OGH 12Os47/17d

OGH12Os47/17d18.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Mai 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Patrick St***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2, 129 Abs 1 Z 1, 130 „erster und vierter Fall“, 15 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 25 Hv 46/15d des Landesgerichts Wels, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des genannten Gerichts als Jugendschöffengericht vom 8. März 2016, GZ 25 Hv 46/15d‑166, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Holzleithner und des Verteidigers Dr. Proksch, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00047.17D.0518.000

 

Spruch:

 

Das Urteil des Landesgerichts Wels als Jugendschöffengericht vom 8. März 2016, GZ 25 Hv 46/15d‑166, verletzt

1./ in seiner Ausfertigung in gekürzter Form§ 270 Abs 4 erster Satz StPO;

2./ in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch III./2./ bis 16./, 18./ und 24./ des Angeklagten Patrick St***** erfassten Taten (auch) unter „§ 130 dritter und vierter Fall StGB“ idF vor BGBl I 2015/112 § 61 zweiter Satz StGB;

3./ in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch III./12./, 17./ und 25./ des Angeklagten Thomas Sta***** erfassten Taten (auch) unter § 129 Abs 1 Z 1 StGB diese Bestimmung;

4./ in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch III./12./, 17./, 19./ bis 21./, 23./ und 25./ des Angeklagten Matthias L***** erfassten Taten (auch) unter § 129 Abs 1 Z 1 StGB diese Bestimmung;

5./ im Unterlassen einer urteilsmäßigen Erledigung der angeklagten, vom Referat der entscheidenden Tatsachen zu Punkt IV./2./, V./, VI./2./ und VI./3./ des Urteilstenors erfassten Taten der Angeklagten Matthias L***** und Celina K***** § 4 Abs 3 erster Halbsatz StPO;

6./ in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch IX./ des Angeklagten Matthias L***** erfassten Tat (auch) unter § 164 Abs 1 StGB diese Bestimmung;

7./ im Patrick St***** betreffenden Strafausspruch § 43a Abs 3 StGB.

Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird

- in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch III./2./ bis 16./, 18./ und 24./ des Angeklagten Patrick St***** erfassten Taten (auch) unter § 130 erster und vierter Fall StGB idF vor BGBl I 2015/112 und in der dazu gebildeten Subsumtionseinheit;

- in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch IX./ des Angeklagten Matthias L***** erfassten Tat (auch) unter § 164 Abs 1 StGB;

- demzufolge auch in den die Verurteilten Patrick St***** und Matthias L***** betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnung hinsichtlich Patrick St*****) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wels verwiesen.

Die Matthias L***** betreffenden Beschlüsse nach §§ 50, 51 und 52 StGB werden aufgehoben.

 

Gründe:

Mit in gekürzter Form ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Wels als Jugendschöffengericht vom 8. März 2016 (ON 166) welches auch Schuldsprüche der Mitangeklagten Dominik M*****, und Sabrina S*****, Freisprüche sowie Privatbeteiligtenzusprüche enthält, wurden – soweit hier von Relevanz – der am 21. Mai 1992 geborene Patrick St***** (unter anderem) des „Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls teils durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 2, 129 Abs 1 Z 1, 130 'erster und vierter Fall', 15 Abs 1 StGB“ (III./2./ bis 16./, 18./ und 24./), die am 12. Jänner 1998 geborene Celina K***** des Vergehens des „teils versuchten, teils vollendeten“ schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2, 129 Abs 1 Z 1, 15 Abs 1 StGB (III./1./, 5./ bis 12./, 15./ und 16./), der am 10. Juli 1998 geborene Thomas Sta***** (unter anderem) des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs 1 „Z 1“ StGB (III./12./, 17./ und 25./) sowie der am 30. März 1998 geborene Matthias L***** (unter anderem) „des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls teils durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 15 Abs 1 StGB“ (III./12./, 17./, 19./ bis 21./, 23./ und 25./) sowie des Vergehens der Hehlerei nach § 164 „Abs 1 und 2“ StGB (IX./) schuldig erkannt.

