Spruch:
Das Revisionsverfahren wird von Amts wegen fortgesetzt. Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist die Mutter des mj Nico, geboren am 2. 2. 2002. Sie bezog von der beklagten Partei anlässlich der Geburt ihres Sohnes vom 8. 4. 2002 bis 31. 12. 2002 (268 Tage) einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von täglich 6,06 EUR, insgesamt also 1.624,08 EUR. Die Klägerin hat sich am 4. 4. 2002 mit Ing. Georg H***** verehelicht.
Der vormalige Lebensgefährte und ab 4. 4. 2002 Ehegatte der Klägerin bezog im Jahr 2002 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Firma A***** GmbH) in Höhe von 27.284,06 EUR abzüglich der Werbungskosten von 132 EUR, somit 27.152,06 EUR. Im Zeitraum von April bis Dezember 2002 betrugen die steuerpflichtigen Bezüge des Ehegatten der Klägerin 20.267,32 EUR. Die Klägerin selbst hatte in diesem Zeitraum (über das Kinderbetreuungsgeld und den Zuschuss hinaus) kein Einkommen. Mit Bescheid vom 28. 6. 2007 widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum von 8. 4. 2002 bis 31. 12. 2002 und verpflichtete die Klägerin zum Rückersatz des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld von insgesamt 1.624,08 EUR.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Klage mit dem Antrag auf Feststellung, dass sie nicht zur Rückzahlung des für den Zeitraum von 8. 4. 2002 bis 31. 12. 2002 ausgezahlten Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von 1.624,08 EUR verpflichtet sei. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, in dem gemäß § 8 KBGG zu berücksichtigenden Zeitraum von 1. 4. 2002 bis 31. 12. 2002 habe der Ehegatte der Klägerin Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 20.267,32 EUR bezogen. Daraus errechne sich gemäß § 8 Abs 1 KBGG für das ganze Kalenderjahr 2002 ein maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte von 34.958,42 EUR. Die Freigrenze des Ehegatten der Klägerin habe im Jahr 2002 lediglich 14.400 EUR betragen. Die Klägerin sei daher gemäß § 31 Abs 2 KBGG verschuldensunabhängig zum Ersatz des im Jahr 2002 zu Unrecht bezogenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 1.624,08 EUR verpflichtet. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und erkannte die Klägerin schuldig, der beklagten Partei den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 1.624,08 EUR binnen vier Wochen zurückzuzahlen. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen die Auffassung, von den vom Ehegatten der Klägerin im Zeitraum von April bis Dezember 2002 erzielten Einkünften von 20.267,37 EUR netto sei ein Werbungskostenpauschale von 99 EUR abzuziehen. Bei Hochrechnung des sich ergebenden Betrags auf das gesamte Jahr im Sinne des § 8 KBGG ergebe sich ein Betrag von 34.958,42 EUR, der die persönliche Freigrenze von 14.400 EUR um 20.558,42 EUR übersteige. Die beklagte Partei sei gemäß § 31 KBGG zur Rückforderung des gesamten Zuschusses von der Klägerin berechtigt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es schloss sich im Wesentlichen der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts an. Eine Berücksichtigung des von der Klägerin in ihrer Berufung behaupteten gutgläubigen Verbrauchs komme nicht in Betracht. Schließlich teilte das Berufungsgericht auch nicht die von der Klägerin gegen die anzuwendende Gesetzeslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Rückersatzverpflichtung nach dem KBGG noch nicht vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Weiters wird die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend die Bestimmungen der §§ 8 und 31 KBGG beim Verfassungsgerichtshof angeregt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 4. 11. 2008, 10 ObS 140/08y, die Revision der Klägerin schon deshalb, weil Bedenken gegen die Verfassungskonformität der präjudiziellen Bestimmungen der §§ 8, 12 und 31 Abs 2 zweiter SatzKBGG in der hier anzuwendenden Fassung bestanden, für zulässig angesehen und beim Verfassungsgerichtshof gemäß § 89 Abs 2 B-VG einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag gestellt. Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wurde gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten. Der Verfassungsgerichtshof wies mit seinem Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 168/08-6 diesen Gesetzesprüfungsantrag ab, weil er die in diesem Antrag und auch die in den anderen Gesetzesprüfungsanträgen vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilte. Nach Zustellung dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs war das Revisionsverfahren von Amts wegen fortzusetzen.
Die Revisionswerberin macht in ihrem Rechtsmittel allein Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 8 Abs 1 und des § 31 Abs 2 KBGG geltend. Diese Bedenken hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. 2. 2009 nicht geteilt.
Daraus folgt, dass die beklagte Partei den maßgebenden Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 8 Abs 1 Z 1 KBGG mit 34.958,42 EUR zutreffend ermittelt hat. Dieser Betrag überschreitet die im Falle der Klägerin maßgebende Freigrenze von 14.400 EUR (§ 12 Abs 1 iVm § 13 KBGG) überschritten hat. Die Klägerin ist daher gemäß § 31 Abs 2 KBGG zur Rückzahlung des gesamten von ihr im Zeitraum von 8. 4. 2002 bis 31. 12. 2002 bezogenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld von 1.624,08 EUR verpflichtet.
Zur Frage des Vorliegens eines Härtefalls nach dem (hier gemäß § 49 Abs 15 KBGG noch anzuwendenden) § 1 lit b der KBGG-Härtefälle-Verordnung hat der Oberste Gerichtshof jüngst in der Entscheidung 10 ObS 52/09h ausgesprochen, dass das dort angeführte Ermessen vom Versicherungsträger erst nach Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheids oder Urteils über die Rückzahlungsverpflichtung ausgeübt werden kann.
Die Entscheidung der Vorinstanzen (Abweisung des Begehrens der Klägerin und Verpflichtung der Klägerin zum Rückersatz des von ihr für den Zeitraum von 8. 4. 2002 bis 31. 12. 2002 bezogenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld) steht daher im Einklang mit der vom Verfassungsgerichtshof als verfassungskonform beurteilten Gesetzeslage. Der Revision musste somit insgesamt ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Aktuelle berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin, die einen ausnahmsweisen Kostenersatz nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht bescheinigt und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
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