Spruch:
Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen.
Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erstkläger leidet an einer chronischen Lumbo-Ischialgie. Auf Grund der bereits zweimal aufgetretenen Gastrointestinalblutungen darf er keine Antirheumatika einnehmen. Ist sein Krankheitszustand akut, lässt sich eine physikalische Behandlung nicht durchführen, weil sich die vorhandenen Schmerzen hiedurch noch verschlechtern würden. Antirheumatika, Salben und Einreibungen sind beim Erstkläger nahezu wirkungslos. Aus diesem Grunde wurden ihm von einem Facharzt für Neurochirurgie Thermalbäder verordnet, die ihn für eine gewisse Zeit schmerzfrei machen.
Die Zweitklägerin leidet infolge massiver degenerativer Veränderungen der gesamten Wirbelsäule mit nachgewiesenen Bandscheibenveränderungen an rezidivierenden, medikamentös kaum beherrschbaren beidseitigen Lumbo-Ischialgien mit zusätzlichen Polyarthralgien bei verifiziertem Morbus Crohn. Ferner besteht bei ihr eine beträchtliche Osteoporose und eine Femuropatellararthrose beidseits. Infolge einer Darmerkrankung ist eine Behandlung mit nicht steroidalen Antiphlogistika nicht möglich. Fangopackungen verursachen bei ihr starke Schmerzen und es sind auch Massagen nicht zielführend. Aus diesem Grunde wurden auch der Zweitklägerin von einem Facharzt für Neurochirurgie Thermalbäder neben der üblichen physikalischen Behandlung verordnet; insbesondere auch deshalb, weil sie auch eine Bewegungstherapie benötigt, die nur unter Wasser möglich ist. Durch diese Thermalbäder ist eine Linderung des Leidens zu erreichen.
Mit Bescheid der beklagten Partei vom 13. 10. 1995 wurde dem Antrag der Kläger vom 11. 9. 1995 auf Ersatz der Kosten der in der Kuranstalt Wildbad-Einöd über ärztliche Verordnung in Anspruch genommenen Thermalbäder gemäß §§ 52 Z 2 und 62 Abs 2 B-KUVG mit der Begründung nicht stattgegeben, dass es sich dabei nicht um eine notwendige Krankenbehandlung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn gehandelt habe.
Mit ihren dagegen erhobenen Klagen begehren die Kläger von der Beklagten die Zahlung von jeweils S 3.070, und zwar S 550 an Kosten für einen Zehner-Block zum zehnmaligen Eintritt in das Thermalbad und S 2.520 an Fahrtkosten zum Thermalbad im Wesentlichen mit der Begründung, dass es sich dabei um Kosten einer notwendigen Krankenbehandlung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn gehandelt habe.
Die beklagte Partei bestritt die Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und wendete im Wesentlichen ein, dass gemäß Punkt 13 Abs 4 der Krankenordnung der beklagten Partei Bäder, die nicht den für Heilbäder geltenden Voraussetzungen - dh Verabfolgung nach ärztlicher Vorschrift unter ärztlicher Aufsicht in ärztlich geleiteten Kuranstalten - entsprechen, nicht auf Rechnung der beklagten Partei gewährt werden. Die von den Klägern in Anspruch genommenen Thermalbäder erfüllten nicht diese Voraussetzungen, weil sie weder unter ärztlicher Aufsicht erfolgt seien, noch dabei physiotherapeutische Leistungen erbracht worden seien.
Das Erstgericht wies die beiden Klagebegehren ab. Es stellte im Wesentlichen noch fest, dass es sich bei der Kuranstalt Wildbad-Einöd um eine Kuranstalt im Sinn des Steiermärkischen Heilvorkommen- und Kurortegesetzes handelt. Die Anstalt besteht aus verschiedenen Teilbereichen wie beispielsweise dem Thermalbad, dem Bereich für physikalische Therapien und dem Kurbetrieb als Gesamtes. Im Thermalbadbereich erfolgt keine medizinische Behandlung. Es betreibt lediglich ein Mitarbeiter der Kuranstalt mit den Gästen kostenlos Gesundheitsübungen wie beispielsweise Wirbelsäulengymnastik. Das Thermalbad kann auch von Gästen ohne medizinische Verordnung bei Bezahlung des Eintrittspreises benutzt werden. Ebenso ist eine physikalische Therapie auch ohne Zuweisung durch einen Arzt möglich. Eine ärztliche Aufsicht ist im Bereich des Thermalbades nicht gegeben.
