OGH 10Ob1533/96

OGH10Ob1533/9626.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Bauer, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Thomas H*****, Rechtsanwalt, ***** vertreten durch Dr.Roland Hubinger und Dr.Michael Ott, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Veronika W*****, Angestellte, ***** 2.) Thomas B*****, Angestellter, ebendort, 3.) Barbara D*****, Angestellte, ***** sämtliche vertreten durch Dr.Günter Niebauer, Dr.Armin Paulitsch und Dr.Karl Schaumüller, Rechtsanwälte in Wien,

4.) Dipl.Ing.Ivan S*****, Angestellter, ***** und 5.) Mag.Gordana S*****, Angestellte, ebendort, alle vertreten durch Mitsche, Prantl & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Zustimmung zur Ausfolgung eines Sparbuches (Streitinteresse S 140.105,70) und S 4.208,70 s.A. infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 18.Dezember 1995, GZ 14 R 208/95-19, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß der mit der Errichtung und Durchführung eines Liegenschaftsverkaufsvertrages beauf- tragte Rechtsanwalt zum Schutz des Klienten für eine Anmerkung der Rangordnung einer beabsichtigten Veräußerung Sorge zu tragen hat, wenn - aus welchen Gründen immer - mit einer Verzögerung der Verbücherung gerechnet werden muß. Dies darf nur unterbleiben, wenn sich der Klient trotz Rechtsbelehrung gegen die Erwirkung einer solchen Rangordnung ausgesprochen hat oder sich der Rechtsanwalt sicher sein konnte, er werde das Grundbuchsgesuch in allerkürzester Frist überreichen können (GlUNF 978; JBl 1954, 461; in diesem Sinne grundsätzlich auch jüngst 6 Ob 587/95). Daß die fünf Beklagten als Vertragspartner des Kaufvertrages vom 30.10.1989 vom Kläger über das Rechtsinstitut der Rangordnungsanmerkung belehrt wurden und sich trotz einer solchen Rechtsbelehrung gegen die Erwirkung aussprachen, wurde vom Kläger weder vorgebracht noch ist solches im Beweisverfahren hervorgekommen.

2.) Ausgehend von den von den Vorinstanzen chronologisch festgestellten Zeitabläufen (Kaufvertrag 30.10.1989, zu welchem Zeitpunkt noch das Staatsbürger- schaftsverfahren der Viert- und Fünftbeklagten "lief"; Vorliegen des Staatsbürgerschaftsnachweises der Käufer erst am 27.2.1990; Grundbuchsantrag im Mai 1990 samt Einverleibung des Eigentumsrechtes der Käufer am 31.5.1990) mußte dem Kläger die Gefahr einer Verbücherungsverzögerung schon auf Grund des im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen samt Vertragsabschluß im Oktober 1989 noch offenen Staatsbürgerschaftsverfahrens der Käufer jedenfalls evident sein. Wäre nämlich den Käufern die österreichische Staatsbürgerschaft nicht erteilt worden, hätte es einer zusätzlichen Antragstellung nach dem Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz LGBl 1967/33, bedurft, welche keineswegs sofort (vgl JBl 1954, 461) zu erlangen gewesen wäre.

3.) Die behauptete Verzögerungsfreiheit der Eigentumseinverleibung bezogen allein auf das (im Verfahren 23 Cg 84/90 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien am 2.5.1990 erwirkte und am 14.5.1990 im Grundbuch angemerkte) Belastungs- und Veräußerungsverbot vermag daran nichts zu ändern. Hiebei wird nämlich übersehen, daß diese Einverleibung nicht auf ein um besondere Raschheit bemühtes subjektives Verdienst des Klägers, sondern auf den objektiven Umstand der Rechtsnatur einer derartigen einstweiligen Verfügung im Verhältnis zu weiteren grundbücherlichen Eintragungen zurückzuführen ist. Ein solches einstweiliges Veräußerungs- und Belastungsverbot steht der Verbücherung sowohl vor als auch nach dessen Erlassung abgeschlossener Veräußerungsgeschäfte nicht entgegen, wirkt sich doch der bessere Grundbuchsrang des exekutiven Veräußerungs- und Belastungsverbotes nur insoweit aus, als nachrangige Grundbuchseintragungen zu löschen sind, falls der gefährdeten Partei der die Liegenschaft betreffende Anspruch endgültig (also im Hauptverfahren) zuerkannt wird (SZ 37/99, RZ 1992/20, NZ 1992, 255, 5 Ob 5/91). Zwar hätte auch eine Anmerkung der Rangordnung diese (nach der maßgeblichen Chronologie der Geschehnisse) nachträgliche Eintragung des Veräußerungsverbotes nicht gehindert, wäre aber ihrerseits in ihrer Wirkung auch nicht beeinträchtigt worden; denn ein Veräußerungsverbot kann in keinem Fall die Einverleibung eines Rechtes im Range einer ihm vorgehenden bücherlichen Ranganmerkung hindern (JBl 1962, 501, 5 Ob 102/95 mwN). Demgemäß wurde also die Rechtsstellung der Viert- und Fünftbeklagten als Käufer insoweit getroffen, als das zwischenzeitig erwirkte Verbot der gefährdeten Partei im Verfahren 23 Cg 84/90 zwar nicht diese weitere bücherliche Eintragung (EV-Anmerkung) hinderte, die Eintragung der Eigentumseinverleibung jedoch ihre volle Wirkung erst mit der Aufhebung der EV entfaltete (EvBl 1958/205, RpflSlgG 1971/1247, 1 Ob 15/75). Das gerichtliche Veräußerungsverbot im bezogenen Verfahren konnte zwar das bereits vor seiner Anmerkung in verbücherungsfähiger Form abgeschlossene Veräußerungsgeschäft der hier verfahrensbeteiligten beklagten Parteien gegenüber den Viert- und Fünftbeklagten als Erwerber weder unwirksam machen noch dessen Durchführung verhindern; doch wäre eine vom Kläger bereits vor dem Veräußerungsverbot mittels EV erwirkte Anmerkung der Rangordnung jedenfalls - abgesehen von ihrer Sinnfälligkeit auf Grund der bereits geschilderten zeitlichen Komponente - stärker gewesen. Beim Zusammentreffen eines Veräußerungsverbotes mit einer früher erwirkten (jedoch unterlassenen) Anmerkung der Rangordnung wird ihre Wirkung durch eine auf Grund einer einstweiligen Verfügung erfolgte nachträgliche Eintragung eines Veräußerungsverbotes nicht beeinträchtigt. Die einstweilige Verfügung entfaltet also nicht gegen denjenigen Wirkungen, zu dessen Gunsten bereits eine Rangordnungsanmerkung vollzogen war. Aus diesem Grunde (siehe Umlauft

