OGH 10ObS382/98v

OGH10ObS382/98v29.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter MR DI Gustav Poinstingl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und ADir Winfried Kmenta (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialechtssache der klagenden Partei Helmuth M*****, vertreten durch Dr. Peter Steinbauer, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), 1081 Wien, Josefstädter Straße 80, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kostenübernahme infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. August 1998, GZ 7 Rs 123/98g-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 3. Februar 1998, GZ 32 Cgs 89/97w-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 19. 3. 1939 geborene Kläger ist Gendarmeriebeamter und leidet seit Jahren an ausgeprägten Durchschlafstörungen, die zu einer Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit tagsüber führen. Wegen dieser Schlafstörungen begab sich der Kläger in der Zeit vom 9. 1. 1997 bis 13. 2. 1997 in Behandlung der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. Sch***** und wurde in diesem Zeitraum sechsmal mit Akupunktur behandelt, wofür ihm mit Honorarnote vom 13. 2. 1997 ein Betrag von S 2.160,-- in Rechnung gestellt wurde.

Schlafstörungen können isoliert im Rahmen einer länger dauernden körperlichen oder psychischen Belastungssituation sowie bei neurotischen Verhaltensstörungen, aber auch bei psychisch Gesunden auftreten. Auch wenn keine psychopathologischen Auffälligkeiten faßbar sind, ist die Behandlung durch einen psychiatrisch tätigen Facharzt vorzunehmen. Zusätzlich besteht auch die Möglichkeit der Vermeidung von Schlafstörungen auslösenden Situationen sowie das Bewußtwerden schlaffördernder Strategien (Wahl des Schlafraums, Entspannungsübungen vor dem zu Bett gehen, diätetische Maßnahmen usw). Weiters besteht auch die Möglichkeit, durch schlaffördernde Medikamente eine Stabilisierung des Biorythmus zu erreichen, wobei ausreichend Pharmaka zur Verfügung stehen, die mit keinem "Hang over-Effekt" einhergehen. Es gibt derzeit verschiedene Medikamente, die solche Substanzen aufweisen, wie sie im Gehirn vorhanden sind und welche für das Einschlafen bzw Durchschlafen verantwortlich sind. Durch derartige Medikamente wird man in einen Tiefschlaf wie bei einem gesunden Menschen versetzt.

Der Kläger weist ansonsten einen normalen psychischen Befund auf. Eine Depression war nicht Ursache seiner Schlafstörungen. Solche Schlafstörungen kommen vor allem bei Menschen vor, die aufgrund ihrer Tätigkeit eine regelmäßige Bettruhe nicht einhalten können. Wissenschaftlich ist die Methode der Akupunktur für die Behandlung von Schlafstörungen nicht anerkannt.

Mit Bescheid vom 10. 4. 1997 gab die beklagte Partei dem Antrag des Klägers vom 30. 12. 1996 auf Ersatz der Kosten der von Dr. Sch***** in Rechnung gestellten Behandlungen nicht statt.

Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage stellte der Kläger das Begehren, die beklagte Partei zur Zahlung eines Betrages von S 1.728,-- samt 4 % Zinsen seit 1. 3. 1997 zu verpflichten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den eingangs zusammengefaßt wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, daß die vorgenommene Akupunkturbehandlung der Schlafstörung aus psychiatrischer Sicht als medizinisch nicht notwendig und zweckmäßig anzusehen sei (§ 52 Z 2 iVm § 62 Abs 2 B-KUVG).

Das Berufungsgericht gab der vom Kläger erhobenen Berufung nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und schloß sich auch dessen rechtlicher Beurteilung an. Es könne nicht Aufgabe der Sozialgerichte sein, im Gegensatz zur Meinung des Obersten Sanitätsrates, der die Nadelakupunktur bloß für eine taxativ aufgestellte Reihe von Indikationen, in welche Schlafstörungen keine Aufnahme gefunden hätten, als Heilmethode anerkannt habe, diese Behandlung als wissenschaftlich anerkannte Heilmethode zu werten und hiefür eine neue Honorarposition zu schaffen. Dem Kläger wären eine Reihe erfolgversprechender schulmedizinischer Behandlungsmethoden zumutbar gewesen, welche vor Inanspruchnahme der Akupunkturbehandlung ausgeschöpft hätten werden müssen.

