OGH 10ObS62/94

OGH10ObS62/9413.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Robert Göstl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Thomas Mais (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Margit L*****, vertreten durch Dr.Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1101 Wien, Wienerbergstraße 15-19, vertreten durch Dr.Gustav Teicht und Dr.Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Kostenersatz (S 111.983,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.Dezember 1993, GZ 34 Rs 86/93-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 4.Mai 1993, GZ 5 Cgs 523/91-25, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das auf Abweisung des Klagebegehrens lautende Urteil des Erstgerichtes zur Gänze wiederhergestellt wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 9.9.1968 geborene Klägerin leidet seit Geburt an einer endogenen Neurodermitis, die großflächig an verschiedenen Körperteilen eine Rötung und Verdickung der Haut und eine vergröberte Hautstruktur hervorruft. Im Zuge der ständigen ärztlichen Behandlung wurden die üblichen schulmedizinischen Heilmittel, zB cortisonhältige Präparate und im Apothekenhandel übliche Salben, ohne nachhaltigen Heilungserfolg angewendet. Seit dem Jahr 1989 verwendet die Klägerin auf private Anregung und ohne ärztliche Verordnung Produkte der Goldnerz-Kosmetik Handesgesellschaft mbH, die sie nicht aus der Apotheke, sondern aus dem Versandhandel bezieht. Diese Produkte gelten als Kosmetika. Bei den verwendeten Cremen handelt es sich um aus Naturprodukten wie Sonnenblumen, Ananas-, Birnen- und Orangensaft hergestellte, mit schwefeligem Wasser homogenisierte oder mit Zinkpaste versetzte Produkte, die keine anderen Salbengrundlagen wie Fette oder Öle enthalten. Durch die Verwendung dieser Cremen gelang es der Klägerin, ihre Krankheit weitgehend zurückzudrängen, so daß deren äußeres Erscheinungsbild nur von einem Fachmann erkannt werden kann. Dieser Erfolg ist darauf zurückzuführen, daß bei der Klägerin eine besondere Empfindlichkeit gegen Salbengrundlagen wie Fette und Öle besteht, die in allen schulmedizinischen Mitteln enthalten sind. Die Klägerin wendete in den Jahren 1989 und 1990 für die Cremen der Goldnerz-Kosmetik Handelsgesellschaft mbH S 111.983,-- auf.

Mit Bescheid vom 3.9.1991 lehnte die beklagte Gebietskrankenkasse den Antrag der bei ihr versicherten Klägerin auf Ersatz dieser Kosten unter Hinweis auf § 133 ASVG und § 29 ihrer Satzung ab. Diese Kosmetikartikel seien nicht im Spezialitätenverzeichnis angeführt und könnten daher nicht auf Rechnung der Kasse bezogen werden. Für den Ersatz der Kosten eines Heilmittels sei überdies eine ärztliche Verordnung erforderlich.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin fristgerecht Klage. Sie brachte dazu im wesentlich vor, die verwendeten Produkte der Firma Goldnerz seien als Heilmittel anzusehen, allenfalls als sonstige Mittel zur Beseitigung oder Linderung der Krankheit.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wies auch darauf hin, daß die Klägerin aus den Mitteln des Unterstützungsfonds insgesamt S 75.000,-- erhalten habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat unter Bezugnahme auf die Entscheidung 10 ObS 108/90 = SSV-NF 4/77 die Rechtsansicht, daß es sich bei den von der Klägerin verwendeten Cremen um ein kosmetisches Mittel handle, nicht jedoch um ein Heilmittel oder ein sonstiges Mittel im Sinn des § 136 Abs 1 ASVG. Deshalb seien die Kosten von der Beklagten nicht zu ersetzen. Daß gerade die verwendeten Cremen die Krankheit zu lindern imstande gewesen seien, vermöge daran nichts zu ändern.

Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der Klägerin Folge und änderte das erstinstanzliche Urteil dahin ab, daß es die Beklagte schuldig erkannte, der Klägerin S 111.983,-- "unter Anrechnung eines bereits aus Mitteln des Unterstützungsfonds gewährten Gesamtbetrages von S 75.000,--" zu zahlen.

