Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 17.11.1947 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Sie war von Mai 1978 bis Jänner 1995 als Pflegerin (Hilfsschwester) in einem Pflegeheim in der Schweiz beschäftigt. Zu den von ihr verrichteten Pflegediensten gehörten das Waschen der Patienten, das Neuverbinden der Wundflächen bei Wundliegen, die Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme, das Richten der Betten, Wechseln der Windeln, Reichen der Leibschüssel, Baden oder Duschen und Umbetten der Patienten. Sie arbeitete generell unter der Führung des diplomierten Krankenpflegepersonals.
Auf Grund verschiedener Leidenszustände kann die Klägerin nur noch leichte Arbeiten mit weiteren Einschränkungen, nicht jedoch ihren bisherigen Beruf ausüben.
Das Erstgericht wies das auf Zuerkennung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1.4.1996 gerichtete Klagebegehren ab. Die Klägerin genieße keinen Berufsschutz und könne auf mehrere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, deren Belastung mit ihrem Leistungskalkül vereinbar sei.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die Klägerin sei als Hilfsschwester ohne zusätzliche Qualifikation beschäftigt gewesen und könne keinen Berufsschutz in Anspruch nehmen.
Die gegen dieses Urteil von der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene Revision ist nicht berechtigt.
Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung, daß die Klägerin die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Invaliditätspension nach § 255 ASVG nicht erfüllt, ist zutreffend.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß ein Stationsgehilfe oder eine Stationsgehilfin in einem Krankenhaus oder Pflegeheim keine Angestelltentätigkeit ausübt und die geminderte Arbeitsfähigkeit solcher Personen daher ungeachtet ihrer Versicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten nach der analog anzuwendenden Bestimmung des § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen ist (SSV-NF 8/48 mwN). Der Senat hat auch ausführlich begründet, daß es sich bei den Stationsgehilfen weder um einen erlernten noch um einen angelernten Beruf im Sinne des § 255 Abs 1 ASVG, sondern um einfache, im wesentlichen manuelle Tätigkeiten handelt, so daß die Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen ist (SSV-NF 5/71, 8/48). Dabei wurde der Umfang der Ausbildung für den Krankenpflegefachdienst und für die Sanitätshilfedienste, zu denen auch die Stationsgehilfen gehörten, eingehend verglichen.
Der Beruf des Pflegehelfers mit einer gegenüber dem bisherigen Stationsgehilfen erweiterten Ausbildung bzw erweiterten Berufsbild wurde erst durch das Bundesgesetz vom 28.6.1990, BGBl 449, mit dem das KrPflG geändert wurde, geschaffen. Nach den Gesetzesmaterialien (Bericht des Gesundheitsausschusses 1392 BlgNR. 17. GP über den Initiativantrag 401/A) wurde die Schaffung eines gesonderten Berufes bzw einer gesonderten Ausbildung für die Gruppe der alten Menschen sowohl für den Krankenpflegefachdienst als auch für den Hilfsdienst für nicht zielführend erachtet; das Ziel sollte vielmehr sein, besser ausgebildete Diplomschwestern und besser ausgebildete Hilfsdienste für eine Zusammenarbeit im Pflegeteam sowohl im stationären wie auch im ambulanten Bereich einzusetzen. Durch die erweiterte theoretische und praktische Ausbildung soll der Pflegehelfer zur Unterstützung von diplomierten Krankenpflegekräften, aber auch zur Unterstützung der von Ärzten und medizinisch-technischen Therapeuten durchgeführten Behandlungen sowohl im stationären Akutbereich als auch im stationären Langzeitbereich - insbesondere in Langzeitabteilungen von Krankenanstalten, in Pflegeheimen bzw Pflegeeinheiten von Altenheimen - insbesondere aber auch im Rahmen von Institutionen, die Hauskrankenpflege anbieten, einsetzbar sein. Für einen Übergangszeitraum sollten zur Vermeidung von Engpässen noch Stationsgehilfen tätig sein dürfen, mit 31.12.1995 erlosch jedoch die Berechtigung zur Ausübung dieses Berufes (§ 52 Abs 1 - nunmehr Abs 5 - letzter Satz KrPflG). Für die nach den bisherigen Vorschriften ausgebildeten Stationsgehilfen war die Erlangung der Berufsberechtigung als Pflegehelfer mit einer Zusatzausbildung vorgesehen, im Rahmen der Übergangsbestimmungen wurde vorgesehen, daß berufserfahrenen Stationsgehilfen zwar eine auf diese Berufserfahrung abgestellte ergänzende Schulung vermittelt, aber von der Ablegung einer kommissionellen Prüfung abgesehen wurde (Art II Abs 2 BGBl 1990/449). Nach den Übergangsregelungen in der Pflegehelferverordnung BGBl 1991/175 (§§ 21 ff) wird diese Ergänzungsausbildung für Personen, die das 50. Lebensjahr vollendet und vor dem 1.7.1990 bereits eine mindestens zehnjährige Berufstätigkeit als Stationsgehilfen ausgeübt haben, näher geregelt. Danach hat die Ergänzungsausbildung 40 Stunden zu betragen und ist in einem Zeitraum von höchstens zwei Wochen durchzuführen (§ 23 Abs 1). Die Ergänzungsausbildung hat die in Anlage 8 angeführten Unterrichtsfächer zu enthalten (§ 23 Abs 2): Einführung in die Gerontologie und Gerontopsychologie/Psychiatrie 20 Stunden, Kommunikationstraining und Konfliktbewältigung 20 Stunden, insgesamt daher 40 Stunden (vgl zu all dem Schwamberger, Krankenpflegegesetz, 59 ff, 72 ff, 146, 230 f, 239).