Danach haben

III./ anderen fremde bewegliche Sachen teils durch Einbruch mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und wegzunehmen versucht, wobei Patrick St***** die Diebstähle und Einbruchsdiebstähle in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar:

1./ am 7. Dezember 2014 in B***** Celina K***** der Verena H***** eine Gutscheinkarte im Wert von 5 Euro;

2./ am 1. Jänner 2015 in V***** Patrick St***** (mit Dominik M***** als Beteiligtem) Gewahrsamsträgern des Unternehmens A***** Bargeld in der Höhe von 100 Euro durch Einbruch, nämlich Auftreten des Automaten;

3./ am 3. Jänner 2015 in V***** Patrick St***** (mit Dominik M***** als Beteiligtem) Gewahrsamsträgern des Unternehmens A***** Bargeld in der Höhe von etwa 90 Euro durch Einbruch, nämlich durch Herausreißen des Abtropfgitters des Kaffeeautomaten;

4./ im Zeitraum vom 2. bis 3. Jänner 2015 in V***** Patrick St***** (mit Dominik M***** als Beteiligtem) in zwei Angriffen Christian I***** eine unbekannte Menge Bier durch Einbruch, nämlich Aufdrücken eines bereits beschädigten Fensters und Einsteigen in das Objekt;

5./ im Zeitraum vom 2. bis 3. Jänner 2015 in V***** Patrick St***** und Celina K***** (mit Dominik M***** und Sabrina S***** als Beteiligten) „Gewahrsamsträgern der Ö***** bzw Christian I*****“ eine Axt und zwei Sappeln im Gesamtwert von 195 Euro durch Einbruch, nämlich Einsteigen in das Objekt durch ein bereits beschädigtes Fenster;

6./ am 5. Jänner 2015 in V***** und V***** Patrick St***** und Celina K***** (mit Dominik M***** und Sabrina S***** als Beteiligten) in etwa 19 Angriffen Gewahrsamsträgern des Unternehmens M***** Bargeld in nicht mehr feststellbarem Ausmaß durch Einbruch, nämlich Aufbrechen von Zeitungskassen;

7./ im Zeitraum vom 4. Jänner 2015 bis 5. Jänner 2015 Patrick St***** und Celina K***** (mit Sabrina S***** als Beteiligter) Gewahrsamsträgern der Pfarre G***** geeignetes Diebesgut durch Einbruch, nämlich Aufzwängen einer versperrten Kirchentür, Aufbrechen eines Opferstockes und Aufbrechen eines Mehrkerzenspendeautomaten, wobei diese Taten beim Versuch geblieben sind;

8./ im Zeitraum vom 29. bis 30. Dezember 2014 in V***** Patrick St***** und Celina K***** (mit Dominik M***** als Beteiligtem) Gewahrsamsträgern des Unternehmens A***** in zwei Angriffen Bargeld in der Höhe von 405,60 Euro durch Einbruch, nämlich durch Einschlagen eines Bedienfeldes;

9./ im Zeitraum vom 29. bis 30. Dezember 2014 in Z***** Patrick St***** und Celina K***** (mit Dominik M***** und Sabrina S***** als Beteiligten) Gewahrsamsträgern des Lebensmittelgeschäfts R***** Bargeld und Lebensmittel im Gesamtwert von 60 Euro durch Einbruch, nämlich Aufzwängen eines Automaten;

10./ im Zeitraum vom 1. bis 2. Jänner 2015 in V***** Patrick St***** und Celina K***** (mit Dominik M***** und Sabrina S***** als Beteiligten) Gewahrsamsträgern der Pfarre S***** Bargeld in der Höhe von 3 Euro durch Einbruch, nämlich Aufzwängen eines Automaten;

11./ im Zeitraum vom 1. bis 6. Jänner 2015 in V***** Patrick St***** und Celina K***** (mit Sabrina S***** als Beteiligter) Gewahrsamsträgern des Unternehmens M***** Bargeld in nicht mehr feststellbarem Ausmaß durch Einbruch, nämlich Aufbrechen von Zeitungskassen;

12./ im Zeitraum vom 1. bis 4. Jänner 2015 in V***** Patrick St*****, Celina K*****, Matthias L***** und Thomas Sta***** (mit Dominik M*****, Sabrina S***** und den gesondert verfolgten Mentor F***** und Muhammed Ko***** als Beteiligten) Gewahrsamsträgern des Unternehmens M***** Bargeld in nicht mehr feststellbarem Ausmaß durch Einbruch, nämlich Aufbrechen von Zeitungskassen;