Weiters sprach das Berufungsgericht aus, daß die ordentliche Revision nach § 46 Abs 1 ASGG zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof bisher zum Kostenersatz für Akupunkturbehandlungen bei Schlafstörungen ohne vorherige Inanspruchnahme einer schulmedizinischen Methode noch nicht Stellung genommen habe und dieser Frage über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, das bekämpfte Urteil im Sinne einer Stattgebung seines Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, daß das Berufungsgericht die Nichtbeiziehung eines weiteren Sachverständigen (über alternative Behandlungsmethoden, speziell der Akupunkturbehandlung) geprüft und eine daraus abgeleitete Mangelhaftigkeit des Verfahrens verneint hat; ein solcher verneinter Verfahrensmangel erster Instanz kann daher im Revisionsverfahren nicht mehr neuerlich mit Erfolg geltend gemacht werden (SSV-NF 7/74 uva). Der darauf gestützte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO liegt damit nicht vor, was gemäß § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner weitergehenden Begründung bedarf.

Berechtigung kommt aber auch dem weiteren Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (§ 503 Z 4 ZPO) nicht zu. Dies aus folgenden Überlegungen:

Daß der Zustand des Klägers ein solcher im Sinne des sozialversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriffes des § 53 Abs 1 Z 1 B-KUVG als ein "regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht", ist, bestreitet auch die beklagte Partei nicht. Strittig ist vielmehr, ob das im Gesetz weiters festgelegte Ziel, nämlich Wiederherstellung, Festigung oder Besserung der Gesundheit und Dienstfähigkeit des Klägers (§ 62 Abs 2 B-KUVG), nur durch den Einsatz der Akupunktur (so der Standpunkt des Klägers) oder auch - und primär - durch die Bereitstellung von Heilmitteln (schlaffördernde Medikamente) als Form der Krankenbehandlung im Sinn des § 62 Abs 1 Z 2 B-KUVG erreicht werden könnte (so der Standpunkt der beklagten Partei und ihr folgend der Vorinstanzen).

Der Oberste Gerichtshof hat sich mit der Frage der Ersatzfähigkeit von Kosten für Akupunkturbehandlungen aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht seit Einführung der Sozialgerichtsbarkeit in die ordentliche Gerichtsbarkeit durch das am 1. 1. 1987 in Kraft getretene ASGG noch nicht zu befassen gehabt. Die bisherigen Entscheidungen des Höchstgerichtes, bei denen es auch um den Ersatz von Kosten für Akupunkturbehandlungen ging, betrafen entweder die Ersatzfähigkeit nach schadenersatzrechtlichen Kriterien gegenüber einem deliktischen (2 Ob 74/88) oder ex contractu haftenden Schädiger (5 Ob 625/89, 6 Ob 143/98t), die Berücksichtigungsfähigkeit derartiger Auslagen im Zusammenhang mit einem Unterhaltserhöhungsbegehren als Sonderbedarf (1 Ob 635/92) sowie schließlich die Zulässigkeit von Werbeaktivitäten ua mit Akupunkturbehandlungen aus wettbewerbsrechtlicher Sicht (4 Ob 73/95). Eine Auseinandersetzung mit der Akupunktur als ärztlicher Behandlungsmethode fand in diesen Entscheidungen nicht statt, weil dies auch nicht Gegenstand der jeweiligen Beurteilungen durch den Obersten Gerichtshof war. Auch die Entscheidung der Bundesschiedskommission vom 27. 11. 1993 SSV-NF 7/A7 befaßte sich nur mit der Kostenerstattung für Nadelakupunkturen (dort im Rahmen von wissenschaftlich anerkannten Indikationen) im Zusammenhang mit der Erbringung derartiger Leistungen als unter Umständen notwendige, jedoch in den Gesamtverträgen nicht vorgesehene Behandlungsmethode.

