OGH 11Os59/19i

OGH11Os59/19i28.5.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Mai 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Setz‑Hummel als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Korner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Aleksandar K***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall, Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Aleksandar K*****, Christina Z***** und Sasa K***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung sämtlicher Angeklagter gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. Jänner 2019, GZ 65 Hv 180/17s‑241, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0110OS00059.19I.0528.000

 

Spruch:

 

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Aleksandar K***** sowie aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen A./I./a./12./, A./II./e./, B./II./ und B./V./ im Umfang des Tatbeitrags zu A./I./a./12./, demgemäß in den jeweils zu A./I./ und B./ gebildeten Subsumtionseinheiten sowie in den Strafaussprüchen hinsichtlich Aleksandar K***** (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und Christina Z***** und in den Aussprüchen über die privatrechtlichen Ansprüche aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Aleksandar K***** und Christina Z***** ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer diese Angeklagten betreffenden Berufung auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden zurückgewiesen.

Die Berufung wegen Schuld der Angeklagten Z***** wird zurückgewiesen.

Das Erstgericht wird dem Oberlandesgericht Wien entsprechende Aktenteile zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten Sasa K***** und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten zuzuleiten haben.

Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zu Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Freisprüche von gleichartigen Vorwürfen enthaltenden Urteil wurden Aleksandar K***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall, Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB (A./I./) und der Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB (A./II./) sowie Christina Z***** und Sasa K***** je des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall, Abs 2 (Z***** auch § 15) StGB (B./ und C./) schuldig erkannt.

Danach haben in Wien – gekürzt wiedergegeben –

A./ Aleksandar K*****

I./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz andere durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet und zu verleiten versucht, die diese oder einen anderen in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten und schädigen sollten,

a./ Verantwortliche nachgenannter Versicherungsunter-nehmen durch die Vorgabe, Verkehrsunfälle seien fahrlässig herbeigeführt worden bzw die geltend gemachten Schäden seien durch einen Verkehrsunfall entstanden (12./), teilweise unter Verwendung von falschen Urkunden, und zwar unter fremden Namen ausgefüllte und teils mit fremden Namen unterschriebene Unfallberichte (1./, 3./, 4./, 5./, 6./, 7./, 8./, 10./, 13./, 14./, 15./), zur Auszahlung von Versicherungsleistungen in Höhe der nachstehend angeführten Beträge, wobei er den schweren Betrug gewerbsmäßig beging,

1./ im März 2017 Berechtigte der W***** AG zur Auszahlung von 4.500 Euro, wobei es beim Versuch blieb;

3./ im Oktober 2016 Berechtigte der Z*****-AG zur Auszahlung von 2.600 Euro auf ein Konto lautend auf den abgesondert verfolgten Laszlo S*****;

4./ im November 2016 Berechtigte der U***** AG zur Auszahlung von 13.094,88 Euro auf ein Konto lautend auf T***** Nutzfahrzeuge GmbH;

5./ im September 2016 Berechtigte der Z*****-AG zur Auszahlung von 7.510 Euro auf ein Konto lautend auf Sasa K*****;

6./ im Juli 2016 Berechtigte der G*****-AG zur Auszahlung von 9.000 Euro auf ein Konto lautend auf Sasa K*****;

7./ im März 2016 Berechtigte der W***** AG zur Auszahlung von 5.700 Euro auf ein Konto lautend auf Djaldina I*****;

8./ im März 2016 Berechtigte der Z*****-AG zur Auszahlung von 7.520 Euro auf ein Konto lautend auf Djaldina I*****;

10./ im Dezember 2015 Berechtigte der D***** AG zur Auszahlung von 7.227,55 Euro auf ein Konto lautend auf Christina Z*****;

12./ im Dezember 2015 Berechtigte der W***** AG zur Auszahlung von 1.310 Euro auf ein Konto lautend auf Christina Z*****;

13./ im September 2015 Berechtigte der W***** AG zur Auszahlung von 6.168,05 Euro auf ein Konto lautend auf Christina Z*****;

