European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00149.23P.0627.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Wirtschaftsstrafsachen
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.
Dem belangten Verband T* KG fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – die T* KG gemäß § 3 Abs 1 Z 1 und Abs 2 VbVG für das Vergehen des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach §§ 12 zweiter Fall, 148a Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB verantwortlich erkannt, das die Entscheidungsträger dieser Gesellschaft, P* T* und S* T*, als solche rechtswidrig und schuldhaft zu Gunsten der Gesellschaft begangen haben.
Rechtliche Beurteilung
[2] Der Antrag auf Verhängung einer Verbandsgeldbuße gemäß § 21 Abs 2 VbVG war mit der Anklage der natürlichen Personen (auch) wegen jener Straftat verbunden, für die der Verband – als dessen Entscheidungsträger (§ 2 Abs 1 Z 3 VbVG) die Genannten gehandelt haben – verantwortlich (§ 3 VbVG) sein soll (ON 90). Daher kamen dem belangten Verband (§ 13 Abs 1 zweiter Satz VbVG) gemäß § 15 Abs 1 zweiter Satz VbVG auch im betreffenden Verfahren gegen diese natürlichen Personen die Rechte des Beschuldigten zu (RIS‑Justiz RS0133395).
[3] Der belangte Verband war in der gesamten – gemäß § 22 Abs 1 VbVG gemeinsam mit jener gegen ihn selbst geführten – Hauptverhandlung im Verfahren gegen die natürlichen Personen vertreten (ON 149, 156, 164, 177).
[4] In der Hauptverhandlung am 28. Juli 2023 wurde zunächst das Urteil über die natürlichen Personen (§ 22 Abs 1 VbVG) verkündet, mit dem diese schuldig erkannt wurden (ON 178). Sodann wurde – gemäß § 22 Abs 2 VbVG davon getrennt – das Urteil über den belangten Verband (ON 179) verkündet (ON 177 S 22 ff). Diesem stand es solcherart frei, das Urteil über die natürliche Person (ON 178) oder das über ihn selbst ergangene Urteil (ON 179) oder beide Urteile zu bekämpfen (§ 15 Abs 1 zweiter Satz VbVG; § 24 VbVG).
[5] In einem binnen der Frist des § 284 Abs 1 erster Satz StPO (§ 294 Abs 1 erster Satz StPO) eingebrachten Schriftsatz erklärte die T* KG bloß, „in obiger Strafsache“ Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde gegen das „in der Hauptverhandlung vom 28. Juli 2023 verkündete Urteil“ anzumelden (ON 189).
[6] Dieser Erklärungsinhalt ließ offen, gegen welches von beiden Urteilen sich seine Rechtsmittel richten. Ein Rechtsmittel wurde damit gegen keines von beiden Urteilen deutlich und bestimmt angemeldet (RIS‑Justiz RS0100007 [T11]; Oberressl, Besonderheiten des Haupt- und des Rechtsmittelverfahrens nach dem VbVG, ÖJZ 2020/99, 815).
[7] Die – binnen vier Wochen nach Zustellung von Ausfertigungen beider Urteile an den belangten Verband – von diesem gegen das Verbandsurteil (ON 179) ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung (ON 204) wurde demnach von einer Person eingebracht, der diese Rechtsmittel nicht (mehr) zukommen (§ 285a Z 1 StPO, § 294 Abs 4 erster Satz StPO).
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO, § 296 Abs 2 StPO).
[9] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a StPO.
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