OGH 11Os142/23a

OGH11Os142/23a13.2.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Februar 2024 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. De Rijk als Schriftführerin in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 25. September 2023, GZ 16 Hv 72/23w-75, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0110OS00142.23A.0213.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Suchtgiftdelikte

 

Spruch:

 

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu B, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und im Einziehungserkenntnis betreffend einen „Teleskopschlagstock“ aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Mit seiner Sanktionsrüge und seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Aufhebung des Strafausspruchs verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* je eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG (A/1) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG (A/2) sowie des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (B) und nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (C) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in G* und andernorts – gekürzt wiedergegeben –

A) im Rahmen einer kriminellen Vereinigung im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten L* vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge

1) als Bestimmungstäter (§ 12 zweiter Fall StGB) ein- bzw ausgeführt und einzuführen versucht, indem er im Zeitraum von 11. Dezember 2020 bis 11. April 2021 den Kurierfahrer M* sowie unbekannte Kurierfahrer dazu veranlasste, insgesamt 4.593,2 Gramm Kokain (3.826 Gramm Kokain-Base) aus den Niederlanden und insgesamt 18.750 Gramm Cannabiskraut (2.096,25 Gramm THCA und 159,38 Gramm Delta-9-THC) aus Slowenien/Kroatien nach Österreich bzw teilweise von Slowenien nach G* bzw retour zu verbringen, und zwar

a) einige Zeit vor dem 24. Dezember 2020 zum Transport von ca 1.000 Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 85 Prozent (850 Gramm Kokain-Base) von den Niederlanden nach G* und zum Teil weiter nach Slowenien;

b) am 11. Dezember 2020 zum Transport von ca 300 Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 85 Prozent (255 Gramm Kokain-Base) von Slowenien nach G*;

c) am 28. Dezember 2020 zum Transport von 100 Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 85 Prozent (85 Gramm Kokain-Base) von Slowenien nach G*;

d) am 17. Jänner 2021 zum Transport von ca 1.000 Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 85 Prozent (850 Gramm Kokain-Base) aus den Niederlanden nach G* und zum Teil weiter nach Slowenien;

e) am 3. Februar 2021 M* zum Transport von etwa 100 Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 40 Prozent (40 Gramm Kokain-Base) von G* nach Slowenien;

f) am 14. Februar 2021 M* zum Transport von 3.000 Gramm Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 11,18 Prozent THCA und 0,85 Prozent Delta-9-THC (335,40 Gramm THCA und 25,50 Gramm Delta-9-THC) von Slowenien nach G*;

g) am 15. Februar 2021 M* zum Transport weiterer 7.000 Gramm Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 11,18 Prozent THCA und 0,85 Prozent Delta-9-THC (782,60 Gramm THCA und 59,50 Gramm Delta-9-THC) von Slowenien nach G*, wobei es beim Versuch (§ 15 StGB) blieb;

h) am 6. März 2021 M* zum Transport von etwa 100 Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 40 Prozent (40 Gramm Kokain-Base) von G* nach Slowenien;

i) am 7. März 2021 M* zum Transport von 8.750 Gramm Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 11,18 Prozent THCA und 0,85 Prozent Delta-9-THC (978,25 Gramm THCA und 74,38 Gramm Delta‑9‑THC) von Kroatien nach Österreich;

j) um den 9. April 2021 M* zum Transport von 1.993,2 Gramm Kokain (1.706 Gramm Kokain-Base) aus den Niederlanden über Deutschland nach Österreich, wobei das Suchtgift sichergestellt werden konnte;