Nach Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch (255. Auflage), 38 handelt es sich bei der Akupunktur um eine aus der chinesischen Medizin stammende Therapiemethode des Nadelstechens (über sog Akupunkturpunkte und Meridiane) gegen funktionelle Störungen und Schmerzerkrankungen; sie ist heute auf das Nervensystem (Vegitativum) beziehbar und in ihrer Wirkung zum Teil naturwissenschaftlich erklärbar. Träger der Akupunkturwirkung sind die bekannten Leitungsbahnen (ua die peripheren Nerven), aber auch das Zentralnervensystem; ihre Wirkung basiert auf den neutralen Beziehungen zwischen oberflächlichen Körperschichten (Haut, Muskeln) und inneren Organen (vgl hiezu auch Haunschmid, Probleme der Über- und Unterversorgung im Gesundheitswesen, SozSi 1986, 15 [18 f]).

Gemäß § 52 Abs 1 Z 2 B-KUVG erbringt die gesetzliche Krankenversicherung aus dem Versicherungsfall der Krankheit die in den §§ 62 ff B-KUVG näher umschriebenen Leistungen; diese umfassen nach § 62 Abs 1 leg cit ärztliche Hilfe, Heilmittel oder Heilbehelfe und Hilfsmittel. Die Krankenbehandlung muß hiebei nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Nimmt ein Anspruchsberechtigter nicht Vertragspartner oder die eigenen Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) der Versicherungsanstalt zur Erbringung von Sachleistungen der Krankenbehandlung in Anspruch, so gebührt ihm nach § 59 Abs 1 B-KUVG der Ersatz der Kosten einer anderweitigen Krankenbehandlung bloß in Höhe des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner aufzuwenden gewesen wäre. Damit ist dem Patienten zwar grundsätzlich freie Arztwahl (SSV-NF 8/44), aber nicht auch freie Therapiewahl gesichert (vgl SSV-NF 9/B 8 [Landesberufungskommission für Wien]). Mit dem Vorbringen, daß diese Therapie seinen Gesundheitszustand durch Besserung (oder gar Wegfall) der bis dahin bestandenen Einschlafstörungen verändern habe können, kann ein Erfolg des Klagebegehrens sohin nicht herbeigeführt werden. Damit wird zwar die Zweckmäßigkeit der angewendeten Therapie angeschnitten, nicht aber an sich die weitere (und wesentliche) Frage, ob hiedurch nicht das Maß des Notwendigen überschritten wurde.

Auszugehen ist zunächst davon, daß die (Nadel-)Akupunktur - worauf die beklagte Partei bereits in ihrer Klagebeantwortung hingewiesen hat - vom Obersten Sanitätsrat (im folgenden kurz: OSR) im Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in seiner 173. Vollversammlung vom 11. 10. 1986 (nach bereits früherer Beratung und Prüfung in der 89. Vollversammlung vom November 1964, 90. Vollversammlung vom Jänner 1965, 130. Vollversammlung vom November 1974 und 163. Vollversammlung 1984) als wissenschaftlich anerkannte Heilmethode für analgetische Behandlungen nur bei bestimmten Indikationen erklärt wurde und insoweit damit auch eine "gewisse Anerkennung ... innerhalb der Außenseitermethoden" (so Binder, Zur Kostendeckung alternativmedizinischer Behandlungsmethoden durch die Krankenversicherung, RdM 1997, 39 [40]) gefunden hat. Dieser Beschluß des OSR wurde mit Erlaß des Bundeskanzleramtes (BKA) vom 9. 6. 1987, Zl 20.030/11-VI/A/3/87 allen Landeshauptmännern und Landessanitätsdirektoren zur Kenntnis gebracht (Mitteilungen der Österr. Sanitätsverwaltung, 1988/9, 311 ff; auszugsweise abgedruckt auch in Kux ua, Komm zum Ärztegesetz3, 348 ff [Anhang 20]). Im Indikationenkatalog dieses Beschlusses des OSR sind allerdings Schlafstörungen (in der hier verfahrensgegenständlich behaupteten Ausgestaltung) nicht enthalten; auf diesen Umstand stützte demgemäß die beklagte Partei auch ihre Leistungsablehnung bereits im bekämpften Bescheid vom 10. 4. 1997. Als Indikationen mit "ausreichender wissenschaftlicher Fundierung" werden derzeit nur folgende genannt (Abschnitt IV des zitierten Beschlusses des OSR):

