Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und dem Erstgericht aufgetragen, sich der Verhandlung und Urteilsfällung zu unterziehen.
Text
G r ü n d e :
Mit dem angefochtenen Urteil erklärte sich das Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht in der Strafsache gegen Dkfm. Peter K***** wegen des Verbrechens des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs 2, Abs 3 zweiter Fall StGB für sachlich unzuständig.
Nach der Anklage (ON 9) soll Dkfm. K***** bis 31. März 2009 in Wien seine Verpflichtung zur Fürsorge, nämlich der durch das Ehegesetz begründeten Beistandspflicht gegenüber seiner am 8. April 1939 geborenen Ehefrau Helga K***** gröblich vernachlässigt haben, indem er es trotz Erkennens des länger andauernden schlechten Allgemeinzustands und der Bewegungseinschränkung unterließ, für die entsprechende ärztliche Hilfe oder Unterbringung in einem Spital oder einer anderen adäquaten Betreuung zu sorgen, sondern sie stattdessen unbeaufsichtigt allein zurückließ, während er auf Urlaub fuhr und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, deren Gesundheit beträchtlich geschädigt haben, wobei die Tat den Tod der Geschädigten zur Folge hatte.
Unter lediglich erzählend referierter Zugrundelegung der Ausführungen des gerichtsmedizinischen Experten und der Einlassung des Angeklagten gelangte das Schöffengericht zur Aussage, es „besteht aufgrund der massiven - für den Schöffensenat nicht verständlichen - Versäumnisse des Angeklagten und seiner Garantenstellung der begründete Verdacht in Richtung § 2 iVm § 75 StGB. Die Beurteilung der Frage, ob der Angeklagte bei Unterlassung der erforderlichen Maßnahmen zur Rettung des Lebens seiner Ehefrau den Todeseintritt ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, ist nach Ansicht des Schöffensenats einer Klärung im Schwurgerichtsverfahren zuzuführen“ (US 10, 11).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5 und 6 StPO.
Zutreffend macht der Rechtsmittelwerber die fehlende Begründung der subjektiven Seite des Anschuldigungsverdachts geltend, erschöpft sich das angefochtene Urteil doch dazu in den wiedergegebenen Darlegungen.
Bloße Zweifel an der Zuständigkeit des Schöffengerichts reichen nicht hin. Die Verdachtslage muss sich zu einem sogenannten Anschuldigungsbeweis in Richtung einer in die Kompetenz des Geschworenengerichts fallenden strafbaren Handlung verdichtet haben. Davon kann erst gesprochen werden, wenn Verfahrensergebnisse bei Anlegung eines realitätsbezogenen Maßstabs die Annahme der Erfüllung aller Merkmale eines bestimmten Tatbestands als naheliegend erkennen lassen (RIS-Justiz RS0098830; jüngst 11 Os 213/09x).
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war demnach das angefochtene Urteil bereits bei nichtöffentlicher Beratung aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Schöffengericht zurückzuverweisen (§ 285e StPO).
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