13./ am 9. Jänner 2015 in L***** Patrick St***** (mit dem gesondert verfolgten Kevin H*****) der Alexandra B***** Bargeld in der Höhe von 1.075 Euro;

14./ im Zeitraum vom Dezember 2014 bis Jänner 2015 Patrick St***** (mit Dominik M***** als Beteiligtem) Gewahrsamsträgern der Ö***** an einem unbekannten Ort zwischen V***** und S***** drei Nothämmer im Gesamtwert von 20 Euro;

15./ im Zeitraum vom 4. bis 5. Jänner 2015 in A***** Patrick St***** und Celina K***** (mit Sabrina S***** als Beteiligter) dem Dogan Ö***** 15 Dosen Red Bull, eine Kiste Bier und Bargeld in der Höhe von zumindest 25 Euro durch Einbruch, nämlich Eindrücken eines Fensters sowie Einsteigen in das Objekt;

16./ im Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis 19. Jänner 2015 in G***** Patrick St***** und Celina K***** (mit Sabrina S***** als Beteiligter) Gewahrsamsträgern der T***** HandelsgmbH Zigaretten unbekannten Werts durch Einbruch, nämlich Aufbrechen eines Automaten, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;

17./ im Zeitraum vom 12. bis 17. September 2014 in V***** Matthias L***** und Thomas Sta***** Gewahrsamsträgern des Unternehmens A***** in zwei Angriffen Bargeld in der Höhe von 468,60 Euro durch Einbruch, nämlich Auftreten eines Automaten;

18./ im Zeitraum vom 5. bis 7. Dezember 2014 in V***** Patrick St***** Gewahrsamsträgern des Unternehmens A***** in zwei Angriffen Bargeld in der Höhe von 397,20 Euro durch Einbruch, nämlich Abmontieren der Abdeckplatte des Geldrückgabeauswurfs;

19./ am 19. Mai 2014 in St. ***** Matthias L***** der Stephanie H***** ein Moped samt Sturzhelm, eine schwarze Weste, Schihandschuhe und ein Verbandspaket im Gesamtwert von 436 Euro durch Einbruch, nämlich Abdrehen der Lenkradsperre;

20./ am 29. August 2014 in V***** Matthias L***** dem Lukas D***** ein Mofa im Wert von 1.600 Euro durch Einbruch, nämlich Kurzschließen des Mopeds;

21./ am 25. Juli 2014 in V***** Matthias L***** dem Michael Ho***** ein Mountainbike im Wert von 150 Euro durch Einbruch, nämlich Aufschlagen des Schlosses mittels eines Steines;

22./ am 21. November 2014 in V***** Matthias L***** dem Datio A***** ein Citybike im Wert von 30 Euro;

23./ am 12. September 2014 in T***** Matthias L***** dem Patrick G***** ein Mofa im Wert von 3.100 Euro samt Sturzhelm durch Einbruch, nämlich Kurzschließen des Mofas;

24./ am 14. November 2014 in F***** Patrick St***** Marco und Walter E***** Bargeld in der Höhe von 300 Euro;

25./ am 15. Juni 2015 in T***** Thomas Sta***** und Matthias L***** mit dem gesondert verfolgten Thomas Sc***** ein Fahrrad durch Aufbrechen des Fahrradschlosses;

(…)

IX./ Matthias L***** am 3. Jänner 2015 in V***** eine Sache, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung erlangt hat, nämlich einen Teil des durch Patrick St***** und Dominik M***** zum Faktum III./3./ erbeuteten Bargeldes an sich gebracht, wobei er wusste, dass das Geld aus einem Einbruch stammte.

Überdies enthält das Urteil zu den Punkten IV./2./, V./, VI./2./ und VI./3./ (US 6) das Tatsachenreferat (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), dass Matthias L***** am 12. September 2014 in V***** das Moped Aprilia RX50, VB‑*****, des Tobias Sch***** nach Abzwicken eines Schlosses ohne dessen Einwilligung in Gebrauch genommen hat (V./), dieses – indem er es in einem Bach warf – dauernd aus dem Gewahrsam des Tobias Sch***** entzog (IV./2./), überdies Matthias L*****, Thomas Sta***** und Celina K***** zwischen 10. und 14. Jänner 2015 das zum Nachweis eines aufrechten Versicherungsverhältnisses dienende Kennzeichen VB‑***** des Unternehmens „P*****“ wegwarfen (VI./2./) und Matthias L***** am 29. August 2014 das Kennzeichen VB‑***** des Lukas D***** verbog und in ein Gebüsch warf (VI./3./).