Der OSR ist hiebei ein beratendes (gutachterliches: vgl VwGH in JBl 1996, 806 = RdM 1996/31 = ZAS 1997/23 = ZfVB 1997/1559) Gremium im Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Er hat seine Rechtsgrundlage im (Reichs-)Gesetz vom 30. 4. 1870 betreffend die Organisation des öffentlichen Sanitätsdienstes (kurz: Reichssanitätsgesetz) RGBl 1870/68 (§ 6 Abs 1 lit d, §§ 15 ff - damals noch "beim Ministerium des Innern" eingerichtet). Seitens des genannten (Nachfolge-)Ministeriums wurde ihm ab 1995 die Qualität einer Kommission gemäß § 8 Bundesministeriengesetz (BMG) 1986 BGBl 76 idgF zugewiesen. Wie Geppert, Effekte der angewandten Methode zur Kostenbegrenzung und deren Weiterentwicklung in SozSi 1989, 44 ff (konkret: 47) ausführt, pflegt die österreichische Sozialversicherung in ihre Leistungskataloge nur medizinisch-wissenschaftlich anerkannte ärztliche Tätigkeiten aufzunehmen und "orientiert sich hiebei an den Empfehlungen des OSR", welcher seinerseits "im allgemeinen der sog 'Schulmedizin' folgt".

Eine normative Regelung bezüglich der Qualifikation der Nadelakupunktur als wissenschaftlich anerkannte Heilmethode bei bestimmten Indikationen ist aus einem solchen Gutachten daraus nicht abzuleiten und besteht auch sonst nicht. Ob die Durchführung einer derartigen Therapie zur Behandlung eines konkreten Leidenszustandes den medizinisch-wissenschaftlich anerkannten Grundsätzen entspricht, ist daher eine Tatfrage. Hier haben die Vorinstanzen ihren Entscheidungen zugrunde gelegt, daß die Nadelakupunktur zur Behandlung von Schlafstörungen nicht wissenschaftlich anerkannt ist. Von dieser Feststellung, die im übrigen dem oben dargestellten Gutachten des Obersten Sanitätsrates entspricht, ist bei der rechtlichen Beurteilung auszugehen.

Nach den maßgeblichen, vom Berufungsgericht übernommenen und damit für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen gibt es (im Falle der beim Kläger gegebenen Schlafstörungen) verschiedene (konventionelle und damit auch von der beklagten Partei zu ersetzende) Medikamente, die solche Substanzen aufweisen, daß sie einen Tiefschlaf wie bei einem gesunden Menschen (ohne Nebenfolgen, insbesondere "Hang-over-Effekt") herbeiführen können und damit ebenfalls (gleichermaßen) erfolgversprechend sind - sofern nicht hiefür überhaupt die Vermeidung von Schlafstörungen auslösende Situationen bzw besondere schlaffördernde Strategien ausreichen. Davon, daß im konkreten Fall die gewählte Therapie gegenüber solchen herkömmlichen schulmedizinischen Maßnahmen geeigneter (oder überhaupt die einzig geeignete) gewesen sei, die Schlaflosigkeit rascher und effektiver zu beseitigen, kann nach diesen Feststellungen somit nicht ausgegangen werden, und auch der Revisionswerber selbst vermag derartiges nicht substantiell zu behaupten. Tatsächlich hat er nach seinem eigenen Vorbringen bisher nur die Präperate "Insodin" und "Trittico" versucht (ON 6). Nur wenn frühere Behandlungen auch mittels der von der Sachverständigen genannten (freilich nicht namentlich im einzelnen angeführten) Medikamente nicht zu einem entsprechenden Erfolg geführt hätten, könnte aber medizinische Notwendigkeit der in Anspruch genommenen Akupunkturbehandlungen (als "Außenseitermethode") angenommen werden (vgl etwa SSV-NF 10/30 = SZ 69/80 = JBl 1997, 126 = ZAS 1998/3 [dort zum Krebspräparat "Ukrain"]). Der einem Patienten grundsätzlich offenstehende Beweis, daß im Einzelfall eine wissenschaftlich (schulmedizinisch) noch nicht (allgemein) gesicherte Methode erforderlich war (SSV-NF 10/30 = SZ 69/80), wurde damit vom Kläger nach der für den Obersten Gerichtshof maßgeblichen Feststellungsgrundlage (ebenfalls) nicht erbracht.