Das Berufungsgericht "hielt" aus dem dermatologischen Gutachten "in Ergänzung zu den Feststellungen des Erstgerichtes noch zusätzlich fest", daß das angeborene Leiden der Klägerin mit keinem existierenden Heilmittel behandelt und geheilt werden könne. Die Krankheit könne allerdings unabhängig von einer Medikation spontan abheilen. Heilmittel könnten lediglich eine Besserung des Hautzustandes bewirken. Dies gelte für alle bei dieser Krankheit verwendeten Heilmittel ebenso wie für die Präparate der Firma Goldnerz. Während bei der Klägerin eine individuelle Unverträglichkeit hinsichtlich der üblicherweise verwendeten fett- und ölhaltigen Präparaten bestehe, spreche sie auf das Goldnerz-Produkt gut an. Es stehe außer Zweifel, daß die verwendeten Cremen vom Hersteller auch für den Gebrauch als Arzneiware bestimmt seien, weil er im Jahr 1991 beim Bundesgesundheitsamt in Deutschland Anträge auf Zulassung der Registrierung als Arzneimittel gestellt habe. Unter diesen Umständen sei die Anwendung der Goldnerz-Cremen als Heilbehandlung und nicht nur als kosmetische Maßnahme anzusehen. Da eine Besserung des Hautzustandes der Klägerin durch die Verwendung der Cremen nachgewiesen worden sei, habe die Klägerin Anspruch auf Kostenerstattung.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt werde.

Die Klägerin erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Nimmt der Anspruchsberechtigte nicht die Vertragspartner (§ 338 ASVG), also zB Vertragsärzte oder Vertragsapotheker oder die eigenen Einrichtungen des Versicherungsträgers zur Erbringung der Sachleistungen der Krankenbehandlung in Anspruch, so gebührt ihm der Ersatz der Kosten einer anderweitigen Krankenbehandlung in der Höhe des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre (§ 131 Abs 1 ASVG in der damals gültigen Fassung). Ein Versicherter, dem die Erbringung der Sachleistung (etwa durch einen Vertragsarzt) verweigert wird, kann sich die Krankenbehandlung anderweitig, also etwa durch einen Wahlarzt beschaffen und dann Kostenerstattung beanspruchen (vgl Selb in Tomandl, SV-System 6. ErgLfg 568). Nach § 133 Abs 1 ASVG umfaßt die Krankenbehandlung ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe. Sie muß ausreichend und zweckmäßig sein, darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (Abs 2). Kosmetische Behandlungen gelten als Krankenbehandlung, wenn sie zur Beseitigung anatomischer oder funktioneller Krankheitszustände dienen. Andere kosmetische Behandlungen können als freiwillige Leistungen gewährt werden, wenn sie der vollen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit förderlich oder aus Berufsgründen notwendig sind (Abs 3). Die Heilmittel umfassen nach § 136 Abs 1 ASVG die notwendigen Arzneien und die sonstigen Mitteln, die zur Beseitigung oder Linderung der Krankheit oder zur Sicherung des Heilerfolges dienen. Die Kosten der Heilmittel werden vom Träger der Krankenversicherung durch Abrechnung mit den Apotheken übernommen (Abs 2). Für den Bezug eines jeden Heilmittels auf Rechnung des Versicherungsträgers ist grundsätzlich eine Rezeptgebühr zu entrichten, die bei Abgabe des Heilmittels an die abgebende Stelle für Rechnung des Versicherungsträgers zu zahlen ist (Abs 3).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen (SSV-NF 3/68 = SZ

62/103 = ZAS 1990, 170 mit Kommentar von Mazal), daß das vom

Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger herausgegebene Heilmittelverzeichnis das Recht des Versicherten auf die für eine ausreichende und zweckmäßige Krankenbehandlung notwendigen Heilmittel nicht einschränkt; dem Versicherten können daher grundsätzlich alle erhältlichen Medikamente verordnet werden, wenn dies im einzelnen Behandlungsfall den gesetzlich festgelegten Kriterien einer ausreichenden, zweckmäßigen und das Maß des Notwendigen nicht überschreitenden Krankenbehandlung dient (zuletzt 10 ObS 52/96).

