OGH 11Os27/16d

OGH11Os27/16d5.7.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juli 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel‑Kwapinski und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Jülg, BSc, als Schriftführer in der Strafsache gegen Martina R***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten, über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Privatbeteiligten M***** GmbH, P***** GmbH und MR***** GmbH sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. September 2015, GZ 13 Hv 57/13i-377, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0110OS00027.16D.0705.000

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen A./II./ und B./ sowie in der zu A./ gebildeten Subsumtionseinheit, demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), im Adhäsionserkenntnis und in der (negativen) Entscheidung über vermögensrechtliche Anordnungen aufgehoben, in diesem Umfang eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache dazu an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten im Übrigen wird ebenso wie jene der Privatbeteiligten zurückgewiesen.

Mit den Berufungen werden die Angeklagte, die Privatbeteiligten und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung verwiesen.

Der Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Den Privatbeteiligten fallen die durch ihr Rechtsmittel verursachten Kosten zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Martina R***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB aF (A./) und des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB aF (B./) schuldig erkannt.

Danach hat sie in Wien

A./ die ihr durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und nachstehenden Vollmachtgebern einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, und zwar die ihr

I./ im Zeitraum Juli 2008 bis August 2009 als Buchhalterin der M***** GmbH eingeräumte Zeichnungs- und Verfügungsberechtigung für Konten der M***** GmbH, der PC***** GmbH (nunmehr: P***** GmbH) und der MR***** GmbH (zusammen M*****-Gruppe), indem sie in mehreren Angriffen

1./ von der M*****-Gruppe Überweisungen auf ihr Privatkonto in der Höhe von 385.705,21 Euro tätigte

2./ Gutscheine der Unternehmen K***** GmbH, C***** GmbH und Med***** GmbH im Wert von insgesamt 65.317,70 Euro, die sie privat gebrauchte, in die Buchhaltung aufnahm und für deren Bezahlung durch die M***** GmbH sorgte,

wodurch der M*****-Gruppe ein Vermögensnachteil von zumindest 451.022,91 Euro entstand;

II./ im Zeitraum Juli 2007 bis August 2010 von Mag. Eva S***** und Mag. Wolfgang W***** eingeräumte, allgemeine und unbeschränkte Vollmacht, diese vor Behörden und gegenüber Dritten zu vertreten, sowie die zusätzlich eingeräumte steuerliche Vollmacht, indem R***** jeweils vereinbarungswidrig Überweisungen vom Konto der Vollmachtgeber auf ihr Privatkonto vornahm, Finanzamtsrückzahlungen für sich einbehielt und Sparbücher auflöste und sich deren Erlös zueignete, wodurch Mag. S***** ein Vermögensnachteil in Höhe von 114.567,88 Euro und Mag. W***** ein Vermögensnachteil in Höhe von 33.906,95 Euro zugefügt wurde,

B./ im Zeitraum Juli 2008 bis August 2009 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch die wahrheitswidrige Behauptung gegenüber den jeweils (allein‑ US 7)zeichnungsberechtigten Organen bzw Mitarbeitern der M*****-Gruppe, Überweisungen würden zur Begleichung von Verbindlichkeiten der M*****-Gruppe benutzt werden, wobei in Wahrheit sich R***** das Geld zueignete, somit durch Täuschung über Tatsachen zur Unterfertigung von Überweisungsbelegen verleitet, die die M*****-Gruppe in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar durch Überweisungen auf ihr Privatkonto in der Höhe von 86.278,65 Euro.

Gemäß § 369 StPO wurde die Angeklagte zur Zahlung von 10.000 Euro an die P***** GmbH, von 366.901,56 Euro an die M***** GmbH, von 114.567,88 Euro an Mag. S***** und von 33.906,85 Euro an Mag. W***** verpflichtet.