Diese Taten finden aber keinen Niederschlag in den Aussprüchen gemäß § 260 Abs 1 Z 2 StPO betreffend die Angeklagten Matthias L***** und Celina K***** (vgl US 9 und 10).

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten Patrick St*****, Celina K*****, Thomas Sta***** und Matthias L***** zu (teil-)bedingten (Zusatz-)Freiheitsstrafen. Hinsichtlich des Angeklagten Patrick St***** verhängte es „nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB“ eine Freiheitsstrafe „von 30 Monaten und 25 Tagen“, wovon „gemäß § 43a Abs 3 StGB“ „ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Umfang von 20 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen“ und ausgesprochen wurde, dass „der nicht bedingt verhängte Teil der Freiheitsstrafe“ „demnach 10 Monate“ betrage (US 8).

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht das angefochtene Urteil mit dem Gesetz nicht im Einklang.

1./ § 270 Abs 4 StPO erlaubt die Ausfertigung eines unangefochten gebliebenen Urteils in gekürzter Form nur dann, wenn (soweit hier von Interesse) die verhängte Freiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt. Bei Aburteilung mehrerer Personen müssen diese Voraussetzungen überdies hinsichtlich sämtlicher Angeklagter gegeben sein. Ist dies nicht der Fall, muss das Urteil zur Gänze, also auch in Bezug auf jene Angeklagten, hinsichtlich derer ein Vorgehen nach § 270 Abs 4 StPO (isoliert gesehen) zulässig wäre, unter Beachtung der Anforderungen des § 270 Abs 2 Z 1 bis 5 StPO ausgefertigt werden (RIS‑Justiz RS0126346; vgl auch RS0106580; Danek, WK‑StPO § 270 Rz 59 mwN).

Da das Schöffengericht über den Angeklagten Patrick St***** eine mehr als zweijährige Freiheitsstrafe (von 30 Monaten und 25 Tagen) verhängt hat, entsprach die Ausfertigung des Urteils in gekürzter Form nicht dem Gesetz.

Für die Angeklagten Dominik M*****, Sabrina S***** und Celina K***** kann insoweit ein daraus resultierender Nachteil nicht ersehen werden.

2./ Gemäß §§ 1, 61 zweiter Satz StGB sind Gesetze auf vor ihrem Inkrafttreten begangene Taten dann anzuwenden, wenn jene, die zur Zeit der Tat gegolten haben, für den Täter in ihrer Gesamtheit nicht günstiger waren. Anknüpfungspunkt des Günstigkeitsvergleichs ist die Tat, also der im Urteil festgestellte Lebenssachverhalt, der entweder dem Tatzeitrecht oder (wenn die Gesetze, die zur Zeit der Tat gegolten haben, für den Täter in ihrer Gesamtauswirkung nicht günstiger waren) dem Urteilszeitrecht zu unterstellen ist. Eine Kombination aus verschiedenen Rechtsschichten ist unzulässig (RIS-Justiz RS0112939, RS0119085; Höpfel in WK² StGB § 61 Rz 6).

Indem das Schöffengericht die zu III./2./ bis 16./, 18./ und 24./ inkriminierten Taten des Patrick St***** dem „Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 2, 129 Abs 1 Z 1, 130 erster und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB“ subsumierte, brachte es ausschließlich hinsichtlich der Gewerbsmäßigkeitsqualifikation (vgl US 8: „§ 130 erster und vierter Fall StGB“) Tatzeitrecht, und zwar § 130 StGB idF vor BGBl I 2015/112, zur Anwendung.

