OGH 12Os177/11p

OGH12Os177/11p20.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Dezember 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ludwig als Schriftführer in der Strafsache gegen Michael D***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, AZ 4 U 14/10d des Bezirksgerichts Kitzbühel, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 9. Juni 2010, GZ 4 U 14/10d-10 erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr. Weiß, und des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Verfahren AZ 4 U 14/10d des Bezirksgerichts Kitzbühel verletzt das Urteil vom 9. Juni 2010 in seinem Strafausspruch das Gesetz in § 5 Z 5 JGG.

Das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in seinem Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Kitzbühel verwiesen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Der am 10. März 1993 geborene Michael D***** wurde mit - in gekürzter Form ausgefertigtem (§ 270 Abs 4 StPO) - rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 9. Juni 2010, GZ 4 U 14/10d-10, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 20. September 2009 in E***** Helmut R***** durch Versetzen eines Faustschlags in das Gesicht, der bei dem Genannten ein Hämatom im Bereich der linken Augenbraue zur Folge hatte, am Körper verletzt hat und hiefür nach dieser Gesetzesbestimmung zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen á 4 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 150 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Die Geldstrafe wurde zur Gänze vollzogen (siehe Einzahlungsbeleg vom 12. Juli 2010, nicht einjournalisiert auf dem Auftrag zur Zahlung einer Geldstrafe).

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht das Urteil des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 9. Juni 2010, GZ 4 U 14/10d-10, in seinem Strafausspruch mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Der Angeklagte stand zum Tatzeitpunkt im 17. Lebensjahr. Folglich hätten die Besonderheiten der Ahndung von Jugendstraftaten (§ 1 Z 3 JGG) nach § 5 JGG zur Anwendung gelangen müssen. Die Nichtanwendung dieser Bestimmung verletzt unabhängig davon, ob die jeweils verhängte Strafe die Grenzen der gesetzlichen Strafbefugnis tangiert, das Gesetz (Schroll in WK² JGG § 5 Rz 26; RIS-Justiz RS0086949).

Fallaktuell wurde aber zudem die Grenze der gesetzlichen Strafbefugnis überschritten. Nach § 83 Abs 1 StGB ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Sind bei einem Delikt (alternativ) Freiheits- oder Geldstrafe angedroht, so reduziert sich bei einer Jugendstraftat der Strafrahmen nach § 5 Z 4 und Z 5 JGG bei beiden Sanktionsarten auf die Hälfte (vgl Schroll in WK2 JGG § 5 Rz 25).

Im vorliegenden Fall betrug das Höchstmaß einer zu verhängenden Geldstrafe gemäß § 5 Z 5 JGG somit 180 Tagessätze.

Über die Feststellung der Gesetzesverletzung hinaus sah sich der Oberste Gerichtshof mit Blick auf § 292 letzter Satz StPO zur Aufhebung des Strafausspruchs veranlasst. In diesem Umfang wird das Bezirksgericht Kitzbühel daher neuerlich zu entscheiden haben.

Die hievon rechtslogisch abhängigen Entscheidungen und Verfügungen gelten damit gleichfalls als beseitigt (RIS-Justiz RS0100444).

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