OGH 10ObS52/09h

OGH10ObS52/09h21.4.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Canan Aytekin-Yildirim (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gabriele H*****, vertreten durch Dr. Herbert Felsberger und Dr. Sabine Gauper-Müller, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Kärntner Gebietskrankenkasse, 9021 Klagenfurt, Kempfstraße 8, vertreten durch Dr. Gerhard Fink und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Rückforderung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld (Streitwert 2.211,90 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. April 2008, GZ 7 Rs 27/08g-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. November 2007, GZ 31 Cgs 181/07b-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Revisionsverfahren wird von Amts wegen fortgesetzt. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Beide Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittelschriften selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin und ihr Lebensgefährte Gernot R***** sind die Eltern der am 27. 8. 2002 geborenen Romina. Im Zeitpunkt der Antragstellung der Klägerin auf Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes sowie des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld lebten der am 7. 11. 1987 geborene Mark-Andre H***** und die am 16. 7. 1992 geborene Anja H***** mit ihnen im gemeinsamen Haushalt. Über Antrag der Klägerin vom 25. 10. 2002 wurde ihr für ihre Tochter Romina für den Zeitraum vom 1. 1. 2003 bis 31. 12. 2003 Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 5.303,45 EUR sowie der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld für denselben Zeitraum in Höhe von 2.211,90 EUR zuerkannt und ausbezahlt. In dem von der Klägerin unterfertigten Antragsformular wurde darauf hingewiesen, dass bei einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze während des Bezugszeitraums die erhaltenen Leistungen zurückgefordert werden müssen. Der Klägerin wurde anlässlich der Antragstellung ein Informationsblatt zu den Leistungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes ausgefolgt.

