OGH 10ObS218/01h

OGH10ObS218/01h30.7.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Fritz Miklau (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Heinz Abel (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. Erik M*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Ernst Grossmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1020 Wien, Friedrich-Hillegeiststraße 1, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. April 2001, GZ 7 Rs 297/00y-76, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 12. Juli 2000, GZ 20 Cgs 152/97g-59, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht erkannte mit Urteil vom 20. 1. 2000 die beklagte Partei im Sinne des Klagebegehrens des Klägers schuldig, dem Kläger eine Berufsunfähigkeitspension in der gesetzlichen Höhe ab 1. 5. 1996 (unbefristet) zu gewähren.

Eine vom Kläger dagegen selbst verfasste "Berufung" wies das Erstgericht mangels Beschwer mit der Begründung zurück, dass dem Klagebegehren ohnedies zur Gänze stattgegeben worden sei und von der Rechtsprechung eine Beschwer durch die Begründung einer Entscheidung nur bei Rekursen gegen Aufhebungsbeschlüsse und bei Rechtsmitteln gegen Zwischenurteile anerkannt werde.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers keine Folge und billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Klägers ist nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass die Zurückweisung einer Berufung mangels Beschwer kein Fall eines zweiseitigen Rekurses gemäß § 521a ZPO ist und daher das Rekursverfahren einseitig ist (8 ObA 83/99k, SSV-NF 12/112 ua; RIS-Justiz RS0043760).

Der Kläger erachtet sich durch die Begründung der seinem Klagebegehren vollinhaltlich stattgebenden Entscheidung des Erstgerichtes vom 20. 1. 2000 weiterhin insofern beschwert, als der Zuspruch der Berufsunfähigkeitspension in dieser Entscheidung darauf gestützt werde, dass der Kläger aus neurologisch-psychiatrischer Sicht angeblich nicht in der Lage sei, eine geregelte Tätigkeit im Rahmen eines normalen Arbeitstages auszuüben. Der Kläger habe demgegenüber sein Klagebegehren auf seine schweren Wirbelsäulenverletzungen gestützt. Durch die Urteilsbegründung würde es dem Kläger in seinem weiteren Berufsleben als Inhaber von Konzessionen nach § 220 Abs 1 GewO 1973 und § 222 GewO 1973 sowie im Hinblick auf sein derzeitiges Medizinstudium versagt sein, verantwortungsvolle und leitende Tätigkeiten auszuüben. Außerdem bestünde die allergrößte Schadensgefahr durch Bestellung eines Sachwalters.

Diesen Ausführungen des Klägers haben bereits die Vorinstanzen zutreffend entgegengehalten, dass nach ständiger Rechtsprechung und überwiegender Lehre jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraussetzt, ein solches Interesse aber nicht gegeben ist, wenn der Spruch der angefochtenen Entscheidung dem Sachbegehren des Rechtsmittelwerbers ohnehin Recht gegeben hat. Eine Beschwer durch die Begründung (und nicht den Spruch) wird von der einhelligen Rechtsprechung und überwiegenden Lehre nur bei Rekursen gegen Aufhebungsbeschlüsse und ebenso bei Zwischenurteilen anerkannt, sonst aber grundsätzlich abgelehnt (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 10 vor § 461 mwN ua). Diese Rechtsprechung gründet sich vor allem auf die Überlegung, dass aus der jeweils gegebenen Verfahrenskonstellation heraus die Entscheidungsbegründung grundsätzlich keine Bindungswirkung entfalten könne, diese Rechtslage jedoch bei Aufhebungsbeschlüssen oder Zwischenurteilen grundlegend anders sei, weil die in einem Aufhebungsbeschluss geäußerte Rechtsansicht das Erstgericht binde (§ 499 Abs 2 ZPO) und einem Zwischenurteil insoweit Bindungswirkung zukomme, als Gericht und Parteien die Frage des Anspruchsgrundes nicht mehr neuerlich aufrollen dürfen. Auf Grund der Erwägungen über die Bindungswirkung für allfällige Folgeprozesse wurde auch in der die Anfechtung einer Kündigung nach § 105 ArbVG betreffenden Entscheidung 8 ObA 87/99y (= EvBl 2000/5) eine Beschwer durch die Begründung einer Entscheidung, wonach eine Beendigungswirkungen entfaltende Erklärung des Dienstgebers gar nicht vorliege, bejaht.

Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Wenn auch die Entscheidungsbegründung nach den Ausführungen des Klägers seinen Interessen in den von ihm angegebenen Bereichen zuwiderlaufen mag, ist die Rechtslage doch anders als bei Aufhebungsbeschlüssen oder Zwischenurteilen, da insoweit jedenfalls keine Bindungswirkung an die Begründung in dem im gegenständlichen Verfahren zwischen den beiden Parteien ergangenen Urteil besteht. Es kann daher auch im vorliegenden Fall nach zutreffender Rechtsansicht der Vorinstanzen aus der Entscheidungsbegründung allein keine Beschwer des Klägers abgeleitet werden. Die mangelnde Beschwer war vom Berufungsgericht - nicht auch schon vom Erstgericht (vgl Kodek aaO Rz 2 zu § 468) - wahrzunehmen.

Dem Rechtsmittel des Klägers war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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