Bereits in den Entscheidungen SSV-NF 3/154 und 8/19 = SZ 67/34 hat der Senat bei durchaus vergleichbaren Problemstellungen ausgesprochen, daß ein Kostenersatz für alternative (etwa homöopathische) Mittel - neben dem Erfordernis der erfolgreichen oder zumindest erfolgversprechenden Einsetzung - wie bei jeder sog Außenseitermethode nur gewährt werden könne, wenn ihr Einsatz einer zweckmäßigen Krankenbehandlung entspricht und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet, was voraussetze, daß zunächst eine zumutbare erfolgversprechende Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Regeln versucht wurde; selbiges wurde in den weiteren Entscheidungen SSV-NF 10/30 = SZ 69/80 (zustimmend besprochen von Mazal in DRdA 1997, 25 ff und Offenberger in ZAS 1998, 45) sowie SSV-NF 10/33 = SZ 69/87 = EvBl 1997/57 wiederholt: Kostenersatz für eine Außenseitermethode kann demnach immer erst dann erfolgen, wenn entweder eine zumutbare erfolgversprechende Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst nicht zur Verfügung steht oder eine solche erfolglos blieb. Der Senat folgte dabei auch stets dem Grundsatz, daß dann, wenn herkömmliche Behandlungsmethoden erfolgreich und ohne Nebenwirkungen angewandt werden konnten (bzw angewandt hätten werden können), kein Anlaß zur Kostenübernahme für alternative Heilmethoden durch den gesetzlichen Krankenversicherungsträger besteht (SSV-NF 10/33; Vogel, Medikation mit Auußenseitermethoden - eine Kostenfrage? RdM 1994, 108 [109]). Für den vorliegenden Fall ist es offenkundig und wurde so auch festgestellt, daß es zahlreiche schulmedizinische Methoden zur Behandlung von Durchschlafstörungen gibt; der Kläger hat die als Sachleistungen angebotenen Möglichkeiten (insbesondere etwa Behandlung durch einen Vertragsfacharzt für Neurologie und Psychiatrie) jedoch vor seiner Akupunkturbehandlung gar nicht in Anspruch genommen. Schon daraus folgt damit, daß keine der von der Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen für deren Kostenersatz gegeben sind, selbst wenn feststünde, daß die Alternativmethode im Einzelfall erfolgreich gewesen wäre (wobei der Umstand, daß der Kläger nachträglich die Behandlung eines solchen Facharztes - wie auch in der Revision hervorgehoben - doch in Anspruch nahm, wohl die Schlußfolgerung nahelegt, daß die Akupunktur tatsächlich erfolglos geblieben ist).