Der Lebensgefährte der Klägerin erzielte im Jahr 2003 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 82.778,73 EUR. Unter Berücksichtigung der vorgeschriebenen Beiträge zur Sozialversicherung von 9.450,49 EUR ergibt sich somit ein Gesamteinkommen für das Jahr 2003 von 92.229,22 EUR. Hievon erlangte die Beklagte am 5. 2. 2007 Kenntnis. Mit Bescheid vom 3. 7. 2007 widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 1. 1. 2003 bis 31. 12. 2003 und verpflichtete die Klägerin zum Ersatz der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von insgesamt 2.211,90 EUR binnen 4 Wochen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig Klage mit dem Begehren auf Feststellung, dass ihr für den Zeitraum vom 1. 1. 2003 bis 31. 12. 2003 ein Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld zustehe. Sie brachte im Wesentlichen vor, der beklagten Partei seien im Zeitpunkt der Bewilligung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld bereits alle maßgebenden Unterlagen hinsichtlich der Höhe der Einkünfte ihres Lebensgefährten vorgelegen. Darüber hinaus habe sie nicht alle Empfänger von Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld hinsichtlich eines möglichen Überschreitens der Zuverdienstgrenze überprüft, sondern den Fall der Klägerin nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, was dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz widerspreche. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und die Verpflichtung der Klägerin zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung. Die Zuschussleistung sei an gesetzliche Zuverdienstgrenzen geknüpft, welche gemäß § 13 letzter Satz KBGG auch für Lebensgefährten Geltung hätten. Unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtungen des Lebensgefährten der Klägerin ergebe sich für das Jahr 2003 eine maßgebliche Freigrenze von 18.000 EUR, welche im Hinblick auf die aus Gewerbebetrieb erzielten Einkünfte deutlich überschritten worden sei. Die Beachtung der Freigrenze falle in den Verantwortungsbereich des jeweiligen Bezugsberechtigten, weshalb eine gesetzliche Verpflichtung der Beklagten zur Prüfung des allfälligen Überschreitens der Freigrenze nicht bestehe. Die Bestimmungen des KBGG würden überdies für die Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte auf das Kalenderjahr abstellen, womit ein Überschreiten der Freigrenze jeweils erst nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres festgestellt werden könne. Die Klägerin sei über ihre Rückzahlungspflicht im Falle der Überschreitung der Zuverdienstgrenze ausreichend informiert worden. Das Erstgericht wies ein Klagebegehren auf Feststellung des Nichtbestehens des Rückersatzanspruchs der beklagten Partei ab und erkannte die Klägerin schuldig, der beklagten Partei den Betrag von 2.211,90 EUR binnen 14 Tagen zurückzuzahlen. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Ansicht, die Freigrenze betreffend die Einkünfte des Lebensgefährten der Klägerin errechne sich unter Berücksichtigung der Sorgepflichten für drei Kinder mit 18.000 EUR. Da die vom Lebensgefährten der Klägerin im Kalenderjahr 2003 erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 92.229,22 EUR diese Freigrenzen deutlich überstiegen, sei die Klägerin zur Rückzahlung des bezogenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld verpflichtet. § 31 Abs 2 KBGG sehe eine Rückersatzverpflichtung des Leistungsbeziehers auch ohne Verschulden vor, wenn sich aufgrund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte ergebe, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt habe. Die Überprüfung, ob die maßgebliche Zuverdienstgrenze überschritten worden sei, erfolge immer erst im Nachhinein nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres, ohne dass es auf die Erkennbarkeit für den Leistungsbezieher ankomme. Für die Beklagte habe die Möglichkeit der Überprüfung erst nach der am 5. 2. 2007 erfolgten Übermittlung der entsprechenden Daten bestanden. Die Klägerin sei durch Ausfolgung des Informationsblattes ausreichend über die Voraussetzungen für den Bezug des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld informiert worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es schloss sich im Wesentlichen der Rechtsansicht des Erstgerichts an. Eine Berücksichtigung des von der Klägerin erstmals in ihrer Berufung behaupteten gutgläubigen Verbrauchs komme nicht in Betracht. Im Übrigen sei die Klägerin ausreichend auf ihre Verpflichtung zur Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld im Falle der Überschreitung der Zuverdienstgrenze hingewiesen worden. Eine Verjährung des Rückforderungsanspruchs nach § 31 Abs 7 KBGG sei nicht eingetreten. Den Sozialgerichten stehe eine Kompetenz für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht zurückzuzahlender Beträge in Härtefällen gemäß § 31 Abs 4 KBGG nicht zu. Schließlich teilte das Berufungsgericht auch nicht die von der Klägerin gegen die anzuwendende Gesetzeslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Weiters wird die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend die Bestimmungen der §§ 8, 12 iVm 13 und 31 KBGG angeregt.

Die beklagte Partei hat in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 23. 9. 2008, 10 ObS 71/08a, die Revision der Klägerin schon deshalb für zulässig angesehen, weil Bedenken gegen die Verfassungskonformität der präjudiziellen Bestimmungen der §§ 8, 12, 13 und 31 KBGG in der hier anzuwendenden Fassung bestanden haben, und beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 B-VG einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag gestellt. Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wurde gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten. Der Verfassungsgerichtshof wies mit seinem Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 128/08-8 diesen Gesetzesprüfungsantrag ab, weil er die in diesem Antrag und auch die in den anderen Gesetzesprüfungsanträgen vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilte. Nach Zustellung dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs war das Revisionsverfahren von Amts wegen fortzusetzen.

Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs erweisen sich die von der Revisionswerberin gegen die maßgebende Gesetzeslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken als nicht berechtigt. Soweit sie in ihrem Rechtsmittel in diesem Zusammenhang auch geltend macht, die beklagte Partei hätte die komplizierte Berechnungsweise für die Ermittlung des maßgeblichen Jahresbetrags hinsichtlich einer möglichen Überschreitung der Freigrenze ausführlicher erklären müssen, ist auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs in seinem erwähnten Erkenntnis vom 26. 2. 2009 zu verweisen, wonach die Bezugsberechtigten vom zuständigen Krankenversicherungsträger ein Informationsblatt erhalten haben, aus dem ihre Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Kinderbetreuungsgeldbezug hervorgehen und in dem der erforderliche Rechenvorgang eingehend beschrieben und mit Beispielen erläutert ist, sodass es auch ohne subtile Sachkenntnis möglich und zumutbar gewesen sei, sich vom Inhalt des § 8 KBGG Kenntnis zu verschaffen und den für die im KBGG festgelegten Grenzbeträge bzw Freigrenzen maßgeblichen Gesamtbetrag der Einkünfte nach dieser Bestimmung zu ermitteln. Im Übrigen handelt es sich im Falle der Klägerin um einen Ganzjahresbezug des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld und auch der andere Elternteil (Lebensgefährte der Klägerin) hat im gesamten Kalenderjahr 2003 Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 8 Abs 1 Z 2 KBGG konnte daher im Falle der Klägerin ohne Notwendigkeit einer Hochrechnung der Einkünfte auf ein Jahreseinkommen errechnet werden. Die Vorinstanzen haben auch bereits darauf hingewiesen, dass die hier maßgebende Freigrenze von 18.000 EUR durch die vom Lebensgefährten der Klägerin im Kalenderjahr 2003 erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb sehr erheblich, nämlich um 74.229,22 EUR, überschritten wurde.

Einer Berücksichtigung der weiteren Revisionsausführungen der Klägerin, sie habe die empfangene Leistung gutgläubig verbraucht und das Rückforderungsrecht der beklagten Partei sei gemäß § 31 Abs 7 KBGG verfristet, steht schon das auch im Sozialrechtsverfahren geltende Neuerungsverbot (§ 63 ASGG) entgegen. Es hat aber bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt, dass diese von der Klägerin erstmals im Rechtsmittelverfahren erhobenen Einwände auch inhaltlich nicht berechtigt sind, zumal die hier maßgebende Rückforderungsbestimmung des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG lediglich auf den objektiven Umstand des Nichtvorliegens der Anspruchsvoraussetzungen abstellt.

Schließlich vertritt die Klägerin noch die Ansicht, den Sozialgerichten stehe auch die Kompetenz für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht zurückzuzahlender Beträge in Härtefällen gemäß § 31 Abs 4 KBGG zu.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

§ 31 Abs 4 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) sieht unter anderem vor, dass der Krankenversicherungsträger bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände (Härtefälle), insbesondere in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Empfängers,

1. die Erstattung des zu Unrecht bezahlten Betrags in Teilbeträgen (Ratenzahlungen) zulassen,

  1. 2. die Rückforderung stunden,
  2. 3. auf die Rückforderung verzichten kann.

    Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung die Kriterien für Härtefälle sowie Art und Weise der Rückforderung festzulegen.

    Nach § 1 der KBGG-Härtefälle-Verordnung (BGBl II 2001/405) gelten in Bezug auf die Einkommensgrenze als Härtefälle:

    a) Fälle einer geringfügigen, unvorhersehbaren Überschreitung der Zuverdienstgrenze. Eine geringfügige, unvorhersehbare Überschreitung liegt nur dann vor, wenn die Grenzbeträge gemäß den §§ 2 Abs 1 Z 3 und 9 Abs 3 KBGG um nicht mehr als 10 % überstiegen werden. In solch einem Fall ist auf die Rückforderung zu verzichten.

    b) Fälle, in denen die Voraussetzungen für eine Rückforderung dem Grunde nach erfüllt sind, jedoch aufgrund der individuellen Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des/der Verpflichteten eine Rückforderung ganz oder teilweise oder zum gegebenen Zeitpunkt als unbillig erscheint.

    Seit der Änderung der KBGG-Härtefälle-Verordnung durch die Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen, ausgegeben am 26. 2. 2004 (BGBl II 2004/91), gilt eine geringfügige, unvorhersehbare Überschreitung der in § 2 Abs 1 Z 3 KBGG und § 9 Abs 3 KBGG vorgesehenen Zuverdienstgrenzen um nicht mehr als 15 % als Härtefall, bei dem von einer Rückforderung der ausbezahlten Leistungen abzusehen ist. Nach § 4 der KBGG-Härtefälle-Verordnung (BGBl II 2004/91) tritt lit a in der Fassung dieser Verordnung mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft und gilt für Geburten nach dem 31. 12. 2001.

    Die Bestimmung des § 31 Abs 4 letzter Satz KBGG wurde zwar mit der Novelle BGBl I 2007/76 insofern geändert, als an die Stelle der Verordnungsermächtigung der Verweis auf die §§ 60 bis 62 BHG trat, weshalb die KBGG-Härtefälle-Verordnung mit Ablauf des 31. 12. 2007 außer Kraft getreten ist; sie ist jedoch auf Anspruchsüberprüfungen der Kalenderjahre 2002 bis 2007 weiterhin anzuwenden (§ 49 Abs 15 KBGG).

    Allgemein ist zunächst auszuführen, dass die KBGG-Härtefälle-Verordnung zwei unterschiedliche Härtefalltatbestände festlegt:

    Gemäß § 1 lit a KBGG-Härtefälle-Verordnung gelten als Härtefälle die Fälle einer geringfügigen (nicht mehr als 15 %) und unvorhersehbaren Überschreitung der Zuverdienstgrenze gemäß den §§ 2 Abs 1 Z 3 und 9 Abs 3 KBGG. Dieser Härtefalltatbestand kommt im vorliegenden Fall schon deshalb nicht zum Tragen, da bei der Klägerin keine Überschreitung der Zuverdienstgrenze der für den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld durch eigene Einkünfte gemäß § 9 Abs 3 KBGG sondern eine Überschreitung der Freigrenze durch Einkünfte ihres Lebensgefährten gemäß den §§ 12 Abs 1 und 13 KBGG vorliegt. Als Härtefälle gelten gemäß § 1 lit b KBGG-Härtefälle-Verordnung weiters jene Fälle, in denen die Voraussetzungen für eine Rückforderung dem Grunde nach erfüllt sind, jedoch aufgrund der individuellen Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des/der Verpflichteten eine Rückforderung ganz oder teilweise oder zum gegebenen Zeitpunkt als unbillig erscheint. Dieses Ermessen kann vom Versicherungsträger jedoch erst nach Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheids oder Urteils über die Rückzahlungsverpflichtung ausgeübt werden. Auch eine Anwendung der Härtefallregelung des § 1 lit b der KBGG-Härtefälle-Verordnung kommt daher derzeit nicht in Betracht.

    Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass das Gericht gemäß § 89 Abs 4 ASGG die Leistungsfrist unter Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Versicherten nach Billigkeit bestimmen und insoweit die Zahlung auch in Raten anordnen kann. Eine Kompetenz zur gänzlichen oder teilweisen Nachsicht steht aber nur den Sozialversicherungsträgern, nicht den Gerichten zu (vgl Neumayr in ZellKomm § 65 ASGG Rz 17 mwN ua). Wie sich aus den Rechtsmittelausführungen eindeutig ergibt, strebt die Klägerin jedoch keine Ratenzahlung an, sondern begehrt eine gänzliche oder teilweise Nachsicht des von ihr rückzuzahlenden Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld. Eine solche Kompetenz steht aber den Gerichten nicht zu.

    Der Revision der Klägerin musste daher aus den dargelegten Gründen insgesamt ein Erfolg versagt bleiben.

    Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Klägerin auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Für einen Kostenersatz nach Billigkeit sind neben den rechtlichen (oder tatsächlichen) Schwierigkeiten des Verfahrens auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Versicherten maßgebend. Aktuelle berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin, welche einen ausnahmsweisen Kostenersatz nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht bescheinigt und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Die beklagte Partei hat als Versicherungsträger im Sinn des § 77 Abs 1 Z 1 ASGG die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung ohne Rücksicht auf den Ausgang des Verfahrens selbst zu tragen.

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