Hingegen wurde die Angeklagte unter anderem vom weiteren Vorwurf, sie hätte Bar- und Scheckbehebungen zu Lasten der M*****-Gruppe (ersichtlich gemeint:) auf die im Schuldspruch A./I./ beschriebene Weise in Höhe von 216.302,47 Euro und auf die im Schuldspruch B./ beschriebene Weise in Höhe von 18.095,53 Euro veranlasst, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Ein Ausspruch über die insofern gemäß § 366 Abs 1 StPO zwingende Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg unterblieb. Dies kommt jedoch einer solchen Verweisung gleich (Fabrizy, StPO12 § 366 Rz 6).

Rechtliche Beurteilung

Die Schuldsprüche A./I./1./, A./II./ und B./ bekämpft die Angeklagte mit einer undifferenziert auf „§ 281 Abs 1 Z 9b, 10 und 11 iVm Z 5 StPO“ gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Gegen die Freisprüche richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO erhobene, gemeinsam ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde der Privatbeteiligten M***** GmbH, P***** GmbH und MR***** GmbH.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten:

Die Mängelrüge behauptet in Ansehung des Schuldspruchs B./ eine unvollständige und unzureichende Begründung (Z 5 zweiter und vierter Fall) der erstrichterlichen Konstatierungen zu Umfang und Höhe der von der Angeklagten durch Täuschung der jeweiligen Zeichnungsberechtigten erfolgten Überweisungen auf ihr Privatkonto.

Nach den Feststellungen des Schöffengerichts hat die Angeklagte im Zeitraum Juli 2008 bis August 2009 in vielfachen Angriffen ungerechtfertigte, weil nicht den Zwecken des jeweiligen Unternehmens dienende Überweisungen von den Geschäftskonten der vorgenannten Gesellschaften auf ihr Privatkonto veranlasst, wobei betrieblich nicht veranlasste Überweisungen in der Höhe von 385.705,21 Euro von der Angeklagten selbst (zumindest mit-)gefertigt wurden (vgl Punkt A./I./1./) und solche Überweisungen in der Höhe von 86.278,65 Euro ohne Fertigung der Angeklagten (vgl Punkt B./) erfolgten (US 7).

Diese Konstatierungen zur „Schadenshöhe“ gründeten die Tatrichter auf die „schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ON 264 und ON 367“ (US 17). Weiters verwies das Erstgericht darauf, dass im Zweifel das gesamte Nettogehalt der Angeklagten sowie die Bar- und Scheckbehebungen von Konten der M*****-Gruppe in Abzug zu bringen seien (US 17) und im Übrigen „betreffend die M*****-Gruppe von Variante IV A des Sachverständigen (ON 264 S 47) unter Abzug des Komplexes S*****/W***** [zu ergänzen:] auszugehen und dieses Ergebnis anhand der vom Sachverständigen ermittelten Methode (ON 367 S 103) auf die Umsätze unter Zeichnung (auch) der Angeklagten und jene ohne deren Fertigung aufzuteilen“ sei (US 17).

Zutreffend verweist die Rüge darauf, dass der Sachverständige an der vom Erstgericht zitierten Stelle seines Gutachtens ON 367 S 103 (lediglich) ausführt, dass „im Zeitraum 2008 bis August 2009 von der Angeklagten in ihrer Funktion als (kollektive) Zeichnungsberechtigte Überweisungen [dazu zählen Gehaltszahlungen, Zahlungen für Gutscheine, Zahlungen für „Auslagen“, Sonstiges und Überträge {ON 367 S 93}] in Höhe von 432.656,35 Euro, d.s. 81,72 % der vorgeworfenen 'ungerechtfertigten Überweisungen' [in der Höhe von insgesamt 529.456,27 Euro {ON 367 S 101}] gezeichnet“ wurden. Eine Aussage über die von der Angeklagten im Tatzeitraum Juli 2008 bis August 2009 durch ihre Zeichnung veranlassten Überweisungen auf ihr Privatkonto wird damit nicht getroffen. Ebenso wenig zeigt der Sachverständige mit seinen Ausführungen „eine Methode zur Aufteilung der Umsätze auf jene mit und solche ohne Fertigung der Angeklagten“ auf.