Die Kläger haben in der Kuranstalt keine ärztliche Hilfe oder medizinische Behandlung in Anspruch genommen; sie wurden auch nicht fachärztlich untersucht. Teilweise wurden von den Klägern ebenfalls ohne ärztliche Aufsicht auch Thermalwannenbäder in Anspruch genommen.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass den Klägern ein Kostenersatz für die von ihnen in Anspruch genommenen Thermalbäder nach § 62 B-KUVG iVm Punkt 13 Abs 4 der Krankenordnung der beklagten Partei nicht zustehe. Die Kuranstalt Wildbad-Einöd erfülle zwar grundsätzlich die Voraussetzungen, die für ein Heilbad gefordert werden, doch seien die von den Klägern konsumierten Bäder ohne ärztliche Hilfe und Aufsicht und ohne (begleitende) medizinische Behandlung durchgeführt worden. Der von den Klägern (neben den Fahrtkosten) begehrte Betrag von je S 550 betreffe nur die Kosten für einen Zehner-Block, der zum zehnmaligen Eintritt in den Thermalbadbereich berechtigt habe. Damit seien aber nicht sämtliche Voraussetzungen für einen Kostenersatz nach Punkt 13 Abs 4 der Krankenordnung erfüllt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen des von den Klägern geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinn des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass es sich bei Thermalwasser zwar um ein Heilmittel im Sinn des § 64 Abs 1 Z 2 B-KUVG handle, aus der Bestimmung des § 62 Abs 2 B-KUVG jedoch die Absicht des Gesetzgebers hervorgehe, die von den öffentlichen Krankenversicherungsträgern zu erbringenden Leistungen nicht ausufern zu lassen. Gewisse im Verordnungsweg verfügte Einschränkungen der Ersatzleistungen bezüglich der Inanspruchnahme solcher Mittel seien daher als gesetzeskonform anzusehen.
Eine Kostenübernahme von Thermal- oder Heilbädern durch die beklagte Partei habe nach Punkt 13 Abs 4 der als Verordnung zu wertenden Krankenordnung der beklagten Partei nicht nur zur Voraussetzung, dass die Kuranstalt unter ärztlicher Leitung stehe, sondern auch, dass die Verabreichung der Bäder nach ärztlicher Vorschrift und unter ärztlicher Aufsicht erfolge. Hier werde nur die zuerst genannte Voraussetzung erfüllt, da die Kuranstalt Wildbad-Einöd (insgesamt) unter ärztlicher Leitung stehe, nicht jedoch die zweitgenannte Voraussetzung, dass die einzelnen von den Klägern in Anspruch genommenen Bäder nach ärztlicher Vorschrift und unter ärztlicher Aufsicht verabreicht worden seien. Die Abweisung der beiden Klagebegehren durch das Erstgericht sei daher zu Recht erfolgt.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage eines Kostenersatzes für Thermalbäder fehle und dieser Frage allgemeine Bedeutung zukomme.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Kläger wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Es wird die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung als nichtig, hilfsweise deren Abänderung im Sinne einer Stattgebung der Klagebegehren beantragt. Ebenfalls hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist, soweit sie eine Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz geltend macht, unzulässig; im Übrigen ist sie zulässig, aber nicht berechtigt.
Eine Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz kann in der Revision nicht geltend gemacht werden, wenn der Nichtigkeitsgrund - wie im vorliegenden Fall - nach Geltendmachung in der Berufung schon vom Berufungsgericht verneint wurde; der Beschluss des Berufungsgerichtes ist gemäß § 519 ZPO unanfechtbar (vgl Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 2 zu § 503 und Rz 2 zu § 519 mwN ua). Auch dem Berufungsverfahren bzw der Berufungsentscheidung haftet keine Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 4 ZPO an. Es ist zwar richtig, dass eine Entscheidung des Berufungsgerichtes in nichtöffentlicher Sitzung trotz ausdrücklich beantragter mündlicher Berufungsverhandlung den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO verwirklichen kann (vgl RZ 1990/18 ua). Im gegenständlichen Fall liegt jedoch dieser Nichtigkeitsgrund im Hinblick auf die Bestimmung des § 44 Abs 2 ASGG nicht vor, weil das Erstgericht über einen den Geldwert von S 26.000 nicht übersteigenden Streitgegenstand entschieden hat und in diesem Fall eine mündliche Verhandlung über die Berufung nur anzuberaumen ist, wenn das Gericht dies im einzelnen Fall für erforderlich hält. Das Berufungsgericht war somit an den Antrag der Kläger auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht gebunden (vgl Kuderna, ASGG2 Anm 3 zu § 44 mwN). Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund liegt daher nicht vor.
Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO liegt ebenfalls nicht vor. Diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO keiner Begründung. Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen bereits das Berufungsgericht verneint hat, können im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (SSV-NF 7/74 mwN).
Auch den Ausführungen der Kläger in ihrer Rechtsrüge kommt keine Berechtigung zu.
Die beklagte Partei hat sich zur Begründung ihres Antrages auf Abweisung der Klage auf die Bestimmung des Punktes 13 Abs 4 der Krankenordnung der beklagten Partei, Amtliche Verlautbarung - Soziale Sicherheit Nr 13/1978 und Nr 14/1978 idF Nr 102/1992, berufen. Diese Bestimmung legte fest, dass Bäder, die nicht den für Heilbäder geltenden Voraussetzungen - dh Verabfolgung nach ärztlicher Vorschrift unter ärztlicher Aufsicht in ärztlich geleiteten Kuranstalten - entsprechen, nicht auf Rechnung der beklagten Partei gewährt werden. Diese Bestimmung, welche auf Grund der am 20. 3. 1996 in der Sozialen Sicherheit, Amtliche Verlautbarung Nr 42/1996, kundgemachten 20. Änderung der Krankenordnung der beklagten Partei auf Sachverhalte, die sich nach Ablauf des Tages dieser Kundmachung ereignen, nicht mehr anzuwenden ist, wäre im vorliegenden Fall noch anzuwenden, weil sich der den Kostenersatzbegehren der Kläger zu Grunde liegende Sachverhalt bereits im Jahr 1995 ereignet hat. Da der erkennende Senat gegen diese hier anzuwendende Bestimmung aus dem Grunde der fehlenden gesetzlichen Deckung Bedenken hatte, stellte er mit Beschluss vom 31. 8. 1999, 10 ObS 101/99x, beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 B-VG den Antrag, gemäß Art 139 Abs 4 B-VG auszusprechen, dass Punkt 13 Abs 4 der Krankenordnung der beklagten Partei in der hier maßgeblichen Fassung vor ihrer 20. Änderung gesetzwidrig war. Der Verfassungsgerichtshof sprach mit Erkenntnis vom 4. Oktober 2000, V 76/99-7, aus, dass Punkt 13 Abs 4 der Krankenordnung der beklagten Partei, kundgemacht in der Sozialen Sicherheit 1978, Amtliche Verlautbarungen Nr 13/1978 idF der am 15. 1. 1992 beschlossenen, mit Erlass des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 29. 5. 1992, Zl. 26.619/1-5/1992 genehmigten 18. Änderung der Krankenordnung, kundgemacht in den Amtlichen Verlautbarungen der Sozialen Sicherheit Nr 102/1992 vom 15. 10. 1992, gesetzwidrig war. Zur Begründung führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass weder § 456 Abs 1 ASVG noch eine Vorschrift im B-KUVG als ausreichende gesetzliche Deckung des angefochtenen Punktes 13 Abs 4 der Krankenordnung der beklagten Partei herangezogen werden könnte. Die angefochtene Verordnungsregelung entbehre somit der gesetzlichen Deckung.
Es ist daher die von der beklagten Partei zur Begründung ihres Antrages auf Abweisung der Klage herangezogene Bestimmung des Punktes 13 Abs 4 der Krankenordnung auf den vorliegenden Anlassfall nicht mehr anzuwenden (Art 139 Abs 6 B-VG). Zur Prüfung der Berechtigung des Kostenersatzbegehrens der Kläger verbleiben somit die Bestimmungen der §§ 62 ff B-KUVG. Nach § 62 Abs 2 B-KUVG muss die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Dienstfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden. Die Leistungen der Krankenbehandlung werden, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird, als Sachleistungen erbracht. Nach § 62 Abs 1 B-KUVG umfasst die Krankenbehandlung ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe und Hilfsmittel. Die Heilmittel umfassen nach § 64 Abs 1 B-KUVG sowohl die notwendigen Arzneien als auch die sonstigen Mittel, die zur Beseitigung oder Linderung der Krankheit oder zur Sicherung des Heilerfolges dienen.
