Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.Juni 1959 geborene Versicherungsmakler Wolfgang L*** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Darnach hat er vom 26.Juni 1987 bis September 1988 in St.Pölten und Umgebung gewerbsmäßig mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung zahlreiche Vertragspartner durch Vortäuschung seiner Zahlungswilligkeit und -fähigkeit an ihrem Vermögen um einen insgesamt 500.000 S übersteigenden Betrag geschädigt, und zwar
I. sechs (im Urteil aufgezählte) Bankinstitute durch die wahrheitswidrige Behauptung, durch laufende Eingänge sein Konto abzudecken, zur Gewährung von Darlehen im Betrag von insgesamt 503.000 S;
II. drei Firmen durch Auftreten als zahlungswilliger und zahlungsfähiger Kunde zur Überlassung von Autotelefonanlagen im Wert von 121.342 S;
III. die Versicherungsgesellschaft "DER A***" durch Vorlage von 28 Lebensversicherungsverträgen mit nicht existierenden Personen zur Auszahlung von Provisionsanteilen von 354.799 S;
IV. die Firma Anton B*** GesmbH durch Auftreten als zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu Reparaturarbeiten und Verkauf und Montage eines Tuning-Satzes in einem Wert von 35.104 S. Gegen dieses Urteil meldete der damalige Wahlverteidiger des Angeklagten rechtzeitig Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 9/II), zog jedoch nach Zustellung einer Urteilsausfertigung anläßlich der Bekanntgabe der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses die Nichtigkeitsbeschwerde ausdrücklich zurück und brachte nur die Strafberufung zur schriftlichen Ausführung (ON 11/II). Offensichtlich gleichzeitig (am 16.Jänner 1990) mit dem zuletzt genannten Schriftsatz des Verteidigers langte bei Gericht die vom Angeklagten selbst verfaßte (und in der Zwischenzeit auch von einem Verteidiger unterzeichnete) Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Strafberufung bei Gericht ein (ON 12/II). Zur Aufklärung dieses Vorganges holte der Vorsitzende eine Stellungnahme des Wahlverteidigers ein, der sich auf eine seinerzeitige Ermächtigung des Angeklagten berief, die Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuziehen, falls er Nichtigkeitsgründe nicht finde (ON 13 a/II). Eine ausdrückliche Zurückziehung der Nichtigkeitsbeschwerde (durch einen Verteidiger) ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs grundsätzlich als unwiderruflicher Verzicht auf dieses Rechtsmittel anzusehen (EvBl 1955/195, 1963/19, 1965/83, 1966/211, RZ 1970 S 17, 18 und zuletzt 13 Os 14/89). Allerdings kann diese Grundregel nur dann Geltung haben, wenn dem Gericht nicht schon bei Abgabe der prozessualen Erklärung bekannt ist, daß zwischen dem Angeklagten und dem Verteidiger in bezug auf den Umfang der Urteilsanfechtung kein Konsens besteht (11 Os 1/79 = LSK 1979/115). Gerade dieser Fall liegt aber hier vor, da der Dissens zwischen Angeklagtem und Verteidiger aktenkundig und daher für das Gericht offenkundig war, so daß die vom Angeklagten eingebrachte Rechtsmittelausführung materiell zu behandeln war. Der allein auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt aber Berechtigung nicht zu. Wolfgang L*** wendet sich einerseits gegen den Vorwurf, durch seinen protzigen und prasserischen Lebensstil seine hohe Verschuldung herbeigeführt zu haben, weil dieses Auftreten eben zum Image eines erfolgreichen Versicherungsmaklers gehöre. Andererseits habe das Gericht aber seine Verantwortung zu den Punkten I, II und IV des Urteilssatzes, nicht mit betrügerischem Vorsatz, sondern in der Hoffnung gehandelt zu haben, die Schulden zurückzahlen zu können, mit Stillschweigen übergangen; er wäre in diesen Punkten nur nach § 159 Abs. 1 Z 2 StGB zu verurteilen gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Diesem Beschwerdevorbringen ist zunächst zu erwidern, daß sich die Beweiswürdigung des Schöffengerichts auf das volle Geständnis des Angeklagten in der Hauptverhandlung stützt (S 45 bis 47/II), wobei auch nicht unerwähnt blieb, daß sich der Angeklagte im Vorverfahren überhaupt leugnend (sowohl in bezug auf den Betrugsvorwurf als auch in Richtung fahrlässiger Krida) verantwortete, so daß sich das nunmehrige Zurückgreifen auf die Verantwortung im Vorverfahren (S 162, 164, 581/I) als der im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Versuch darstellt, das vom Gericht nach den übrigen Verfahrensergebnissen als unbedenkliche Feststellungsgrundlage übernommene Geständnis wieder zu relativieren. Damit wird aber ein formeller Begründungsmangel nicht aufgezeigt. Das Motiv indes, weshalb der Beschwerdeführer einen derartigen mit seinen Einkomensverhältnissen nicht im Einklang stehenden Aufwand trieb, betrifft nicht die in diesem Zusammenhang allein entscheidende Tatsache, daß der Angeklagte seine (nicht vorhandene) Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit vortäuschte, um seine Vertragspartner zu vermögensschädigenden Handlungen zu veranlassen.
Die sohin nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war gemäß § 285 d Abs. 1 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Damit fällt die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten dem örtlich zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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