OGH 11Os138/05m

OGH11Os138/05m31.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Irinel C***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 3, 130 vierter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 5. Oktober 2005, GZ 20 Hv 47/05x-61, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 3, 130 vierter Fall und 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen im Urteilstenor genannten Geschädigten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und dies versucht, nämlich

(1) am 8. April 2005 Zigaretten durch Manipulieren an einem Automaten, wobei es beim Versuch geblieben ist,

(2) am 9. April 2005 Kantwurst im Wert von 2,69 Euro,

(3) am 24. April 2005 eine Flasche Parfum im Wert von 25,99 Euro nach Entfernen der Diebstahlssicherung,

(4) am 26. April (richtig:) 2005 eine Flasche Whisky im Wert von 18,99 Euro sowie

(5) am 7. Mai 2005 Bargeld oder Wertgegenstände in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Wert, wobei es jeweils beim Versuch geblieben ist,

(a) durch Aufzwängen einer Schiebetür mit den Händen bzw einer mitgebrachten Zange sowie

(b) und (c) jeweils durch Hantieren mit einem Gegenstand an der Eingangstür.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Indem sich die Mängelrüge (Z 5) gegen die zum Schuldspruch 3 getroffene Feststellung, der Angeklagte habe von der gestohlenen Parfumflasche die Diebstahlssicherung entfernt, wendet, bezieht sie sich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen. Im Übrigen wird mit dem auf die Prämisse, es wäre „logischer", eine solche Sicherung (nicht an der Flasche, sondern) an der Verpackung anzubringen, gestützten Vorbringen inhaltlich kein Begründungsmangel geltend gemacht, sondern auf rein spekulativer Basis solcherart unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung bekämpft. Aus welchem Grund der in Bezug auf den Schuldspruch 5 erfolgten Identifizierung des Beschwerdeführers durch den Zeugen Mustafa S***** (S 27) - entgegen der Aussage des die diesbezügliche Amtshandlung durchführenden Polizeibeamten (S 393) - keine „Gegenüberstellung im eigentlichen Sinne" vorangegangen sein soll, vermag die Rüge nicht darzulegen.

Ebenso wenig lässt die Beschwerde erkennen, weshalb die Urteilsbegründung, der Zeuge S***** habe in der Hauptverhandlung (S 323) aus Furcht vor dem aggressiv agierenden Beschwerdeführer in Abrede gestellt, diesen im Zuge der Anzeigeerstattung identifiziert zu haben, dem Begründungsgebot des § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht genügen soll. Im Übrigen übergeht die Rüge - die erforderliche Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe unterlassend - die weiteren beweiswürdigenden Erwägungen hiezu (US 8 f).

Die Beschwerdeprämisse, der Beschwerdeführer habe zum Schuldspruch 5 a versucht, eine Schiebetür alleine mittels Handkraft aufzuzwängen, entfernt sich vom Urteilssachverhalt (US 3, 6) und kann deswegen auf sich beruhen.

Mit dem Vorbringen, durch eine - urteilsfremd unterstellte - starke Alkoholisierung „würde sich aber eventuell das Verhalten des Angeklagten auch erklären lassen, dass er nämlich nach Auftauchen der Polizei wegläuft und sich in Folge nicht beruhigen lässt" (S 5 in ON 65), wird ein aus Z 5 beachtlicher Mangel inhaltlich nicht einmal behauptet.

Mit den Ausführungen zur Möglichkeit der Identifizierung des Beschwerdeführers durch den Zeugen S***** erschöpft sich die Beschwerde erneut unzulässig darin, den mängelfrei begründeten Überlegungen der Tatrichter auf bloßen Spekulationen basierende eigene Beweiswerterwägungen entgegenzusetzen.

Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a, inhaltlich Z 10), „einfache Ladendiebstähle" könnten nicht gewerbsmäßig (§ 70 StGB) begangen werden, lässt die Ableitung aus dem Gesetz vermissen. Die übrigen Erwägungen zu diesem Nichtigkeitsgrund verfehlen den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt, indem sie nicht am Urteilssachverhalt festhalten, sondern diesen - hinsichtlich der Qualifikationsnormen der §§ 129 und 130 StGB - nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung bekämpfen. Auch die Subsumtionsrüge (Z 10) geht zum Schuldspruch 5 a von der urteilsfremden (US 3, 6) Prämisse aus, der Beschwerdeführer habe versucht, die Schiebetür ausschließlich mit Körperkraft zu öffnen. Im Übrigen legt die Beschwerde prozessordnungswidrig nicht dar, aus welchem Grund die Unterstellung dieser Annahme (wohl gemeint:) absolute Versuchsuntauglichkeit (§ 15 Abs 3 StGB) zur Folge haben soll. Es sei daher nur der Vollständigkeit halber festgehalten, dass ein absolut untauglicher Versuch nur dann vorliegt, wenn die einem Tatbestand entsprechende Sachverhaltsverwirklichung bei generalisierender Betrachtung, also losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalles, denkunmöglich ist, sohin unter keinen Umständen erwartet werden kann (Hager/Massauer in WK² §§ 15, 16 Rz 70), was hier nicht einmal behauptet wird.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Rechtlich verfehlt ist die Unterstellung der Tathandlungen (auch) unter die Qualifikationsnorm des § 129 Z 3 StGB, weil die angefochtene Entscheidung keine diese Subsumtion tragenden Feststellungen enthält. Zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bietet dieser Rechtsfehler aber keinen Anlass, weil die Bestimmung des § 129 Z 3 StGB hier nicht strafsatzbestimmend ist und die unrichtige Subsumtion demnach fallbezogen nur dann einen amtswegig zu beseitigenden Nachteil darstellen würde, wenn sie bei der Strafbemessung als aggravierend in Rechnung gestellt worden wäre (vgl Ratz, WK-StPO § 290 Rz 23), was aber nicht erfolgt ist (US 10). Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO), wobei hinsichtlich der verfehlten Subsumtion keine (dem Berufungswerber zum Nachteil gereichende) Bindung an den Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO besteht (13 Os 21/04, EvBl 2004/174; zuletzt 12 Os 136/05z).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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