Es ist zunächst die Frage zu prüfen, ob es sich bei den von den Klägern in Anspruch genommenen Thermalbädern um ärztliche Hilfe oder um Heilmittel - die weiteren Leistungstypen Heilbehelfe und Hilfsmittel kommen nicht in Betracht - im Sinn des § 62 Abs 1 B-KUVG handelt. Die ärztliche Hilfe umfasst nicht nur die eigene Tätigkeit des Arztes, sondern auch die Tätigkeit anderer, zur Unterstützung herangezogener Hilfspersonen. Werden etwa auf Anordnung und unter Anleitung des Arztes Massagen, Abreibungen oder Einpackungen vom Gehilfen vorgenommen, so gehören sie zur ärztlichen Behandlung, weil es sich nicht bloß um die Anwendung sachlicher Mittel (Heilmittel), sondern um Einwirkung durch persönliche Tätigkeit handelt. Ärztliche Hilfe liegt auch bei einer auf Grund ärztlicher Verschreibung erfolgten physikotherapeutischen oder logopädisch-phoniatrisch-audiologischen oder ergotherapeutischen Behandlung durch dazu berechtigte Personen vor (vgl § 63 Abs 1 Z 1 B-KUVG). "Arztferne Tätigkeiten" lassen sich jedoch nur dann der ärztlichen Hilfe zurechnen, wenn der einschreitende Nichtarzt zu einem Arzt in einer qualifizierten Verantwortungsbeziehung steht, die dessen Aufsicht und Anleitung gewährleistet (SSV-NF 8/39 mwN; Binder in Tomandl, SV-System 8. ErgLfg 209 f mwN). In diesem Sinne hat der Hauptverband der Sozialversicherungsträger die Auffassung vertreten (vgl SozSi 1959, 274), dass Medizinalbäder zur ärztlichen Behandlung gehören, wenn sie auf Anordnung des Arztes und unter seiner Aufsicht durch eine Hilfsperson verabfolgt werden.
Im vorliegenden Fall steht jedoch fest, dass die Inanspruchnahme der Thermalbäder durch die Kläger ohne Aufsicht oder Anleitung durch einen Arzt oder eine zu einem Arzt in einer qualifizierten Verantwortungsbeziehung stehenden Hilfsperson erfolgt ist, sodass eine Einordnung dieser Bäder unter den Begriff "ärztliche Hilfe" nicht möglich ist.
Während unter "Arzneien" Mittel zu verstehen sind, die im Wesentlichen auf den inneren Organismus wirken, indem sie diesem in geeigneter Weise (Einnahmen, Einlauf, Einreibungen, Einspritzungen udgl) zugeführt werden, oder örtliche Erkrankungen der Haut oder Schleimhäute beeinflussen (Salben, Pinselungen udgl) umfassen die sonstigen Heilmittel (im Sinn des § 64 Abs 1 Z 2 B-KUVG) die zur Beseitigung oder Linderung einer Krankheit oder zur Sicherung des Heilerfolges dienenden anderweitigen Mittel (vgl SSV-NF 10/30; 3/68 = ZAS 1990, 170 ff mit Anm Mazal; weitere Judikaturnachweise unter RIS-Justiz RS0083921 und RS0083917). Nach der zitierten Rechtsprechung umfassen die sonstigen Heilmittel insbesondere auch äußerliche Einwirkungen auf den Körper wie Einreiben, Massieren, Elektrotherapie, Diathermie, Elektroschock usw. Dazu zählen nach herrschender Ansicht (vgl SSV-NF 10/30; Teschner/Widlar, MGA ASVG 67. ErgLfg Anm 2 zu § 136; Radner ua, BSVG3 Anm 2 zu § 86) auch alle balneologischen und hydrotherapeutischen Maßnahmen, die nicht den Besuch eines eigenen Kurortes bedingen. Letztere Einschränkung ist wohl dahin zu verstehen, dass balneologische und hydrotherapeutische Maßnahmen im Rahmen eines unter ärztlicher Leitung und Aufsicht stehenden Kuraufenthaltes dem Bereich der ärztlichen Hilfe zuzuordnen sind.
Es hat bereits das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass Thermalwasser bei bestimmten Leidenszuständen zu einer Linderung der Beschwerden führen kann und auf Grund der Verordnung der Thermalbäder durch den behandelnden Arzt davon auszugehen ist, dass dies auch bei den Leidenszuständen der Kläger der Fall ist. Zutreffend hat daher das Berufungsgericht das vom behandelnden Arzt den Klägern verschriebene Sachmittel "Thermalwasser" als Heilmittel im Sinn des § 64 Abs 1 Z 2 B-KUVG qualifiziert. Diese Beurteilung entspricht im Übrigen auch der deutschen Rechtslage (vgl Höfler in Kasseler Kommentar, SV-Recht 23. ErgLfg Rz 11 zu § 32 SGB V; Schneider in Schulin, Handbuch des SV-Rechts, Band I, Krankenversicherungsrecht Rz 242 zu § 22 uva).
