründeten Verdacht, hegten, der Angeklagte habe eine Verwaltungsübertretung begangen, die bei Ausschluss der Möglichkeiten der Erteilung einer Ermahnung nach § 21 Abs 2 VStG oder der Ausstellung eines Organmandates nach § 50 VStG (§ 37 Abs 5 FSG iVm § 39 Abs 1 FSG) - abermals der Beschwerde zuwider - ohne jeden Ermessensspielraum zu einer Anzeige führen musste. Im Hinblick darauf kann die vom Verteidiger in seiner Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO mitgeteilte zwischenweilige Einstellung des Verfahrens wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs 1 lit b StVO durch den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol am 16. Juli 2003 dahingestellt bleiben. Der Schuldvorwurf gegen den Rechtsmittelwerber besteht nach den wiedergegebenen Urteilspassagen (s. oben) im Einklang mit den damit korrespondierenden Verfahrensergebnissen - einmal mehr den Intentionen des Beschwerdeführers zuwider - ausschließlich in den tatplangemäß effektuierten Aktivitäten mit dem Ziel der Bestimmung der Beamten zur gänzlichen (amtsmissbräuchlichen) Unterlassung der Einleitung seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung und nicht in der - an sich zulässigen (vgl 9 Os 134/74 = SSt 46/6; 12 Os 159/76

nv) - Erörterung deren konkreter (allenfalls milderer) Ausformung (13 Os 33/94 = RZ 1995/12; 11 Os 151/87 = SSt 59/9; 12 Os 86/96 = SSt 62/106; Mayerhofer StGB5 § 302 E 82).

Die faktischen und rechtlichen Gesichtspunkte sowie die behaupteten Begleitumstände des zur Entziehung der Lenkerberechtigung des Angeklagten führenden Verwaltungsstrafverfahrens sind daher fallbezogen ebenso wie das in der Beschwerde breit angelegt thematisierte aktuelle "Auftreten" der Gendarmiebeamten "auf Privatgrund" schon aus diesem Grund ohne Belang.

Die ausschließlich im Zusammenhang damit gestellten Anträge (S 65, 66; 69, 71) hatten daher - ohne dass es des Eingehens auf weitere dazu weitwendig relevierte prozessuale Aspekte bedurft hätte - ohne Hinansetzung von Grund- und Verteidigungsrechten unentsprochen zu bleiben (Z 4).

Von einem absolut untauglichen Versuch der Bestimmung "bei derart feindlich eingestellten Gendameriebeamten" kann wegen der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalles keine Rede sein (Fabrizy StGB8 § 15 Rz 20 mit Judikaturnachweisen), sodass sämtliche dazu vorgebrachten Einwände (Z 5) auf sich zu beruhen haben.

Im Übrigen erschöpft sich die Mängelrüge sowie das gesamte zu Z 9 lit a dargelegte Vorbringen partiell unter Vernachlässigung des gebotenen angemessenen Argumentationsniveaus in gegen die beiden Gendarmeriebeamten und den Schöffensenat gerichteten substratlosen Unterstellungen und in teils unverständlichen, teils polemischen, jedenfalls aber subsumtionsorientiert irrelevanten Ausführungen zur Einleitung und Durchführung der Amtshandlung (etwa dass die inkriminierten Äußerungen nicht, wie vom Erstgericht festgestellt, vor sondern nach der Notiz der für eine Anzeige bedeutsamen Daten fielen, zur Befragung des Verdächtigen und zur theoretischen Alternativen zu einer Anzeige) und eigenständig interpretierenden Darstellungen aus dem Kontext gelöster Verfahrensergebnisse zur objektiven und subjektiven Tatseite, die bis zur Sinnentstellung gehen (vgl etwa S 45, wonach der Angeklagte "mit einer Geldstrafe gerechnet" hat, was [S 104] in der Beschwerde in ein darauf gerichtetes Bestreben des Beschwerdeführers umgedeutet wird) sowie in abstrakten rechtlichen Erwägungen.

In Wahrheit zielt sie in fundamentaler Verkennung der herangezogenen Nichtigkeitsgründe, wie Formulierungen, wonach die Gendameriebeamten "auch künftig Verwaltungsübertretungen nicht verhindern, sondern bis zur Übertretung zuwarten und erst anschließend genussvoll bestrafen werden", ferner "heimtückisch" vorgegangen seien, das Firmengelände des Beschwerdeführers betreten hätten, "um zu provozieren" und den Angeklagten "lediglich hineinlegen wollten", auf eine umfassende Erschütterung der Verlässlichkeit der Zeugen P***** und E***** und damit auf eine (hier) unzulässige Bekämpfung der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung ab.

Da die Verurteilung wegen einer in die Zuständigkeit des Schöffengerichtes fallenden strafbaren Handlung erfolgte (§ 13 Abs 2 Z 6 StPO), scheidet Nichtigkeit nach Z 10a aus (§ 90a Abs 2 Z 1 StPO).

Die teilweise nicht prozessordnungsgemäß ausgeführte, im Übrigen offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285a Z 2 StPO iVm § 285d Abs 1 Z 1 StPO; § 285d Abs 1 Z 2 StPO). Die Entscheidung über die Berufungen kommt daher dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

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