OGH 10Ob1535/96

OGH10Ob1535/9626.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Bauer, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Julius O***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Leonhard Lindner, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Arthur H*****, Stickereiunternehmer, ***** vertreten durch Dr.Bernhard Kessler, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen S 519.076,60 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 16.Jänner 1996, GZ 1 R 1078/95d-21, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mit den Rechtsgrundlagen (und damit auch mit den hier wiederkehrenden Rechtsfragen) des Klags- wie auch des Gegenforderungsanspruches (des Beklagten) hatte sich der Oberste Gerichtshof bereits drei Mal eingehend zu befassen, welche Entscheidungen zum besseren Verständnis im Sinne einer Zusammenfassung der bisherigen Verfahrensergebnisse dieser Vorverfahren vorangestellt werden sollen:

a.) Zunächst wurde mit Beschluß vom 18.12.1992, 6 Ob 1620/92, eine außerordentliche Revision der beklagten Partei im Verfahren 3 Cg 282/90 des Landesgerichtes Feldkirch gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 29.4.1992, 3 R 94/92, womit diese zur Herausgabe der Stickmaschine Nr 1382 (insoweit unbekämpft) sowie zur Zahlung von S 5,301.896,-- samt Staffelzinsen verpflichtet worden war, zurückgewiesen. In Stattgebung einer außerordentlichen Revision der klagenden Partei wurde mit Urteil vom 11.3.1993, 6 Ob 523/93, dasselbe Berufungsurteil hingegen im Zahlungsausspruch dahingehend abgeändert, daß der Beklagte zur Zahlung von S 6,141.835,20 samt Staffelzinsen verpflichtet wurde. Gegenstand dieses Verfahrens waren dabei neben dem Herausgabeanspruch der angeführten (und im Eigentum der Klägerin stehenden) Maschine monatliche Benützungsentgelte (in Höhe der Leasingraten) von Jänner 1987 bis einschließlich November 1991, wobei der Beklagte - hinsichtlich der nach Auflösung des Leasingvertrages verweigerten Herausgabe einerseits und damit unberechtigten Weiterbenützung der im Eigentum der Klägerin stehenden Maschine andererseits - als unredlicher Besitzer qualifiziert und das von ihm der Klägerin demgemäß zu ersetzende Benützungsentgelt nach dem objektiv zu erwirtschaftenden Ertrag unter Berücksichtigung auch von Kostenfaktoren einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer errechnet wurde.

b.) Mit Urteil vom 28.3.1995, 5 Ob 535/94, wurde den Revisionen beider Parteien (die Klägerin hier war dort beklagte Partei und umgekehrt) keine Folge gegeben und die Urteile der Vorinstanzen bestätigt, wonach die Beklagte (hier Klägerin) an den Kläger (hier Beklagten) hinsichtlich dieser im Vorurteil 6 Ob 523/93 enthaltenen umsatzsteuerpflichtigen Leistungen Rechnung im Sinne des § 11 UStG mit Anführung des Klägers (hier Beklagten) als vorsteuerabzugsberechtigtem Leistungsempfänger zu legen habe. Der Oberste Gerichtshof hat diese Rechnungslegungspflicht dabei aus der Qualifikation des vom Beklagten zu leistenden Benützungsentgeltes als Umsatz im Sinne des UStG abgeleitet.

2.) Als im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage (und gleichzeitig dem Berufungsgericht anzulastende Fehlbeurteilung) wertet die Klägerin nun vorrangig und hauptsächlich die vom Berufungsgericht als "absichtlich und mutwillig, vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig sowie aussichtslos" qualifizierte Prozeßführung in dem zu 1.) b.) zitierten Vorverfahren, woraus dem Beklagten zufolge Rechnungslegung mit ausgeworfener Umsatzsteuer erst am 13.6.1995 statt bereits am 27.4.1993 (Datum der Klagseinbringung zu 8 Cg 127/93s des Landesgerichtes Feldkirch), der als Gegenforderung bejahte und die festgestellte Klagsforderung übersteigende Zinsschaden abgeleitet wird.

