Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat den Beklagten binnen vierzehn Tagen die einschließlich 1.244,76 S Umsatzsteuer mit 7.468,56 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin klagte die nunmehrige erstbeklagte KG und deren jetzt nicht mitbeklagten Komplementär beim LGZRS Wien zu 1 Cg 70/88 auf Herausgabe zweier Sparbücher, die am 5. 10. 1984 einen Gesamteinlagestand von 700.000 S aufwiesen. Sie erklärte sich schon in der Klage bereit, anstelle dieser Sparbücher einen Geldbetrag von 700.000 S samt 5,5 % Zinsen ab 5. 10. 1987 anzunehmen. Die Klage wurde den damaligen Beklagten am 29. 3. 1988 zugestellt. Mit Urteil vom 28. 12. 1989 wurden die damaligen Beklagten verurteilt, der Klägerin binnen vierzehn Tagen die beiden Sparbücher mit dem genannten Einlagestand herauszugeben. Zugleich wurde ausgesprochen, daß sie sich von dieser Leistungsverpflichtung durch Zahlung von 700.000 S samt 5,5 % Zinsen ab 5. 10. 1987 befreien können. Dieses Urteil, gegen das kein Rechtsmittel eingelegt wurde, wurde den damaligen Parteienvertretern am 19. 1. 1990 zugestellt. Am 12. 2. 1990 überwies die nunmehrige Zweitbeklagte dem damaligen Vertreter der Klägerin 893.137,32 S, die am 14. 2. 1990 einlangten. Die angeschlossene Aufstellung enthielt die Berechnung der bankmäßigen Zinsenkapitalisierung.
Mit der am 11. 2. 1993 gerichtshängig gewordenen Klage begehrt die Klägerin von den Beklagten 115.500 S samt 7,5 % Zinsen seit 6. 10. 1987, allenfalls die Aufhebung der von der Klägerin im Verfahren 1 Cg 70/88 erklärten Lösungsbefugnis und deren Annahme durch die Beklagten durch Zahlung von 893.137,32 S am 14. 2. 1990. Dazu brachte die Klägerin im wesentlichen vor, in der Kanzlei des damaligen Klagevertreters sei bei der Formulierung der Lösungsbefugnis insofern ein Irrtum (Tippfehler) unterlaufen, als Zinsen erst vom 5. 10. 1987 und nicht bereits vom 5. 10. 1984 an begehrt wurden. Am letztgenannten Tag seien die beiden der Klägerin gehörenden Sparbücher, die damals einen Einlagestand von insgesamt 700.000 S aufwiesen, der Erstbeklagten zur Sicherung einer (von ihr gegebenen, aber) nicht in Anspruch genommenen Bankgarantie übergeben worden. Obwohl aus der damaligen Klageerzählung ersichtlich gewesen sei, daß der Klägerin die Zinsen aus den erlegten Sparbüchern bereits ab 5. 10. 1984 zustanden, hätten die damaligen Beklagten und die nunmehrige Zweitbeklagte den offenkundigen Erklärungsirrtum dadurch in sittenwidriger Weise ausgenützt, daß sie nach dem Wortlaut der Lösungsbefugnis 700.000 S samt 5,5 % Zinsen seit 5. 10. 1987 überwiesen, während sie sich um die Zinsen für die Zeit vom 5. 10. 1984 bis 5. (richtig 4.) 10. 1987 im Betrag von 115.500 S bereichern wollten. Dem seinerzeit mitbeklagten Geschäftsführer der nunmehrigen Erstbeklagten und Vorstandsmitglied der nunmehrigen Zweitbeklagten hätte der bloße Tippfehler in der Lösungsbefugnis auffallen müssen. Die genannten Personen hätten die beiden Sparbücher aufgelöst und die Guthaben nur teilweise an den damaligen Klagevertreter überwiesen. Deshalb sei ihnen der Guthabensrest aufgefallen oder hätte ihnen wenigstens auffallen müssen. Der Irrtum sei rechtzeitig aufgeklärt worden, weil die genannten Personen den Guthabensrest bloß für sich verwendet hätten. Es sei ihnen auch listige Irreführung durch bewußtes Verschweigen von zur Aufklärung gebotenen Umständen vorzuwerfen. Die bereits am 29. 3. 1988 zugegangene Lösungsbefugnis sei nämlich erst am 12. 2. 