Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Berufungsgericht die Entscheidung über die Berufung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Am 26.8.1987 ersuchte der Beklagte, vertreten durch seine damalige Sachwalterin um Aufnahme in das NÖ Landespflegeheim H*****. Die Aufnahme erfolgte am 2.12.1987. Mit Bescheid vom 4.8.1988, 13-S-2942 sprach die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung aus:
"Die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung gibt ihrem Antrag auf Sozialhilfe statt. Sie erhalten ab 2.12.1987 vom Land Niederösterreich Hilfe durch Pflege im NÖ Landespensionistenheim (L*****) in H*****.
Die Gewährung der Hilfe beschränkt sich auf die Zurverfügungstellung des Pflegeplatzes. Zugleich werden Sie verpflichtet, die durch ihre Pension der Penionsversicherungsanstalt der Angestellten (80 %) nicht gedeckten Kosten ihres Heimplatzes monatlich an die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung, Sozialkasse, Konto-Nr 1955-007022 bei der Landeshypothekenbank Wien einzuzahlen.
Rechtsgrundlage
§ 33 iVm § 26 Abs 4 NÖ Sozialhilfegesetz LGBl 9200."
Dem Bescheid war eine Verpflegskostenabrechnung für die Zeit ab Dezember 1987 angeschlossen.
Mit Bescheid vom 13.6.1989 gab die NÖ Landesregierung der Berufung des Beklagten nicht Folge, änderte jedoch den Spruch des Bescheides "unter vollständiger Aufrechterhaltung des Bescheidinhaltes" dahin ab, daß anstelle des § 26 Abs 4 die §§ 9 Abs 1 und 11 (NÖ SHG) zu treten hätten. In der Begründung wurde ausgeführt, daß mit dem angefochtenen Bescheid kein Kostenersatz vorgeschrieben werde, da auch keine finanzielle Hilfestellung durch Übernahme der Heimkosten erfolgt sei. Durch den Bescheid werde lediglich sichergestellt, daß für den Beschwerdeführer der von ihm beantragte Heimplatz im NÖ Landespensionistenheim H***** zur Verfügung gestellt werde, daß er jedoch die Kosten aufgrund seines Einkommens und verwertbaren Vermögens selbst zu tragen habe. Es werde daher auch kein nachträglicher Kostenersatz vorgeschrieben, da das Land Niederösterreich als Träger der Sozialhilfe die täglichen Verpflegskosten der Heimunterbringung nicht übernommen habe.
Mit Erkenntnis vom 3.12.1990, Zl 90/19/0021-9 hob der Verwaltungsgerichtshof über Beschwerde des Beklagten diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Bei diesem Bescheid gehe es nicht um den Kostenersatz für die seinerzeit dem Beschwerdeführer gewährte Pflege in den Heimen M***** und L*****, weshalb auch ein diesbezügliches Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes hier nicht angewendet werden könne. Im vorliegenden Fall habe die Behörde dem Beschwerdeführer antragsgemäß die Hilfe durch Pflege im NÖ Landespensionistenheim H*****, beschränkt auf die Zurverfügungstellung des Pflegeplatzes gewährt und gleichzeitig ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer für die Kosten seiner Pflege im Hinblick auf die Höhe seines Vermögens selbst aufzukommen habe. Der Beschwerdeführer irre auch, wenn er meine, es bestehe seit seiner erstmaligen Aufnahme in ein Pflegeheim ein durchgehendes Pflegeverhältnis. Dabei werde übersehen, daß der Beschwerdeführer die Pflegeheime bereits mehrmals gewechselt habe. Mit einem Bescheid werde jedoch nicht abstrakt die Aufnahme in ein Pflegeheim gewährt, sondern immer nur die Pflege in einem bestimmten Pflegeheim. Dennoch sei der Bescheid rechtswidrig, weil er gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoße. Das Sozialhilferecht sei von diesem Grundsatz beherrscht; dem Beschwerdeführer sei im Wege der Gewährung der Sozialhilfe ein Pflegeplatz zugewiesen worden, obwohl - wie sich schon aus dem Spruch ergebe - die Behörde davon ausgehe, daß der Beschwerdeführer die Kosten hiefür tragen könne. Aufgrund dieses Erkenntnisses hob das Amt der NÖ Landesregierung mit Bescheid vom 22.2.1991 den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 4.8.1988 auf. Da das Vermögen des Beklagten die Kosten der Unterbringung übersteige, sei keine Sozialhilfe in Form der Hilfe für pflegebedürftige Menschen zu gewähren.
Am 18.3.1988 verfügte der Beklagte über Wertpapiere im Wert von 454.750 S und Sparguthaben von 360,29 S und 43.752,54 S. Für die Zeit von 2.12.1987 bis 31.8.1991 besteht ein ungedeckter Verpflegskostenrückstand von 137.820,16 S. Am 19.6.1991 erging an den Beklagten zu Handen seiner Sachwalterin eine Verpflegskostenabrechnung der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung, mit der ein Verpflegskostenaufwand bis 31.5.1991 von 123.585,06 S in Rechnung gestellt und die Zahlung bis 20.7.1991 begehrt wurde.