Der Versicherte hat nun keinen Anspruch auf Beistellung eines jeden (von ihm gewünschten oder ihm vom Arzt verschriebenen) Heilmittels, es steht ihm nur das im konkreten Fall notwendige und wirtschaftlichste Heilmittel zu. Die Verordnung der Heilmittel erfolgt auf der Grundlage des vom Hauptverband herausgegebenen Heilmittelverzeichnisses, wobei dieses allerdings das Recht des Versicherten auf die für eine ausreichende und zweckmäßige Krankenbehandlung notwendigen Heilmittel nicht einschränkt. Dem Versicherten können daher grundsätzlich alle erhältlichen Heilmittel verordnet werden, wenn dies im einzelnen Behandlungsfall den gesetzlich festgelegten Kriterien einer ausreichenden, zweckmäßigen und das Maß des Notwendigen nicht überschreitenden Krankenbehandlung dient (vgl SSV-NF 10/30 mwN ua). Aus dieser ökonomischen Zielsetzung der Krankenversicherung folgt aber auch, dass nach herrschender Ansicht (vgl Mazal, Krankheitsbegriff und Risikobegrenzung 299 ff und 386 ff mwN; Binder aaO 220; SSV-NF 3/68 = ZAS 1990, 170 ff mit Anm Mazal) der Heilmittelbegriff allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens wie beispielsweise Fieberthermometer, Wundbenzin, weitverbreitete Kräutertees usw, die in Haushalten üblicherweise vorhanden sind oder beschafft werden, nicht umfasst. Es sind daher Sachmittel aus der Leistungsgewährung der Krankenkassen auszuschließen, die dem Bereich der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen sind, wobei Veränderungen der ökonomischen Situation breiter Bevölkerungskreise auch das krankenversicherungsrechtliche Leistungsrecht beeinflussen (vgl dazu das von Mazal erwähnte illustrative Beispiel, wonach von der Judikatur am Höhepunkt des Ersten Weltkrieges die Milchkur als Maßnahme der Krankenbehandlung gewährt wurde, während sich heute eine solche Bewertung in Anbetracht des veränderten Standes der gesellschaftlichen Entwicklung wohl anders darstellen würde). Der Abgrenzung der krankenversicherungsrechtlichen Sachmittelgewährung gegenüber dem Bereich der allgemeinen Lebensführung liegen daher nach zutreffender Ansicht von Mazal aaO 388 auch durch soziale Vorstellungen geprägte Wertungen zugrunde, wobei man sich zur Beurteilung konkreter Abgrenzungsfragen zweckmäßigerweise beispielsweise an Untersuchungen über den Haushaltsstatus und über Verbrauchsgewohnheiten etc orientieren wird.
Diese soeben dargelegten Grundsätze sind auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Die Kläger begehren den Ersatz ihrer Eintrittsgebühren in ein Thermalbad und den Ersatz der Fahrtkosten zum Thermalbad. Der Besuch eines Thermalbades ist jedoch heutzutage im Hinblick auf das in den letzten Jahren und Jahrzehnten in weiten Teilen der Bevölkerung stark gestiegene Gesundheitsbewusstsein ("wellness") dem Bereich der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen und wird vorwiegend auch von gesunden Menschen zu Zwecken der Erholung und Entspannung, der Gesundheitsvorsorge sowie der Erhaltung der Gesundheit in Anspruch genommen. Aus diesem Grunde ist der Besuch des Thermalbades durch die Kläger, ohne sich dort unter Aufsicht oder Anleitung eines Arztes oder einer anderen geeigneten Person einer Behandlung zu unterziehen, dem Bereich der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen, wofür eine Leistungsgewährung des beklagten Krankenversicherungsträgers nach den Bestimmungen der §§ 62 ff B-KUVG nicht in Betracht kommt (vgl dazu auch für den deutschen Rechtsbereich Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung Band II 59. Nachtrag 386i III). Die Abweisung der Klagebegehren durch die Vorinstanzen erfolgte somit zu Recht.
Es musste daher auch der Revision ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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