OGH 12Os149/23p

OGH12Os149/23p27.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart des Schriftführers Edermaier‑Edermayr LL.M. (WU) in der Verbandsverantwortlichkeitssache der T* KG und eines anderen belangten Verbands wegen des Vergehens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach §§ 12 zweiter Fall, 148a Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der T* KG gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28. Juli 2023, GZ 14 Hv 8/23f‑179, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00149.23P.0627.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Wirtschaftsstrafsachen

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.

Dem belangten Verband T* KG fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – die T* KG gemäß § 3 Abs 1 Z 1 und Abs 2 VbVG für das Vergehen des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach §§ 12 zweiter Fall, 148a Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB verantwortlich erkannt, das die Entscheidungsträger dieser Gesellschaft, P* T* und S* T*, als solche rechtswidrig und schuldhaft zu Gunsten der Gesellschaft begangen haben.

Rechtliche Beurteilung

[2] Der Antrag auf Verhängung einer Verbandsgeldbuße gemäß § 21 Abs 2 VbVG war mit der Anklage der natürlichen Personen (auch) wegen jener Straftat verbunden, für die der Verband – als dessen Entscheidungsträger (§ 2 Abs 1 Z 3 VbVG) die Genannten gehandelt haben – verantwortlich (§ 3 VbVG) sein soll (ON 90). Daher kamen dem belangten Verband (§ 13 Abs 1 zweiter Satz VbVG) gemäß § 15 Abs 1 zweiter Satz VbVG auch im betreffenden Verfahren gegen diese natürlichen Personen die Rechte des Beschuldigten zu (RIS‑Justiz  RS0133395).

[3] Der belangte Verband war in der gesamten – gemäß § 22 Abs 1 VbVG gemeinsam mit jener gegen ihn selbst geführten – Hauptverhandlung im Verfahren gegen die natürlichen Personen vertreten (ON 149, 156, 164, 177).

[4] In der Hauptverhandlung am 28. Juli 2023 wurde zunächst das Urteil über die natürlichen Personen (§ 22 Abs 1 VbVG) verkündet, mit dem diese schuldig erkannt wurden (ON 178). Sodann wurde – gemäß § 22 Abs 2 VbVG davon getrennt – das Urteil über den belangten Verband (ON 179) verkündet (ON 177 S 22 ff). Diesem stand es solcherart frei, das Urteil über die natürliche Person (ON 178) oder das über ihn selbst ergangene Urteil (ON 179) oder beide Urteile zu bekämpfen (§ 15 Abs 1 zweiter Satz VbVG; § 24 VbVG).

[5] In einem binnen der Frist des § 284 Abs 1 erster Satz StPO (§ 294 Abs 1 erster Satz StPO) eingebrachten Schriftsatz erklärte die T* KG bloß, „in obiger Strafsache“ Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde gegen das „in der Hauptverhandlung vom 28. Juli 2023 verkündete Urteil“ anzumelden (ON 189).

[6] Dieser Erklärungsinhalt ließ offen, gegen welches von beiden Urteilen sich seine Rechtsmittel richten. Ein Rechtsmittel wurde damit gegen keines von beiden Urteilen deutlich und bestimmt angemeldet (RIS‑Justiz RS0100007 [T11]; Oberressl, Besonderheiten des Haupt- und des Rechtsmittelverfahrens nach dem VbVG, ÖJZ 2020/99, 815).

[7] Die – binnen vier Wochen nach Zustellung von Ausfertigungen beider Urteile an den belangten Verband – von diesem gegen das Verbandsurteil (ON 179) ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung (ON 204) wurde demnach von einer Person eingebracht, der diese Rechtsmittel nicht (mehr) zukommen (§ 285a Z 1 StPO, § 294 Abs 4 erster Satz StPO).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO, § 296 Abs 2 StPO).

[9] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a StPO.

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