Was nun die Cremen der Goldnerz-Kosmetik Handelsgesellschaft mbH betrifft, so waren diese Produkte bereits einmal Gegenstand einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (29.5.1990, 10 ObS 108/90 = SSV-NF 4/77). Der Senat gelangte damals zur Auffassung, die dort in Rede stehende Aufbaucreme der Firma Goldnerz sei weder ein Arzneimittel im Sinne des § 136 Abs 1 lit a ASVG noch ein sonstiges Mittel im Sinn des § 136 Abs 1 lit b ASVG, sondern ein kosmetisches Mittel, das weder nach der allgemeinen Verkehrsauffassung noch nach der Art und Form des Inverkehrsbringens dazu bestimmt sei, zur Beseitigung oder Linderung der Krankheit oder zur Sicherung des Heilerfolges zu dienen. Wie sich aus dem Beweisverfahren ergeben hätte, diene eine derartige Hautcreme vielmehr zum Schutz und zur Pflege der Haut. Da es nicht um die Frage der Anwendung noch nicht anerkannter Heilmethoden gehe, sondern eine Heilmethode überhaupt nicht vorliege, bestehe kein Anspruch auf den Ersatz der Kosten dieses kosmetischen Mittels, auch wenn es von einem Arzt bei Vorliegen einer Neurodermitis zur Anwendung "empfohlen" worden sei. Die offengebliebene Frage, ob damals mit anerkannten Mitteln tatsächlich nicht das Auslangen zu finden gewesen wäre oder ob kostengünstigere Pflegepräparate mit vergleichbarer Zusammensetzung in Betracht kämen, hielt der Senat für nicht weiter erörterungsbedürftig.

Diese Entscheidung ist im Schrifttum auf Kritik gestoßen. Mazal erblickte darin einen Bruch mit der bisherigen Judikatur und meinte, der Oberste Gerichtshof habe sich mit der Legitimität der Parallele zur arzneimittelrechtlichen Arzneimitteldefinition nicht näher auseinandergesetzt. Auf den ersten Blick scheine sich der Arzneimittelbegriff des ArzneimittelG mit dem gängigen krankenversicherungsrechtlichen Arzneibegriff zu decken; ob das Sozialversicherungsrecht hier tatsächlich auf das Arzneimittelrecht verweise, stehe damit freilich noch nicht fest und bedürfe eingehenderer Prüfung (Mazal, Krankheitsbegriff und Risikobegrenzung, 276 f). Auch Binder hielt diese Entscheidung für nicht überzeugend. Es sei nicht einsichtig, warum in bezug auf ausgefallene Heilmittel die Behandlungswirkung schon im vorhinein feststehen müsse. Die Trennung von persönlicher Arzthilfe und Sachmitteleinsatz mute schon insoweit künstlich an, als der Krankenbehandlungsanspruch des § 133 Abs 1 ASVG umfassend zu verstehen sei und vielfach eine präzise Zuordnung des Heileffekts kaum möglich erscheine. Da sowohl bei Akne wie bei Neurodermitis nach medizinischem Sachverständigenurteil Spontanheilungschancen bestünden, hätten daher auch in dieser Sache die näheren Ursachen für die Heilung aufgehellt werden müssen, wobei die Beweislast für die Effizienz der verwendeten Creme bei der Versicherten gelegen wäre (Binder, Die Krankenversicherung und der OGH in: Tomandl [Herausgeber], Der OGH, als Sozialversicherungshöchstgericht 15 f).