1990 durch Zahlung angenommen worden. Von einer Bank könne eine Aufklärung über das richtige höhere Guthaben erwartet werden. Hilfsweise werde das Klagebegehren auch auf einen gemeinsamen Irrtum gestützt.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Haupt- und des Eventualbegehrens. Sie bestritten die Passivlegitimation der Zweitbeklagten. Diese sei im erstgerichtlichen Verfahren 1 Cg 70/88 nicht mitbeklagt gewesen und habe lediglich durch Zahlung von 893.137,32 S an den damaligen Klagevertreter die Schuld bzw Haftung der damaligen Beklagten zum Erlöschen gebracht. Sie hafte auch weder aus dem Titel der Bereicherung und des Schadenersatzes noch als Gesamtrechtsnachfolgerin der Erstbeklagten. Davon, daß der Geschäftsführer bzw Vorstand der Beklagten einen offenkundigen Irrtum in sittenwidriger Weise ausgenützt habe, um sich zu bereichern, könne keine Rede sein. Abgesehen davon, daß die Voraussetzungen einer Irrtumsanfechtung nicht vorlägen, sei diese nach § 1487 ABGB verjährt, weil die angeblich irrtümliche Lösungsbefugnis bereits mit der Zustellung der seinerzeitigen Klage Ende März 1980 (richtig 1988) erklärt worden sei.
Das Erstgericht wies das Haupt- und das Eventualbegehren bereits auf Grund des Parteienvorbringens ab.
Die Lösungsbefugnis iS des § 410 ZPO räume dem Schuldner das Recht ein, anstelle der allein geschuldeten Leistung eine andere mit schuldbefreiender Wirkung zu erbringen. Sie sei keine erst mit der Annahme durch den Schuldner wirksam werdende Offerte, sondern eine einseitige Willenserklärung, die (den Gläubiger) mit ihrem Zugang an den Erklärungsempfänger binde. Die Klägerin behaupte, daß ihr bei der Abgabe dieser Willenserklärung in der seinerzeitigen Klage ein beachtlicher Erklärungsirrtum unterlaufen sei. Nach § 876 ABGB sei auch eine einseitige Willenserklärung grundsätzlich wegen Irrtums anfechtbar. Das Anfechtungsrecht verjähre aber nach § 1487 leg cit drei Jahre nach dem Zugang der Erklärung. Da die in der seinerzeitigen Klage enthaltene Einlösungserklärung durch die Zustellung der Klage Ende März 1988 zugegangen sei, sei das Recht der Klägerin, diese Erklärung wegen Irrtums anzufechten, bei Einbringung der nunmehrigen Klage am 11. 2. 1993 bereits verjährt gewesen. Dadurch, daß die Klägerin den in der Lösungsbefugnis genannten Kapitalbetrag samt Zinsen angenommen habe, sei ihr Anspruch auf Herausgabe der beiden Sparbücher und damit des gesamten Zinsenguthabens erloschen, so daß sie keinen Bereicherungsanspruch habe. Das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich von den Beklagten zu vertretender Schadenersatzansprüche wegen angeblicher Veruntreuung der beiden Sparbücher durch ihren Geschäftsführer bzw Vorstand entbehre jeder Grundlage. Selbst wenn es richtig wäre, hätte es auf einen bei der Einräumung der Lösungsbefugnis unterlaufenen Irrtum keinen Einfluß.
In der Berufung bekämpfte die Klägerin ausschließlich die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß ihr Recht, ihre die Lösungsbefugnis einräumende Erklärung wegen Irrtums anzufechten, verjährt sei. Die Verjährungsfrist des § 1487 ABGB habe erst mit der Annahme der Lösungsbefugnis durch Zahlung des Lösungsbetrages am 14. 2. 1990 begonnen und sei daher bei Einbringung der vorliegenden Klage am 11. 2. 1993 noch nicht abgelaufen gewesen. Wegen dieses Rechtsirrtums habe das Erstgericht nicht erörtert, ob die Irrtumsanfechtung berechtigt sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.
Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB für die Irrtumsanfechtung eines Vertrages beginne mit dem Vertragsabschluß. Diesem Zeitpunkt entspreche bei einseitigen Willenserklärungen, auf die diese Verjährungsbestimmung iS des § 876 leg cit entsprechend anzuwenden sei, der Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens. Das Erstgericht sei daher ohne Rechtsirrtum von der (eingewendeten) Verjährung des Anfechtungsrechtes ausgegangen. Deshalb sei eine Prüfung, ob die Klägerin ihre Erklärung über die Einlösungsbefugnis wegen Irrtums anfechten könnte, entbehrlich. List sei nicht hervorgekommen; dieser Rechtsgrund sei auch in der Berufung nicht mehr bezogen worden.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß zur Frage der Verjährung der Irrtumsanfechtung einer Lösungsbefugnis(erklärung) eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
In der Revision macht die Klägerin unrichtige rechtliche Beurteilung (der Sache) geltend und beantragt, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Haupt-, allenfalls dem Eventualbegehren stattgegeben werde; hilfsweise wären diese Urteile aufzuheben.
Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Das zur Zweiten Abteilung (Von den persönlichen Sachenrechten) des Zweiten Teiles (Von dem Sachenrechte) des ABGB gehörende 17. Hauptstück, dessen Überschrift bis dahin "Von Verträgen überhaupt" lautete, wurde durch die Kaiserliche Verordnung über die dritte Teilnovelle zum ABGB 19. 3. 1916 RGBl 169 (3. TN) wesentlich geändert.
So wurde zB durch § 78 der 3. TN die Überschrift des 17. HptSt auf "Von Verträgen und Rechtsgeschäfte überhaupt" geändert. Diese Erweiterung wurde nach den Materialien mit Rücksicht auf das (durch die 3. TN eingeführte) Institut der Auslobung als einseitiges Rechtsgeschäft und deshalb vorgenommen, weil das 17. HptSt "auch bisher schon zum Teil auf andere Rechtsgeschäfte als Verträge Anwendung fand" (Ehmer, Die drei Teilnovellen zum ABGB2, 89).
Auch die den Einfluß von List, Furcht und Irrtum auf die "wahre Einwilligung" als Erfordernis eines gültigen Vertrages betreffenden §§ 870, 871 und 875 dieses 17. HptSt erfuhren wesentliche Änderungen.
Der durch die Änderung des § 871 überflüssig gewordene bisherige Wortlaut des § 876 ("Wenn der versprechende Teil selbst und allein an seinem wie immer gearteten Irrtume Schuld ist, so besteht der Vertrag; es wäre denn, daß dem annehmenden Teile der obwaltende Irrtum offenbar aus den Umständen auffallen mußte") wurde durch folgende, noch immer geltende Fassung ersetzt: "Die vorstehenden Bestimmungen (§§ 869 bis 875) finden entsprechende Anwendung auf sonstige Willenserklärungen, welche einer anderen Person gegenüber abzugeben sind."
In den Mat 78 BlgHH 21. Sess 259 wird dazu ausgeführt, die durch Streichung des ganzen gegenwärtigen Inhaltes des § 876 frei werdende Stelle könne nun sehr gut benützt werden, um ausdrücklich zu sagen, daß die Irrtumsnormen der vorhergehenden Paragraphen auch auf andere als Vertragserklärungen anzuwenden seien, sofern diese überhaupt zur Kenntnisnahme anderer Personen bestimmt seien und deshalb (im Gegensatze zu frei widerruflichen letztwilligen Erklärungen) unter Vertrauensschutz stehen müßten. Sei man auch bisher schon gewohnt, die Bestimmungen des ABGB über Verträge auf Rechtsgeschäfte überhaupt auszudehnen, so dürfte die gesetzliche Ausdehnung jetzt sich um so mehr empfehlen, da künftig die §§ 859, 860, 861 ABGB die Unterscheidung zwischen Vertrag und einseitigem Rechtsgeschäft mehr in den Vordergrund rückten.