An diesem - somit klageabweislichen und damit die Entscheidung des Berufungsgerichtes bestätigenden - Ergebnis vermögen letztlich auch die jüngst von Binder (Zur Kostendeckung alternativmedizinischer Behandlungsmethoden durch die Krankenversicherung, RdM 1997, 39 ff) vertretenen und die Entscheidung des Senates SSV-NF 8/44 sowie die vom Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger verlautbarten aktuellen Richtlinien über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung gemäß § 131 Abs 5 Z 10 ASVG (im folgenden kurz: RÖK), Soziale Sicherheit, Amtliche Verlautbarung Nr. 40/1996, zustimmend zugrundelegenden Ansichten nichts zu ändern: Nach Auffassung des genannten Autors stehe einem Versicherten von Anfang an ("sofort und primär") eine ärztlich befürwortete, alternative Behandlungsmethode offen, die nach dem Prinzip der "Mischverrechnung" bis zur Höhe der Kosten der sonst notwendigen schulmedizinischen Methode abzugelten wäre, wenn sie erfolgreich ist bzw war. § 3 Abs 2 RÖK ordnet in seinem zweiten Satz jedoch selbst ausdrücklich an, daß die Krankenbehandlung "nach dem jeweiligen und aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft" zu erbringen ist; damit wird unzweifelhaft auf die in der Schulmedizin anerkannten Methoden abgestellt. Nur innerhalb der durch die Schulmedizin anerkannten Methoden ist dann aber auch eine Kosten-Nutzen-Rechnung (im Sinne des § 3 Abs 2) anzustellen; mit anderen Worten: "Mischverrechnung" könnte allenfalls dort erfolgen, wo sich zwei schulmedizinische Methoden mit unterschiedlichen Kosten gegenüberstehen Nach dem Gesetz (§ 59 Abs 1 B-KUVG) hat der Versicherte primär Anspruch auf die Gewährung von Sachleistungen. Nimmt er nicht die Vertragspartner (§ 128) oder die eigenen Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) der Versicherungsanstalt zur Erbringung der Sachleistungen der Krankenbehandlung (ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe und Hilfsmittel) in Anspruch, so gebührt ihm der Ersatz der Kosten einer anderweitigen Krankenbehandlung in der Höhe des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner aufzuwenden gewesen wäre. Kostenerstattung gebührt daher für bei Wahlärzten in Anspruch genommene Leistungen die ihrer Art nach den Leistungen entsprechen, die den ansonst durch die beklagte Partei über Vertragspartner oder in eigenen Einrichtungen zur Verfügung gestellten Sachleistungen entsprechen, in dem Ausmaß, in dem die beklagte Partei diese Leistungen ihren Vertragspartnern zu honorieren hätte. Diese Regelung läßt sich mit der von Binder sehr extensiv vorgeschlagenen "Mischverrechnung" nicht in Einklang bringen. Alternative Behandlungsmethoden sind nicht Gegenstand der Sachleistungsvorsorge, so daß diesbezüglich "entsprechende" Vertragspartner gar nicht zur Verfügung stehen. Der Grundsatz der freien Arztwahl, der mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Wahlärzten verwirklicht wurde, verfolgt nur den Zweck, dem Versicherten zu ermöglichen, den Arzt seines Vertrauens zur Erbringung der grundsätzlich von der Krankenversicherung bereitzustellenden Leistungen in Anspruch zu nehmen, nicht aber dazu, sich Leistungen zu verschaffen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu erbringen sind. Sollte aus der Entscheidung des Senates SSV-NF 8/19 = JBl 1994, 702 = DRdA 1995, 22 ein anderes Ergebnis ableitbar sein würde diese mißverstanden werden (zur auch in der vorliegenden Sozialrechtssache vom Senat vertretenen Auffassung und Lösung vgl jüngst auch Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 1, Krankenversicherungsrecht, Rn 22 zu § 66, wonach auch nach geltender deutscher Rechtslage "in den Fällen, in denen sowohl wirksame allgemein anerkannte als auch wirksame Außenseitermethoden zur Verfügung stehen, letztere nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung angewendet werden dürfen").

Der Revision kommt damit aus allen diesen Erwägungen keine Berechtigung zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch aus Billigkeit liegen nach der Aktenlage nicht vor und werden solche in der Revision auch nicht geltend gemacht.

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