2) anderen überlassen, indem er im Zeitraum von zumindest Anfang Dezember 2020 bis 5. Oktober 2022

a) insgesamt 3.500 Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von etwa 85 Prozent (2.975 Gramm Kokain-Base) sowie 11.430 Gramm Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 11,18 Prozent THCA und 0,85 Prozent Delta-9-THC (1.277,87 Gramm THCA und 97,16 Gramm Delta-9-THC) an diverse Abnehmer, unter anderem auch an seinen Kokain-Großabnehmer A* gewinnbringend weiterveräußerte;

b) das zu Punkt 1/j genannte Suchtgift zu einem unbekannten Zeitpunkt zwischen 9. und 11. April 2021 in den Niederlanden an M* zum Zweck des Transports nach Österreich übergab;

c) zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem 5. Oktober 2022 zumindest 693,1 Gramm Kokain (596,48 Gramm Kokain-Base in Reinsubstanz) an seinen Mittäter V* zur Lagerung in einer Wohnung in G* übergab;

B) wenn auch nur fahrlässig eine verbotene Waffe besessen, indem er von einem unbekannten Zeitpunkt an bis zur Sicherstellung am 6. Dezember 2022 einen Teleskopschlagstock („Totschläger“ gemäß § 17 Abs 1 Z 6 WaffG) im Büro seines Unternehmens verwahrte;

C) wenn auch nur fahrlässig unbefugt eine Schusswaffe der Kategorie B besessen, indem er zumindest am 13. Februar 2021, ohne eine dafür erforderliche Berechtigung zu besitzen, eine Pistole innehatte.

Rechtliche Beurteilung

 

[3] Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 2, 3, 4, 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Deren Beantwortung ist voranzustellen, dass die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen sind, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet. Der in der Beschwerdeschrift zu jedem Nichtigkeitsgrund verwendete Einleitungssatz, wonach die Ausführungen zu anderen Nichtigkeitsgründen auch zum Vorbringen zum jeweils angesprochenen Nichtigkeitsgrund erhoben würden, entspricht daher nicht der Strafprozessordnung (RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0115902&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ). Soweit daher im Rechtsmittel gleichzeitig und ununterschieden auf mehrere Nichtigkeitsgründe Bezug genommen oder pauschal auf andere Beschwerdepunkte verwiesen wird, gehen jegliche Unklarheiten, die durch diese Art der Rechtsmittelausführung bedingt sein könnten, zu Lasten des Beschwerdeführers (RIS‑Justiz RS0100183).

[5] Die Verfahrensrüge (Z 2) kritisiert die trotz Widerspruchs des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung vorgenommene Verlesung zahlreicher im Einzelnen bezeichneter Aktenteile (ON 74.1, 15 iVm ON 74.2). Sie bringt dazu unter Berufung auf § 140 StPO vor, dass die Sicherstellung der Daten des Krypto‑Messenger‑Dienstes S* durch die ausländischen Strafverfolgungsbehörden ohne Anfangsverdacht gegen den Angeklagten sowie ohne (inländische) richterliche Bewilligung bzw Anordnung der Staatsanwaltschaft und damit ohne Rechtsschutzmöglichkeit für den Beschuldigten erfolgt sei.

[6] Unter einer im Sinn der Z 2 nichtigen Erkundigung oder Beweisaufnahme im Ermittlungsverfahren sind jedoch nur solche Akte zu verstehen, die ein Gesetz ausdrücklich als nichtig bezeichnet (RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0099358&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0099344&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ). Die von der Beschwerde herangezogene Bestimmung des § 140 Abs 1 StPO normiert aber gerade keine Nichtigkeit von Ergebnissen (§ 134 Z 5 StPO), sondern verbietet bloß deren Verwendung im Beweisverfahren der Hauptverhandlung und ist folglich aus Z 2 unbeachtlich (15 Os 13/23k Rz 5, 11 Os 106/15w; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 176). Da die Rüge auch keine anderen durch Gesetz ausdrücklich als nichtig bezeichneten Erkundigungen oder Beweisaufnahmen im Ermittlungsverfahren benennt (vgl RIS‑Justiz RS0099344 [T5]), verfehlt sie insgesamt den Bezugspunkt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.

