European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00066.24H.0905.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über den Verfall aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Linz verwiesen.
Die Entscheidung über die gegen den Strafausspruch gerichtete Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung und die Beschwerde der Staatsanwaltschaft kommt vorerst dem Oberlandesgericht Linz zu.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, wurde * K* mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (I./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in S* und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift
I./ in einer das 15‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt 759,4 Gramm Heroin (enthaltend 8,3 % Heroin als Reinsubstanz), anderen überlassen, und zwar
1./ von Juni 2022 bis zum 17. Oktober 2023 F* H* 504 Gramm,
2./ von Juli 2023 bis kurz vor dem 17. Oktober 2023 * D* 25 Gramm,
3./ von Juni 2022 bis Oktober 2023 E* H* 17 Gramm,
4./ von April 2023 bis Ende September 2023 * M* 0,4 Gramm,
5./ im Frühjahr 2023 * C* 10 Gramm,
6./ von Juni 2022 bis Sommer 2023 P* M* 30 Gramm,
7./ von Sommer 2023 bis Ende September 2023 * J* 6 Gramm,
8./ von Ende 2022 bis Oktober 2023 * M* 155 Gramm,
9./ ab Juni 2022 bis zum 17. Oktober 2023 * O* 12 Gramm.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – ihr Ziel.
[4] Die Mängelrüge (Z 5) behauptet, dass die Konstatierungen in Bezug auf die in § 28a Abs 2 Z 3 SMG normierte Menge offenbar unbegründet geblieben seien, wobei sie allein die zu den Fakten I./1./ und I./8./ festgestellten Suchtgiftquanten bekämpft.
[5] Die vom Angeklagten zu I./1./ überlassenen Suchtgiftmengen leitete das Erstgericht aus den Angaben des Angeklagten selbst sowie aus den Depositionen des F* H* vor der Polizei ab, wobei es auch die relativierenden Angaben dieses Zeugen in der Hauptverhandlung berücksichtigte. Indem die Beschwerde die Glaubwürdigkeit des Genannten in Zweifel zieht und dessen abschwächenden Angaben in der Hauptverhandlung hervorkehrt, bekämpft sie bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
[6] Der weitere Hinweis auf die angebliche Missachtung des Zweifelsgrundsatzes orientiert sich nicht an den Anfechtungskategorien des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (vgl RIS‑Justiz RS0102162).
[7] Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen zur Suchtgiftüberlassung laut I./8./. Denn bereits anhand der Feststellungen zu den übrigen Fakten errechnet sich eine Gesamtbruttomenge von 604,40 Gramm Heroin und – unter Zugrundelegung der Konstatierungen zu einem Reinheitsgrad von 8,3 % (US 1, 7) – somit eine Reinsubstanz, die das 15-Fache der Grenzmenge (das sind bei Heroin 45 Gramm; vgl Oshidari, Suchtmittelrecht7 § 28b Rz 2) übersteigt.
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[9] Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur davon (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), dass dem Verfallserkenntnis Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO anhaftet.
[10] Denn der Anordnung, wonach 3.305 Euro für verfallen erklärt werden (US 3 und 8), ermangelt es jeglicher Feststellungsgrundlage in Bezug auf die Herkunft dieses beim Angeklagten sichergestellten Geldbetrags (vgl aber § 20 Abs 1 StGB).
[11] Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen war vom Obersten Gerichtshof amtswegig wahrzunehmen, weil sich die Berufung des Angeklagten ausschließlich gegen den Strafausspruch richtet (ON 48, 54).
[12] Urteilsaufhebung wie im Spruch ersichtlich ist die Folge (§285e StPO).
[13] Mit Blick auf § 290 Abs 1 StPO sei weiters angemerkt:
- Die Konfiskation der „sichergestellten Suchtgiftutensilien (Pos 2 und 7 in ON 26)“ ist zwar durch Verweis auf das Standblatt ON 26 (US 3) hinsichtlich der von der Anordnung umfassten Gegenstände noch ausreichend determiniert. Ein entsprechender Bezug zu den vom Schuldspruch erfassten Taten ist ebenfalls – noch – erkennbar. Allerdings finden sich im Urteil keine Konstatierungen zum Eigentum des Angeklagten (§ 19a Abs 1 StGB).
- Soweit das Erstgericht die Einziehung von „Utensilien mit Anhaftungen“ auf „§ 26 Abs 1 StGB iVm § 34 Abs 1 SMG“ stützt, ist darauf hinzuweisen, dass nur Suchtmittel (§ 1 Abs 2 SMG) der Einziehung nach § 34 SMG unterliegen. Der Verweis auf § 26 StGB stellt insoweit klar, dass es sich bei § 34 SMG um einen Spezialfall des § 26 StGB handelt, dessen Abs 2 und 3 anwendbar sind (Oshidari, Suchtmittelrecht7 § 34 Rz 1). Was aber die im Urteil weiters angesprochenen „Utensilien“ (insoweit § 26 Abs 1 StGB) betrifft, ermangelt es dem Urteil an einem Sachverhaltssubstrat, das die rechtliche Annahme einer – nicht beseitigten (§ 26 Abs 2 erster Fall StGB) – Deliktstauglichkeit dieser Gegenstände tragen könnte (vgl RISJustiz RS0121298, RS0088184 [T5]).
[14] Mit diesen nichtigen (Z 11 erster Fall) Aussprüchen ist aber fallbezogen kein Nachteil verbunden, weil sich der Angeklagte mit der Vernichtung der in Rede stehenden Gegenstände einverstanden erklärt hat (ON 7 S 11; ON 49 S 13 f; vgl RIS‑Justiz RS0088201 [T11, T14]).
[15] Vorerst hat jedoch das Oberlandesgericht über die Berufungen sowie die Beschwerde der Staatsanwaltschaft zu entscheiden (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
[16] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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