Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der 1967 geborene Kläger erlitt im Mai 2007 bei Arbeiten mit einer Flex ein Lärmtrauma. Daraus folgten eine Hochtoninnenohrschwerhörigkeit und Ohrengeräusche im linken Ohr. Er wandte sich deshalb an seinen Hausarzt, der ihn an einen Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten verwies. Über Anordnung dieses Facharztes führte er eine Infusionstherapie (10 Anwendungen mit gefäßerweiternden Medikamenten und Cortison) durch, die zu keiner Besserung des Tinnitus führte. Er verspürte danach sogar auch pfeifende Geräusche im rechten Ohr. Anschließend bekam er durchblutungsfördernde Medikamente in Tablettenform; eine Besserung der Ohrgeräusche ergab sich nicht.
Über Anregung des Facharztes unterzog sich der Kläger vom 4. 10. bis 19. 10. 2007 bei einem Facharzt für Chirurgie einer hyperbaren Sauerstofftherapie in 11 Einheiten zu je 3 x 20 Minuten. Er saß hiebei in einer Druckkammer und bezahlte für diese Behandlung 1.278,98 EUR.
Nach dieser Behandlung trat eine gewisse Besserung im rechten Ohr des Klägers ein, sodass der Tinnitus zeitweise weg ist, dann aber wieder kommt, allerdings in geringerem Ausmaß als zuvor. Im linken Ohr stellte sich nur eine geringfügige Besserung ein.
Bei der Sauerstoffüberdrucktherapie (HBO - hyperbare Sauerstofftherapie) kommt es unter Anwendung eines systematischen Sauerstoffüberdrucks, zB in einer Druckkammer oder einer pneumatischen Kammer, zu einer Sauerstoffaufsättigung des Bluts. Der therapeutische Nutzen einer hyperbaren Sauerstofftherapie im Fall einer Tinnituserkrankung ist nicht evidenzbasiert wissenschaftlich belegt; es handelt sich dabei um keine wissenschaftlich anerkannte Methode. An der HNO-Abteilung des Landeskrankenhauses Klagenfurt wird eine derartige Therapie bei Tinnitus und auch bei Hochtoninnenohrschwerhörigkeit in speziellen Fällen empfohlen. In der Praxis wird die Behandlung des Tinnitus mit der hyperbaren Sauerstofftherapie aber häufig mit Erfolg angewendet. In der vom ärztlichen Vorstand des Tinnitus-Therapiezentrums Feldbach herausgegebenen Fibel für Tinnitusbetroffene sind folgende Therapieverfahren der Tinnitusbehandlung angeführt:
1. Pharmakotherapie: Infusion, Injektionen, per orale Medikamente, Sauerstoffanreicherung, Vitamin A und E, Psychopharmaka, Kreislaufregulierung, Entwässerung.
2. Magnesiumgabe: regenerationsfördernder Zellstoffwechselkatalysator;
3. Lasertherapie unter simultaner biochemischer Photosensibilisierung; Ohrakupunktur mit Elektrostimulation, Chirotherapie und physikalische Halswirbelsäulenbehandlung, Medikamenten-Iontophorese, transkutante aurikuläre elektrische Stimulation mittels Reizstrom; eine qualitative und quantitative Tinnitusbesserung ist möglich;
4. Apparative Maßnahmen: Geräuschverdeckung durch sogenannte Tinnitusmasker neuer Generation, Geräuschverdeckung und Hörverbesserung der Hörgeräteversorgung, Geräuschverdeckung durch zB Musikberieselung;
5. Hyperbare Sauerstofftherapie: Sauerstoffüberdruckbehandlung, Ernährungstherapie und Diätetik, Psychotherapie;
6. Interdisziplinäre Begleittherapie: Bei Notwendigkeit Beiziehung verschiedener medizinischer Konsile;
7. Druckkammertherapie bei Tinnitus: hyperbare Oxygenation (HBO) ist eine zusätzliche Behandlungsmethode, die bei akutem und subakutem Tinnitus in Betracht gezogen werden sollte. Dies vor allem dann, wenn bisherige Therapien, wie zB eine Infusionstherapie, nicht das gewünschte Ergebnis brachten. Auch bei länger bestehendem Tinnitus kann die Druckkammerbehandlung angezeigt sein. Im Vorhinein kann nicht festgestellt werden, ob und inwieweit die Behandlung Erfolg bringen wird.