14./ im November 2016 Berechtigte der W***** AG zur Auszahlung von 7.320 Euro auf ein Konto lautend auf den abgesondert verfolgten Laszlo S*****;

15./ am 12. April 2017 Berechtigte der W***** AG zur Auszahlung von 10.260 Euro auf ein Konto lautend auf den abgesondert verfolgten Laszlo S*****;

II./ falsche Urkunden mit dem Vorsatz hergestellt, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden,

a./ indem er Meldezettel zur Meldung eines Hauptwohnsitzes in Wien mit der Unterschrift zumindest von Herbert B***** versah, und zwar

1./ am 15. Jänner 2017 einen Meldezettel lautend auf Ljubica J*****;

2./ am 30. Mai 2016 einen Meldezettel lautend auf Slobodan E*****;

3./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2016 einen Meldezettel lautend auf Indira J*****;

4./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2016 einen Meldezettel lautend auf Laszlo S*****;

5./ am 4. Februar 2016 einen Meldezettel lautend auf Zeljko V*****;

c./ indem er am 24. Mai 2016 einen Kaufvertrag mit dem Namen „Goran Sa*****“ unterfertigte;

d./ indem er am 16. Juli 2015 und am 20. November 2015 jeweils eine Vollmacht zur Anmeldung eines Kraftfahrzeugs mit der Unterschrift des abgesondert verfolgten Andras Be***** versah;

e./ indem er am 19. Oktober 2016 einen Antrag auf Zulassung mit der Unterschrift des abgesondert verfolgten Slobodan E***** [richtig:] versah;

f./ indem er am 12. April 2017 ein Schreiben an die W***** AG mit der Unterschrift des abgesondert verfolgten Laszlo S***** versah;

B./ Christina Z***** zu den strafbaren Handlungen des Aleksandar K***** beigetragen, und zwar

I./ zu dem in A./I./a./13./ beschriebenen Faktum, indem sie am 17. Juli 2015 einen Personenkraftwagen Mercedes auf Andras Be***** zur Zulassung brachte;

II./ zu dem in A./I./a./12./ beschriebenen Faktum, indem sie am 20. November 2015 einen Personenkraftwagen Audi auf Andras Be***** zur Zulassung brachte;

III./ zu den in A./I./a./7./ und 8./ beschriebenen Fakten, indem sie am 9. Februar 2016 einen Personenkraftwagen Audi A8 auf Zeljko V***** zur Zulassung brachte;

IV./ zu dem in A./I./a./1./ beschriebenen Faktum, indem sie am 6. März 2017 das auf Ljubica J***** zugelassene Fahrzeug zur Schadensbesichtigung vorführte und einen Unfallbericht bei der Schadensbesichtigungsstelle vorlegte;

V./ zu den in A./I./a./10./, 12./ und 13./ beschriebenen Fakten, indem sie zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt vor dem 26. September 2015 Aleksandar K***** zusagte, ihre Kontoverbindung für die Überweisung der Versicherungssummen zur Verfügung zu stellen;

C./ Sasa K***** zu den in A./I./a./5./ und 6./ beschriebenen strafbaren Handlungen des Aleksandar K***** beigetragen, indem er ihm zu einem vor dem 1. Juli 2016 gelegenen Zeitpunkt zusagte, seine Kontoverbindung für die Überweisung der Versicherungssummen zur Verfügung zu stellen.

 

Dagegen richten sich die von Aleksandar K***** aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO, Christina Z***** aus § 281 Abs 1 Z 3, 5 und 9 lit a StPO und Sasa K***** aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden.

 

Rechtliche Beurteilung

Zum berechtigten Teil der Nichtigkeitsbeschwerde des Aleksandar K***** und zu den amtswegigen Maßnahmen:

Die gegen Schuldspruchfaktum A./I./a./12./ gerichtete Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zeigt zutreffend eine unvollständige Begründung der Feststellung auf, wonach Aleksandar K***** und Christina Z***** in ihrer Versicherungsmeldung wahrheitswidrig erklärten, am von Z***** gelenkten Fahrzeug vorhandene Vor- bzw Altschäden seien durch eine Kollision am 1. Dezember 2015 entstanden (US 13).