Die klagende Partei begehrt die Zahlung eines Betrages von 137.820,16 S sA an Verpflegskosten. Die Gewährung der Sozialhilfe durch Zurverfügungstellung eines Pflegeplatzes sei zu Unrecht erfolgt. Der Beklagte sei mit Rücksicht auf sein Vermögen in der Lage die Verpflegskosten selbst zu tragen, da grundsätzlich nur bei Hilfsbedürftigkeit Sozialhilfe zu gewähren sei. Der Anspruch werde auf alle bürgerlichrechtlichen Vorschriften, insbesondere § 1042 ABGB gestützt.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die klagende Partei habe trotz des ihr bekannten Vermögens des Beklagten Sozialhilfe gewährt; es lägen rechtskräftige Entscheidungen der zuständigen Instanzen in Verbindung mit einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 1042 ABGB scheide daher aus. Überdies sei ein allfälliger Anspruch verjährt.
Das Erstgericht gab dem Begehren der klagenden Partei statt. Dem Beklagten sei mangels Vermögenslosigkeit Sozialhilfe nicht zu gewähren gewesen, vielmehr seien die eigenen Mittel einzusetzen. Der Rückersatzanspruch sei nach bürgerlichrechtlichen Vorschriften und nicht nach den Bestimmungen des NÖ SHG zu beurteilen. Da ein Vertrag zwischen den Parteien, etwa ein Beherbergungsvertrag, nicht zustandegekommen sei, könne der Anspruch auf § 1042 ABGB gestützt werden, während andere bereicherungsrechtliche Tatbestände ausschieden. Das von § 1042 ABGB geforderte dreipersonale Verhältnis liege vor, denn es sei zwischen dem Land Niederösterreich und dem die Leistungen erbringenden Heim zu unterscheiden. Da für Ansprüche nach § 1042 ABGB die 30-jährige Verjährungszeit gelte, komme auch dem Verjährungseinwand keine Berechtigung zu.
Das Berufungsgericht hob aus Anlaß der Berufung des Beklagten das erstgerichtliche Urteil sowie das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Das vom Verwaltungsgerichtshof angesprochene Subsidiaritätsprinzip schließe den Kostenersatz durch den Hilfeempfänger nach § 41 NÖ SHG nicht aus. Auch die Lehre vertrete die Ansicht, daß die Entscheidung über alle diese Ansprüche im Verwaltungsverfahren zu erfolgen habe. Habe aber die Entscheidung über den Kostenersatzanspruch zur Gänze im Verwaltungsverfahren zu erfolgen, so könne der Gläubiger, der zufolge eines im Verwaltungsverfahren unterlaufenen Fehlers den Anspruch in diesem Verfahren nicht habe durchsetzen können, den Anspruch nicht auf dem Rechtsweg geltend machen. Der Rechtsweg sei daher für die Geltendmachung des erhobenen Anspruches verschlossen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung zu beheben und den Vorinstanzen die Entscheidung über das Klagebegehren unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen; hilfsweise wird der Antrag gestellt, die Entscheidung des Erstgerichtes wieder herzustellen.
Der Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 4.8.1988, 13-S-2942 wurde dem Kläger Sozialhilfe durch die Unterbringung im Landespensionistenheim gewährt. Dieser Bescheid wurde nach dem die Berufungsentscheidung des Amtes der NÖ Landesregierung aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom Amt der NÖ Landesregierung ersatzlos aufgehoben (Bescheid vom 22.2.1991). Damit ist davon auszugehen, daß dem Kläger Sozialhilfe nicht gewährt wurde. Er wurde wohl über sein Ersuchen in das Landespensionistenheim H***** aufgenommen, ohne daß damit eine Leistung der Sozialhilfe verbunden gewesen wäre.
Das Berufungsgericht stützte seine Entscheidung im wesentlichen auf § 41 NÖ SHG. Diese Bestimmung regelt den Kostenersatz durch den Hilfeempfänger, sohin den nachträglichen Ersatz von Sozialhilfekosten durch den Hilfeempfänger unter den in dieser Gesetzesstelle im einzelnen angeführten Bedingungen. Voraussetzung für die Anwendung des § 41 NÖ SHG ist sohin, daß einer Person Sozialhilfe gewährt wurde; in diesem Fall ist der Rückersatzanspruch im Verwaltungsverfahren geltend zu machen (§ 53 Abs 2 NÖ SHG). Ein solcher Fall liegt jedoch hier nicht vor. Die klagende Partei begehrt nicht den Rückersatz von gewährten Sozialhilfeleistungen, sondern die Kosten der Unterbringung im Landespensionistenheim, die mangels Gewährung von Sozialhilfeleistungen vom Beklagten zu tragen sind. Auf diesen Anspruch kommen daher nicht die Verfahrensbestimmungen des NÖ SHG zur Anwendung. Aus diesem Grund ist auch aus der Entscheidung VfSlg 7764, die einen Ersatzanspruch nach Gewährung von Sozialhilfeleistungen zum Gegenstand hat, für den vorliegenden Fall nichts abzuleiten. Für die Geltendmachung des auf Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes gestützten Anspruches steht daher der Rechtsweg offen.
Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.
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