Der Beschwerde ist ferner darin zuzustimmen, dass das Erstgericht die seinen Feststellungen zur Aufteilung der Überweisungen in solche mit und ohne Fertigung der Angeklagten widersprechenden Ausführungen des Sachverständigen unerörtert gelassen hat. Dieser hat in seinem Ergänzungsgutachten ON 367 auftragsgemäß (vgl ON 364) dargestellt, wer die mit entsprechenden Zahlungseingängen am Privatkonto der Angeklagten korrespondierenden Überweisungen von den Geschäftskonten der M*****-Gruppe gezeichnet hat (vgl ON 367 S 13 bis 43, S 93 bis 97). Den in der Rüge zitierten Tabellen kann entnommen werden, dass im Tatzeitraum Juli 2008 bis August 2009 lediglich der der Überweisung vom 4. Februar 2009 über 13.571,02 Euro zu Grunde liegende Beleg nicht von der Angeklagten (mit-)gefertigt wurde (ON 367 S 23 ff, S 93 ff). Laut Auswertung des Sachverständigen erfolgte die Fertigung dieses Belegs durch Alfons Me***** (ON 367 S 41). Ob es sich bei diesem (vom Teilgeständnis der Angeklagten [vgl ON 315 S 7] nicht umfassten) Betrag – wie in der Beschwerde behauptet (vgl auch ON 367 S 31) – um einen rechtmäßigen und insofern bei der Schadensberechnung in Abzug zu bringenden Gehaltsbezug (vgl US 17) handelt (und demnach eine Subsumtion unter den Tatbestand des Betrugs ausscheidet), bleibt mangels Feststellungen des Erstgerichts zur Höhe des der Angeklagten für Februar 2009 zustehenden Gehalts offen (zur Prävalenz von § 153 StGB bei erschlichener Zustimmung eines weiteren Vertretungsberechtigten vgl überdies Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 154).

Die von der Nichtigkeitswerberin aufgezeigten Begründungsmängel der Urteilsannahmen zu den ohne Fertigung der Angeklagten erfolgten Überweisungen erfordern demnach die Aufhebung des Schuldspruchs B./.

Soweit sich die Mängelrüge damit auch gegen den Schuldspruchpunkt A./I./1./ wendet, spricht sie hingegen keine entscheidenden Tatsachen an, weil selbst bei einer Reduktion der Schadenshöhe zum Faktum A./I./1./ angesichts des Gesamtschadensbetrags des unangefochten gebliebenen Schuldspruchs A./I./2./ die für die Unterstellung unter den Qualifikationstatbestand des § 153 Abs 2 zweiter Fall aF StGB maßgebliche Wertgrenze überschritten wird.

Soweit die Nichtigkeitswerberin hinreichende Feststellungen zur Zuordnung der von den Schuldsprüchen A./I./1./ und B./ erfassten Schadensbeträge zu den jeweils geschädigten Gesellschaften vermisst (inhaltlich Z 9 lit a), leitet sie deren rechtliche Relevanz nicht aus einem Vergleich mit dem Gesetz ab. Im Übrigen ist sie auf die Kassation des Schuldspruchs B./ zu verweisen.

Zum Schuldspruch A./II./ behauptet die Rüge eine unvollständige Begründung (Z 5 zweiter Fall) der erstgerichtlichen Feststellungen zu der von R***** mit dem Ehepaar Mag. S***** und Mag. W***** getroffenen Honorarvereinbarung und damit zur Höhe des der Angeklagten zustehenden (insofern bei der vom Erstgericht angestellten Schadensberechnung in Abzug zu bringenden) Honorars.

Das Schöffengericht nahm die Vereinbarung eines Stundensatzes von „grundsätzlich 20 Euro“ als erwiesen an (US 5) und erachtete „für die Wahrnehmung insbesondere der steuerlichen Angelegenheiten“ einen Stundensatz als „bis zu 90 Euro opportun [sic!]“ (US 5). Nach den weiteren Urteilskonstatierungen war die Angeklagte berechtigt, sich das vereinbarte Entgelt selbst auszuzahlen (US 5, US 13). Als Honorar für die von der Angeklagten für Mag. S***** und Mag. W***** während deren dreijähriger Abwesenheit erbrachten Leistungen hielt das Schöffengericht einen – zu gleichen Teilen auf beide Auftraggeber aufzuteilenden – „Betrag von insgesamt 42.123,12 Euro (Basis Gesamtstunden 1.755,13 bei einem Stundensatz netto 20 Euro/brutto 24 Euro)“ für „noch angemessen“ (US 13). Dies im Wesentlichen unter Hinweis auf die Darstellung dieser Zeugen sowie die Ausführungen des Sachverständigen (US 10 ff).