Das Erstgericht stützte diese Annahme auf die auf den Angaben des Zeugen Sedghi T***** basierenden Ausführungen des verkehrstechnischen Sachverständigen (US 42). Dass – im erörterungsbedürftigen Widerspruch dazu   – in der (gemäß § 252 Abs 2a StPO einverständlich vorgetragenen [ON 240 S 30]) Berechnung der Reparaturkosten durch die Ex***** nach Besichtigung des Fahrzeugs durch einen Sachverständigen unter dem Punkt Vor- bzw Altschäden „keine bewertungsrelevanten Vorschäden erkennbar“ vermerkt wurde (ON 3 S 513), blieb gänzlich unberücksichtigt.

Der aufgezeigte Mangel macht eine Aufhebung des Schuldspruchs im Umfang des Faktums A./I./a./12./ unumgänglich.

Da die vorgebrachte Kritik, wäre sie auch von der Angeklagten Z***** geübt worden, ebenfalls erfolgreich gewesen wäre, weil ihre Strafbarkeit vom Erreichen (zumindest) des Versuchsstadiums durch den unmittelbaren Täter abhängt (RIS‑Justiz RS0089552), war auch der Schuldspruch bezogen auf die Urteilsfakten B./II./ und – im Umfang des Tatbeitrags zu A./I./a./12./ – B./V./ aufzuheben.

Die Aufhebung der Schuldsprüche im bezeichneten Umfang bedingt die Notwendigkeit der Beseitigung der Adhäsionserkenntnisse, welche undifferenziert auf sämtliche Schuldspruchsachverhalte gestützt wurden (US 7, 50), sodass schon der Wegfall auch nur eines davon den Zuspruch beseitigt (Ratz, WK‑StPO § 289 Rz 7).

Überdies war eine dem Urteilsfaktum A./II./e./ zum Nachteil des Angeklagten Aleksandar K***** anhaftende, von diesem nicht geltend gemachte Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO von Amts wegen aufzugreifen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO). Denn die dazu getroffene (Negativ-)Feststellung (US 17; vgl auch US 48) trägt diesen Schuldspruch nicht.

Im Umfang der Aufhebung der Schuldsprüche kann das weitere dazu erstattete Rechtsmittelvorbringen auf sich beruhen.

 

Zur (weiteren) Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Aleksandar K*****:

Die Argumentation der Verfahrensrüge (Z 4), die mangelnde (unmittelbare) Vernehmung mehrerer (in der Beschwerde namentlich genannter) Zeugen habe zur Verletzung von Verteidigungsrechten geführt, scheitert schon daran, dass sie auf keinen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Beschwerdeführers (oder einen gegen dessen Widerspruch gefassten Beschluss) Bezug nimmt (RIS‑Justiz RS0099244, RS0108863). Unter dem Aspekt der Aufklärungsrüge (Z 5a) legt der Rechtsmittelwerber wiederum nicht dar, wodurch er an einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert war (RIS‑Justiz RS0115823).

Die (nominell) auf § 281 Abs 1 Z 5 erster, zweiter, vierter und fünfter Fall StPO gestützte Kritik bekämpft die Feststellungen (US 12) zur Fälschung einer Vollmacht des Be***** vom 16. Juli 2015 (A./II./d./) und eines Unfallberichts hinsichtlich des Schadensfalls vom 26. September 2015 (A./I./a./13./). Mit dem Vorbringen, das Erstgericht würde „mit eigenen Interpretationen“ von den „Feststellungen“ des beigezogenen Schriftsachverständigen abgehen, wird lediglich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichts angegriffen (vgl RIS‑Justiz RS0097433). Im Übrigen unterlässt der Beschwerdeführer die gebotene Berücksichtigung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370), indem er die ausführlichen und unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstandenden Erwägungen der Tatrichter vernachlässigt (US 26 ff, 43).