In Bezug auf die Feststellungen, wonach Patrick St***** zwischen 14. November 2014 und Jänner 2015 „in der Absicht“, „sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen“ (US 3), die im Tenor bezeichneten (vorwiegend Einbruchs‑)Diebstähle begangen hat, wäre jedoch Urteilszeitrecht (idF BGBl I 2015/112) im Vergleich zum Tatzeitrecht (idF vor BGBl I 2015/112) – schon mit Blick auf die Herabsetzung der Strafdrohungen (in § 130 StGB) – günstiger. Eine abschließende rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts scheitert an einer hinreichenden Feststellungsbasis (in Bezug auf gekürzte Urteilsausfertigungen vgl dazu RIS-Justiz RS0125764 [T4]) für die Annahme, dass – neben der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen ein nicht bloß geringfügiges (und daher den Betrag von 400 Euro bei einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich übersteigendes) Einkommen zu verschaffen – zumindest ein weiteres, für die Bejahung der Gewerbsmäßigkeit (hier: nach § 130 Abs 2 StGB iVm § 70 Z 1 bis Z 3 StGB idF BGBl I 2015/112; vgl hiezu: ErläutRV 689 BlgNR 25. GP  13 f) zusätzlich gefordertes Kriterium erfüllt ist. Ob die Patrick St***** zu den Schuldsprüchen III./4./5. Und 15./ angelasteten Taten im Fall einer (erst festzustellenden) Einbruchsqualifikation nach § 129 Abs 1 Z 1 StGB (auch) Wohnstätten iSd § 129 Abs 2 Z 1 StGB betreffen (in diesem Fall wäre dann eventuell auch die Qualifikation nach § 130 Abs 3 StGB zu prüfen), lässt sich anhand des Urteilstenors gleichfalls nicht beurteilen.

3./ Der gegen den Angeklagten Thomas Sta***** ergangene Schuldspruch III./ gründet sich auf die (im Referat der entscheidenden Tatsachen dargestellte) Annahme, dass der Genannte zwischen 12. September 2014 und 15. Juni 2015 Zeitungskassen aufgebrochen, Automaten aufgetreten und ein Fahrrad nach Aufbrechen des Fahrradschlosses gestohlen hat (III./12./, 17./ und 25./; US 4 ff). Auf Basis dieses Sachverhalts kommt eine (hier vorgenommene) Subsumtion (auch) nach § 129 Abs 1 Z 1 StGB (US 10) nicht in Betracht. Denn § 129 Abs 1 Z 1 StGB pönalisiert derartige Tathandlungen nicht (vgl aber § 129 Abs 1 Z 2 und 3 StGB).

4./ Gleiches gilt für den Schuldspruch des Angeklagten Matthias L***** wegen des „Verbrechens“ (richtig: Vergehens) des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 15 StGB (III./, US 10). Dass die (zu III./12./, 17./, 19./ bis 21./, 23./ und 25./ inkriminierten) Diebstähle nach Einbrechen, Einsteigen oder Eindringen mittels widerrechtlich erlangtem Schlüssel, Zugangscode oder einem nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug in Gebäude, Transportmittel, einen Lagerplatz oder in sonst einen umschlossenen Raum begangen worden wären (§ 129 Abs 1 Z 1 StGB), entbehrt einer tragfähigen Feststellungsbasis (vgl US 4 ff).

Soweit Matthias L***** zu den Schuldsprüchen III./20./ und 23./ insbesondere Einbruchshandlungen iSd § 129 Abs 1 Z 1 StGB durch Kurzschließen eines Mofas angelastet werden, erfolgte dies zu Unrecht, weil mit einem derartigen Vorgehen weder ein räumlicher Schutzbereich iSd § 129 Abs 1 Z 1 StGB noch die Überwindung eines Sperrverhältnisses iSd § 129 Abs 1 Z 3 StGB angesprochen wird (vgl Leukauf/Steininger/Messner StGB 4 § 129 Rz 32; Salimi SbgK § 129 Rz 83; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 129 Rz 80; Bertel/Schwaighofer/Venier BT I 13 § 129 Rz 14; RIS-Justiz RS0094235, RS0094197).

Die Zuerkennung konkreter Wirkung scheitert (im Hinblick auf die oben zu 3./ und 4./ aufgezeigten Gesetzesverletzungen) aber daran, dass die im Urteilstenor in diesem Zusammenhang genannten Tatmodalitäten jeweils die rechtlich gleichwertigen (13 Os 121/14i; RIS‑Justiz RS0119965; Bertel in WK2 StGB § 129 Rz 24; Salimi SbgK § 129 Rz 123) Einbruchsqualifikationen nach § 129 Abs 1 Z 2 StGB (Salimi SbgK § 129 Rz 67; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 129 Rz 61; Leukauf/Steininger/Messner StGB4 § 129 Rz 24; RIS‑Justiz RS0094025, RS0093144, RS0094069, RS0094000) bzw § 129 Abs 1 Z 3 StGB (Salimi SbgK § 129 Rz 79; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 129 Rz 77; Bertel/Schwaighofer/Venier BT I13 § 129 Rz 12; Leukauf/Steininger/Messner StGB4 § 129 Rz 31; RIS-Justiz RS0094219, RS0094132, RS0094208, RS0094240, RS0094197) begründen und daher diesen Verurteilten aus der fehlerhaften Subsumtion kein iSd § 292 StPO zu berücksichtigender Nachteil erwächst.