Nach dem neuen § 43a KrPflG umfaßt der Beruf des Pflegehelfers nunmehr die Betreuung pflegebedürftiger Menschen zur Unterstützung und unter Führung von diplomierten Krankenpflegepersonen sowie zur Unterstützung der von Ärzten und diplomiertem medizinisch-technischem Personal durchgeführten Behandlungen. In den neuen §§ 43 b bis 43 h KrPflG finden sich sodann Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften. Nach § 43 i Abs 1 erhalten Personen, die eine kommissionelle Prüfung mit Erfolg abgelegt haben, ein Zeugnis, in dem der Prüfungserfolg sowie die Berufsbezeichnung ("Pflegehelfer" - "Pflegehelferin") anzuführen ist. Nach § 52 Abs 2 KrPflG erstreckt sich die Berechtigung zur Berufsausübung nur auf den in der jeweiligen Urkunde bezeichneten Beruf. Nach § 52 Abs 5 KrPflG darf die Ausübung des Berufes als Pflegehelfer(in) weiters im Rahmen von Institutionen, die Hauskrankenpflege anbieten, jeweils unter der Führung diplomierter Krankenpflegepersonen erfolgen. Nach § 54 Abs 5 KrPflG ist schließlich eine zur Berufsausübung als Pflegehelfer berechtigte Person befugt, subkutane Insulininjektionen nach ärztlicher Anordnung vorzunehmen, wenn sie hiefür theoretisch und praktisch geschult wurde und sie der verantwortliche, zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Arzt im Einzelfall hiezu ermächtigt hat.
Die bisherigen Ausführungen zeigen, daß Pflegehelfer gegenüber den früheren Stationsgehilfen zwar besser ausgebildet sind, aber ihr nunmehriger Tätigkeitskreis nicht derart erweitert wurde, daß es berechtigt wäre, von der Leistung höherer nicht kaufmännischer Dienste zu sprechen. Wenngleich der Begriff dieser höheren nicht kaufmännischen Dienste im Gesetz nicht näher definiert ist, so werden doch von Lehre und Rechtsprechung hierfür im allgemeinen eine größere Selbständigkeit und Denkfähigkeit, höhere Intelligenz, Genauigkeit und Verläßlichkeit sowie vor allem die Fähigkeit der Beurteilung der Arbeiten anderer, Aufsichtsbefugnis sowie überwiegende nicht manuelle Arbeiten und gewisse Einsicht in den Produktionsprozeß oder Arbeitsablauf gefordert (SSV-NF 8/48 mwN), also Kriterien, die überwiegend beim Beruf des Pflegehelfers nicht gegeben sind. Entscheidend ist vor allem, daß die Tätigkeit eines Pflegehelfers stets der Führung von diplomierten Krankenpflegepersonen unterliegt, denen also eine Anleitungs- und Aufsichtsbefugnis zukommt. Beim Beruf des Pflegehelfers handelt es sich also nicht um einen Angestelltenberuf im Sinne des Angestelltengesetzes (so bereits 10 ObS 33/97v - unveröffentlicht).
Die Revisionswerberin räumt ein, daß sie weder eine kommissionelle Prüfung gemäß § 43i KrPflG abgelegt noch eine Zusatzausbildung absolviert hat und daher auch nicht berechtigt ist, die Berufsbezeichnung "Pflegehelfer" zu führen. Sie vertritt aber die Auffassung, daß sie durch praktische Arbeit Kenntnissse und Fähigkeiten erworben habe, die jenen im Beruf des Pflegehelfers gleichzuhalten seien; sie habe daher zumindest einen angelernten Beruf im Sinne des § 255 Abs 1 und 2 ASVG ausgeübt und genieße Berufsschutz.
Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß es (ebenso wie zu 10 ObS 33/97v) im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben kann, ob ein ordnungsgemäß ausgebildeter Pflegehelfer in einem erlernten oder angelernten Beruf tätig ist. Voraussetzung für die Anwendung des Berufsschutzes nach § 255 Abs 1 ASVG ist nämlich, daß der Versicherte überwiegend in erlernten (angelernten) Berufen tätig war. Nach § 255 Abs 2 Satz 2 ASVG gelten als überwiegend im Sinne des Abs 1 solche erlernte (angelernte) Berufstätigkeiten, wenn sie in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate nach dem ASVG während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag ausgeübt wurden. Nach den Feststellungen war die Klägerin von Mai 1978 bis 31.1.1995 in der Schweiz als Pflegerin ("Hilfsschwester") beschäftigt. Sie kann jedoch keine Berufsschutz als Pflegehelferin für sich in Anspruch nehmen. Der Hinweis der Revisionswerberin auf ihre durch langjährige Arbeit erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten schlägt nicht durch. Nach ständiger Rechtsprechung des Senates (SSV-NF 2/98, 7/129 uva; RIS-Justiz RS0084616) genügt es nämlich für die Annahme eines angelernten Berufes nicht, daß der Versicherte die Kenntnisse und Fähigkeiten, die jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind, besitzt; diese müssen vielmehr für die von ihm ausgeübte konkrete Berufstätigkeit auch erforderlich, also Voraussetzung hiefür gewesen sein (arg. "erforderlich" in § 255 Abs 2 ASVG). Dies ist bei der konkreten, oben beschriebenen Berufstätigkeit der Klägerin als "Hilfsschwester" in einem Pflegeheim nicht anzunehmen. Wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, muß sie sich auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen; sie haben diese Verweisbarkeit zutreffend bejaht, ohne daß die Klägerin in ihrer Revision dem etwas entgegenhalten kann.
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht dargetan und ergeben sich auch nicht aus dem Akteninhalt.
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