[7] Soweit die Beschwerde aus Z 3 einen „Verstoß gegen § 159 StPO“ („Verbot der Selbstbelastung“) infolge Verlesung des Amtsvermerks ON 11.3 in der Hauptverhandlung reklamiert, genügt zu erwidern, dass sich der Verteidiger mit der Verlesung ausdrücklich einverstanden erklärt hat (ON 74.1, 15 iVm ON 74.2 – vgl § 252 Abs 1 Z 4 StPO).

[8] Der weiteren Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiet des Fernmeldewesens mit dem Spezialgebiet Krypto-Messenger-Dienste (ON 74.1, 3 ff) ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten abgewiesen (ON 74.1, 11). Dass für die Inanspruchnahme des Krypto‑Messenger‑Dienstes S* neben der Softwareapplikation auf einem Mobiltelefon lediglich eine PIN notwendig gewesen ist, sah das Erstgericht als erwiesen an (vgl US 30; RIS‑Justiz RS0099135) und hat eingehend begründet (vgl US 18 ff), weshalb es von einer Nutzung der PIN * durch den Angeklagten ausging. Inwiefern die begehrte Gutachtenserstattung das behauptete – ohne jede Begründung bloß spekulativ in den Raum gestellte – Ergebnis hätte erbringen sollen, nämlich dass der Angeklagte die dieser PIN zugeordneten Textnachrichten nicht versandt habe, legte der Antrag, der damit auf einen (im Hauptverfahren unzulässigen) Erkundungsbeweis hinauslief (RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0118123&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0099453&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ), nicht dar.

[9] Auch das weitere Begehren, einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Forensik mit dem Spezialgebiet Spureninterpretation zum Beweis dafür beizuziehen, dass die Spurenlage und Spurenintensität der DNA‑Anhaftungen

‑ auf dem Klebeband bei dem in Deutschland beschlagnahmten Kokain in Übereinstimmung mit der Darstellung der Entstehung dieser DNA‑Anhaftungen durch den Angeklagten (ON 74.1, 5) bzw

‑ auf den beim Zeugen V* vorgefundenen Spurenträgern im Einklang mit der Darstellung des Entstehens dieser DNA‑Spuren durch den Angeklagten und dem genannten Zeugen stünden (ON 74.1, 6), wurde zu Recht als im Stadium der Hauptverhandlung unzulässiges Erkundungsbegehren abgewiesen (ON 74.1, 11). Denn dem Antragsvorbringen war nicht zu entnehmen, auf welche Weise anhand der gegebenen Spurenlage zu erschließen sei, ob einerseits die – vom Angeklagten zugestandene – Übergabe des Klebebands an den Zeugen M*, wie vom Angeklagten behauptet, zwecks Reparatur eines Rücklichts (vgl ON 55, 7) oder aber zur Verpackung eines Suchtgiftpakets erfolgte bzw ob andererseits der Angeklagte die Bauchtasche des V* im Zuge der Kokainübergabe oder aber – seiner Verantwortung folgend – bloß zwecks Entnahme eines Kokainziegels für den Eigenkonsum öffnete (ON 55, 9).

[10] Der Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachbereich der Fernmeldetechnik mit dem Spezialgebiet Mobilfunksysteme zum Beweis dafür, dass die Angaben eines als Zeugen vernommenen Polizeibeamten zu den Ergebnissen der Auswertung der Geodaten der S*‑PIN * nicht nachvollziehbar wären, weil eine solche Auswertung technisch unmöglich sei (vgl ON 74.1, 7 f), legte einmal mehr nicht dar, aus welchen nachvollziehbaren Gründen die beantragte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse (RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0118444&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False , erneut https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0099453&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ). Die bloße Behauptung, nicht näher dargestellte „Recherchen bei Mobilfunktechnikern“ hätten ergeben, dass „Geo‑Daten nicht durch das Nutzen einer S*‑PIN generiert werden können“, reichte mit Blick auf die aktenkundige Auswertung der zur PIN * übermittelten Geodaten (vgl dazu ON 58 sowie ON 73.1, 22 f) nicht hin, um die diesbezüglichen Begründungserfordernisse zu erfüllen. Im Übrigen legte der Antrag auch nicht dar, weshalb das Ergebnis der begehrten Beweisaufnahme geeignet wäre, den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache maßgeblich zu beeinflussen (RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0116987&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0107445&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ).

