Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Bezeichnung der beklagten Partei von "Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter" auf deren Gesamtrechtsnachfolgerin "Pensionsversicherungsanstalt" zu berichtigen war (§ 538a ASVG idF 59. ASVG-Novelle, BGBl I 2002/1).
Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Den Revisionsausführungen ist noch folgendes entgegenzuhalten:
Der Kläger hat am 23. 1. 1981 in der Bundesrepublik Deutschland nach Absolvierung eines 12-wöchigen Kurses die Prüfung zum "geprüften Baumaschinenführer" in der Fachrichtung Erd- und Tiefbau bestanden. Er war in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (1. 2. 1999) 170 Monate als Baumaschinenführer (Bagger, Caterpillar, Walzen) berufstätig, wobei er bis 1997 in der Bundesrepublik Deutschland arbeitete. Anschließend war er 1998 kurzfristig in Österreich als Baggerfahrer beschäftigt. Seit 23. 9. 1998 geht er keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung mehr nach. Die Landesversicherungsanstalt Oberbayern verpflichtete sich am 15. 3. 2002 in einem vor dem Sozialgericht München geschlossenen Vergleich, dem Kläger die gesetzlichen Leistungen wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer bei einem Leistungsfall vom 15. 3. 2002 zu erbringen.
Der Auffassung des Berufungsgerichtes, dass die vom Kläger in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Tätigkeit eines geprüften Baumaschinenführers nach ihrem festgestellten Inhalt nicht als Tätigkeit in einem angelernten Beruf (§ 255 Abs 2 ASVG) zu qualifizieren ist, hält der Revisionswerber entgegen, es könne nicht sein, dass seine Tätigkeit als Baumaschinenführer im deutschen Pensionsverfahren als qualifizierte Tätigkeit anerkannt werde, in Österreich aber nicht, und innerhalb der Europäischen Union eine Person in einem Staat Berufsschutz genieße, in einem anderen jedoch nicht.
Diesen Ausführungen ist nicht beizupflichten. Eine Bestimmung des Inhaltes, dass österreichische Versicherungsträger das Vorliegen von Invalidität oder Berufsunfähigkeit nach deutschen Rechtsvorschriften zu prüfen hätten, ist dem Abkommen zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über soziale Sicherheit vom 22. 12. 1966, BGBl 1969/382 in der geltenden Fassung nicht enthalten.
Sind nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten Versicherungszeiten zurückgelegt, so werden sie für das Recht auf freiwillige Versicherung sowie für den Erwerb eines Leistungsanspruches zusammengerechnet, soweit sie nicht auf dieselbe Zeit entfallen. In welchem Ausmaß Versicherungszeiten zurückgelegt und für welche der genannten Tatsachen sie zusammenzurechnen sind, richtet sich nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Versicherung diese Zeiten zurückgelegt sind (Art 26 Abs 1 des Abkommens). Beansprucht ein Versicherter, für den die Voraussetzungen des Art 26 Abs 1 zutreffen, eine Pension oder Rente, so stellt nach Art 27 Abs 1 der zuständige Träger jedes Vertragsstaates nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften fest, ob die betreffende Person unter Berücksichtigung der vorgesehenen Zusammenrechnung der Versicherungszeiten Anspruch auf die Pension oder Rente hat. Die Feststellung der Leistung erfolgt also durch den leistungszuständigen Versicherungsträger, der die für ihn maßgebenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften anzuwenden hat. Die Bindung eines Vertragsstaates an die Feststellung eines anderen Vertragsstaates, dass Invalidität oder Berufsunfähigkeit vorliegt, ist auch im zitierten Abkommen nicht vorgesehen (10 ObS 19/97k = SSV-NF 11/18).
Art 6 der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 bestimmt, dass diese Verordnung im Rahmen ihres persönlichen und sachlichen Geltungsbereiches an die Stelle der bilaterialen und multilateralen Abkommen über soziale Sicherheit tritt. Sie sind damit nicht außer Kraft getreten, sondern werden durch die Verordnung nur insofern verdrängt, als sie einerseits EU-(EWR-)Bürger betreffen und andererseits nicht unter anderem günstigere Regelungen ausnahmsweise vorgehen bzw vom Gemeinschaftsrecht (überhaupt) nicht geregelte Punkte solcher Abkommen gleichfalls unberührt bleiben (10 ObS 304/97x = SSV-NF 12/2; 10 ObS 34/01z = SSV-NF 15/46 mwN; RIS-Justiz RS0107577). Das Abkommen Österreich-Bundesrepublik Deutschland enthält keine günstigeren Bestimmungen (10 ObS 19/97k).
Auch in der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 findet sich keine Norm, wonach das Vorliegen von Invalidität oder Berufsunfähigkeit nach einer anderen als einer inländischen Norm zu prüfen ist (10 ObS 19/97k; RIS-Justiz RS0107575). Grundsätzlich soll europäisches Sozialrecht ja nicht ein einheitliches europäisches sozialrechtliches Sachrecht hervorbringen: Das Gemeinschaftsrecht lässt das sozialrechtliche Sachrecht der Mitgliedstaaten - jedenfalls grundsätzlich - unberührt. Der Gemeinschaft steht auch keine allgemeine Rechtsetzungsbefugnis für das sozialrechtliche Sachrecht zu, weshalb sie auch nicht eine Harmonisierung der Sozialleistungssysteme schaffen kann (10 ObS 19/97k mwN). Da die im Bereich der sozialen Sicherheit auf Wanderarbeitnehmer anzuwendenden Verordnungen, insbesondere die Verordnung (EWG) Nr 1408/71 bloß eine Koordinierung, nicht aber eine Harmonisierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit bezwecken, hat die Beurteilung, ob die Leistungsvoraussetzungen für einen Pensionsanspruch erfüllt sind, für jeden Staat, in dem eine Leistung in Anspruch genommen wird, gesondert und unabhängig voneinander zu erfolgen (10 ObS 47/02p = SSV-NF 16/10). Die Art 13 bis 17 der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 enthalten daher auch im Wesentlichen internationale Kollisionsnormen, die den Rechtsanwender jeweils nur dazu berechtigen, dass eigene Sachrecht auf die ihm zur Gestaltung oder Entscheidung überantworteten Sachverhalte anzuwenden. Die Kollisionsnormen des europäischen Sozialrechtes erlauben dem Rechtsanwender dagegen nicht, sein Handeln auf ein anderes Recht als das des Staates zu stützen, der diese Behörden ausgestaltet und gebildet hat (10 ObS 19/97k mwN). Sozialrechtliche Regelungen verbleiben daher grundsätzlich - dh unter Beachtung des Gebotes der Gleichbehandlung unter den EU-Bürgern - in der Regelungsmacht der einzelnen Mitgliedstaaten (10 ObS 19/97k mwN). Die Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 über die Leistungen bei Invalidität (Art 37 bis 43) regeln die Leistungsberechtigung hinsichtlich einer Invaliditätsleistung bei Zurücklegung von Zeiten in mehreren Mitgliedstaaten (Art 37 bis 40), die Auswirkung der Verschlimmerung des Invaliditätszustandes auf den Leistungsanspruch (Art 41) sowie die sich bei Wiederaufnahme unterbrochener oder entzogener Invaliditätsleistungen sowie bei Umwandlung einer Invaliditätsrente in ein Altersruhegeld stellenden Folgeprobleme, falls die Rente auf Grund von Anwartschaften mehrerer Mitgliedstaaten erbracht und berechnet wird. Im Mittelpunkt der Regelungen steht die Sicherung der internationalen Wirkungen nationalen Rechtes durch Zusammenrechnung der in verschiedenen Mitgliedstaaten verbrachten Wohn-, Beschäftigungs- oder Versicherungszeiten. Dagegen ist für die Ermittlung der Leistungshöhe der Träger jedes einzelnen Mitgliedstaates allein berufen (Art 39); dieser errechnet auch die Höhe der Leistungen nur aus den unter seinem Recht zurückgelegten Anwartschaften (10 ObS 19/97k mwN).
Art 40 Abs 4 der VO (EWG) Nr 1408/71 eröffnet allerdings den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, auf Grund der Vereinbarung einer hinreichenden Konkordanz in der Umschreibung der Invalidität als Versicherungsfall zu bestimmen, dass die Entscheidung des Trägers eines Mitgliedstaates über das Bestehen der Invalidität auch die Beteiligten anderen Mitgliedstaaten bindet. Von dieser Möglichkeit haben aber nur Frankreich, Italien, Luxemburg Gebrauch gemacht (Anh V zur VO; 10 ObS 19/97k mwN; Schuler in Fuchs, Komm z Europäischen Sozialrecht3 320). Für den Kläger ist daher nichts daraus zu gewinnen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland Leistungen wegen Berufsunfähigkeit erhält. Eine Bindung an den vom Kläger mit dem deutschen Sozialversicherungsträger geschlossenen Vergleich besteht nicht.
Das österreichische innerstaatliche Recht enthält keine Regelung, ob durch die Ausübung eines qualifizierten Berufes im Ausland überhaupt Berufsschutz gemäß § 255 Abs 1 und 2 ASVG erworben werden kann. Es stellt grundsätzlich auf einen innerstaatlichen Versicherungsverlauf ab. Die bisherige Berufstätigkeit und ihr qualitativer Wert kann aber auch nach einer im Ausland verrichteten Tätigkeit zu beurteilen sein, wenn dies durch zwischenstaatliches oder überstaatliches Recht angeordnet wird (10 ObS 177/99b = SSV-NF 14/92).
Die durch die Verordnung (EWG) Nr 2000/83 eingefügte Nr 15 des Anhanges VI Abschnitt C der VO (EWG) Nr 1408/71 bestimmte:
"Ist nach den deutschen Rechtsvorschriften für den Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit oder Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit oder Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit auf dem bisherigen Beruf abzustellen, so werden bei der Prüfung dieses Anspruches nur nach deutschen Rechtsvorschriften versicherungspflichtige Beschäftigungen berücksichtigt."
Nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 7. 6. 1988, Rs 20/85-Roviello, Slg 1988, 2805, 2847, ist diese Bestimmung insofern ungültig, als nach ihr dann, wenn nach den deutschen Rechtsvorschriften - unter anderem - für den Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit auf dem bisherigen Beruf abzustellen ist, bei der Prüfung dieses Anspruches nur nach deutschen Rechtsvorschriften versicherungspflichtige Beschäftigungen berücksichtigt werden sollten. Aus der Begründung des Urteiles ergibt sich, dass der EuGH in der Beschränkung darauf, die im Inland erworbene Qualifikation anzuerkennen, eine versteckte Diskriminierung ausländischer Wanderarbeiter gesehen hat, weil dieser Beschränkung zu einer Behinderung der Freizügigkeit der Arbeiter innerhalb der Gemeinschaft (Art 39 EG) führen würde.
Obgleich aus dem gemeinschaftsrechtlich normierten Gebot der Zusammenrechnung von Versicherungszeiten (Art 38 VO (EWG) Nr 1408/71) nicht unmittelbar die Berücksichtigung des beruflichen Aufstieges folgt (Eichenhofer in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechtes III 1419), so ist dies doch aus der eben angeführten Rechtsprechung des EuGH abzuleiten (Eichenhofer aaO; Egger, EWR-Übereinkommen - wichtige Auswirkungen auf das österreichische Sozialrecht, WBl 1992, 147, 153; BSGE 64/15). Die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erworbenen Versicherungszeiten sind dann in Österreich nicht nur hinsichtlich der Erfüllung der Wartezeit (§ 254 Abs 1 Z 2 iVm § 236 ASVG), sondern auch für die Frage von Bedeutung, von welcher Berufstätigkeit bei der Beurteilung des inländischen Versicherungsfalles auszugehen ist. Demnach ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Versicherungszeiten des Klägers auch hinsichtlich der beruflichen Qualifikation für die Frage des Berufsschutzes so zu beurteilen sind wie in Österreich zurückgelegte Versicherungszeiten. Ferner hat es richtig erkannt, dass die Frage, ob der Kläger auf Grund der im Ausland ausgeübten Tätigkeit Berufsschutz erworben oder ein bereits zuvor bestandener Berufsschutz erhalten wurde, nach österreichischen Rechtsvorschriften zu prüfen ist (10 ObS 177/00b ua).
Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob die Voraussetzungen für die Annahme eines angelernten Berufes (§ 255 Abs 2 ASVG) vorliegen. Ein angelernter Beruf im Sinne dieser Gesetzesstelle liegt dann vor, wenn für seine Ausübung qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeit erforderlich waren, welche jenen in einem österreichischen Lehrberuf gleichzuhalten sind (10 ObS 177/00b ua). Da der Kläger im Beobachtungszeitraum des § 255 Abs 2 ASVG überwiegend in der Bundesrepublik Deutschland tätig war, ist für die Frage, ob ihm Berufsschutz zukommt, entscheidend, ob es sich bei der dort von ihm verrichteten Arbeit eines Baumaschinenführers um eine solche handelte, die im Sinn des § 255 Abs 2 ASVG qualifiziert war. Dies hat das Berufungsgericht auf Grund des festgestellten Inhaltes der verrichteten Tätigkeit und der hiefür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SSV-NF 7/109, 9/35) rechtsfehlerfrei verneint. Gegen die Richtigkeit dieser Beurteilung wird in der Revision außer dem eingangs angeführten, aber widerlegten Argument nichts vorgebracht. Dass die Voraussetzungen für eine Invaliditätspension nach dem also hier anzuwendenden § 255 Abs 3 ASVG nicht erfüllt sind, wird vom Kläger selbst nicht in Zweifel gezogen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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