Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.754,52 EUR (darin 292,42 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Die beklagte Bundesimmobiliengesellschaft mbH, deren alleiniger Gesellschafter der Bund ist, war Eigentümerin der Liegenschaft EZ 273 Grundbuch *****. Die beklagte Partei beauftragte die I*****gesellschaft m.b.H. (im Folgenden IMB) mit der Verwertung dieser Liegenschaft. Die IMB übermittelte den Kaufinteressenten, darunter der klagenden Stiftung, die zuvor in keiner Geschäftsverbindung zur beklagten Partei gestanden war, eine Verkaufsmappe, die neben einer detaillierten Beschreibung der Liegenschaft unter anderem den Hinweis enthielt, dass die Kaufpreisvorstellung mindestens EUR 1,003.000 betrage. „Sollten bei Angebotsschluss mehrere unseren Verkaufsbedingungen vollinhaltlich entsprechende Angebote vorliegen, die zumindest den vorzitierten Mindestkaufpreis aufweisen, wird durch die Eigentümerin eine Bestpreisermittlung durchgeführt. Sollte der Bestbieter, aus welchem Grund auch immer, den Kaufpreis nicht innerhalb der noch zu vereinbarenden Frist hinterlegen, kann die Verkäuferin ohne Setzung einer Nachfrist durch einseitige Erklärung vom Vertrag zurücktreten und es gilt damit automatisch das zweitbeste Angebot als angenommen."
Auch das der Verkaufsmappe beigeschlossene Begleitschreiben enthielt einen Hinweis darauf, dass im Falle des Vorliegens mehrerer vergleichbarer Angebote, die zumindest den Mindestkaufpreis aufweisen, durch die Eigentümerin eine Bestpreisermittlung durchgeführt werde.
Vor Ende der Anbotsfrist (30. 9. 2003, 12.00 Uhr) stellte die klagende Partei der beklagten Partei ein verbindliches Kaufanbot in der Höhe von EUR 1,150.000. Dieser Kaufpreis war bei Ende der Anbotsfrist der höchste gebotene; das zweithöchste Angebot lautete auf EUR 1,100.000. Neben diesen beiden lagen noch zehn weitere schriftliche Angebote vor.
Mit Schreiben vom 13. 10. 2003 lud die IMB im Auftrag der beklagten Partei zu einer Verkaufsverhandlung zwecks Bestpreisermittlung ein, da mehrere gleichwertige Angebote, die zumindest den angegebenen Mindestkaufpreis aufwiesen, vorlägen. Am 22. 10. 2003 führte die beklagte Partei in Anwesenheit sämtlicher Interessenten, die ein inhaltlich entsprechendes Kaufanbot gelegt hatten, weitere Verkaufsverhandlungen durch, wobei die Anwesenden zur Stellung weiterer Angebote aufgefordert wurden. Die klagende Partei widersprach dieser Vorgangsweise und beteiligte selbst nicht am Bietungsverfahren. In der Folge wurde der Zuschlag einer dritten Person, die ein Angebot über EUR 2,250.000 abgegeben hatte, erteilt. Dieser Preis entspricht dem für die Liegenschaft auch am freien Markt zumindest erzielbaren Preis. Mittlerweile ist die Liegenschaft an diese dritte Person veräußert, deren Eigentumsrecht „nach dem 27. Februar 2004, jedoch vor dem 7. Juli 2004" einverleibt wurde (laut Grundbuch erfolgte die Eintragung am 13. 7. 2004).
Die klagende Partei begehrt die Einwilligung der beklagten Partei in einen Kaufvertrag bestimmten Inhalts (mit einem Kaufpreis von EUR 1,150.000), in eventu die Einräumung des Eigentumsrechts an der Liegenschaft gegen Bezahlung eines Kaufpreises von EUR 1,150.000, in eventu die Verpflichtung der beklagten Partei zur Unterlassung eines Kaufvertragsabschlusses über die Liegenschaft mit Dritten, in eventu die Leistung eines Schadenersatzbetrages von EUR 36.000 s.A. Das Erstgericht wies das Hauptbegehren und alle Eventualbegehren ab. Aus ihren Verkaufsunterlagen lasse sich ein für eine Auslobung in ihrer Grundform sprechender Verpflichtungswille der beklagten Partei nicht entnehme, weil der Hinweis auf die Bestpreisermittlung von einem verständigen Dritten nur so verstanden werden könne, dass bei Vorliegen von mehr als einem Angebot, das die Vertragsbedingungen der beklagten Partei erfülle, weder eine Verpflichtung der beklagten Partei zur Annahme eines bestimmten Angebots bestehe noch ein Vertrag automatisch zustande komme. Den Erklärungen der beklagen Partei lasse sich auch nicht entnehmen, dass sie sich verpflichten habe wollen, mit dem Höchstbieter zum Zeitpunkt des Ablaufs der Anbotsfrist einen Vertrag abzuschließen, zumal der Bestbieter erst aufgrund der Bestpreisermittlung ermittelt werden sollte. Bei diesem Verfahren sei die beklagte Partei weder willkürlich noch vertragswidrig vorgegangen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. § 4 Abs 4 Bundesimmobiliengesetz lege fest, wie die beklagte Partei bei der Veräußerung von Objekten an Dritte vorzugehen habe. Abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmefällen habe oberhalb einer Bagatellgrenze von EUR 10.000 eine Veräußerung im Rahmen eines Ausbietungsverfahrens zu erfolgen; eine weitere