Auch Pisko in Klang1 II/2, 155 und Gschnitzer in Klang2 IV/1 weisen darauf hin, daß die §§ 869 bis 875 ABGB schon vor der 3. TN im Wege ausdehnender Auslegung und der Analogie auch auf andere Rechtsgeschäfte angewendet wurden, zB die §§ 870ff auf Kündigungen (30. 4. 1912 GlUNF 5893).
§ 876 ABGB betrifft vor allem Kündigungen, Rücktrittserklärungen, die Wahl nach § 906 ABGB und ähnliche Ausübungen von Gestaltungsrechten sowie Angebote (Rummel in Rummel2, ABGB, I Rz 1 zu § 876).
Auch beim Anbot der Klägerin iS des § 410 ZPO, mit welchem sie sich bereit erklärte, anstatt des nicht in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstandes einen Geldbetrag anzunehmen, handelte es sich materiellrechtlich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Gläubigers, die mit ihrem Zugang an den Erklärungsempfänger für die Klägerin bindend wurde (1 Ob 626/92 EvBl 1993/118 mwN). Nach dieser Entscheidung, die in einem Rechtsstreit zwischen der Klägerin und dem Komplementär der Erstbeklagten erging, ist auch zur Beseitigung der privatrechtlichen Wirkungen einer solchen einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung eine Irrtumsanfechtung zulässig.
Daraus, daß § 876 ABGB idF der 3. TN nur die entsprechende Anwendung der vorstehenden Bestimmungen (§§ 869 bis 875) auf sonstige Willenserklärungen, welche einer anderen Person gegenüber abzugeben sind, anordnet, aber zB auf § 1487 ABGB nicht Bezug nimmt, aber auch daraus, daß die letztgenannte Gesetzesstelle durch die 3. TN nicht ausdrücklich auf bei einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärungen unterlaufene Furcht und Irrtum ausgedehnt wurde, darf nicht auf eine beabsichtigte diesbezügliche Gesetzeslücke geschlossen werden.
§ 1487 ABGB hatte vor der 3. TN folgenden Wortlaut: "Die Rechte, eine Erklärung des letzten Willens umzustoßen; den Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern; eine Schenkung wegen Undankbarkeit des Beschenkten zu widerrufen; einen entgeltlichen Vertrag wegen Verletzung über die Hälfte aufzuheben, oder die vorgenommene Teilung eines gemeinschaftlichen Gutes zu bestreiten; und die Forderung wegen einer bei dem Vertrage unterlaufenen Furcht oder eines Irrtumes, wobei sich der andere vertragmachende Teil keiner List schuldig gemacht hat, müssen binnen drei Jahren geltend gemacht werden. Nach Verlauf dieser Zeit sind sie verjährt." Diese Gesetzesstelle wurde durch § 195 der 3. TN nur dahin geändert, daß nach der Wortfolge "eine Schenkung wegen Undankbarkeit des Beschenkten zu widerrufen" die Wortfolge "oder den Beschenkten wegen Verkürzung des Pflichtteils in Anspruch zu nehmen" eingefügt wurde. Dafür, daß der Gesetzgeber eine Anpassung des § 1487 ABGB auf die Anfechtung empfangsbedürftiger einseitiger Willenserklärungen wegen Furcht oder Irrtums deshalb unterlassen hätte, weil er diesbezüglich keine dreijährige Verjährung anordnen wollte, daß also eine gewollte Gesetzeslücke vorliegt, bieten die Mat keinen Anhaltspunkt. 78 BlgHH 21. Sess 429 ist lediglich zu entnehmen, daß die von Mayr verlangte Festsetzung einer kürzeren Frist für die Anfechtung von Verträgen wegen Irrtums und Zwanges abgelehnt wurde. Die schon zit Ausführungen des Herrenhausberichtes aaO 259 zu § 876 ABGB, daß man schon bisher gewohnt gewesen sei, die Bestimmungen des ABGB über Verträge auf Rechtsgeschäfte überhaupt auszudehnen, sprechen vielmehr dafür, daß der Gesetzgeber davon ausging, § 1487 ABGB werde iS der bisherigen Gewohnheit ausgelegt werden. Im § 1487 ABGB besteht daher hinsichtlich der Anfechtbarkeit einseitiger empfangsbedürftiger Willenserklärungen wegen Furcht und Irrtums eine unechte Lücke, die trotz der taxativ gedachten und daher grundsätzlich einschränkend auszulegenden Aufzählung (SZ 45/92 = EvBl 1973/87 ua; MietSlg 29.216; Schubert in Rummel2 II, ABGB, Rz 1 zu § 1487) durch Analogieschluß ausgefüllt werden kann (Bydlinski in Rummel2, ABGB, Rz 2 und 3 zu § 7).
