Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Ehemann der Klägerin ist Landwirt und Weinproduzent. Im Nebenerwerb ist er für die Österreichische Hagelversicherung als Sachverständiger, Berater und im Winter im Verkauf tätig. Er führt sein Büro von zu Hause aus. Die Klägerin bewirtschaftete bis zum Unfall am 30. 11. 2007 einen landwirtschaftlichen Betrieb mit 2,5 Hektar. Sie hilft in der Landwirtschaft ihres Ehemannes und in seinem Nebenerwerb. So betreut sie vom Büro aus telefonisch Kunden. Ist ihr Ehemann abwesend, muss sie im Fall eines Unwetters in der Lage sein, Details der Wettersituation aufzunehmen (zB die Niederschlagsmenge, die Größe von Hagelkörnern, aufgetretene Schäden).
Die Österreichische Hagelversicherung veranstaltet regelmäßig eine Jahrestagung, an der alle Berater teilnehmen. Es wird ein Damen- oder Begleiterprogramm angeboten, um für die Partner der Mitarbeiter, die „jeweils der Hagelversicherung dienlich sind, Fachwissen anzubieten“. Der „Wetterstress“ ist eine „ganz wesentliche Grundlage“ des Unternehmens. Dieses Programm weist immer einen Bezug zur Landwirtschaft auf.
Die Hagelversicherung ist in „Wetter- und Unwetterfragen spezialisiert“ und hat „immer mit diesem Thema“ zu tun. Aus diesem Grund wurde für das Begleiterprogramm 2007 eine Spezialistin auf diesem Gebiet gesucht. Es wurde bewusst kein „Allgemeiner Stressmanager oder ein Spezialist für Burnout“ ausgesucht, sondern jemand, der täglich selbst mit Wetter und Wetterstresssituationen umgehen kann und auch ein „solches Seminar anbietet“. Dr. K*****-H***** bietet solche Seminare an. Im Vorfeld wurde mit ihr besprochen, das Seminar solle so ausgerichtet sein, dass „hier von Familienunternehmen ausgegangen wird und nicht von einem einzelnen Landwirt, sondern eben auch die mitarbeitenden Familienmitglieder involviert sein sollen“. Dr. K*****-H***** überlegte und berücksichtigte bei der Erstellung des Konzepts, dass gerade das „Wetter für die Landwirte nicht nur einen psychischen Stress bedeutet, sondern auch einen physischen“.
Die Jahrestagung 2007 fand am 30. 11. und 1. 12. 2007 in Illmitz statt. Das Begleiterprogramm war für den 30. 11. 2007 anberaumt. Bei dem halbtägigem Seminar handelte es sich um keinen Vortragstag, sondern um einen Übungstag. Den Teilnehmerinnen wurden Entspannungsübungen (neurolinguistisches Programmieren, heilendes Tao, Kinesiologie etc) teils einzeln, teils in Gruppen gezeigt und vorgeübt. Diese Übungen sind für alle Berufsgruppen grundsätzlich gleich. Auch eine leichte Entspannungsübung der Schultermuskulatur wurde durchgeführt. Allerdings unterscheiden sich die Stressfaktoren der verschiedenen Berufsgruppen. Während Manager eher in der Natur zu sich kommen sollen, arbeiten die Landwirte in der Natur. Dr. K*****-H***** wusste vor dem Seminar nur, dass die Teilnehmerinnen aus dem landwirtschaftlichen Bereich kommen, nicht aber, dass sie mit der Hagelversicherung zu tun haben. Sie richtete den Ablauf des Seminars danach aus, was die jeweiligen Gruppen eher aufnehmen wollen.
Auf dem Weg zur Jahrestagung am 30. 11. 2007 wurde die Klägerin, die nur am Damenprogramm teilnehmen wollte, als Beifahrerin ihres Ehemannes bei einem Verkehrsunfall verletzt.
Das Berufungsgericht verneinte, dass der Verkehrsunfall der Klägerin ein Arbeitsunfall gemäß § 148d Abs 1 Z 1 BSVG (Unfall beim Besuch beruflicher Schulungs-[Fortbildungs-]kurse, soweit dieser Besuch geeignet ist, das berufliche Fortkommen des Versicherten zu fördern) war. Es stützte sich auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Parallelbestimmung des § 176 Abs 1 Z 5 ASVG (10 ObS 200/98d, SSV-NF 12/84: Teilnahme an einem Seminar „mentales Training“, das der Verbesserung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit dienen soll, steht nicht unter Unfallversicherungsschutz; RIS-Justiz RS0110220). Auch wenn Dr. K*****-H***** darauf Rücksicht genommen habe, dass ein körperlich Arbeitender andere Stressfaktoren habe als ein Manager, unterschieden sich die Entspannungsübungen nicht. Einen speziellen Berufsbezug zur Hagelversicherung, aber auch zur Landwirtschaft habe sie nicht darlegen können. Ein allgemeines Seminar „Stressmanagement“ sei für jeden erwerbstätigen Menschen von einer gewissen Bedeutung und könne das Wohlbefinden und damit die berufliche Leistungsfähigkeit fördern. Das ändere aber nichts daran, dass es sich um keine berufsspezifische oder auch nur dem Berufsleben zuzuordnende Veranstaltung gehandelt habe. Bei der Beurteilung der Berufsbezogenheit komme es nicht auf den mit dem Wetter zusammenhängenden Hintergrund der Trainerin Dr. K*****-H*****, sondern auf die vermittelten Seminarinhalte an. Diese seien aber unter allgemeine Entspannungsübungen zu subsumieren.
Nach Auffassung der Klägerin ist die außerordentliche Revision zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob für das Vorliegen einer berufsbezogenen Veranstaltung der tatsächlich „ausgeübte Seminarinhalt“ relevant sei oder das Seminarprogramm, aufgrund dessen sich der Teilnehmer auf den Weg zu diesem Seminar gemacht habe.
Rechtliche Beurteilung
Diese Frage stellt sich im Anlassfall nicht, wurde doch weder behauptet noch festgestellt, dass das in der Einladung zur Jahrestagung 2007 (Blg ./A) als „Damenprogramm“ angekündigte „Stressmanagement“ mit C***** K*****“ (Anmerkung des Senats: = Dr. K*****-H*****) mit anderem als dem dargebotenen Inhalt angekündigt wurde. Da das Gesetz (§ 148d Abs 1 Z 1 BSVG) auf den objektiv formulierten Umstand der Eignung des Besuchs, das berufliche Fortkommen des Versicherten zu fördern, abstellt, kann es nicht erheblich sein, welche subjektiven Erwartungen die Klägerin an das in der Einladung nicht näher umschriebene „Damenprogramm“ hatte.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)