Determinierung dieses Verfahrens sei weder dem Gesetz noch den Materialien dazu zu entnehmen. Angesichts des § 4 Abs 4 BIG sei aber eine Regelungslücke, die nach Ansicht der klagenden Partei zu einer analogen Anwendung des BVergG oder der Ö-NORM A2050 führen müsste, zu verneinen. Aus der Durchführung des Verfahrens könne der beklagten Partei weder eine Diskriminierung der klagenden Partei noch die Anwendung unsachlicher Auswahlkriterien noch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot noch ein willkürliches Abgehen von aufgestellten Regeln vorgeworfen werden. Entscheidend sei, ob die klagende Partei darauf vertrauen habe dürfen, dass ihr Angebot zum Zuge kommen würde, wenn sie zum Zeitpunkt des Anbotsschlusses Höchstbieterin sei. Zwar sei zuzugeben, dass der Ausdruck „Bestpreisermittlung" auf den ersten Blick zu vermitteln scheine, dass es die beklagte Partei bei der Auswahl des besten Anbots zum Zeitpunkt des Anbotsschlusses bewenden lassen werde, was vor allem der angekündigte Angebotsschluss nahe lege. Bei redlicher Betrachtung habe aber jeder Interessent damit rechnen müssen, dass die Vorlage von Angeboten zu den von der beklagten Partei gesetzten Bedingungen nur den ersten Schritt bei der Auswahl des Käufers dargestellt habe, dem die „Durchführung" der „Bestpreisermittlung" als weiterer gefolgt sei, wobei auch eine Erhöhung der Angebotssummen noch zulässig sein sollte und von der beklagten Partei auch angestrebt würde. Andernfalls hätte die beklagte Partei mit einfacheren Worten zum Ausdruck bringen können, dass das (den Bedingungen entsprechende) Angebot mit dem höchsten Preis zum Zeitpunkt des Angebotsschlusses zum Zuge kommen werde. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zu den Fragen fehle, wie ein Ausbietungsverfahren nach § 4 Abs 4 BIG zu gestalten sei und welche Ansprüche aus der Verletzung entsprechender Verfahrensvorschriften seitens der beklagten Partei abgeleitet werden können.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig
Vorweg ist festzuhalten, dass Gegenstand des Vergaberechts Beschaffungsvorgänge des Staates im weitesten Sinne sind; es muss eine „Einkaufssituation" vorliegen, in der die öffentliche Hand als Nachfrager auftritt. Kein Beschaffungsvorgang und keine „Einkaufssituation" in diesem Sinn kann aber angenommen werden, wenn das Schwergewicht eines Vertrags auf der Erzielung von Einnahmen für den Bund liegt (4 Ob 260/04w; 4 Ob 262/04i). Veräußerungsgeschäfte, durch die der Staat nur eine Einnahmequelle auftun möchte, sind demnach vom Vergaberecht grundsätzlich nicht erfasst (siehe etwa Hahnl, BVergG 2002 [2002] 35).
Nach § 4 Abs 4 Bundesimmobiliengesetz idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, hat die Bundesimmobiliengesellschaft mbH gegebenenfalls die Verwertung insbesondere von für Bundeszwecke nicht mehr benötigten Objekten vorzubereiten und durchzuführen. Die Bundesimmobiliengesellschaft mbH oder ihre mit der Verwertung betraute Tochtergesellschaft hat bei der Weitergabe von Objekten bzw Objektteilen an Dritte, sei es durch Veräußerung oder Inbestandgabe, jeweils zumindest einen angemessenen Preis zu fordern. Soweit nicht (hier nicht relevante) Ausnahmen eingreifen, haben Veräußerungen oberhalb einer Bagatellgrenze von EUR 10.000 im Rahmen eines - im Gesetz nicht näher determinierten - „Ausbietungsverfahrens" zu erfolgen.
Entscheidende Bedeutung kommt im vorliegenden Fall - auch nach Ansicht der klagenden Partei - der Frage zu, auf welche Zusagen der beklagten Partei die Bieter bei der vorliegenden „Ausschreibung" vertrauen durften. Maßgeblich dafür ist der Inhalt der Verkaufsmappe, in der die beklagte Partei die Durchführung einer Bestpreisermittlung ankündigte. Wie eine solche Erklärung aufzufassen ist, kann jeweils nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und stellt deshalb im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0042555). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass die Vorlage von Angeboten zu den von der beklagten Partei gesetzten Bedingungen mit dem geforderten Mindestkaufpreis nur den ersten Schritt bei der Auswahl des Käufers darstellte und dass diesem Schritt ein weiterer folgen sollte, in dem von der beklagten Partei eine Erhöhung der Anbotssummen angestrebt würde, ist keinesfalls unvertretbar. Auf dieser Grundlage ist aber auch eine Diskriminierung der klagenden Partei nicht erkennbar, weil auch ihr die Möglichkeit zur Erhöhung des Angebots eingeräumt wurde. Mangels erheblicher Rechtsfrage ist die Revision zurückzuweisen. Die beklagte Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, weshalb die klagende Partei die Kosten dafür zu ersetzen hat (§ 41 ZPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)