Die Mängelrüge macht zutreffend geltend, dass der Sachverständige in seinem Gutachten (ON 193 S 35) für einfache Buchhaltungstätigkeiten einen branchenüblichen Stundensatz von maximal 60 Euro und für sonstige Tätigkeiten (vergleichbar Sekretariatsarbeiten) von 40 Euro annimmt. Dieser hat in seinem Gutachten zu den Honoraren der Angeklagten (ON 193 S 25 ff, 89 ff) die vom Schöffengericht sinngemäß übernommenen (vgl US 10 f, 13) Überlegungen zu Plausibilität und (Un‑)Angemessenheit der von der Angeklagten als Honorar verrechneten bzw einbehaltenen Beträge angestellt (ON 193 S 29, 37 f, 89), allerdings auch Berechnungen ausgehend von durch ihn als „branchenüblich“ und „realistischer“ bezeichneten Stundensätzen von 60 Euro bzw 40 Euro vorgenommen (ON 193 S 35, 89 ff), mit denen sich das Erstgericht nicht auseinandergesetzt hat.

In Ansehung des mit 20 bzw 24 Euro festgestellten vereinbarten Stundenhonorars hat das Schöffengericht auch die von der Beschwerde angeführten Angaben des Ehegatten der Angeklagten, Günther R***** in seiner (einvernehmlich vorgetragenen [ON 376 S 59]) Beschuldigtenvernehmung (ON 165 S 279 ff) mit Stillschweigen übergangen, wonach Mag. W***** bei einer Besprechung gesagt habe, dass er keinen Freundschaftsdienst wolle, ein Stundensatz von 90 Euro vereinbart worden sei und für geringerwertige Tätigkeiten, etwa für das Gießen von Blumen, 20 Euro zu verrechnen gewesen wären (ON 165 S 287).

Bereits bei Annahme eines Stundensatzes von 40 Euro wäre bei der vom Erstgericht angewandten Berechnungsmethode (US 12 f) unter Zugrundelegung der konstatierten Gesamtstunden von 1.755,13 bei Mag. W***** kein Schaden eingetreten bzw diesem von der Angeklagten kein Vermögensnachteil zugefügt worden.

Die von der Beschwerde aufgezeigten Begründungsmängel der Urteilsfeststellungen zur Höhe des von der Angeklagten aus dem Vermögen des Mag. W***** berechtigterweise bezogenen Honorars erfordern demnach die Aufhebung des diesen betreffenden Teils des Schuldspruchs A./II./.

Infolge des untrennbaren Zusammenhangs zwischen den Mag. W***** und Mag. S***** betreffenden Teilen des Schuldspruchs A./II./ und um inhaltliche Nachteile für die Angeklagte (RIS‑Justiz RS0120632; Ratz, WK‑StPO § 289 Rz 3) zu vermeiden, ist zwecks umfassender Neubeurteilung der im genannten Schuldspruchpunkt zusammengefassten Tathandlungen – auch unter Bedachtnahme auf § 133 StGB (in Ansehung der Zueignung von Erlösen aus Sparbüchern) sowie auf § 22 Abs 2 FinStrG (in Ansehung von selbst durch entsprechende Rechnungslegung generierten Finanzamtsrückzahlungen [US 11]) – mit Kassation des gesamten Schuldspruchs zu A./II./ vorzugehen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Privatbeteiligten:

Das Schöffengericht konnte nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Mittel aus von der Angeklagten veranlassten Bar- und Scheckbehebungen zu Lasten der M*****-Gruppe nicht für Zwecke der jeweiligen Gesellschaft verwendet wurden (US 17), und die Angeklagte durch die Veranlassung oder Anordnung von Bar- oder Scheckbehebungen einen Vermögensnachteil oder Vermögensschaden zum Nachteil der M***** GmbH, der PC***** GmbH oder der MR***** GmbH bewirkt hat (US 10).

Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung (ON 342 S 59) der vom Privatbeteiligtenvertreter in der Hauptverhandlung am 14. Mai 2014 formulierten, vom Schöffengericht als Antrag gewerteten „Anregung“ auf „rechnerische Durchrechnung“ („der Darstellung der PPA“ [eines von den Opfern beigezogenen Wirtschaftstreuhänders]) durch den Sachverständigen zum Beweis dafür, dass „unter Berücksichtigung der nicht auf Konten und durch Kontobehebungen oder durch Überweisungen dokumentierten Beträge der Schaden 1.361.981,37 Euro betragen kann“ und „der Privatbeteiligtenanspruch in der geltend gemachten Höhe richtig ist“ (ON 342 S 57).

Entgegen dem Beschwerdestandpunkt unterblieb die begehrte Beweisaufnahme zu Recht, weil das – sinnfällig auf in der Hauptverhandlung nicht (mehr) zulässige Erkundung gerichtete – Antragsvorbringen nicht erkennen ließ, inwiefern die unter Beweis zu stellenden Umstände zur Klärung der (inkriminierten) Verwendung der mittels Bar- und Scheckbehebungen erlangten Gelder beitragen könnten.

Die in der Beschwerde nachgetragenen Gründe für die Notwendigkeit der begehrten Beweisaufnahme sind prozessual verspätet, weil die Berechtigung von in der Hauptverhandlung gestellten Anträgen stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (RIS-Justiz RS0099618; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, in den Schuldsprüchen A./II./ und B./ sowie in der zu A./ gebildeten Subsumtionseinheit, demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), im Adhäsionserkenntnis und in der (negativen) Entscheidung über vermögensrechtliche Anordnungen aufzuheben, in diesem Umfang eine neue Hauptverhandlung anzuordnen und die Sache dazu an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Der Vollständigkeit wegen ist anzumerken, dass den Privatbeteiligten gegen die (negative; vgl US 19 f) Entscheidung über vermögensrechtliche Anordnungen, die (als Abweisung eines explizit in diese Richtung gestellten Antrags der Staatsanwaltschaft – ON 288 S 3) verfehlt nicht in den Spruch aufgenommen wurde (arg „Ausspruch“ in § 443 Abs 3 StPO), die Berufung nicht zukommt (Fuchs/Tipold, WK-StPO § 443 Rz 71) und ihnen auch kein Anfechtungsrecht gegen den Ausspruch über die Höhe des zuerkannten Betrags zusteht (Spenling, WK-StPO § 366 Rz 16 ff; Fabrizy, StPO12 § 283 Rz 5, § 366 Rz 8).

Im zweiten Rechtsgang wird die aufgehobene Subsumtionseinheit gegebenenfalls neu zu bilden sein (RIS‑Justiz RS0116734). Mit Blick auf die Gesetzesänderungen durch das StRÄG 2015 (BGBl I 2015/112) sei dazu angemerkt, dass ein Günstigkeitsvergleich (§§ 1, 61 StGB) insoweit nicht mehr anzustellen ist, als die Schuldsprüche A./I./1./ und 2./ durch die vorliegende Entscheidung bereits in Rechtskraft erwachsen sind (vgl Höpfel in WK2 StGB § 61 Rz 19; RIS‑Justiz RS0087462; Ratz, WK-StPO § 288 Rz 34 ff und § 293 Rz 1 f).

Zufolge der Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Unterbleiben der beantragten vermögensrechtlichen Anordnung ist darüber im zweiten Rechtsgang eine neuerliche Entscheidung möglich (§§ 16, 295 Abs 2 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten im Übrigen war – gleichfalls in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Verteidigung – ebenso wie jene der Privatbeteiligten zurückzuweisen. Mit den Berufungen waren die Angeklagte, die Privatbeteiligten und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 erster und zweiter Satz StPO.

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