Ähnliches gilt übrigens auch für § 876 ABGB. Diese Gesetzesstelle ordnet zwar nach ihrem Wortlaut lediglich die entsprechende Anwendung der sich auf Verträge beziehenden §§ 869 bis 875 leg cit auf einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen an. Die bezogenen Gesetzesstellen regeln aber die Folgen von List, Drohung und Irrtum für vermögensrechtliche Verträge im wesentlichen umfassend, so daß die Verweisungsnorm des § 876 ABGB nach ihrem Zweck entsprechend weit auszulegen ist.
Der Grund dafür, daß das Recht, einen Vertrag wegen Irrtums anzufechten, nach § 1487 ABGB nicht erst dreißig Jahre, sondern bereits drei Jahre nach dem Vertragsabschluß verjährt, liegt darin, daß die Frage eines solchen Willensmangels im Interesse der Verkehrssicherheit möglichst rasch geklärt werden soll (SZ 45/130 = EvBl 1973/101 ua; Schubert in Rummel2, ABGB II, Rz 1 zu § 1487). Das gilt entsprechend auch für einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen. Deshalb ist die Verjährungsregelung des § 1487 ABGB analog auch auf solche Erklärungen anzuwenden (vgl auch Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht 397, die im Zusammenhang mit der Berichtigung einer zeitwidrigen Kündigung im Wege teleologischer Reduktion von der Verkürzung der im Gesetz [§ 1487 ABGB] vorgesehenen dreijährigen Frist, die zur Geltendmachung der Irrtumsanfechtung offenstehe, sprechen).
§ 1487 ABGB ist also auch auf die Irrtumsanfechtung der von der Klägerin bereits in der den damaligen Beklagten Ende März 1988 zugestellten Klage 1 Cg 70/88 des Erstgerichtes abgegebenen Erklärung über die Lösungsbefugnis anzuwenden. Dies wird übrigens von der Revisionswerberin gar nicht ausdrücklich bestritten. Sie bekämpft nur die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß die Verjährungsfrist schon mit dem Zugang dieser Erklärung (Klagezustellung) begonnen habe und vermeint, dieser Fristenlauf habe erst mit der Annahme der Lösungsbefugnis durch die Zahlung des Lösungsbetrages eingesetzt. Ein früherer Beginn der Verjährungsfrist wäre nicht möglich, weil der Gläubiger bis zur erwähnten Zahlung nicht wissen könne, ob der Schuldner die Lösungsbefugnis annehmen werde. Bis dahin wäre die Anfechtung der diese Befugnis einräumenden Erklärung sinnlos und unzulässig.
Anders als eine Entschädigungsklage, die nach § 1489 ABGB "in drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher der Schade und die Person des Beschädigers dem Beschädigten bekannt wurde," muß die Anfechtung eines Vertrages wegen Irrtums binnen drei Jahren ab Vertragsabschluß
vorgenommen werden (SZ 20/88; SZ 39/56 = EvBl 1966/299; NZ 1974, 155;
SZ 60/129 = JBl 1988, 172 = EvBl 1988/9). Nicht entscheidend ist,
wann der Anfechtende seinen Irrtum entdeckt hat bzw der Irrtum aufgeklärt worden ist (JBl 1954, 462; 4 Ob 543/70) [Schubert in Rummel2 II § 1487 Rz 7].