Alle Behandlungsmöglichkeiten sind als gleichrangig einzustufen.
An alternativen Behandlungsmethoden stehen dem Kläger nach wie vor eine Lasertherapie unter simultaner biochemischer Photosensibilisierung, eine Chirotherapie und physikalische Halswirbelsäulenbehandlung, eine Medikamenten-Iontophorese sowie eine Geräuschverdeckung durch Tinnitusmasker neuer Generation zur Verfügung. Die Lasertherapie bzw die physikalischen Behandlungen sind kostengünstiger als eine hyperbare Sauerstofftherapie; ein Tinnitusmasker kostet 2.000 EUR aufwärts.
Alle vorgenannten Behandlungsmethoden können - wie auch die hyperbare Sauerstofftherapie - den Leidenszustand des Klägers heilen oder lindern.
Mit Bescheid vom 29. 1. 2008 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten der hyperbaren Sauerstofftherapie im Betrag von 1.278,98 EUR ab.
Dagegen richtet sich die Klage des Klägers mit dem Begehren auf Zahlung von 1.278,98 EUR. Da die Infusionstherapie erfolglos geblieben sei, habe er die hyperbare Sauerstofftherapie durchgeführt. Diese sei auch erfolgreich gewesen, weshalb die Beklagte zur Zahlung der Kosten verpflichtet sei.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sie wandte ein, dass der therapeutische Nutzen einer hyperbaren Sauerstofftherapie im Fall einer Tinnituserkrankung nicht evidenzbasiert wissenschaftlich belegt sei. Auch sei eine Verbesserung des Tinnitus im vorliegenden Fall nicht objektiv nachweisbar. Es stünden dem Kläger andere, zum Teil wesentlich günstigere, Behandlungsmethoden zur Verfügung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus stellte es noch fest, dass die Besserung des Tinnitus beim Kläger nach der hyperbaren Sauerstofftherapie mangels ausreichender Befundungen nicht objektivierbar sei.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass der Kläger, da er eine überwiegend billigere erfolgversprechende Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Regeln noch nicht gänzlich ausgeschöpft habe, keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die (vorzeitige) Anwendung der wissenschaftlich nicht anerkannten hyperbaren Sauerstofftherapie habe.
Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers Folge. Es hob das angefochtene Urteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts. Zur Rechtsrüge führte es aus, der festgestellte Sachverhalt lasse noch keine abschließende rechtliche Beurteilung zu. Gebe es mehrere kostengünstigere wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethoden, komme ein Ersatz der Kosten für die Außenseitermethode nicht in Betracht. Es bedürfe daher einer Klärung, ob die alternativ dem Kläger noch zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden den wissenschaftlich anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst entsprechen. Der Auffassung, von mehreren gleichwertig geeigneten Möglichkeiten sei die ökonomisch günstigste zu wählen, sei nur insofern zuzustimmen, als es sich um wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethoden handle. Der Kläger müsse sich keinesfalls auf weitere allenfalls kostengünstigere Außenseitermethoden verweisen lassen. Unzutreffend sei es, die Behandlung mittels hyperbarer Sauerstofftherapie schon grundsätzlich als keine zweckmäßige Krankenbehandlung bei Tinnitus anzusehen. Beim Kläger sei nämlich zumindest eine Besserung dieses Leidens eingetreten. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass es konkrete Messergebnisse zur Objektivierung einer Verbesserung nicht gebe. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen, dass es auch nur eine weitere Behandlungsmethode bei Tinnitus gebe, die kostengünstiger sei und gleichzeitig eine von der Wissenschaft anerkannte Behandlungsmethode darstelle, werde das Klagebegehren neuerlich abzuweisen sein.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil dieser zur Frage, ob bei Vorliegen zahlreicher gleichrangiger Behandlungsmethoden für ein Leiden tatsächlich alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssten, bevor der Versicherte Anspruch auf Ersatz der Kosten für eine erfolgreiche oder auch nur erfolgversprechende Außenseitermethode habe, noch nicht Stellung genommen habe. Es fehle auch höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob ein Versicherter auch verpflichtet sei, kostengünstigere Behandlungsmethoden, die ebenfalls wissenschaftlich nicht anerkannt seien, auszuschöpfen, bevor er Anspruch auf Ersatz der Kosten der von ihm gewählten Außenseitermethode habe.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss erhobene Rekurs des Klägers ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs zurückzuweisen oder - hilfsweise - abzuweisen.