[11] Das Vorbringen, „die Abweisung der Beweisanträge [sei] fehlerhaft im Sinne einer Nichtigkeit des Verfahrens“ verkennt, dass die Begründung des einen Beweisantrag ablehnenden Beschlusses nicht mit Nichtigkeit bedroht ist und daher auch nicht bekämpft werden kann (RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0116749&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ).

[12] Ob der Beschwerdeführer die in seinem Eigentum stehenden Mobiltelefone anlässlich seines Suchtgifthandels verwendete oder ob sich noch andere Personen mit dem Account des Angeklagten Zugang zu S* verschafft haben, bezieht sich der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider weder auf eine für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage (vgl zum Begriff RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0106268&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ) entscheidende Tatsache (RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0117499&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ) noch erblickte das Erstgericht darin erkennbar eine notwendige Bedingung für die Feststellung von entscheidenden Tatsachen (RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0116737&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ), sodass der Einwand auf sich beruhen kann. Im Übrigen haben die Tatrichter die Ableitung der erstgerichtlichen Konstatierung, wonach ausschließlich der Angeklagte die PIN * verwendet habe, bei einer vernetzten Betrachtung der Gesamtheit der Beweisergebnisse eingehend begründet.

[13] Betreffend die Erwägungen der Tatrichter zur mangelnden Beweiskraft eines vom Zeugen M* übermittelten Lichtbildes (US 15) übt der Nichtigkeitswerber bloß unzulässige Beweiswürdigungskritik, ohne eine Anfechtungskategorie der Z 5 anzusprechen.

[14] Der Ausspruch des Gerichts über entscheidende Tatsachen ist nur dann mit sich selbst im Widerspruch (Z 5 dritter Fall), wenn im Urteil zwei Aussagen getroffen werden, die nach den Gesetzen logischen Denkens einander ausschließen oder nicht nebeneinander bestehen können, nicht hingegen, wenn auch andere als die vom Erstgericht gezogenen Schlüsse zulässig sind (vgl RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0099548&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False , https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0099651&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ). Mit dem Einwand, wonach der Zeuge A* (mit dessen Depositionen sich das Erstgericht im Übrigen ausführlich auseinandergesetzt hat; vgl US 16 f und US 25 f) den Angeklagten im Strafverfahren AZ 25 Hv 25/23z des Landesgerichts für Strafsachen Graz nicht als Kokainlieferanten genannt habe und der Zeuge V* zu AZ * des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom (weiteren) Vorwurf des Suchtgifthandels freigesprochen worden sei, zeigt die Beschwerde keinen Widerspruch noch sonst einen Begründungsmangel auf, sondern greift bloß einmal mehr in unzulässiger Form (§ 283 Abs 1 StPO) die Beweiswürdigung des Schöffengerichts (§ 258 Abs 2 StPO) an.

[15] Die weitere Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), die den – von den Tatrichtern im Übrigen gar nicht verwendeten – Ausdruck, wonach die „Zuordnung des Angeklagten zu einer kriminellen Vereinigung“ „offenkundig“ und „zweifellos“ vorliege, kritisiert und diesbezüglich eine Scheinbegründung moniert, versäumt es, an der Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswürdigung (vgl US 17, 21 und 28) Maß zu nehmen (vgl RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0119370&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ) und wendet sich solcherart erneut unzulässig gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung.

[16] Soweit der Beschwerdeführer die Feststellung zur Mittäterschaft des L* als unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall) kritisiert, spricht er keine entscheidende Tatsache an (siehe erneut RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0106268&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False; zur fehlenden Tatbestandsvoraussetzung des Feststehens der Identität aller Mitglieder der kriminellen Vereinigung vgl RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0086779&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False und Plöchl in WK² StGB § 278 Rz 6).