Gleiches gilt für die durch Verweis auf das eben dargestellte Vorbringen erhobenen Einwände gegen die Schuldspruchfakten A./I./a./1./, 5./ bis 8./, 13./ bis 15./ und A./II./a./1./, 2./, 4./ und 5./ sowie A./II./c./, d./ und f./. Darüber hinaus wird durch diesen bloßen Verweis schon mit Blick darauf, dass den angeführten Fakten unterschiedliche Urkunden zugrunde liegen, die prozessordnungsgemäße deutliche und bestimmte Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen verfehlt.

Die Behauptung fehlender Berücksichtigung (Z 5 zweiter Fall) eines „im Akt“ befindlichen E-Mail-Verkehrs, demzufolge „offensichtlich“ Freunde des Andras Be***** mit der Versicherung Kontakt aufgenommen hätten, entzieht sich mangels konkreter Bezeichnung der Fundstelle einer inhaltlichen Erwiderung (RIS-Justiz RS0124172 [T4]).

Die weitere, zu A./I./a./13./ (und lediglich durch Verweis zu A./I./a./1./, 5./ bis 8./ und 14./, 15./) erhobene Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) übergeht mit ihrem Vorwurf, die Feststellungen zum Ankauf der Fahrzeuge durch den Angeklagten seien unbegründet geblieben, die diesbezüglichen Erwägungen der Tatrichter (US 34 f; vgl auch US 38 ff). Solcherart verfehlt sie den Bezugspunkt des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0119370).

Weshalb es darüber hinaus einer Konstatierung dazu bedurft hätte, wie sich der Beschwerdeführer angesichts der festgestellten prekären wirtschaftlichen Situation den Ankauf und den Betrieb der Fahrzeuge hätte leisten können (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a), wird nicht methodengerecht aus dem Gesetz abgeleitet (RIS‑Justiz RS0116569; vgl im Übrigen US 38 ff).

Mit dem Einwand (zu A./I./a./10./), für eine Verbindung des Rechtsmittelwerbers zur R***** GmbH (vgl US 35 f) würden sich „keinerlei Beweisergebnisse im Akt“ befinden, wird kein Urteilsmangel im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO dargetan.

In Bezug auf die Urteilserwägung, die Angeklagten hätten auch von Abschleppkosten profitiert (US 40), kritisiert die Beschwerde das Fehlen von Feststellungen zu deren Höhe, weshalb „die Begründung […] undeutlich, unvollständig und unzureichend“ sei. Sie entzieht sich einer inhaltlichen Erwiderung, weil sie neuerlich nicht argumentativ aus dem Gesetz ableitet, weshalb die erstrichterlichen Konstatierungen zu A./I./a./10./ (US 14) die vorgenommene rechtliche Unterstellung nicht tragen sollen (RIS‑Justiz RS0116569). Die Anfechtungskategorien der Z 5 erster, zweiter und vierter Fall werden bloß nominell angesprochen, ohne derartige Begründungsfehler inhaltlich zu bezeichnen.

Die zu A./I./a./7./ und 8./ sowie A./II./a./5./ erhobenen, auf Z 5 erster, zweiter, vierter und fünfter Fall gestützten Einwände lassen inhaltlich keinerlei Bezug zu den in der Beschwerde angeführten bekämpften Feststellungen erkennen. Im Übrigen stehen die Umstände, dass das Fahrzeug beim Unfall vom 23. März 2016 bereits repariert war und zwischen den Unfällen 1.700 km gefahren wurde, den Urteilsannahmen nicht erörterungsbedürftig entgegen (RIS‑Justiz RS0098646; vgl überdies US 39). Dass der Beschwerdeführer in Einzelfällen gegenüber der Versicherungsgesellschaft ein Mitverschulden des gegnerischen Unfalllenkers einwendete, wurde ohnehin berücksichtigt (US 41). Gänzlich unverständlich bleibt das in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen betreffend die Zeugin I*****, es wäre zu „begründen gewesen, in welchem Verhältnis sie zu welchen Personen gestanden sein kann“.