Die Treuhandschaft aus zivilrechtlicher Sicht, in Apathy, Die Treuhandschaft, 18 [53]). Gelangt ein Zweiterwerber vor dem Erstkäufer ins Grundbuch, so hat letzterer das Nachsehen. Derjenige aber, der im Range der angemerkten Rangordnung ein bücherliches Recht erwirkt, kann die Anmerkung ebenso wie das schon eingetragene Recht des Verbotswerbers sogar formlos nach § 57 GBG löschen lassen (MGA GBG4 E 6 zu § 56 und E 15 zu § 57; der von den Erst- bis Drittbeklagten in ihrer Klagebeantwortung ON 4 geltend gemachten Exszindierungsklage nach § 37 EO hätte es damit gar nicht bedurft), sofern der (Zweit-)Käufer seinen Anspruch nicht zusätzlich auch durch die weitere EV der zwangsweisen Abnahme und gerichtlichen Hinterlegung der einzigen Beschlußausfertigung über die Rangordnungsanmerkung sichern ließ (Spielbüchler in Rummel, ABGB I2, Rz 17 zu § 364 c; JBl 1962, 501, SZ 23/370; 24/151, 6 Ob 773/78, 5 Ob 10/91). Wenn auch unterstellt werden kann, daß ein im Liegenschafts- und Grundbuchsrecht vertrauter Rechtsanwalt als rechtskundiger Vertreter der gefährdeten Partei im bezogenen Verfahren zur Effektuierung seines dort verfochtenen Erfüllungsanspruches im Einklang mit Lehre und Rechtsprechung wohl auch diesen weiteren EV-Antrag nicht unterlassen, sondern vielmehr im Interesse seines Mandanten gestellt hätte, so kann doch ausgehend von den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen unterstellt werden, daß der Zeitraum zwischen erlangter Staatsbürgerschaft der Käufer im Februar 1990 und der Klagseinbringung zu 23 Cg 84/90 erst Ende April desselben Jahres ausreichen hätte müssen, um bei erwirkter Ranganmerkung das Einverleibungsgesuch der Käufer wesentlich rascher und damit vor allem rangmäßig ungefährdet einzubringen. Das bezügliche Grundbuchsverfahren wäre nämlich diesfalls bereits vor dieser Klagseinbringung abgeschlossen und damit ein EV-Antrag (selbst in der vorgeschildert erweiterten Form) rechtlich nicht mehr möglich gewesen, hätte doch dem dortigen Kläger und Gefährdeten zur Sicherung seines (bloß obligatorischen) Herausgabeanspruchs keine einstweilige Verfügung mehr gewährt werden werden können, da die betroffene Liegenschaft bereits den Viert- und Fünftbeklagten einverleibt gewesen wäre (EvBl 1983/40, 1 Ob 571/94, 5 Ob 129/95); vorliegendenfalls war zum Zeitpunkt der erwirkten EV jedoch - aufgrund der stattgehabten Verzögerung - immer noch das bücherliche Eigentum der Verlassenschaft (als außerbücherlicher Doppelverkäuferin) eingetragen.

4.) Damit ist aber der Kläger seiner sich aus § 1009 ABGB einerseits und § 9 RAO andererseits ergebenden Verpflichtung, das ihm übertragene Geschäft emsig und redlich zu besorgen und die Rechte der beklagten Parteien mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten, nicht ausreichend nachgekommen. Demzufolge ist er seines Honorarzahlungsanspruches insoweit verlustig gegangen, als er sich auf solche Leistungen bezieht, welche - was unstrittig ist - ausschließlich auf diesen Teil der Geschäftsabwicklung entfallen sind. Zur Frage, ob der Kläger als Treuhänder nicht nur beider Vertragsparteien, sondern auch der den Kaufpreis zum Großteil vorstreckenden Bausparkasse als Darlehens- geberin deren (nachträgliche) Weisung, solange dieser Rechtsstreit (nämlich 23 Cg 84/90) "nicht geklärt" sei und die Treuhandbedingungen nicht erfüllt wären, die Treuhand- summe nicht auszubezahlen, als den Partnern des Kaufvertrages zum Nachteil gereichende Disposition beachten mußte (vgl 8 Ob 559/83, 7 Ob 578/83, 6 Ob 509/93, 9 Ob 503/94), braucht daher nicht weiter Stellung genommen zu werden.

5.) Da sich das Berufungsgericht an diese ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gehalten hat, ist seine rechtliche Beurteilung nicht zu beanstanden, weshalb auch zutreffend die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision mangels Rechtsfragenerheblichkeit im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO verneint wurden.

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