1. Der Kläger vertritt die Auffassung, unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (10 ObS 402/02y) hätte der begehrte Kostenersatz gewährt werden müssen. Es seien nämlich nicht nur eine, sondern zwei zumutbare erfolgversprechende Behandlungen nach wissenschaftlich anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst erfolglos durchgeführt worden und die sodann angewandte Außenseitermethode erfolgreich gewesen.
2. Gemäß § 133 Abs 2 ASVG muss die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht übersteigen. Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, wiederhergestellt, gefestigt oder verbessert werden.
2.1. Dass die Krankenbehandlung ausreichend sein muss, bedeutet die Festlegung einer Minimalgrenze der Leistungsverpflichtung, die unter Zugrundelegung von gesicherten medizinischen Erkenntnissen und nach dem anerkannten Stand der Medizin nach Umfang und Qualität eine hinreichende Chance auf einen Heilungserfolg bieten muss (10 ObS 174/93 = SSV-NF 7/112).
2.2. Zweckmäßigkeit liegt vor, wenn die Behandlung in Verfolgung der Ziele der Krankenbehandlung erfolgt, erfolgreich oder zumindest erfolgversprechend war. Darunter ist zu verstehen, dass die Behandlung nach den Erfahrungssätzen der medizinischen Wissenschaft mit hinreichender Sicherheit objektiv geeignet ist, die beabsichtigte Wirkung zu erzielen. Bei mehreren geeigneten Leistungen kommt primär diejenige in Betracht, mit der sich die Zweckbestimmung am besten erreichen lässt (10 ObS 312/92 = SSV-NF 7/22; 10 ObS 174/93 mwN = SSV-NF 7/112).
2.3. Das Maß des Notwendigen bestimmt sich aus dem Zweck der Leistung. Notwendig ist jene Maßnahme, die zur Erreichung des Zwecks unentbehrlich oder unvermeidbar ist. Es sollen mit dieser Bestimmung unnötige Maßnahmen vermieden und damit die finanzielle Belastung in Grenzen gehalten und andererseits die zur medizinisch notwendigen Versorgung erforderlichen Maßnahmen gewährleistet werden. Die Beschränkung der Krankenbehandlung auf das Maß des Notwendigen enthält auch das Gebot der Wirtschaftlichkeit der Krankenbehandlung (10 ObS 174/93 mwN = SSV-NF 7/112). Bei mehreren gleichermaßen zweckmäßigen Behandlungsmethoden ist jeweils diejenige zu wählen, die die geringsten Kosten verursacht bzw bei der die Relation der Kosten zum Nutzen (Heilerfolg) am günstigsten ist (RIS-Justiz RS0083823). Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit kommt es aber auf die Gesamtbetrachtung einer zweckmäßigen Behandlung an, sodass nicht immer auch die billigste Lösung dem Gebot der Zweckmäßigkeit entsprechen muss (10 ObS 174/93 = SSV-NF 7/112).
2.3.1. Die Kosten sind also neben der Qualität, der Quantität und der Eignung einer Maßnahme, den mit § 133 Abs 2 zweiter Satz ASVG angestrebten Erfolg herbeizuführen, nur eines von mehreren Beurteilungskriterien, die in einen im Ergebnis einheitlichen Bewertungsakt einfließen. Es kann nämlich auch die Entscheidung des betroffenen Patienten, der unter Umständen die Wahl zwischen mehreren Behandlungsmethoden hat, die zwar im Wesentlichen zum selben Ziel führen, jedoch unterschiedlich belastende Therapien zum Gegenstand haben, nicht außer Acht gelassen werden (10 ObS 112/94 = SZ 67/76; 10 ObS 113/94 = SSV-NF 8/44; 10 ObS 409/02y mwN = SSV-NF 17/54 je mwN). Die Frage welches Gewicht den Kosten innerhalb dieses Wertungsakts zukommt, ist eine Frage der Gewichtung der Elemente. Das Gewicht des Kostenarguments nimmt zu, je geringer der von der Behandlung tangierte aus § 133 Abs 2 zweiter Satz ASVG hervorleuchtende Zweck der Krankenbehandlung bewertet wird; umgekehrt tritt die Höhe der Kosten als Argument in den Hintergrund, je höher das Ausmaß der Betroffenheit des Patienten im Einzelfall maßgebend ist (10 ObS 112/94 = SZ 67/76; 10 ObS 113/94 = SSV-NF 8/44 je mwN). Mit „Betroffenheit" des Patienten sind die Auswirkungen der konkreten strittigen Behandlung auf den Patienten gemeint (s Mazal, Krankheitsbegriff und Risikobegrenzung 363 ff; Tomandl, Anmerkung zu OGH 26. 4. 1994, ZAS 1994/18, 203 (206); Neumayr, Der Anspruch auf Krankenbehandlung im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot - Die Rechtslage im österreichischen Krankenversicherungsrecht, in Jabornegg/Resch/Seewald, Grenzen der Leistungspflicht für Krankenbehandlung, 152). Bei im Wesentlichen wirkungsgleichen diagnostischen oder therapeutischen Verfahren ist jedoch das billigere zu wählen (RIS-Justiz RS0083816). Die Abwägung zwischen den Interessen des Versicherten und den der krankenversicherungsrechtlichen Solidargemeinschaft hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab (10 ObS 112/94 = SZ 67/76; 10 ObS 113/94 = SSV-NF 8/44).
3. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats kann ein Kostenersatz auch bei einer von der Wissenschaft noch nicht anerkannten Behandlungsmethode (Außenseitermethode) nur dann gewährt werden, wenn diese Krankenbehandlung zweckmäßig ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet. Dies setzt voraus, dass eine zumutbare Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst nicht zur Verfügung stand, nicht erfolgversprechend war oder erfolglos blieb, während die Außenseitermethode beim Versicherten erfolgreich war oder von ihr nach den Ergebnissen einer für die Bildung eines Erfahrungssatzes ausreichenden Zahl von Fällen (prognostisch) ein Erfolg erwartet werden durfte. Wenn herkömmliche Behandlungsmethoden erfolgreich und ohne (unzumutbare) Nebenwirkungen angewendet werden konnten (oder hätten angewandt werden können), besteht kein Anlass zur Übernahme der Kosten einer Außenseitermethode durch den gesetzlichen Krankenversicherungsträger (10 ObS 409/02y mwN = SSV-NF 17/54). In einem solchen Fall ist es auch nicht wesentlich, wie hoch die Kosten der Außenseitermethoden im Vergleich zu jenen der Schulmedizin sind (10 ObS 20/95 = SSV-NF 10/33; 10 ObS 2374/96g = SSV-NF 10/121).
3.1. Wenn jedoch schulmedizinische Behandlungsmethoden zu unerwünschten (erheblichen) Nebenwirkungen führen und durch Außenseitermethoden („alternative Heilmethoden") der gleiche Behandlungserfolg (ohne solche Nebenwirkungen) erzielt werden kann, kommt auch eine Kostenübernahme für Außenseitermethoden durch den gesetzlichen Krankenversicherungsträger in Betracht, bedeutet doch „zweckmäßig" im Sinn des § 133 Abs 2 ASVG auch, dass unter mehreren Verfahren dasjenige auszuwählen ist, dessen Einsatz einen Erfolg mit den geringsten nachteiligen Nebenwirkungen für den Patienten verspricht (10 ObS 409/02y = SSV-NF 17/54 unter Berufung auf Schrammel, Veränderungen des Krankenbehandlungsanspruches durch Vertragspartnerrecht? ZAS 1986, 145 ff [151] und die Rechtsprechung, dass bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Krankenbehandlung auch das Ausmaß der Betroffenheit des Patienten im Einzelfall berücksichtigt werden muss [s oben 2.3.1.]).
3.2.1. Es ist ferner ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass ein Ersatz der Kosten für die Außenseitermethode nicht in Betracht kommt, wenn schon mit schulmedizinischen Methoden das Auslangen hätte gefunden werden können, weil diesfalls das Maß des Notwendigen überschritten worden wäre (10 ObS 52/96 = SZ 69/80 = SSV-NF 10/30 [zustimmend besprochen von Mazal in DRdA 1997, 25 und Offenberger in ZAS 1998, 45]; 10 ObS 2374/96g = SSV-NF 10/121; 10 ObS 382/98v = SZ 72/110 = SSV-NF 13/65; RIS-Justiz RS0102470). Von dieser Rechtsprechung ist der Senat in der Entscheidung 10 ObS 409/02y nicht abgegangen.