5./ Die zu „IV./2./“, „V./“, „VI./2./“ und „VI./3./“ des Urteilstenors erfolgten Aussprüche gemäß § 260 Abs 1 Z 1 StPO geben zwar darauf bezogene Anklagevorwürfe wieder (vgl ON 55 S 8 f). Da insoweit förmliche Schuldsprüche (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) der Angeklagten Matthias L***** (US 10) und Celina K***** (US 9) unterblieben sind, hat das vorliegende (End-)Urteil – ungeachtet dessen, dass es seiner Wirkung nach einem insofern ergangenen (Teil-)Freispruch gleichkommt (vgl RIS‑Justiz RS0099646) – die Anklage entgegen § 4 Abs 3 erster Halbsatz StPO nicht erledigt.

6./ Der dem Schuldspruch IX./ zugrunde liegenden Tatsachenbasis zufolge hat Matthias L***** eine Sache, die andere durch eine mit Strafe bedrohte Handlung erlangt haben, nämlich einen Teil des von Patrick St***** und Dominik M***** zu III./3./ erbeuteten Bargeldes mit dem Wissen an sich gebracht, dass das Geld aus einem Einbruch stammt (US 7). Diese Konstatierungen decken zwar die Annahme der (eigennützigen) Hehlerei nach § 164 Abs 2 StGB ( Kirchbacher in WK 2 StGB § 164 Rz 17, 23–27), bringen aber nicht zum Ausdruck, dass Matthias L***** insoweit auch zumindest bedingt vorsätzlich den oder die Täter des Einbruchsdiebstahls bei der Verwertung oder Verheimlichung der durch die Tat erlangten Sache unterstützte (§ 164 Abs 1 StGB; Kirchbacher in WK 2 StGB § 164 Rz 18–22; zur Konkurrenz vgl Leukauf/Steininger/Flora StGB 4 § 164 Rz 43). Die rechtliche Unterstellung der vom Schuldspruch IX./ des Angeklagten Matthias L***** erfassten Tat (auch) unter § 164 Abs 1 StGB (US 10) verletzt daher diese Bestimmung.

Ob das angesprochene Konkurrenzverhältnis gegeben ist, wird im neuen Verfahren durch entsprechende Feststellungen zu klären sein.

7./ Nach der vom Erstgericht angewendeten Vorschrift des § 43a Abs 3 StGB (US 8) ist die bedingte Nachsicht eines Teils der Freiheitsstrafe unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen nur zulässig, wenn das Ausmaß der im Urteil ausgesprochenen Freiheitsstrafe mehr als sechs Monate, aber nicht mehr als zwei Jahre beträgt. Überdies darf gemäß § 43a Abs 3 zweiter Satz StGB bei bedingter Nachsicht eines Teils der Strafe der nicht bedingt nachgesehene Teil nicht mehr als ein Drittel der Strafe betragen; der bedingt nachgesehene Teil muss daher mit zumindest zwei Dritteln ausgemessen werden (RIS‑Justiz RS0109806 [T2]). Die vorliegend verhängte Strafe (Freiheitsstrafe von 30 Monaten und 25 Tagen, davon 20 Monaten bedingt) entsprach diesen Voraussetzungen nicht.

Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass eine (durch § 43a Abs 4 StGB an sich ermöglichte) teilbedingte Strafnachsicht bei einer (wie hier verhängten) Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren – neben der (im Urteil offenbar im Hinblick auf die [verfehlte] Anwendung des § 43a Abs 3 StGB nicht ins Kalkül gezogenen; vgl US 8) hohen Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens – ebenso erfordert hätte, dass der nicht bedingt nachgesehene Teil der Strafe (mehr als ein Monat und) nicht mehr als ein Drittel der Strafe beträgt (§ 43a Abs 4 zweiter Satz StGB iVm § 43a Abs 3 zweiter Satz StGB). Mit dem vorliegenden Sanktionsausspruch hat das Schöffengericht seine Strafbefugnis jedenfalls überschritten ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 671; RIS‑Justiz RS0091988).