Die zu A./I./a./5./ und 6./ als übergangen reklamierten (Z 5 zweiter Fall) Versicherungsunterlagen, die nach dem Beschwerdestandpunkt auf eine Reparatur des Schadens vom 1. Juli 2016 schließen ließen, stehen den bekämpften Konstatierungen nicht entgegen und bedurften daher keiner gesonderten Erörterung (RIS‑Justiz RS0098646).

Welche „späteren Erklärungen“ der Unfallgegnerin gegenüber ihrem Versicherungsvertreter der Beschwerdeführer in der Begründung zu A./I./a./3./ vermisst (Z 5 zweiter Fall), bleibt angesichts der nur vage bezeichneten Fundstelle („Band III AS 327 ff“) unklar. Dies geht zu Lasten des Rechtsmittelwerbers (vgl RIS‑Justiz RS0100183 [T2]).

Entgegen dem Einwand fehlender Begründung (Z 5 vierter Fall) der festgestellten absichtlichen Herbeiführung des Unfalls vom 22. September 2016 (A./I./a./3./) durch den Angeklagten findet sich diese auf US 42 f. Dass diese Erwägungen den Beschwerdeführer nicht überzeugen, begründet keine Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0118317 [T9]).

Mit dem Vorwurf, für die Begründung zu A./I./a./4./ würden „jegliche Beweismittel oder Erhebungen“ fehlen bzw zu A./I./a./14./ und 15./ würde „kein Beweisergebnis“ zu überhöhten Überweisungen vorliegen, verfehlt die Beschwerde neuerlich die aus Z 5 (oder sonst aus §§ 281 Abs 1, 281a StPO) eröffneten Anfechtungskategorien. In Bezug auf den als übergangen reklamierten Notariatsakt vom 5. Oktober 2016 (Z 5 zweiter Fall) verabsäumt der Rechtsmittelwerber ein weiteres Mal, die betreffende Fundstelle zu benennen (RIS‑Justiz RS0124172 [T4]; vgl im Übrigen zum weiteren Einschreiten für die C*****, US 36).

Die vom Erstgericht zu den Zahlungsflüssen zwischen Laszlo S***** und Aleksandar K***** getroffenen Konstatierungen (US 31 f) sind den weiteren Einwänden (Z 5 vierter und fünfter Fall) zuwider unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden. Dass die Überweisung von 12.000 Euro vor dem Unfall vom 3. April 2017 (A./I./a./15./) erfolgte, wurde nicht außer Acht gelassen, sondern den durch die Schadensfälle vom 22. September 2016 (A./I./a./3./) und vom 18. November 2016 (A./I./a./14./) lukrierten Versicherungsleistungen zugeordnet (US 31 f). Die Kritik (Z 5 vierter Fall) an der Feststellung, S***** habe an Aleksandar K***** auch nach dem 1. Mai 2017 (in Bezug auf den zu A./I./a./15./ geschilderten Unfall) Bargeld überlassen (US 21), verfehlt die Berücksichtigung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (US 32; RIS‑Justiz RS0119370).

Gleiches gilt für die Behauptung, die Sachverhaltsannahmen zur Fälschung eines Antragsformulars (A./II./a./1./; US 22) und des Berichts betreffend den Unfall vom 2. März 2017 (A./I./a./1./; US 22) seien gänzlich unbegründet (Z 5 vierter Fall), die die Erwägungen auf US 27 f und US 43 negiert.

Im Übrigen wird unter bloß nomineller Heranziehung der Kategorien der Z 5 in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichts bekämpft.

Soweit sich die Beschwerde (nominell) auf die die Mitangeklagten betreffenden Schuldspruchfakten B./I./ bis V./ und C./ bezieht, fehlt ihr die Legitimation (§ 282 Abs 1 StPO).

