Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Eingangs ist festzuhalten, dass die Bezeichnung der beklagten Partei amtswegig von "Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten" auf "Pensionsversicherungsanstalt" zu berichtigen war, weil mit 1. 1. 2003 alle Rechte und Verbindlichkeiten der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten auf die neu errichtete Pensionsversicherungsanstalt als Gesamtrechtsnachfolger übergingen (§ 538a ASVG idF der 59. ASVGNov BGBl I 2002/1).
Die am 8. 6. 1957 geborene Klägerin hat die Handelsschule besucht und war ab 1974 als Sekretärin bei einer Bausparkasse beschäftigt. Seit 31. 3. 2000 befindet sie sich laufend im Krankenstand.
Sie ist noch in der Lage, leichte Arbeiten ohne tiefes Bücken zu verrichten. Arbeiten an erhöht exponierten Stellen sind ausgeschlossen, ebenso Arbeiten unter ständigem besonderen Zeitdruck. Das Erreichen des Arbeitsplatzes ist nicht eingeschränkt; das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel ist möglich. Die Klägerin soll nach einer halben Stunde Sitzen eine halbe Minute aufstehen können und allenfalls etwas hin und her gehen. Es reicht auch aus, wenn sie im Sitzen die Körperhaltung verändert. Bei der Klägerin treten Schmerzen auf, und zwar unabhängig davon, ob sie arbeitet oder nicht. Die Schmerzmedikation, die die Klägerin erhält, führt nicht zu einer Störung ihrer Konzentrationsfähigkeit.
Mit Bescheid vom 3. 8. 2001 hat die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten den Antrag der Klägerin vom 17. 5. 2001 auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension abgelehnt.
Das Erstgericht wies die dagegen erhobene, auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension ab 1. 6. 2001 gerichtete Klage ab. Berufsunfähigkeit liege nicht vor, da die Klägerin offenkundig die Tätigkeit einer Sekretärin ohne Überschreitung des medizinischen Leistungskalküls weiterhin ausüben könne. Der langdauernde Krankenstand der Klägerin könne dadurch begründet sein, dass sie ein das medizinische Leistungskalkül überschreitendes Verhalten gesetzt habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es verneinte eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als unbedenklich und sah die Rechtsrüge als nicht gesetzmäßig ausgeführt an.
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Revisionswerberin erblickt eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens darin, dass das Berufungsgericht nicht adäquat auf den Inhalt der Berufungsschrift eingegangen und diesen in vorgreifender Beweiswürdigung mit inhaltsleeren Aussagen abgetan habe.
Das Berufungsverfahren bleibt nur mangelhaft, wenn sich das Berufungsgericht überhaupt nicht mit der Tatsachen- und Beweisrüge auseinandersetzt. Geht hingegen - wie hier - aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils hervor, dass das Berufungsgericht seiner Pflicht, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu überprüfen, nachgekommen ist und warum es die von der Berufungswerberin geltend gemachten Bedenken gegen diese Beweiswürdigung nicht teilt, sondern die bekämpften erstgerichtlichen Feststellungen für richtig hält, kann von einem Mangel des Berufungsverfahrens nicht die Rede sein (RIS-Justiz RS0043162, RS0043268). Dies gilt auch für die Auseinandersetzung mit Feststellungen, die vom Erstgericht aufgrund des § 269 ZPO getroffen wurden. Kommt das Berufungsgericht zu denselben Feststellungen wie das Erstgericht, ist es nicht verpflichtet, sich mit allen Beweisergebnissen im Einzelnen auseinander zu setzen und diese im Einzelnen zu würdigen (RIS-Justiz RS0042189). Die Rüge, dass die vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen unrichtig seien, stellt eine im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar (10 ObS 110/02b). Die Feststellung oder Nichtfeststellung bestimmter Tatsachen - auch wenn sie unter Anwendung des § 269 ZPO getroffen wurden - resultiert aus der freien Beweiswürdigung der Vorinstanzen, die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann (RIS-Justiz RS0043061 [T11], RS0040046).
Eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes würde nur dann vorliegen, wenn das Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung von den Feststellungen des Erstgerichtes abgegangen wäre oder ergänzende Feststellungen getroffen hätte (RIS-Justiz RS0043176). Bei offenkundigen, nicht unzweifelhaften Tatsachen würde an die Stelle der Beweiswiederholung die Erörterung mit den Parteien treten (RIS-Justiz RS0040046 [T16]).
In der Revision wiederholte Verfahrensmängel erster Instanz können nach ständiger Rechtsprechung - auch in Verfahren nach dem ASGG - im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg gerügt werden (Kodek in Rechberger 2 Rz 3 Abs 2 zu § 503 ZPO; SSV-NF 5/116, 7/74, 11/15 ua; RIS-Justiz RS0042963 [T45] und RS0043061).
Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise begünstigte Behinderte iSd § 2 BEinstG ist, wurde von den Vorinstanzen zu Recht weder hervorgehoben noch explizit in Zweifel gezogen. Für die Lösung des vorliegenden Falles ist die Problematik der Bindung von Gerichten an Bescheide der Verwaltungsbehörden (vgl dazu zuletzt Spitzer, Die Bindungswirkung von Verwaltungsakten im Zivilprozess, ÖJZ 2003, 48) ohne Bedeutung, da die Beurteilung der Berufsunfähigkeit der Klägerin keineswegs von der Vorfrage abhängt, ob sie begünstigte Behinderte iSd BEinstG ist. Abgesehen davon ist auch materiell betrachtet der Begriff der Behinderung nach dem BEinstG dem Begriff der Berufsunfähigkeit keineswegs vergleichbar (zB gibt es keine abgestufte Berufsunfähigkeit; das BEinstG differenziert nicht nach dem zuletzt ausgeübten Beruf etc).
Da die Vorinstanzen zu Recht die Voraussetzungen für die Erlangung einer Berufsunfähigkeitspension verneint haben, ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)