Im Gegensatz dazu hat das deutsche Bundessozialgericht mit Urteil vom 8.6.1993 (BSGE 72, 252) entschieden, daß die Aufbaucremen der Firma Goldnerz Arzneimittel im Sinne des § 31 Abs 1 SGB V seien, da sie nach ihrer Bestimmung überwiegend zur Regeneration der durch bestimmte Hautkrankheiten, insbesondere Neurodermitis und Psoriasis, geschädigten Haut durch Zuführung bestimmter Stoffe beitragen würden. Die Verordnungsfähigkeit zu Lasten der Krankenkassen hat das Bundessozialgericht jedoch grundsätzlich ausgeschlossen, weil eine bestandkräftige Ablehnung der Arzneimittelzulassung vorlag. Dies geht auf die in der Bundesrepublik Deutschland bestehende klare Rechtslage zurück: Liegt nach seinem Verwendungszweck im materiellen Sinne ein Arzneimittel vor, dann bedarf es der formellen Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz, um das Mittel zugunsten der Patienten in den Verkehr zu bringen. Fehlt es an dieser Zulassung, darf ein Arzneimittel nicht vertrieben und erst recht nicht zu Lasten der Krankenkassen verordnet oder von den Kassen erstattet werden (siehe Schlenker, Die Erstattungspflicht der Krankenkassen für nicht zugelassene Arzneimittel, SGb 1996, 9 ff). Im Rahmen der Außenseitermedizin kann eine Ersatzpflicht der Kassen im Einzelfall auch bei wissenschaftlich nicht oder noch nicht allgemein anerkannten Methoden vorliegen. Für den Nachweis der Wirksamkeit genügt aber in der Bundesrepublik Deutschland nicht der Erfolg im Einzelfall, sondern dieser muß nach der Rechtsprechung des BSG statistisch relevant durch eine größere Zahl von Behandlungsfällen belegt werden. Nach der neuen Rechtsprechung des BSG (8.3.1995, SGb 1996, 32) schließt es die Ablehnung der Zulassung einer Arznei aber aus, das zulassungspflichtige Arzneimittel zu Lasten der Krankenkassen selbst bei der Anwendung einer sogenannten Außenseitermethode zu verschreiben (vgl dazu auch von Wulffen, Besondere Therapiemethoden in der Rechtsprechung des BSG, SGb 1996, 250 ff). Daraus folgt, daß die Klägerin auch nach deutschem Sozialrecht keinen Kostenersatz bekommen würde.

Eine Auseinandersetzung mit der oben wiedergegebenen, von der Lehre geübten Kritik an der Entscheidung SSV-NF 4/77 ist jedoch im vorliegenden Fall entbehrlich, da hier bereits aus anderen Erwägungen eine Kostenerstattungspflicht der beklagten Gebietskrankenkasse ausscheidet. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, daß die Klägerin die Produkte der Firma Goldnerz-Kosmetik nicht von einem Arzt verordnet erhielt, sondern auf "private Anregung und ohne ärztliche Verschreibung" aus dem Versandhandel bezog. Von einem Heilmitteleinsatz im Sinne des Rechtes der gesetzlichen Krankenversicherung kann nach Ansicht des Senates nur dann gesprochen werden, wenn das Heilmittel von einem Arzt verordnet wird, wenn es also Teil eines ärztlichen Behandlungsplanes ist. Die Bestimmung des § 133 Abs 1 ASVG, wonach die Krankenbehandlung ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe umfaßt, darf nicht dahin verstanden werden, daß der Einsatz von Heilmitteln oder Heilbehelfen ohne ärztliche Mitwirkung als Krankenbehandlung im Sinne des Sozialversicherungsrechtes angesehen werden kann. Heilmittel, die nicht im Rahmen der ärztlichen Hilfe und damit der Krankenbehandlung eingesetzt werden (von "verordnet" werden kann ja hier nicht gesprochen werden, außer man ließe zu, daß sich ein Versicherter das Mittel selbst "verordnet"), stellen keine Krankenbehandlung dar. Dies