Die gerichtliche Bestreitung eines Anspruches macht nach der Rechtsprechung nur dann schadenersatzpflichtig, wenn der Bestreitende bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen hätte können, daß die Prozeßführung für ihn aussichtslos ist; nur wer mit sachlichen Gründen einen Prozeß führt, handelt noch nicht schuldhaft. Die Stattgebung einer Klage allein beweist noch nicht, daß den Beklagten an der Prozeßführung ein Verschulden trifft (SZ 57/128, 4 Ob 61/95, 7 Ob 1567/95, jeweils mwN). Auch wenn hiebei zugunsten eines im Prozeß Bestreitenden ein milder Maßstab anzulegen ist, da es ja das Recht jedes Staatsbürgers sein muß, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe der Gerichte in Anspruch zu nehmen, und nicht hinterher der abschreckenden Gefahr eines Schadenersatzanspruches ausgesetzt zu werden (SZ 59/159, 4 Ob 61/95), so muß hier auf die Besonderheiten der zwischen den Streitteilen geführten Vorprozesse Bedacht genommen werden: Danach hat aber die Klägerin gerade im erstgenannten, wegen Zuspruches von Benützungsentgelt geführten Verfahren (6 Ob 523/93) erfolgreich den Standpunkt vertreten, daß es sich dabei um einen umsatzsteuerpflichtigen Vorgang handelt und mit eben dieser Begründung auch im Revisionsverfahren obsiegt, trotzdem und geradezu gegenteilig im daraufhin gegen sie geführten Verfahren (5 Ob 535/94) einen diametral entgegengesetzten Prozeßstandpunkt verfochten, der demgemäß auch vom Obersten Gerichtshof in seiner zuletzt zitierten Entscheidung (S 19 derselben) als "nicht verständlich" bezeichnet wurde. In der Tat hätte die klagende Partei (bzw ihr juristischer Vertreter, dessen Verhaltensweisen sie sich als Prozeßpartei zurechnen lassen muß) aber bei gehöriger Aufmerksamkeit (§ 1297 ABGB) erkennen können und müssen, daß dieser von ihr im Vorverfahren erfolgreich vertretene und auch vom Höchstgericht bejahte Standpunkt nicht plötzlich (in derselben Rechtskausa und denselben wirtschaftlichen Rechtsvorgang betreffend) bei gleicher Rechtslage gegenteilig verlaufen kann. In Übereinstimmung mit der Auffassung des Berufungsgerichtes erachtet daher auch der erkennende Senat den bestreitenden Standpunkt der Klägerin (als Beklagter) im Verfahren 8 Cg 127/93s als mißbräuchlich, da er bei gehöriger Aufmerksamkeit vernünftigerweise als chancenlos hätte beurteilt werden müssen. Aus der (bloßen) Zulassung der Revisionen durch das Berufungsgericht im bezogenen Vorverfahren einerseits und den von Obersten Gerichtshof bejahten Zulässigkeitsvoraussetzungen andererseits kann gegenteiliges nicht abgeleitet werden. Der der Höhe nach unstrittige Zinsschaden des Beklagten ist daher auch dem Grunde nach berechtigt. Der hiezu in der Revision gegenüber dem Berufungsgericht erhobene Vorwurf eines Verstoßes gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens im Sinne des Art 6 MRK ist nicht recht verständlich und wird auch gar nicht näher begründet. Das Berufungsgericht ist damit auch nicht von einer "ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes" abgewichen.

3.) Aber auch gegen die Berechnung der als berechtigt angenommenen Klagsforderung (weiteres Benützungsentgelt) bloß bis einschließlich 18.3.1992 bestehen keine Bedenken. Der Vorwurf der Revisionswerberin, das Berufungsgericht habe ungeprüft gelassen, ob der Beklagte (als Schuldner dieses Anspruches) seine Leistung (nämlich die herauszugebende Stickmaschine) überhaupt obligationsgemäß angeboten habe, übersieht und übergeht nämlich die maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen: Danach war der Beklagte zwar bereits mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 20.12.1991, 3 Cg 282/90-31 (Punkt 1.) a.) desselben), zur Herausgabe dieser Maschinen verpflichtet worden, wobei dieser Teil des Urteilsspruches seitens des Beklagten unbekämpft blieb und daher am 20.1.1992 in Rechtskraft erwuchs, sodaß die 14-tägige Leistungsfrist am 3.2.1992 endete; der Beklagte und der Geschäftsführer der Klägerin einigten sich allerdings hierauf, daß die Maschine trotzdem weiterhin beim Beklagten verbleiben sollte; nach weiteren Korrespondenzen und Telefonaten wurde die Demontage einvernehmlich auf den 10.7.1992 festgesetzt und schließlich sogar auf die vom Klagevertreter am 16.8.1992 beantragte Herausgabeexekution von diesem selbst am 19.8.1992 wiederum verzichtet, da zwischen den Streitteilen eine weitere außergerichtliche Vereinbarung über die Demontage am 17./18.8.1992 getroffen wurde; nach weiterem Schriftsatzwechsel wurde letztendlich dann der Austausch der vom Herausgabebegehren erfaßten Maschine Nr 1382 mit Standort H***** gegen jene mit der Nr 1538 mit Standort L***** vereinbart. Soweit das Berufungsgericht - ausgehend von dieser Chronologie - aussprach, daß die klagende Partei ihren unstrittig bereits ab dem 4.2.1992 rechtlich zur Exekution geeigneten Herausgabeauspruch monatelang nicht effektuierte, sondern die Maschine aufgrund der mit dem Beklagten stattgehabten Vereinbarungen bei diesem beließ, ohne ihren Anspruch gerichtlich durchzusetzen, verstieße es auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes tatsächlich gegen Treu und Glauben und das redlichen (Vertrags-)Partnern zu unterstellende gegenseitige Anstandsgebot, nunmehr dennoch auch für den Folgezeitraum das betriebene Benützungsentgelt zu verlangen. Von einer einseitigen und damit finanziell zu Lasten der Klägerin gehenden Verzögerung der Herausgabe durch den Beklagten bis Ende August 1992 kann daher keine Rede sein. Auch die Demontageverweigerung am 10.7.1992 kann nicht zu Lasten des Beklagten gehen, da nach der gesamten Chronologie die Klägerin bzw ihr Verteter weiterhin das Einvernehmen mit dem Beklagten suchten (und letztlich auch erreichten) und sogar vom gestellten Exekutionsantrag wiederum selbst Abstand nahmen (s den Aktenvermerk ON 2 im Exekutionsakt 8 E 6743/92 des BG Bregenz).

Damit ist aber dem Berufungsgericht auch in diesem Punkte keine rechtliche Fehlbeurteilung anzulasten, welche die Zulassung der außerordentlichen Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO rechtfertigen könnte.

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