In dem die Angeklagten benachteiligenden Umfang sah sich der Oberste Gerichtshof gemäß § 292 letzter Satz StPO veranlasst, die Feststellung der jeweiligen Gesetzesverletzungen mit der im Spruch ersichtlichen konkreten Wirkung zu verknüpfen.

Im Hinblick auf die Aufhebung des Strafausspruchs bei Matthias L***** waren auch die damit verbundenen Beschlüsse nach §§ 50, 51 und 52 StGB zu kassieren.

Im zweiten Rechtsgang wird entsprechend § 29 StGB die zu den jeweiligen Diebstahlsfakten zerschlagene Subsumtioneinheit jeweils neu zu bilden sein (vgl RIS‑Justiz RS0116734).

Bleibt im Übrigen anzumerken:

1./ Bei dem Patrick St***** zum Schuldspruch III./18./ als Einbruchsdiebstahl nach § 129 Abs 1 Z 1 StGB vorgeworfenen Abmontieren einer Abdeckplatte eines Geldrückgabeauswurfs fehlt im Urteilsspruch (vgl RIS-Justiz RS0125764 [T4]) – von der Generalprokuratur nicht gerügt – ein Urteilssubstrat, welches eine Subsumtion unter eine der im § 129 Abs 1 StGB genannten Einbruchsqualifikationen zuließe, weil Schraubverschlüsse allein keine Sperrfunktion iSd § 129 Abs 1 Z 3 StGB entfalten und daher mit der im Tenor genannten Tatmodalität weder Z 1 noch Z 3 des § 129 Abs 1 StGB erfüllt ist (RIS-Justiz RS0094132, RS0093598, RS0094166; Salimi SbgK § 129 Rz 82; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 129 Rz 78; Bertel/Schwaighofer/Venier BT I13 § 129 Rz 14; Leukauf/Steininger/Messner StGB4 § 129 Rz 31a).

Das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Qualifikation nach § 129 Abs 1 Z 1 bis Z 4 StGB bei einem Tatgeschehen betrifft aber keine entscheidende Tatsache, sofern die Einbruchsqualifikation bei zumindest einer weiteren Tat vorliegt, weil dann über die nach § 29 StGB gebildete Subsumtionseinheit die verwirklichte strafbare Handlung unverändert bleibt (13 Os 38/05w, SSt 2005/36). Insofern besteht trotz der in der zum Schuldspruch III./18./ rechtsirrig angenommenen Qualifikation eines Einbruchsdiebstahls nach § 129 Abs 1 Z 1 StGB kein iSd § 290 Abs 1 StPO wahrzunehmender Nachteil für den Verurteilten.

2./ Die Schuldsprüche betreffend Patrick St***** (zu III./2./, 3./, 8./, 9./, 10./ und 16./ [Automaten]; III./6./, 11./ und 12./ [Zeitungskassen]; III./7./ [sonstiges Behältnis]), Dominik M***** (zu III./2./, 3./, 8./, 9./ und 10./ [Automaten]; III./6./ und 12./ [Zeitungskassen]), Sabine S***** (zu III./9./, 10./ und 16./ [Automaten]; III./6./, 11./ und 12./ [Zeitungskassen]; III./7./ [sonstiges Behältnis]) und Celina K***** (zu III./8./, 9./, 10./ und 16./ [Automaten]; III./6./, 11./ und 12./ [Zeitungskassen]; III./7./ [sonstiges Behältnis]) sind in gleicher Weise mangels Konstatierungssubstrat in Richtung § 129 Abs 1 Z 1 StGB fehlerhaft. Die Feststellung der entsprechenden Gesetzesverletzungen scheitert aber an entsprechender Anfechtung durch die Generalprokuratur. Ein amtswegiges Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO kommt insoweit mangels Nachteils für die Verurteilten auch deswegen nicht in Frage, weil die im Urteilstenor in diesem Zusammenhang ausgewiesenen Tatmodalitäten jeweils die rechtlich gleichwertigen Einbruchsqualifikationen nach § 129 Abs 1 Z 2 StGB bzw § 129 Abs 1 Z 3 StGB erfüllen (vgl dazu die obenstehenden Erwägungen zum Schuldspruch III./18./ betreffend Patrick St*****).

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