 

Zur (weiteren) Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Z*****:

Die Verfahrensrüge (Z 3) kritisiert die gegen den Widerspruch der Beschwerdeführerin erfolgte Verlesung der Aussagen der Zeugen Zoran St***** und Miroslav A*****.

Hinsichtlich des Erstgenannten verbleibt der Einwand eines Verstoßes gegen das Unmittelbarkeitsgebot angesichts dessen Vernehmung in der Hauptverhandlung am 15. Jänner 2019 (ON 240 S 8 ff) unverständlich. Gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO verlesen wurden lediglich „jene Schriftstücke, die Aussagen der nicht erschienenen Zeugen betreffen“ (ON 240 S 30), was auf St***** nicht zutrifft.

Miroslav A***** wurde nach Ausforschung seiner Adresse in Bulgarien (ON 124 S 1) zur Hauptverhandlung am 11. September 2018 mit internationalem Rückschein geladen (ON 127 S 3), die Sendung wurde mit dem Vermerk einer ungenügenden Adresse retourniert (ON 152). Nachdem die Ladung zur Hauptverhandlung am 6. November 2018 (ON 1, [unjournalisierte] Verfügung vom 21. September 2018) mit einem entsprechenden Vermerk zurückgelangt war (ON 188), wurde diese mit vervollständigter Adresse neuerlich abgefertigt (ON 1, [unjournalisierte] Verfügung vom 12. Oktober 2018). Diese Sendung wurde – ebenso wie die Ladung zur Hauptverhandlung am 15. Jänner 2019 (ON 1, [unjournalisierte] Verfügung vom 9. November 2018) – als nicht behoben retourniert (ON 218 und 232). Der Zeuge nahm keinen der Termine wahr (ON 181 S 43; ON 203 S 10; ON 240 S 16).

Ob das persönliche Erscheinen eines Zeugen nicht bewerkstelligt werden kann und das Protokoll über die Vernehmung daher verlesen werden darf (§ 252 Abs 1 Z 1 StPO), ist stets nach der Lage des konkreten Einzelfalls zu beurteilen. Die Voraussetzungen für die Verlesung sind umso restriktiver zu handhaben, je wichtiger der fragliche Zeugenbeweis für die Wahrheitsfindung ist und je schwerer der dem Angeklagten zur Last liegende Vorwurf wiegt (RIS‑Justiz RS0108361, RS0098248; vgl auch 14 Os 30/14i; Kirchbacher, WK‑StPO § 252 Rz 59, 61, 63 f).

Dass die verfahrensgegenständlichen Unfälle zum Zweck des Versicherungsbetrugs (großteils) absichtlich herbeigeführt wurden und die entsprechenden Unfallberichte Fälschungen darstellen, wurde aus zahlreichen Einzelfaktoren abgeleitet (Fälschung von Meldeformularen [US 26 ff], auffällige Häufung von Verkehrsunfällen des Aleksandar K***** bzw ihm zuzurechnender Personen [US 30], Wohnsitz eines der unfallbeteiligten Halter oder Lenker jeweils [mit einer, allerdings Z***** betreffenden Ausnahme] an der Adresse des Aleksandar K***** [US 30], atypisch häufige Verwicklung einer Person, die das Fahrzeug nur geliehen hatte [US 31], Überweisung der Versicherungsleistungen an vom Fahrzeughalter verschiedene Personen [US 31], Ankauf der späteren Unfallfahrzeuge jeweils zumindest unter Beteiligung des Aleksandar K***** [US 34], wirtschaftliche Zuordenbarkeit beider am Unfallgeschehen beteiligten Fahrzeuge zu diesem [US 35]).