Das bedeutet bei entsprechender Anwendung auf einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen, daß diese zur Vermeidung der Verjährung des Anfechtungsrechtes spätestens binnen drei Jahren, nachdem sie dem Erklärungsgegner zugegangen sind, angefochten werden müssen. Dies gilt auch für Erklärungen über Lösungsbefugnisse, und zwar unabhängig davon, ob und wann sie angenommen werden oder wann der Anfechtende den Irrtum entdeckt. Der oben erwähnte Zweck der kurzen Verjährungsfrist, nämlich die möglichst rasche Klärung eines bei der Erklärung der Lösungsbefugnis allenfalls unterlaufenen Willensmangels im Interesse der Verkehrssicherheit, würde verfehlt, wenn der Erklärende mit der Anfechtung bis zur Leistung des Lösungsbetrages oder bis zur Entdeckung des Irrtums zuwarten dürfte. Daß die Anfechtung einer irrtümlichen Erklärung der Lösungsbefugnis erst dann sinnvoll und zulässig sein soll, wenn der Empfänger der Erklärung von der ihm eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht hat, ist nicht einzusehen.
Es darf nicht übersehen werden, daß es sich bei der in der Klage oder während der Verhandlung abgegebenen Erklärung des Klägers nach § 410 ZPO, anstatt des nicht in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstandes einen Geldbetrag anzunehmen, um keine unverbindliche, jederzeit widerrufbare Erklärung handelt. Sie räumt dem Beklagten vielmehr eine Lösungsbefugnis ein, an die der Kläger - wie schon erwähnt - ab dem Zeitpunkt gebunden ist, in dem die Erklärung dem Beklagten zugekommen ist (SZ 28/126 = JBl 1956, 291; EvBl 1993/118; Fasching Komm III § 410 Anm 1; Reischauer in Rummel, ABGB2 I, Rz 9 zu § 906).
Ab dem Zugang dieser einseitigen Erklärung des Klägers (Gläubigers) hat der Beklagte (Schuldner) das Recht, statt der eingeklagten (geschuldeten) Leistung eine nicht geschuldete mit Befreiungswirkung zu geben (Alternativermächtigung, Ersetzungsbefugnis, facultas alternativa; Reischauer aaO; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts9 I 219). Deshalb besteht schon ab dem Zeitpunkt, in dem der Kläger (Gläubiger) an seine Erklärung gebunden ist, ein Bedürfnis, diese Erklärung wegen Irrtums anzufechten, um die dem Beklagten (Schuldner) eingeräumte Ersetzungsbefugnis aufzuheben. Dieses Irrtumsanfechtungsrecht entsteht - unabhängig davon, ob die Lösungsbefugnis in einem Vertrag vereinbart oder durch einseitige Willenserklärung des Gläubigers eingeräumt wurde - nicht erst dann, wenn der Beklagte (Schuldner) die ihm eingeräumte Alternativermächtigung ausübt, sondern bereits mit der bindenden Einräumung der Ersetzungsbefugnis, sei es durch Vertragsabschluß oder Empfang der diesbezüglichen einseitigen Gläubigererklärung.
Aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 626/92 läßt sich für die Rechtsansicht der Revisionswerberin nichts ableiten. Diese Revisionsentscheidung enthält keinen Hinweis auf eine vom damals beklagten Komplementär der nunmehrigen Erstbeklagten und Vorstand der nunmehrigen Zweitbeklagten erhobene Verjährungseinwendung gegen die Irrtumsanfechtung.
Da das Recht der Klägerin, ihre Erklärung über die Lösungsbefugnis wegen Irrtums anzufechten, verjährt ist, sind die Folgen des von ihr behaupteten Irrtums nicht mehr zu prüfen. Die Klägerin kann daher in diesem Zusammenhang gegen die Beklagten keine Ansprüche geltend machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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