3.2.2. Wenn aber Kostenersatz für eine Außenseitermethode nicht zu gewähren ist, wenn mit schulmedizinischen Methoden das Auslangen hätte gefunden werden können, so folgt daraus, dass im Rechtssatz, der Ersatz der Kosten einer Außenseitermethode setze voraus, dass eine zumutbare erfolgversprechende Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst nicht zur Verfügung gestanden oder erfolglos geblieben ist (RIS-Justiz RS0102470; RS0083821), das Wort „eine" der unbestimmte Artikel und nicht das Zahlwort ist und schulmedizinische Methoden vorrangig im dargelegten Sinn sind. Insoweit ist die vom Revisionswerber bekämpfte Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zutreffend. So lag der Senatsentscheidung 10 ObS 52/96 zugrunde, dass sich der nach schulmedizinischer Behandlung mit Interferon (Roferon) lebensbedrohlich verschlechterte Zustand des klagenden Patienten durch die hierauf begonnene und ärztlich verschriebene Therapie mit dem in Österreich nicht zugelassenen Arzneimittel Ukrain beheben ließ, jedoch weder erörtert noch festgestellt wurde, dass eine gleich teure oder sogar teurere, aber wissenschaftlich anerkannte sonstige zumutbare Behandlung mit schulmedizinisch anerkannten Methoden (außer eben Interferon/Roferon) versucht oder nicht erfogversprechend gewesen wäre. An dem Grundsatz der Rechtsprechung, dass kein Anlass zur Kostenübernahme für Außenseitermethoden („alternative Heilmethoden") durch den gesetzlichen Krankenversicherungsträger besteht, wenn herkömmliche Behandlungsmethoden erfolgreich und ohne (erhebliche) Nebenwirkungen angewandt werden konnten oder hätten angewandt werden können, hält die - ebenfalls das Arzneimittel Ukrain betreffende - Senatsentscheidung 10 ObS 409/02y fest.
4. Das Wirtschaftlichkeitsgebot findet - wie bereits ausgeführt - auch auf Außenseitermethoden Anwendung. Stehen mehrere solche im Einzelfall gleichermaßen zweckmäßigen Behandlungsmethoden zur Verfügung, so ist jeweils diejenige zu wählen, die die geringsten Kosten verursacht bzw bei der die Relation der Kosten zum Nutzen am günstigsten ist (RIS-Justiz RS0083323). Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger müsse sich keinesfalls auf weitere allenfalls kostengünstigere Außenseitermethoden verweisen lassen, ist daher nicht zu billigen.
5. Der Kläger muss im Hinblick auf die grundsätzlich vorrangig zur Verfügung stehenden schulmedizinischen Behandlungsmethoden beweisen, dass bei ihm ausnahmsweise die hyperbare Sauerstofftherapie zur Behandlung seines Ohrenleidens erforderlich und zweckmäßig war (vgl 10 ObS 409/02y mwN). Ein Ersatz der Kosten dieser Außenseitermethode ist zu gewähren, wenn ihm die weitere Behandlung des Ohrenleidens mit einer anderen erfolgversprechenden Methode nicht zumutbar war. Diese Frage ist aufgrund einer Abwägung des Interesses des Klägers an einer Heilung oder Linderung seiner Krankheit mit dem Interesse der Versichertengemeinschaft an einer ökonomischen Sicherung des Sachleistungsprinzips und wirtschaftlichen Mittelverwendung zu entscheiden, für die das Erstgericht die notwendigen Tatsachenfeststellungen nicht getroffen hat; insbesondere ist die Feststellung, alle Behandlungsmöglichkeiten seien „gleichrangig", wegen ihrer Unbestimmtheit (gleichrangig in Bezug worauf?) unzureichend. Neben den Kosten der jeweiligen Behandlungsmethoden sind bei der Interessenabwägung im Besonderen das Ausmaß an vorliegenden Erfahrungswerten für den Erfolg der einzelnen Methoden, ihre Erfolgschancen unter den Umständen des konkreten Falls für Heilung oder für Art und Ausmaß der Linderung des Leidens, die Dauer, Risken, Nebenwirkungen und Folgen der Behandlungen, das Ausmaß des Eingriffs in die körperliche Integrität durch die jeweilige Behandlung ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, dass die vorangegangenen Behandlungen erfolglos geblieben sind. All dies wird mit den Parteien zu erörtern und nach Beweisaufnahme über streitig gebliebene Tatsachenbehauptungen eine neue Entscheidung zu fällen sein.
6. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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