Durch die Angaben der in den Unfallberichten als Lenker angeführten, nach ihrer Aussage aber tatsächlich nicht an den Unfällen beteiligt gewesenen Zeugen – unter anderem des A***** (ON 48 S 73 ff) – wurden die Urteilsannahmen lediglich (so das Erstgericht wörtlich:) „untermauert“ (US 36). Überdies konnten vier der angeblichen Unfalllenker, die jeweils bestätigten, am betreffenden Unfall nicht beteiligt gewesen zu sein und demnach auch den vorgehaltenen Unfallbericht nicht verfasst zu haben (Pero Ri***** [ON 181 S 26 und 30], Mladen Ra***** [ON 203 S 12 f], Zoran St***** [ON 240 S 10], Slobodan Sto***** [ON 240 S 15]), unmittelbar befragt werden.

Angesichts der solcherart nur ergänzenden Bedeutung der Angaben des Zeugen A***** war die nach wiederholten erfolglosen Ladungsversuchen erfolgte Verlesung seiner im Ermittlungsverfahren gewonnenen Aussage gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO (ON 240 S 30) zulässig.

Entgegen der Kritik, die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite, insbesondere die festgestellte Absicht, den Erstangeklagten zu unterstützen (US 24), seien offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall), ist deren Ableitung „aus dem äußeren Geschehen“ (US 44) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden und bei – wie hier – leugnenden Angeklagten methodisch nicht zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0116882).

Dass Z***** in Bezug auf ihren zu A./I./a./10./ geleisteten Tatbeitrag (B./V./) keine Auskunft über die Verwendung der von ihrem Konto (großteils) behobenen Versicherungsleistung geben wollte, wurde lediglich ergänzend berücksichtigt (US 32). Dies begründet keine Nichtigkeit, weil sich die Verurteilung nicht ausschließlich oder hauptsächlich auf das Schweigen der Angeklagten stützt und das belastende Beweisergebnis geradezu nach einer Erklärung durch die Angeklagte rief (RIS‑Justiz RS0120768).

Der dazu erhobene Einwand der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) verkennt, dass eine solche dann vorliegt, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS‑Justiz RS0099431). Ein solches Fehlzitat spricht die Beschwerde mit dem Einwand, die festgestellten Schäden am Fahrzeug der Z***** (US 14) und die Erwägung, dieses sei ohne Reparatur an Dorel U***** weiterverkauft worden (US 39), seien mit den Angaben dieses Zeugen nicht in Einklang zu bringen, gar nicht an, sondern übt bloß unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu B./III./ und IV./ vermisst Feststellungen zum Vorsatz der Angeklagten auf Leistung eines Tatbeitrags. Indem sie die Konstatierung, wonach es ihr darauf ankam, den Erstangeklagten durch die (unter anderem) unter B./III./ und B./IV./ beschriebenen Tathandlungen zu unterstützen (US 24), verschweigt, verfehlt sie den Bezugspunkt materiell‑rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Sasa K*****:

Die auf Z 5 gestützte Rüge wendet ein, dass es „für die genannten Feststellungen“ (zur subjektiven Tatseite) „an Beweismittel mangelt“ und „keine konkreten Gründe für die entscheidungswesentlichen Aussprüche angeführt werden“. Mit dieser pauschalen Kritik entspricht sie nicht dem Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände (RIS‑Justiz RS0099563).

 

In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war hinsichtlich der Nichtigkeitsbeschwerden wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Die durch Z***** angemeldete, im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehene Berufung wegen „des Ausspruchs über die Schuld“ (§ 283 Abs 1 StPO; vgl ON 246 S 2) war als unzulässig zurückzuweisen (§§ 296 Abs 2, 294 Abs 4 StPO).

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten Aleksandar K***** und Christina Z***** sowie die Staatsanwaltschaft (soweit diese die genannten Angeklagten betrifft) auf die aufhebende Entscheidung zu verweisen.

Die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Sasa K***** und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten kommt dem Oberlandesgericht Wien zu (§ 285i StPO), dem zur Vermeidung von Verzögerungen in der Haftsache das Erstgericht die entsprechenden Aktenbestandteile zu übermitteln haben wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte