Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der an das Berufungsgericht gerichtete Antrag der Klägerin auf Abänderung des Unzulässigkeitsausspruches dahin, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde, ist verfehlt, weil in Streitigkeiten in Arbeits- und Sozialrechtssachen (§ 502 Abs 5 Z 4 ZPO in der Fassung der ZVN 2002, BGBl I Nr 76/2002) gemäß § 505 Abs 4 ZPO eine außerordentliche Revision erhoben werden kann, wenn das Berufungsgericht im Berufungsurteil - wie hier - nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ausgesprochen hat, dass die ordentliche Revision nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist. Einer Abänderung des Ausspruches für die Zulässigkeit der Revision durch das Berufungsgericht bedarf es in diesem Fall nicht (10 ObS 159/03k mwN). Die Regelung des § 502 Abs 5 Z 4 ZPO bezweckt nämlich, Entscheidungen im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren im Hinblick auf die soziale Bedeutung der in diesem Verfahren zu regelnden Streitigkeiten den bestandrechtlichen Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 5 JN über eine Kündigung, Räumung oder das Bestehen des Vertrags über unbewegliche Sachen (§ 502 Abs 5 Z 2 ZPO) sowie den im § 49 Abs 2 Z 1, 2a, 2b und 2c JN bezeichneten familienrechtlichen Streitigkeiten (§ 502 Abs 5 Z 1 ZPO) in Ansehung der Revisionszulässigkeit gleichzustellen (vgl RV 962 BlgNR XXI. GP 45; RIS-Justiz RS0110049 [T8]).
Nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichtes nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Die von der Revisionswerberin als erheblich angesehene Rechtsfrage, ob ein Versicherter infolge Gehbehinderung (hier: "eingeschränkte Gehgeschwindigkeit") vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen ist, hatte der Oberste Gerichtshof zuletzt in den Entscheidungen 10 ObS 116/03m 10 ObS 153/02a und 10 ObS 248/03y zu beurteilen. Der erkennende Senat wiederholte darin seine in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätze, wonach der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit nach dem ASVG auch dann eingetreten ist, wenn der Versicherte (aus medizinischen Gründen) nicht mehr imstande ist, in zumutbarer Weise einen Arbeitsplatz zu erreichen. Bei der Beurteilung der Frage, ob dies der Fall ist, kommt es nicht auf die Verhältnisse am Wohnort des Versicherten, sondern auf die Verhältnisse am allgemeinen Arbeitsmarkt an. Vom Versicherten ist zu verlangen, dass er ein öffentliches Verkehrsmittel benützt, wenn ihm dies auf Grund seines körperlichen und geistigen Zustandes zugemutet werden kann. Nach der Rechtsprechung ist ein Versicherter solange nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen, als er ohne wesentliche Einschränkungen ein öffentliches Verkehrsmittel benützen und vorher sowie nachher ohne unzumutbare Pausen (mit angemessener Geschwindigkeit) eine Wegstrecke von jeweils 500 m zurücklegen kann (SSV-NF 2/105; 5/39; 6/109; 10/17 uva; RIS-Justiz RS0085049; RS0085001 [T 3 und T 4]; zuletzt 10 ObS 248/03y).
Dazu hat das Berufungsgericht - wie der Revisionswerber selbst festhält - die Feststellung des Erstgerichts, wonach der Anmarschweg des Klägers nicht eingeschränkt ist, weil ihm (nach dem festgestellten Leistungskalkül) zuzumuten ist, zweimal am Tag einen Fußweg von 500 m zurückzulegen und darüber hinaus die Verwendung von öffentlichen Verkehrsmittel möglich ist, als unbedenklich "übernommen und der Entscheidung zugrundegelegt" (Seite 2 der ao Revision). Die diesbezügliche Beweisrüge der Berufung hat das Gericht zweiter Instanz mit der Begründung verworfen, es sei nicht ersichtlich, weshalb der Kläger nicht in der Lage sein sollte - wie vom Sachverständigen dargelegt - in "behäbigem Gehtempo" den Arbeitsplatz zu erreichen; das Erstgericht habe daher die gewünschte Feststellung, der Kläger sei nur mehr in der Lage, mit langsamen, behäbigen Tempo zu gehen und der Anmarschweg sei darauf eingeschränkt, dass er "auch mit langsamen Gehen zurückgelegt werden kann und zumindest öffentliche Verkehrsmittel in der Art und Weise zur Verfügung stehen müssen, dass sie das Erreichen der Arbeitsstätte möglich machen" nicht getroffen.
Entgegen dem in der ao Revision aufrecht erhaltenen Standpunkt sind nähere Feststellungen zur exakten Geschwindigkeit, mit der der Kläger tatsächlich im Stande ist, sich fortzubewegen, schon deshalb entbehrlich, weil er ohnehin zugesteht, Anmarschwege - wenn auch mit "langsamer Geschwindigkeit" - zurücklegen zu können. Selbst wenn dadurch (infolge des "behäbigen" Tempos) ein über das "übliche Maß" hinausgehender Zeitaufwand notwendig sein, liegt die Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass allein dadurch noch kein Ausschluss vom Arbeitsmarkt gegeben sei, nämlich im Rahmen der zitierten Rechtsprechung des erkennenden Senates; denn danach begründet auch eine Gehgeschwindigkeit von (nur) 2 km/h (SSV-NF 10/17) oder 3 km/h (10 ObS 27/88 = ARD 4021/15/88) bzw die Notwendigkeit von - allenfalls sogar mehreren - Pausen im Ausmaß von bis zu 15 Minuten (SSV-NF 3/10; 5/39; 6/107; 10/17) keine Unzumutbarkeit, wenn dem Versicherten - wie hier - die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel möglich ist.
Die außerordentliche Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfragen zurückzuweisen.
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