[17] Die Feststellung, dass der Angeklagte das erworbene bzw eingeführte Kokain auch weiterveräußerte, haben die Tatrichter – dem Beschwerdevorbringen zuwider – ohne Verstoß gegen die Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze mit Bezugnahme unter anderem auf die Depositionen einer Zeugin (US 17), die Kommunikation des Angeklagten über S* (US 21), die Auffindung eines Vakuumiergeräts mit Anhaftungen von Suchtgift und Streckmittel (US 26) sowie den Umstand begründet, dass – trotz erwiesener Einfuhr von 4.593,2 Gramm Kokain durch den Angeklagten – kein solches Suchtgift bei diesem aufgefunden wurde (US 25). Dass diese Begründung den Beschwerdeführer nicht überzeugt, stellt keine Nichtigkeit her (RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0118317&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False [T9]).

[18] Entgegen dem weiteren Vorwurf fehlender und offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite zum Schuldspruch zu C begegnet die Ableitung des Wissens des Angeklagten um seine fehlende Berechtigung zum Waffenbesitz (US 14) aus dem objektiven Tatgeschehen, nämlich der – über Vermittlung eines Suchtgiftkomplizen (vgl US 29 iVm US 5) erfolgten – Beschaffung der Pistole aus einer nicht identifizierbaren ausländischen Quelle, wobei sowohl der geplante Ankauf als auch der Erwerb mittels des innerhalb der kriminellen Vereinigung verwendeten Krypto-Messenger-Dienstes (vgl US 29 iVm US 6) kommuniziert wurde, unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0116882&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ).

[19] Die nominell erhobene Tatsachenrüge (Z 5a) wurde nicht ausgeführt (vgl neuerlich RIS‑Justiz https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&Rechtssatznummer=RS0115902&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False ).

 

[20] Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), dass dem Schuldspruch zu B eine sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkende, von diesem jedoch nicht geltend gemachte Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO anhaftet:

[21] Das Erstgericht qualifizierte den „Teleskopschlagstock“, den der Angeklagte nach dem Urteilssachverhalt besaß (US 14), als Totschläger und damit als eine gemäß § 17 Abs 1 Z 6 WaffG verbotene Hiebwaffe. Totschläger sind biegsame, an einem Ende durch Metall oder ähnlich gewichtetes Massivmaterial beschwerte Schlaggeräte, welche die menschliche Hiebenergie durch den Schleudereffekt zu einer erheblichen, zielbaren Auftreffenergie steigern (RIS‑Justiz RS0082026). Ob der verfahrensgegenständlich sichergestellte Teleskopschlagstock (siehe ON 14.8, 8) jedoch, insbesondere hinsichtlich seines Gewichts und der erforderlichen Beschwerung mit einem harten schweren Körper (zB mit einem Bleiklumpen oder einer Eisenkugel), dem Totschlägerbegriff des § 17 Abs 1 Z 6 WaffG entspricht, kann mangels erstgerichtlicher Feststellungen zu Materialbeschaffenheit, Gewicht, Funktion und Wirkungsweise nicht beurteilt werden (RIS‑Justiz RS0133245), sodass der Schuldspruch zu B wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG verfehlt ist.

[22] Hiervon ausgehend tragen die Feststellungen ebenso wenig die (rechtliche) Annahme, der betreffende „Teleskopschlagstock“ sei vom Angeklagten zur Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung verwendet (§ 26 Abs 1 StGB) worden (zur angesprochenen Einziehungsvoraussetzung Ratz in WK2 StGB § 26 Rz 3 ff). Das Ersturteil ist daher im diesbezüglichen Einziehungserkenntnis (US 5) mit Nichtigkeit aus Z 11 erster Fall belastet.

[23] In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.

[24] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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