OGH 11Os64/22d

OGH11Os64/22d28.7.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juli 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ristic, BA, als Schriftführerin in der Strafsache gegen * P* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 22. April 2022, GZ 12 Hv 20/22w‑39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0110OS00064.22D.0728.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * P* jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I 1) und der Geldwäscherei nach § 165 Abs 2 StGB (II) sowie mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (I 2) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – vom Oktober 2021 bis zum 11. Dezember 2021 in W*, T* und an anderen Orten Österreichs

(I 1) mit auf Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtetem Vorsatz, der auch die kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Zeitraum und den daran geknüpften Additionseffekt umfasste (US 5 f), vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Heroin, in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen oder verschafft, indem er

(I 1 1) [richtig:] dazu beitrug (§ 12 dritter Fall StGB), dass der gesondert verfolgte * K* zumindest 800 Gramm (enthaltend 86,4 Gramm Heroin-Base) anderen durch Verkauf überließ, und zwar durch die (erkennbar gemeint [vgl US 14 und 21]: dem Genannten bereits vor dessen Tatausführung erteilte) Zusage, den von K* erzielten Verkaufserlös von ca 40.000 Euro (US 8 f: zu inkassieren und) teils per Kurier nach Serbien zu seinem „Auftraggeber“ zu schicken, teils K* als Lohn auszuzahlen, ferner

* K* dadurch (richtig [vgl RIS‑Justiz RS0116841, insbesondere 15 Os 116/02]:) verschafft, dass er „eine Nachschublieferung Heroin“ für diesen „organisierte“, weiters

(I 1 2) teils allein, teils im einverständlichen Zusammenwirken (§ 12 erster Fall StGB) mit dem gesondert verfolgten * S* insgesamt zumindest 1.200 Gramm (enthaltend 129,6 Gramm Heroin-Base) mehreren (im angefochtenen Urteil teils namentlich genannten) anderen Personen durch Verkauf überlassen, ferner

(II) Vermögensbestandteile an sich gebracht, besessen und einem anderen übertragen, wobei er zur Zeit des Erlangens „wusste“, dass sie aus einer kriminellen Tätigkeit „eines anderen“ herrühren, indem er „Bargeldbeträge von insgesamt ca EUR 30.000,00 aus dem Erlös der zu I./1./1./ angeführten Suchtgiftgeschäfte des * K* per Kurier zu seinem Auftraggeber nach Serbien schickte“.

Rechtliche Beurteilung

 

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

 

[4] Ihre Feststellungen zu Punkt I 1 1 und II des Schuldspruchs stützten die Tatrichter auf die insoweit geständige Verantwortung des Beschwerdeführers im Ermittlungsverfahren, der sie (im Zusammenhalt mit weiteren belastenden Beweisergebnissen) Glauben schenkten. Seiner (hingegen) leugnenden Einlassung in der Hauptverhandlung wiederum sprachen sie – in eingehender Erörterung der vom Beschwerdeführer genannten Gründe für sein (zuvor in mehreren Vernehmungen vor der Kriminalpolizei und vor der Haftrichterin abgelegtes) angeblich falsches Geständnis – die Überzeugungskraft ab (US 8 bis 13).

[5] Die dagegen gerichtete Mängelrüge (Z 5) bekämpft – zudem ohne an der Gesamtheit der diesbezüglichen Urteilsgründe Maß zu nehmen (siehe aber RIS‑Justiz RS0119370) – nur isoliert die tatrichterliche Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Angaben des Beschwerdeführers (siehe aber RIS‑Justiz RS0106588). Auf die herangezogene Anfechtungskategorie (Z 5 vierter Fall – „Scheinbegründung“) beruft sie sich damit nur nominell.

[6] Die Feststellungen zu Punkt I 1 2 des Schuldspruchs folgerte das Erstgericht – willkürfrei – (ua) aus vom Gericht als glaubhaft erachteten, den Angeklagten im Sinn des betreffenden Anklagevorwurfs belastenden Angaben der Zeugen Ke*, Z* und D* in deren polizeilichen Vernehmungen (US 13 f).

[7] Soweit diese Zeugen in der Hauptverhandlung ihre im Ermittlungsverfahren getätigten Angaben teils revidierten, teils überhaupt in Abrede stellten, blieb dies – dem weiteren Beschwerdevorwurf (Z 5 zweiter Fall) zuwider – keineswegs unberücksichtigt. Vielmehr wurden letztere Bekundungen – ausdrücklich – als unglaubhaft verworfen (US 15 ff).

[8] Die Tatsachenrüge (Z 5a) fordert aus den ins Treffen geführten Zeugenaussagen anhand eigener Beweiswerterwägungen von jenen des Erstgerichts abweichende Schlussfolgerungen ein. Damit erschöpft sie sich in einem Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

[9] Indem sie (in Bezug auf Schuldspruch I 1 und II) das Unterbleiben amtswegiger Beweisaufnahmen kritisiert (Z 5a als Aufklärungsrüge), versäumt sie die – zur prozessförmigen Ausführung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes gebotene – Darlegung, wodurch der Beschwerdeführer an sachgerechter Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert gewesen sei (RIS‑Justiz RS0115823).

 

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[11] Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei hinzugefügt, dass das angefochtene Urteil im Schuldspruch II mit – nicht geltend gemachter – materieller Nichtigkeit (aus § 281 Abs 1 Z 10 StPO) behaftet ist:

[12] § 165 StGB wurde zuletzt mit BGBl I 2021/159 (Inkrafttreten am 1. September 2021) – somit vor dem festgestellten Tatzeitraum – geändert. Demzufolge ist auf den betreffenden Sachverhalt jedenfalls geltendes Recht anzuwenden.

[13] Nach § 165 Abs 2 StGB kann sich – wie schon nach der Vorgängerfassung dieser Bestimmung – nicht strafbar machen, wer selbst Vortäter ist (arg „kriminellen Tätigkeit [Abs 5] eines anderen“). Dem Urteilssachverhalt (US 3 ff) zufolge war der Angeklagte an der (vom Schuldspruch I 1 umfassten) Vortat – aus der sämtliche tatverfangenen Vermögensbestandteile herrühren – selbst beteiligt (§ 12 StGB), sodass Strafbarkeit nach § 165 Abs 2 StGB ausscheidet (13 Os 105/15p, 106/15k [Punkt 1.4.1.]; 13 Os 55/19s; 11 Os 11/20g; RIS‑Justiz RS0133923).

[14] Die Urteilsfeststellungen tragen jedoch – mit Blick auf „aus prozessualer Vorsicht“ (sic!) zusätzlich getroffene, fallkonkret ausreichende Konstatierungen „iSd § 165 Abs 1“ StGB (US 5) – eine rechtliche Unterstellung der vom Schuldspruch II umfassten Taten nach § 165 Abs 1 Z 1 StGB.

[15] Hiervon ausgehend bleibt der angesprochene Subsumtionsfehler für den Angeklagten ohne konkreten Nachteil im Sinn des § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO (vgl Ratz, WK‑StPO § 290 Rz 22 ff), sodass es mit diesem Hinweis sein Bewenden hat.

 

[16] Über die – soweit sie sich gegen den Verfallsausspruch richtet verfehlt (§ 443 Abs 3 StPO), aber unschädlich (RIS‑Justiz RS0099013 [T1]) als „Beschwerde“ bezeichnete – Berufung hat das (dabei nicht an die aufgezeigte Fehlsubsumtion gebundene – RIS‑Justiz RS0118870) Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

[17] Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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