ergibt sich indirekt bereits aus den Entscheidungen SZ 65/160 =

SSV-NF 6/145 (Zahntechniker) und SZ 67/74 = SSV-NF 8/39 = RdM 1994, 125 (gewerbliche Masseure). Dort wurde insbesondere ausgeführt, daß die Gleichstellung einer nichtärztlichen Behandlung mit einer ärztlichen einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung bedürfe und daß die Tätigkeit von Nichtärzten der ärztlichen Hilfe als Kassenleistung nur zugeordnet werden könne, wenn der Nichtarzt in einer qualifizierten Verantwortungsbeziehung zu einem Arzt steht, die sicherstellt, daß er unter Aufsicht und Anleitung des Arztes tätig wird. Ähnliches gilt auch für die Psychotherapie (10 ObS 2303/96s). Stellt aber die Tätigkeit von Nichtärzten - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - keine Krankenbehandlung dar, dann umsoweniger der Einsatz von Heilmitteln oder Heilbehelfen durch den Versicherten ohne ärztliche Verordnung oder Verschreibung. Auch nach Mazal bildet die Grenze zwischen den Leistungstypen - wie im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Tätigkeiten im Rahmen der ärztlichen bzw der ihr gleichgestellten nichtärztlichen Hilfe - die ärztliche Verordnung, die den äußersten Abschnitt der ärztlichen Berufsausübung im Rahmen eines diagnostischen oder therapeutischen Gesamtvorgangs darstellt (Mazal aaO 310). Wie bei der Abgrenzung der auf die Erbringung einer Dienstleistung gerichteten Ansprüche sei auch hier die formale Grenze der Verordnung maßgeblich; Sachmittelgewährung liege in diesem Bereich nur vor, wenn das Sachmittel vom Arzt verordnet werde, nicht jedoch wenn er es dem Versicherten selbst oder durch eine in qualifizierter Verantwortungsbeziehung stehenden Hilfsperson ausfolge; in diesem Fall würde es sich um ärztliche Hilfe handeln (Mazal aaO 311). Da der Gesetzgeber erkennbar im § 136 ASVG vom Vorliegen einer ärztlichen Verordnung im Rahmen der Krankenbehandlung ausgegangen ist, hat auch die Beklagte in ihrer hier anzuwendenden Satzung (§ 29 über Heilmittel) ausschließlich auf die Verordnung des Heilmittels abgestellt. Demnach werden Verordnungen von Wahlärzten oder Wahleinrichtungen unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag mit dem Betrag erstattet, der von der Kasse bei einer Verordnung durch einen Vertragsarzt zu zahlen gewesen wäre (Abs 2).

Der Senat teilt die Auffassung der Revisionswerberin, daß die ärztliche Anordnung, die pharmazeutisch einwandfreie zweckbestimmte Herstellung und die ärztliche Überwachung der Indikation einschließlich der Beachtung allfälliger Kontraindikationen nach den relevanten sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen für die normierte Leistungsaufgabe unverzichtbare Voraussetzungen darstellen. Somit ist tatsächlich nicht mehr relevant, ob eine nicht durch ausschließlich schulmedizinische Arzneien erreichte wirksame Heilbehandlung (allenfalls auch durch zufällige Begleitung anderer Einflußfaktoren) eine Spontanheilung (allenfalls auch als Placebo-Effekt)vorgelegen haben mag. Als Konsequenz dieser Auffassung ergibt sich, daß eine "Selbstmedikamentation" nicht als Krankenbehandlung angesehen werden kann und daher auch von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht umfaßt ist. Dieses Ergebnis entspricht übrigens auch der in der Bundesrepublik Deutschland vertretenen Auffassung. Dort setzt die Übernahme von Kosten für Arznei- und Verbandmittel durch die Krankenkassen grundsätzlich eine vertragsärztliche Verordnung voraus; Arznei- und Verbandmittel müssen daher durch einen Arzt (oder Zahnarzt) verordnet sein. Überdies ist dort noch Voraussetzung für den Bezug von Arzneimitteln zu Lasten der Krankenkassen deren Entnahme in konzessionierten Apotheken und nicht Drogerien usw. Eine Kostenerstattung für Arzneikosten scheidet in der Bundesrepublik Deutschland auch dann aus, wenn sie auf Verordnungen eines Heilpraktikers entstehen, selbst dann, wenn der behandelnde Arzt die Notwendigkeit der Medikation nachträglich bestätigt (Schulz in Figge, Sozialversicherungs-Handbuch Leistungsrecht [1996], 4.2.3., 6.1.1.2 mwN).

Im vorliegenden Fall braucht nicht näher untersucht zu werden, ob es sich bei den Cremen der Goldnerz-Kosmetik im Falle der ärztlichen Verordnung um ein Heilmittel im Sinne des § 136 Abs 1 ASVG handeln würde, da eine solche ärztliche Verordnung eben nicht vorliegt. Die von der Klägerin selbst vorgenommene Anwendung dieser Produkte war nicht Teil eines ärztlichen Behandlungsplanes und damit keine Krankenbehandlung im Sinne des Sozialversicherungsrechts.

Der Revision der Beklagten war daher Folge zu geben und das Urteil des Gerichtes zweiter Instanz im Sinne einer Wiederherstellung des das Klagebegehren abweisenden Urteil des Erstgerichtes abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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